Es ist ja schon so, dass ich Billie Jean für ein gutes Stück Musik halte, und dann gab's vom selben 83er Album noch den Mitgröhler Beat it - ansonsten hat mich am musikalischen Schaffen des Michael J. wenig beeindruckt oder gar interessiert. Eher schon gestört, da er in einer schlechten Zeit am Eindruck des Stillstands und der verzweifelten Ideenlosigkeit eines von mir geschätzten Musikers nicht ganz unbeteiligt war. Während ich dem am Reißbrett entworfenen Say Say Say immerhin noch handwerkliche Qualität bescheinige, das Video war mir übrigens wie immer herzlich egal, fielen für beide Seiten noch am Reißbrett entworfene schreckliche Schnulzen ab, die dann auf den jeweiligen Alben untergebracht wurden. Bah.
Einmal, in Frankreich, auf einer weithin misslungenen Urlaubsreise, musste ich sein damals aktuelles Album Bad im Auto rauf- und runterhören, 3:1 gegen mich, und dass es noch schlimmer ging (das aktuelle Album der Communards befand sich auf der anderen Cassettenseite), tröstete mich nur schwach. Ich hielt dann erbarmungslos mit obskuren B-Seiten einzelner, wenig bekannter Mitglieder von Yes und Genesis dagegen.
Was dann noch kam, ging weithin an mir vorbei. Klar, man empörte sich darüber, dass der King of Pop irgendwie den Beatles-Songkatalog gekauft hatte und dass Paul McCartney nun Tantiemen berappen musste, wenn er seine eigenen Lieder spielte. Aber das war, so dachte ich, eben auch das Ergebnis eigener Blödheit oder eigenen Geizes, jedenfalls von seiten des Herrn McCartney selbstverschuldet, der ja seinerseits auch nie zimperlich war, wenn es um Geschäfte mit musikalischen Besitzständen ging. Mir wurscht. Eher freute es mich, dass Jackson offensichtlich nicht auf Teufel-komm-raus die Beatlesstücke zu Geld machen wollte. Zumindest hatte ich eine Zeit lang befürchtet, dass mir meine Lieblinglieder durch Missbrauch in Werbespots verleidet werden könnten. Und das geschah nicht.
Natürlich bin ich kein Freund von Kindesmissbrauchern; aber was mich nachdenklich stimmte, damals, als aus dem Helden plötzlich Monster und Witzfigur wurde, war, wie jemand öffentlich gedemütigt und zum Freak gestempelt wurde, der mit Identitäten herumgespielt hatte. Auf eine Weise, die für viele offenbar zutiefst verstörend war. Neger ist Neger, Mann ist Mann, und wenn sich da jemand plötzlich äußerlich immer weniger vereindeutigen lässt, kommen anscheinend ganz rustikale Gefühle und Abneigungen zum Vorschein, die sich dann in tumben Michael-Jackson-Witzchen usw. äußern. Und so kam die anrüchige Kindergeschichte eben auch genau recht, um den Alien zum Monster zu stempeln. (Noch heute früh hieß es beim Spiegel pietätvoll "Michael Jackson tot: Monster und Genie", Datum: 26.06.2009, 10:15 Uhr. Kategorie: Unterhaltung Quelle: Spiegel.de. Tags: Genie Jackson Michael Michael Jackson Monster tot. zur vollständigen News ..., inzwischen ist man bei Das monströse Genie).
Das alles hat seine zwei Seiten, denn auch ich habe meine Zweifel, ob plastische Chirurgie und extreme Weltflucht ins eigene Neverland der Weg zur Erleuchtung sind. Aber die Wucht, mit der hier gegen unscharfe Geschlechter- und "Rassen"-Bilder gewütet wurde, während andere, fragwürdige Konstruktionen wie z.B. dickhosige Gangstas oder die ganzen Fick-mich-Sängerinnen niemals so plump diffamiert wurden, beunruhigte mich wesentlich mehr, als ich über die ewigen und naheliegenden Verhöhnungen lachen konnte.
Beruflicherdings erfuhr ich vor einigen Monaten von den anberaumten Auftritten in London, wettete selbstverständlich auf eine Absage, "größte Rückabwicklung aller Zeiten" usw., denn, so meinte ich, selbst unter Anwendung aller Tricks (Playback usw.) sei Michael J. unter keinen Umständen den körperlichen Anforderungen an ein Konzert, geschweige denn 50 Konzerte, gewachsen. Und wer hätte sich einen alten Michael Jackson eigentlich vorstellen können?
Trotzdem erschrak ich heute früh. Schade, dass es so enden musste.
Einmal, in Frankreich, auf einer weithin misslungenen Urlaubsreise, musste ich sein damals aktuelles Album Bad im Auto rauf- und runterhören, 3:1 gegen mich, und dass es noch schlimmer ging (das aktuelle Album der Communards befand sich auf der anderen Cassettenseite), tröstete mich nur schwach. Ich hielt dann erbarmungslos mit obskuren B-Seiten einzelner, wenig bekannter Mitglieder von Yes und Genesis dagegen.
Was dann noch kam, ging weithin an mir vorbei. Klar, man empörte sich darüber, dass der King of Pop irgendwie den Beatles-Songkatalog gekauft hatte und dass Paul McCartney nun Tantiemen berappen musste, wenn er seine eigenen Lieder spielte. Aber das war, so dachte ich, eben auch das Ergebnis eigener Blödheit oder eigenen Geizes, jedenfalls von seiten des Herrn McCartney selbstverschuldet, der ja seinerseits auch nie zimperlich war, wenn es um Geschäfte mit musikalischen Besitzständen ging. Mir wurscht. Eher freute es mich, dass Jackson offensichtlich nicht auf Teufel-komm-raus die Beatlesstücke zu Geld machen wollte. Zumindest hatte ich eine Zeit lang befürchtet, dass mir meine Lieblinglieder durch Missbrauch in Werbespots verleidet werden könnten. Und das geschah nicht.
Natürlich bin ich kein Freund von Kindesmissbrauchern; aber was mich nachdenklich stimmte, damals, als aus dem Helden plötzlich Monster und Witzfigur wurde, war, wie jemand öffentlich gedemütigt und zum Freak gestempelt wurde, der mit Identitäten herumgespielt hatte. Auf eine Weise, die für viele offenbar zutiefst verstörend war. Neger ist Neger, Mann ist Mann, und wenn sich da jemand plötzlich äußerlich immer weniger vereindeutigen lässt, kommen anscheinend ganz rustikale Gefühle und Abneigungen zum Vorschein, die sich dann in tumben Michael-Jackson-Witzchen usw. äußern. Und so kam die anrüchige Kindergeschichte eben auch genau recht, um den Alien zum Monster zu stempeln. (Noch heute früh hieß es beim Spiegel pietätvoll "Michael Jackson tot: Monster und Genie", Datum: 26.06.2009, 10:15 Uhr. Kategorie: Unterhaltung Quelle: Spiegel.de. Tags: Genie Jackson Michael Michael Jackson Monster tot. zur vollständigen News ..., inzwischen ist man bei Das monströse Genie).
Das alles hat seine zwei Seiten, denn auch ich habe meine Zweifel, ob plastische Chirurgie und extreme Weltflucht ins eigene Neverland der Weg zur Erleuchtung sind. Aber die Wucht, mit der hier gegen unscharfe Geschlechter- und "Rassen"-Bilder gewütet wurde, während andere, fragwürdige Konstruktionen wie z.B. dickhosige Gangstas oder die ganzen Fick-mich-Sängerinnen niemals so plump diffamiert wurden, beunruhigte mich wesentlich mehr, als ich über die ewigen und naheliegenden Verhöhnungen lachen konnte.
Beruflicherdings erfuhr ich vor einigen Monaten von den anberaumten Auftritten in London, wettete selbstverständlich auf eine Absage, "größte Rückabwicklung aller Zeiten" usw., denn, so meinte ich, selbst unter Anwendung aller Tricks (Playback usw.) sei Michael J. unter keinen Umständen den körperlichen Anforderungen an ein Konzert, geschweige denn 50 Konzerte, gewachsen. Und wer hätte sich einen alten Michael Jackson eigentlich vorstellen können?
Trotzdem erschrak ich heute früh. Schade, dass es so enden musste.
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cabman,
Freitag, 26. Juni 2009, 17:08
Dito! Mehr gibt es auch von meiner Seite nicht dazu zu schreiben.
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vert,
Freitag, 26. Juni 2009, 18:03
das hegemoniale zentrum wird vom rand kartografiert.
wenn sich also jemand erdreistet beides sein zu wollen, knirscht es im gebälk.
wenn sich also jemand erdreistet beides sein zu wollen, knirscht es im gebälk.
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nnier,
Freitag, 26. Juni 2009, 19:31
Und hoffentlich offensichtlich erwischen ein paar von den splitternden Balken auch jene skrupellosen Gierhälse, gegen die Colonel Parker ein Waisenknabe war.
kid37,
Freitag, 26. Juni 2009, 18:43
Über die Spon-Headline bin ich heute morgen auch gestolpert, aber die Zyniker von der Brandstwiete hauen ja schnell mal was raus. (Befremdlicher war nur die hohle Trauerfloskel von Madonna.) Es lag sicher aber auch an seiner schieren Größe, der Fallhöhe also, daß MJ-Witze mehr Futter fanden als solche über lautverstärkte Gossengangster. Es fällt halt schwer, MJ wirklich als grenzerweiternden Künstler oder als Radikalen zu sehen und sei es, als radikalen Selbsterfinder. Wo Bowie nur mit Masken spielte, wurde er selber eine, schein aber immer mehr getrieben als zielgerichtet. Und klar, daß das Menschen erschreckt, deren radikalste Tat in den 80ern war, Ohrringe zu tragen, die größer waren als ihr Kopf.
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nnier,
Freitag, 26. Juni 2009, 19:16
Fallhöhe? Hm. Ob es das ist? Ich meine ja, dass vergleichbare Pop-Kaliber (Elvis, Jagger, Prince, Sinatra, Madonna, Springsteen, Bono, Sting ...) nie dermaßen als Person angegangen wurden. Madonna, die ja auch gerne die Neuerfinderin gibt, hat hauptsächlich die gängigen Sexfantasien verkörpert, mal mit der Reitgerte und mal im weißen Unschuldskleid. (Auch sie wirkt im übrigen in den letzten Jahren immer mehr getrieben und im eigenen Image verheddert, und ob sie sich über die Live-Nation-Millionen auch am Ende der zehnjährigen Vertragslaufzeit, wenn sie mit Ende 50 auf der Bühne in Oberhausen und Ostrau rhythmische Beckenstöße simulieren muss, noch freuen kann, bleibt erst mal abzuwarten.) Vielleicht kommen dann auch ein paar abfällige Witze über die "geile Oma". Ich meine aber, dass Jacksons Sündenfall nicht die (offenbar zu weit gehende) Liebe zu Kindern war, sondern dass er sich erdreistete, an den vermeintlich naturgegebenen Kategorien "Geschlecht" und "Rasse" herumzufummeln, Künstler oder nicht. Das hier fällt mir noch dazu ein.
Merkwürdige Koinzidenz, seit zwei Tagen höre ich mal wieder Bowies Earthling und das da in Heavy Rotation.
Merkwürdige Koinzidenz, seit zwei Tagen höre ich mal wieder Bowies Earthling und das da in Heavy Rotation.
kid37,
Freitag, 26. Juni 2009, 20:07
MJ hält immerhin einige (kommerzielle) Rekorde, die ihn sogar unter den aufgezählten Superstars herausheben. Der Titel "King" kommt ja nicht von ungefähr. Ich glaube, so etwas wird den Leuten unheimlich, man lechzt dann nach Blößen. Auch untereinander: Der (androgyne) Prince, über den ja seit Jahren viel gelacht wird, wurde von Mick Jagger mal so beschrieben: Er sieht aus wie ein geölter Zwerg, der in eine Wanne mit Schamhaaren gefallen ist. Madonna ist mit ihrem Kindersammelwahn auch unter Kollegen Zielscheibe für Spott. Man lacht über Schwächen - und natürlich ist es für den Spötter bezeichnend, da haben Sie recht, wenn z. B. deviante sexuelle Neigungen zum Thema werden.
nnier,
Montag, 29. Juni 2009, 18:22
Vollkommen untergegangen damals! Ich bin ja gar nicht so ein Bowie-Kenner. Aber er ist schon einer von den guten.
nnier,
Montag, 29. Juni 2009, 19:21
Neben dem unvermeidlichen, aber wirklich schönen Lied aus den 60ern ("Can you here - am I sitting in my tin can") mag ich auch ganz besonders dasjenige, welches einen meiner liebsten Filme einleitet und beschließt: "I'm deranged", schon mal gehört?
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