



Ihnen allen ein gutes neues Jahr!
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Das muss mit der Retrowelle zu tun haben, inzwischen fährt ja jedes dritte Auto mit "H"-Kennzeichen und die jungen Männer sehen aus wie früher auf den durchgekreuzten Terroristenplakaten in der Post. Und ich muss sagen, dass mir die analoge Technik von damals überaus sympathisch ist, was hier niemanden überraschen wird: Aber je penetranter sich jeder Kleinwagen schon beim Einsteigen beklagt, dass er keine Bluetoothverbindung zu meinem Telefon aufbauen kann, umso größer wird meine Sehnsucht nach einem Lada mit vier Gängen und vier Rädern. Und einer Kurbel.
Immer wird alles weggeschmissen, die Schmalfilme, die Videocassetten, die Projektoren, die Abspielgeräte, da nehme ich mich selber nicht aus: Rausch- und knacksfrei, farbtreu und gestochen scharf passt eine ganze Videothek auf die Festplatte, und meine Schallplattensammlung überstieg das Fassungsvermögen meiner Hosentasche natürlich um ein Vielfaches.
Was die Menschen sich alles ausgedacht haben, bin ich trotzdem oft gerührt, diese ausgefuchsten Mechanismen beim Filmtransport, das Schrägspurverfahren, die Hinterbandkontrolle. Und was für ein Wahnsinn, wie schnell und zielsicher so ein Elektronenstrahl über die Mattscheibe flimmert, und überträgt dabei punktgenau Farb- und Helligkeitsinformationen, 50 mal pro Sekunde in 625 analog codierten Zeilen, wobei das nur die halbe Wahrheit ist, da abwechselnd die geraden und die ungeraden Zeilen neu aufgebaut werden: Tatsächlich also 25 mal pro Sekunde ein neues Vollbild, durch diesen Trick aber erheblich weniger Flimmern, und auch darauf muss erst einmal jemand kommen.
50 * 625 = 31250
31250 / 2 = 15625
15625 mal pro Sekunde muss der Zeilentransformator handeln, das versetzt ihn natürlich in eine gewisse Eigenschwingung und die ganzen Kondensatoren gleich dazu, die nach seiner Pfeife tanzen müssen. Wobei, Stichwort Pfeife, Sie erinnern sich gewiss an dieses hohe Fernsehgeräusch damals: Das waren die 15625 Hertz, und das menschliche Gehör kann im Jugendalter Frequenzen etwa zwischen 20 und 20000 Hertz wahrnehmen, habe ich mal im Biologieunterricht gehört. Gehört habe ich dann auch als Erwachsener dieses vertraute Geräusch, wenngleich das Hörvermögen mit zunehmendem Lebensalter von oben her abnimmt: Hört ihr das nicht, fragte ich meine Altersgenossen, dieses Fernsehgeräusch, die 15625 Hertz, sie schauten ratlos, und irgendwann hatten sie dann auch recht, denn die analogen Röhrenfernseher verschwanden rapide und wurden durch seelenlose, flache HD-Monitore ersetzt.
Bis jetzt diese Retrowelle eingesetzt hat, das ist Ihnen bestimmt auch aufgefallen, dieses Fiiiiiiii überall, zwei Wochen lang geht das schon so und ich freue mich, dass die alte Technik wiederentdeckt und wertgeschätzt wird. So sehr, dass die Leute ihre Geräte anscheinend gar nicht mehr ausschalten, nachts nicht und am See draußen nicht.
Kann natürlich auch sein, dass die Auslaufrille von Sgt. Pepper gerade in den Charts ist.
Immer wird alles weggeschmissen, die Schmalfilme, die Videocassetten, die Projektoren, die Abspielgeräte, da nehme ich mich selber nicht aus: Rausch- und knacksfrei, farbtreu und gestochen scharf passt eine ganze Videothek auf die Festplatte, und meine Schallplattensammlung überstieg das Fassungsvermögen meiner Hosentasche natürlich um ein Vielfaches.
Was die Menschen sich alles ausgedacht haben, bin ich trotzdem oft gerührt, diese ausgefuchsten Mechanismen beim Filmtransport, das Schrägspurverfahren, die Hinterbandkontrolle. Und was für ein Wahnsinn, wie schnell und zielsicher so ein Elektronenstrahl über die Mattscheibe flimmert, und überträgt dabei punktgenau Farb- und Helligkeitsinformationen, 50 mal pro Sekunde in 625 analog codierten Zeilen, wobei das nur die halbe Wahrheit ist, da abwechselnd die geraden und die ungeraden Zeilen neu aufgebaut werden: Tatsächlich also 25 mal pro Sekunde ein neues Vollbild, durch diesen Trick aber erheblich weniger Flimmern, und auch darauf muss erst einmal jemand kommen.
50 * 625 = 31250
31250 / 2 = 15625
15625 mal pro Sekunde muss der Zeilentransformator handeln, das versetzt ihn natürlich in eine gewisse Eigenschwingung und die ganzen Kondensatoren gleich dazu, die nach seiner Pfeife tanzen müssen. Wobei, Stichwort Pfeife, Sie erinnern sich gewiss an dieses hohe Fernsehgeräusch damals: Das waren die 15625 Hertz, und das menschliche Gehör kann im Jugendalter Frequenzen etwa zwischen 20 und 20000 Hertz wahrnehmen, habe ich mal im Biologieunterricht gehört. Gehört habe ich dann auch als Erwachsener dieses vertraute Geräusch, wenngleich das Hörvermögen mit zunehmendem Lebensalter von oben her abnimmt: Hört ihr das nicht, fragte ich meine Altersgenossen, dieses Fernsehgeräusch, die 15625 Hertz, sie schauten ratlos, und irgendwann hatten sie dann auch recht, denn die analogen Röhrenfernseher verschwanden rapide und wurden durch seelenlose, flache HD-Monitore ersetzt.
Bis jetzt diese Retrowelle eingesetzt hat, das ist Ihnen bestimmt auch aufgefallen, dieses Fiiiiiiii überall, zwei Wochen lang geht das schon so und ich freue mich, dass die alte Technik wiederentdeckt und wertgeschätzt wird. So sehr, dass die Leute ihre Geräte anscheinend gar nicht mehr ausschalten, nachts nicht und am See draußen nicht.
Kann natürlich auch sein, dass die Auslaufrille von Sgt. Pepper gerade in den Charts ist.
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Leute sagen, ich sei in den Urlaub gefahren, noch gar nicht lange her soll das sein. Und manchmal kommt es mir tatsächlich so vor, als sei da etwas gewesen: Vage Erinnerungen an Kuhglocken und Motorsägenduft stellen sich dann ein, an Brettljausen und Bergwanderluft, und auch das Körpergedächtnis meldet sich bisweilen - drei Wochen Dauergrinsen schreiben sich hirnphysiologisch ein, da kannst du noch so griesgrämig in den Alltag schauen, das wirkt nach.

Zurück nach Hause also, bei dieser Hitze fühlt sich ohnehin alles flimmrig-fiebrig an, und je näher alles rückte, desto unwirklicher wurde es. Emotionale Amplituden, unsen letzten Gast verabschieden, einen unglaublich lieben Kerl aus Mexiko, der zum Schluss mütterlichen Abholbesuch bekommen hatte: Abends noch einmal Essen gehen am Fluss, frühmorgens Tränen weglächeln am Flughafen, dann arbeiten gehen. Zu Hause gründlich durchlüften, viel mehr Zeit blieb ja nicht, und das Bett frisch beziehen. Sich dabei nicht vorstellen können, dass sie nun bald wieder da sein wird, und zwischendurch abrupt begreifen: Das schnürt dir die Luft ab, da musst du dich hinsetzen, irgendwann gehst du ins Bett und träumst ganz intensiv.

Leute behaupten, ich hätte Urlaub gehabt, neulich erst und gar nicht mal so kurz. Es stimmt, ich war unterwegs, mir ging es gut, dann kam ich wieder und alles wurde irreal, dazu die Hitze und dieses fiebrige Flimmern: Mein tolles, liebes Kind ist wieder da, unglaublich, ich bin überglücklich. Und total erledigt.
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Uns trennten ein paar Jahre, das merkte man manchmal bei Kneipengesprächen über ZDF-Vierteiler oder Musik: Da wussten wir meist genau, wovon der andere sprach, aber wenn es zu früh in die 70er oder zu spät in die 80er ging, sagte man: Ja, doch, schon mal gehört, aber ...
Er kam aus dem Norden des einen Bundeslandes, ich aus dem Süden des anderen: Luftlinie ist das keine Strecke, und meist wussten wir genau, wovon der andere sprach, nur manchmal hatte man zwar schon mal gehört, aber ...
Wir stellten irgendwann fest, dass wir so gut wie Nachbarn waren, gerade mal ein Sträßchen auseinander. Das war, als ich das Programmieren lernte, und ab und zu, vor Klausuren, verabredeten wir uns zum Üben.
Noch öfter verabredeten wir uns nach den Klausuren. An diese Abende erinnere mich gerne, ein gemischter Weiterbildungshaufen mit ihm als informellem Klassensprecher: Vollkommen unerwartet waren das keine blutleeren IT-Nerds, sondern Menschen mit einem Leben, und wir haben viel gelacht damals.
Wir blieben in Kontakt, hatten gleichaltrige Kinder, und vor zehn Jahren sah ich in seinem Garten dabei zu, wie Deutschland bei der WM gegen Italien ausschied, das ist mir gestern wieder eingefallen. Manchmal luden wir uns gegenseitig zum Geburtstag ein.
Es gab nicht genügend Schulplätze im Stadtteil, da hängten wir uns beide rein, er aber hatte diese natürliche Art, den Organisator und Kohortenführer zu geben: Termine und Treffen und Telefonate, das lief alles über ihn, und ich habe sein Engagement bewundert. Schulelternsprecher, Stadtteilbeirat, so brachte er sich ein, und ich schätze Menschen, denen so etwas wichtig ist, ohne dass sie sich selber wichtig tun.
Die Kinder wollten ins Ausland, da setzten wir uns zusammen und besprachen die Möglichkeiten. Sein Sohn war ein Jahr früher dran, jetzt ist mein Mädchen unterwegs. Wenn wir uns trafen, sprachen wir darüber. Er hatte eine riesige Comicsammlung und lieh mir Watchmen, als es noch keiner kannte; ich schenkte ihm Didi & Stulle und begeisterte ihn für Fil, bei dessen Auftritten wir uns seither immer begegneten.
Sie kennen das ja, man nimmt sich vor: Den rufe ich bald mal wieder an, oder man trifft sich auf der Straße: Lass uns doch mal wieder!, und immerhin, das haben wir nie abreißen lassen. Trotzdem musste ich überlegen: Wann haben wir uns eigentlich zuletzt gesehen?
Das war, als mir jemand sagte, dem geht es nicht gut, und ich habe dann noch eine Zeit gebraucht, bis ich mich gemeldet habe. Dann holte ich ihn ab und wir gingen zur Kneipe, blieben stundenlang und rauchten viel. Das Leben ist nicht fair, sagte er, nachdem er fertig erzählt hatte, und du brauchst nichts zu sagen, man kann eh nichts dazu sagen. Von seinen letzten Konzertbesuchen erzählte er und dass er bald zu Fil nach Hamburg fährt, denn in Bremen tritt der erst im Herbst wieder auf. Sudoku konnte er immer gut, sagte er, und jetzt sitzt er stundenlang an einem, über dem steht: "Leicht", und bekommt es nicht hin. Oder eine Excel-Tabelle sortieren: Keine Chance, sagte er, und das als Programmierer.
Da arbeitete er schon nicht mehr, und wir liefen durch die Nacht nach Hause, man musste nebenbei ein wenig auf ihn aufpassen, da ihm das Geradeauslaufen Probleme machte, und trotzdem vergrub er sich nicht zu Hause: Konzertbesuche, Zugreisen und Kneipenabende wollte er sich anscheinend nicht nehmen lassen, das fand ich unglaublich stark, und wir redeten noch über Filme und Musik und dass wir uns bald wieder verabreden wollten.
Beim Markt kamen wir uns entgegen und unterhielten uns ein paar Minuten, da musste ich weiter und sagte, ich melde mich noch vor meinem Urlaub, er ging mit Stock und sagte: Ja, besser du meldest dich, für mich ist das etwas schwer gerade. Ich bin dann in den Urlaub gefahren, schrieb noch eine Mail: "... und melde mich danach", aber das wird nicht mehr passieren.
Er hat hier gerne mitgelesen, das sagte er mir regelmäßig, und ich winkte ab: Doch, meinte er, ist immer eine angenehme Atmosphäre, freundliche Menschen, und als solchen werde ich ihn in Erinnerung behalten.
Er kam aus dem Norden des einen Bundeslandes, ich aus dem Süden des anderen: Luftlinie ist das keine Strecke, und meist wussten wir genau, wovon der andere sprach, nur manchmal hatte man zwar schon mal gehört, aber ...
Wir stellten irgendwann fest, dass wir so gut wie Nachbarn waren, gerade mal ein Sträßchen auseinander. Das war, als ich das Programmieren lernte, und ab und zu, vor Klausuren, verabredeten wir uns zum Üben.
Noch öfter verabredeten wir uns nach den Klausuren. An diese Abende erinnere mich gerne, ein gemischter Weiterbildungshaufen mit ihm als informellem Klassensprecher: Vollkommen unerwartet waren das keine blutleeren IT-Nerds, sondern Menschen mit einem Leben, und wir haben viel gelacht damals.
Wir blieben in Kontakt, hatten gleichaltrige Kinder, und vor zehn Jahren sah ich in seinem Garten dabei zu, wie Deutschland bei der WM gegen Italien ausschied, das ist mir gestern wieder eingefallen. Manchmal luden wir uns gegenseitig zum Geburtstag ein.
Es gab nicht genügend Schulplätze im Stadtteil, da hängten wir uns beide rein, er aber hatte diese natürliche Art, den Organisator und Kohortenführer zu geben: Termine und Treffen und Telefonate, das lief alles über ihn, und ich habe sein Engagement bewundert. Schulelternsprecher, Stadtteilbeirat, so brachte er sich ein, und ich schätze Menschen, denen so etwas wichtig ist, ohne dass sie sich selber wichtig tun.
Die Kinder wollten ins Ausland, da setzten wir uns zusammen und besprachen die Möglichkeiten. Sein Sohn war ein Jahr früher dran, jetzt ist mein Mädchen unterwegs. Wenn wir uns trafen, sprachen wir darüber. Er hatte eine riesige Comicsammlung und lieh mir Watchmen, als es noch keiner kannte; ich schenkte ihm Didi & Stulle und begeisterte ihn für Fil, bei dessen Auftritten wir uns seither immer begegneten.
Sie kennen das ja, man nimmt sich vor: Den rufe ich bald mal wieder an, oder man trifft sich auf der Straße: Lass uns doch mal wieder!, und immerhin, das haben wir nie abreißen lassen. Trotzdem musste ich überlegen: Wann haben wir uns eigentlich zuletzt gesehen?
Das war, als mir jemand sagte, dem geht es nicht gut, und ich habe dann noch eine Zeit gebraucht, bis ich mich gemeldet habe. Dann holte ich ihn ab und wir gingen zur Kneipe, blieben stundenlang und rauchten viel. Das Leben ist nicht fair, sagte er, nachdem er fertig erzählt hatte, und du brauchst nichts zu sagen, man kann eh nichts dazu sagen. Von seinen letzten Konzertbesuchen erzählte er und dass er bald zu Fil nach Hamburg fährt, denn in Bremen tritt der erst im Herbst wieder auf. Sudoku konnte er immer gut, sagte er, und jetzt sitzt er stundenlang an einem, über dem steht: "Leicht", und bekommt es nicht hin. Oder eine Excel-Tabelle sortieren: Keine Chance, sagte er, und das als Programmierer.
Da arbeitete er schon nicht mehr, und wir liefen durch die Nacht nach Hause, man musste nebenbei ein wenig auf ihn aufpassen, da ihm das Geradeauslaufen Probleme machte, und trotzdem vergrub er sich nicht zu Hause: Konzertbesuche, Zugreisen und Kneipenabende wollte er sich anscheinend nicht nehmen lassen, das fand ich unglaublich stark, und wir redeten noch über Filme und Musik und dass wir uns bald wieder verabreden wollten.
Beim Markt kamen wir uns entgegen und unterhielten uns ein paar Minuten, da musste ich weiter und sagte, ich melde mich noch vor meinem Urlaub, er ging mit Stock und sagte: Ja, besser du meldest dich, für mich ist das etwas schwer gerade. Ich bin dann in den Urlaub gefahren, schrieb noch eine Mail: "... und melde mich danach", aber das wird nicht mehr passieren.
Er hat hier gerne mitgelesen, das sagte er mir regelmäßig, und ich winkte ab: Doch, meinte er, ist immer eine angenehme Atmosphäre, freundliche Menschen, und als solchen werde ich ihn in Erinnerung behalten.
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Sie kennen das ja: Bei der wöchentlichen Rasur trägt man die Stoppeln nicht einfach ab, sondern lässt bis zum Schluss einen albernen Kinnbart stehen. Oder man schert nur eine Seite und tut völlig normal, wenn der Paketzusteller eine Unterschrift möchte. Oder man kommt mit einem Lemmy-Kilmister-Sadistenbart zum Frühstück.
"Du musst doch aber auch Rücksicht auf deine Mitmenschen nehmen", sprach vor Jahrzehnten die Mitbewohnerin, als ich mich eines morgens mühsam auf Sportlehrer getrimmt hatte und mit meinem Schimanski-Schnauzer darauf bestand, dass ich so endlich auch Biologie auf Lehramt studieren könne. Und geben Sie's doch zu, als Letztes bleibt immer ein Quadrat unter der Nase und man will irgendwas ausrradierrren. So jedenfalls gestern bei mir, ich bin dann erst mal zum Frühstück gegangen und die kennen das ja, die sagen schon nichts mehr, nur dass ich auf dem Markt an den Salat denken soll.
Alle waren sehr freundlich zu mir, dauernd dachte ich: Da schimpft man immer über seine griesgrämigen und verbitterten Mitbürger, aber schau nur, wie sie lächeln, auch der gute Bekannte, den du noch getroffen hast, und später im Supermarkt die Leute und vor allem die Frau an der Kasse, richtig nett alle!
"Warst du so einkaufen?", und ich dachte: Ist ja Samstag, ist ja schönes Wetter, da kann man doch mal eine kurze Hose anziehen, bei der Arbeit würde ich das ja nicht machen, aber doof ist das schon, dass es für Frauen so schöne Sommersachen gibt, die ganzen Kleidchen jetzt wieder, und Männer können entweder aussehen wie ganz große Grundschüler oder halt schwitzen, also klar war ich so einkaufen, und ich habe gerade noch einen schönen Kopf Salat bekommen.
Abends dann zu Gast bei guten Freunden, da bringt jeder eine Kleinigkeit zu Essen mit und es ist immer zu viel, aber lecker: Suppe, Hirseschnitten, Salate, Hefeteigdinger mit Pilzfüllung, und das hier ist die Lisa und das sind Helga und Klaus, und das ist der nnier, hallo, angenehm. Nach je zwei Partien Mystery oder wie das heißt und Codenames hängt nachts im Bad so ein Spiegel und man schaut rein und lacht, weil keiner was sagt, erst auf dem Heimweg erfährt man, dass die eine gefragt hat, sag mal, hat der eigentlich schon immer einen Bart?
Nachdem ich neulich schon den ganzen Tag eine Primark-Tüte durch die Firma getragen habe, steht mir der Sinn nach weiteren sozialen Experimenten:
- Im Meeting ein T-Shirt "Bier rein / Bier raus" (Pfeil nach oben / Pfeil nach unten) tragen
- Mit einem Hummer zur Arbeit fahren
- Dabei den Chef vom Fahrrad hupen
- Einen "SPD"-Button anstecken
- Samantha Fox als Bildschirmhintergrund einrichten
- Das Lied "Hallo, guten Morgen, Deutschland" von Willy Astor als Klingelton einstellen
Der Rasierer ist vorhin runtergefallen, gleich beim Einschalten, aber ich habe sofort ein neues Scherblatt bestellt, das kommt schon in wenigen Tagen.
"Du musst doch aber auch Rücksicht auf deine Mitmenschen nehmen", sprach vor Jahrzehnten die Mitbewohnerin, als ich mich eines morgens mühsam auf Sportlehrer getrimmt hatte und mit meinem Schimanski-Schnauzer darauf bestand, dass ich so endlich auch Biologie auf Lehramt studieren könne. Und geben Sie's doch zu, als Letztes bleibt immer ein Quadrat unter der Nase und man will irgendwas ausrradierrren. So jedenfalls gestern bei mir, ich bin dann erst mal zum Frühstück gegangen und die kennen das ja, die sagen schon nichts mehr, nur dass ich auf dem Markt an den Salat denken soll.
Alle waren sehr freundlich zu mir, dauernd dachte ich: Da schimpft man immer über seine griesgrämigen und verbitterten Mitbürger, aber schau nur, wie sie lächeln, auch der gute Bekannte, den du noch getroffen hast, und später im Supermarkt die Leute und vor allem die Frau an der Kasse, richtig nett alle!
"Warst du so einkaufen?", und ich dachte: Ist ja Samstag, ist ja schönes Wetter, da kann man doch mal eine kurze Hose anziehen, bei der Arbeit würde ich das ja nicht machen, aber doof ist das schon, dass es für Frauen so schöne Sommersachen gibt, die ganzen Kleidchen jetzt wieder, und Männer können entweder aussehen wie ganz große Grundschüler oder halt schwitzen, also klar war ich so einkaufen, und ich habe gerade noch einen schönen Kopf Salat bekommen.
Abends dann zu Gast bei guten Freunden, da bringt jeder eine Kleinigkeit zu Essen mit und es ist immer zu viel, aber lecker: Suppe, Hirseschnitten, Salate, Hefeteigdinger mit Pilzfüllung, und das hier ist die Lisa und das sind Helga und Klaus, und das ist der nnier, hallo, angenehm. Nach je zwei Partien Mystery oder wie das heißt und Codenames hängt nachts im Bad so ein Spiegel und man schaut rein und lacht, weil keiner was sagt, erst auf dem Heimweg erfährt man, dass die eine gefragt hat, sag mal, hat der eigentlich schon immer einen Bart?
Nachdem ich neulich schon den ganzen Tag eine Primark-Tüte durch die Firma getragen habe, steht mir der Sinn nach weiteren sozialen Experimenten:
- Im Meeting ein T-Shirt "Bier rein / Bier raus" (Pfeil nach oben / Pfeil nach unten) tragen
- Mit einem Hummer zur Arbeit fahren
- Dabei den Chef vom Fahrrad hupen
- Einen "SPD"-Button anstecken
- Samantha Fox als Bildschirmhintergrund einrichten
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Der Rasierer ist vorhin runtergefallen, gleich beim Einschalten, aber ich habe sofort ein neues Scherblatt bestellt, das kommt schon in wenigen Tagen.
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Es geht so einfach: Ein paar Esslöffel Essig, ein paar Esslöffel Öl, etwas Salz, etwas mehr Zucker miteinander verrühren. Über kleingeraspelte Möhren oder Sellerie schütten, durchmischen und eine Nacht lang im Kühlschrank einwirken lassen. Man kann dann morgens, mittags und abends davon essen, vor allem, wenn auch noch jemand was Feines aus Roter Bete und richtig schmackigen Kartoffelsalat gebastelt hat.
Mjamski. Warum mache ich das nicht öfter?
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Aus deinem Zimmer raus nach rechts, den Gang runter, links um die Ecke zum Fahrstuhl. Damit ins Erdgeschoss, rechts raus durch zwei Türen, die nicht automatisch aufgingen: Die musste man dir aufhalten. Nach links am Haus entlang, dann rechts über den Hof. Die Betonplatten um den Baum herum geschlitzt und uneben, aber das ging irgendwie, und bei der Einfahrt raus, vorbei an der alten Braumeistervilla, in der jetzt Physiotherapie angeboten wird: Das alles war ja mal das Brauereigelände. Direkt über die Straße und ein Stück nach rechts auf der Gegenfahrbahn entlang, so ging das am leichtesten mit deinem Wägelchen, und bei der Garageneinfahrt wieder auf den Bürgersteig.

Noch ein Stück bis zum Gartentor, hier das Wägelchen leicht anheben, und über den gepflasterten Weg zur Haustür. Dort das Wägelchen die Stufe hoch, da musste man dir helfen, dann warst du im Haus. Du hast dich am Geländer festgehalten oder am Türrahmen, während man das Wägelchen zusammengeklappt und in die Ecke gestellt hat. Vier Stufen Steintreppe, nach rechts drehen, dann kommen neun Stufen Holztreppe. Seit wir auf beiden Seiten Geländer haben, hast du das wieder alleine machen können, unglaublich! Noch einmal rechts rum, noch einmal sieben Holzstufen, durch die Wohnungstür. Jemand half dir aus dem Mantel, du musstest dich nicht festhalten, und dann durch die Küche an den Tisch im Wintergarten: Jemand hat dir die Hand gehalten, aber du konntest das noch ohne Stock laufen, und wenn du schließlich auf dem Stuhl gesessen hast, warst du froh über einen Schluck Wasser.

Das war dein Weg in den letzten Jahren, den bin ich jetzt noch mal alleine gegangen und habe mich gefreut, wie viel wir noch voneinander haben konnten. Du hattest umziehen müssen, nach über 90 Jahren, musstest weg von da, wohin man unendlich lange mit dem Auto fuhr, und dorthin, wo ich als Kind aus unserem Fenster den großen Garten der Braumeistervilla sehen konnte: Ausgerechnet da haben sie vor ein paar Jahren ein Heim gebaut. Leicht war das bestimmt nicht für dich, und doch war es gut, glaube ich. Ich bin froh, wie oft wir uns noch sehen konnten, mittagessen, rommeespielen, kaffeetrinken, miteinander sprechen. Das geht jetzt nicht mehr.

"Dann kam schon das elektrische Licht", hast du einmal erzählt, da habe ich mal wieder geahnt, aus welcher Welt du gekommen bist. Dein eigenes Licht ist jetzt erloschen. Schön, dass du da warst.

Noch ein Stück bis zum Gartentor, hier das Wägelchen leicht anheben, und über den gepflasterten Weg zur Haustür. Dort das Wägelchen die Stufe hoch, da musste man dir helfen, dann warst du im Haus. Du hast dich am Geländer festgehalten oder am Türrahmen, während man das Wägelchen zusammengeklappt und in die Ecke gestellt hat. Vier Stufen Steintreppe, nach rechts drehen, dann kommen neun Stufen Holztreppe. Seit wir auf beiden Seiten Geländer haben, hast du das wieder alleine machen können, unglaublich! Noch einmal rechts rum, noch einmal sieben Holzstufen, durch die Wohnungstür. Jemand half dir aus dem Mantel, du musstest dich nicht festhalten, und dann durch die Küche an den Tisch im Wintergarten: Jemand hat dir die Hand gehalten, aber du konntest das noch ohne Stock laufen, und wenn du schließlich auf dem Stuhl gesessen hast, warst du froh über einen Schluck Wasser.

Das war dein Weg in den letzten Jahren, den bin ich jetzt noch mal alleine gegangen und habe mich gefreut, wie viel wir noch voneinander haben konnten. Du hattest umziehen müssen, nach über 90 Jahren, musstest weg von da, wohin man unendlich lange mit dem Auto fuhr, und dorthin, wo ich als Kind aus unserem Fenster den großen Garten der Braumeistervilla sehen konnte: Ausgerechnet da haben sie vor ein paar Jahren ein Heim gebaut. Leicht war das bestimmt nicht für dich, und doch war es gut, glaube ich. Ich bin froh, wie oft wir uns noch sehen konnten, mittagessen, rommeespielen, kaffeetrinken, miteinander sprechen. Das geht jetzt nicht mehr.

"Dann kam schon das elektrische Licht", hast du einmal erzählt, da habe ich mal wieder geahnt, aus welcher Welt du gekommen bist. Dein eigenes Licht ist jetzt erloschen. Schön, dass du da warst.
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An einen Tag muss ich oft denken, das war im letzten Sommer, nicht lange, bevor du gegangen bist. Ich kam von der Arbeit, nahm einen anderen Weg als üblich, der führte mich beim Kieferorthopäden vorbei. "Da muss sie die Tage auch noch hin, da hat sie die Tage auch noch einen Termin", wollten die Zahnräder in meinem Kopf gerade ineinandergreifen, da hörte ich deine Stimme: "Papa!", und wie wir uns beide gefreut haben, wie du mit deinem türkisblauen Hollandrad auf mich zugefahren bist, wie wir uns um den Hals gefallen sind, das war ein so schöner Moment, den werde ich nie vergessen.
Da war viel los in dieser Zeit, ich kam gar nicht mehr mit, und du kamst also gerade vom Kieferorthopäden, dann sind wir zusammen nach Hause gefahren und haben uns unterhalten und Quatsch gemacht und gelacht. Es gab noch so viel zu regeln und der Abschied rückte näher, das kam mir vollkommen unwirklich vor, nur manchmal nachts bin ich hochgeschreckt und spürte, das wird bald wirklich passieren.
Ich komme hier gut klar, in deinem Zimmer wohnt jetzt der Australier und übt singen für den Domchor. Die Kaninchen füttere meistens ich, und wir haben im Flur umgeräumt. Das geht schon alles, sage ich allen, die fragen: Doch!, gut!, sage ich denen, und dass es dir auch gut geht da drüben, und ausgerechnet dann kriege ich immer diese rauhe Stimme.
Das ist ein interessantes Jahr, das macht mir alles Spaß mit den Gastschülern, und ich hab dir einen Kuchen gebacken, den müssen wir ohne dich essen. An den Tag mit dem Kieferorthopäden denke ich oft, und jeden anderen Tag (von bisher 6210) habe ich mich genau so gefreut, dass es dich gibt. Lass es krachen, feier schön, ich drücke dich! Genieß die Zeit bis zum Sommer. Und wenn du wiederkommst, das wird vielleicht schön!
Da war viel los in dieser Zeit, ich kam gar nicht mehr mit, und du kamst also gerade vom Kieferorthopäden, dann sind wir zusammen nach Hause gefahren und haben uns unterhalten und Quatsch gemacht und gelacht. Es gab noch so viel zu regeln und der Abschied rückte näher, das kam mir vollkommen unwirklich vor, nur manchmal nachts bin ich hochgeschreckt und spürte, das wird bald wirklich passieren.
Ich komme hier gut klar, in deinem Zimmer wohnt jetzt der Australier und übt singen für den Domchor. Die Kaninchen füttere meistens ich, und wir haben im Flur umgeräumt. Das geht schon alles, sage ich allen, die fragen: Doch!, gut!, sage ich denen, und dass es dir auch gut geht da drüben, und ausgerechnet dann kriege ich immer diese rauhe Stimme.
Das ist ein interessantes Jahr, das macht mir alles Spaß mit den Gastschülern, und ich hab dir einen Kuchen gebacken, den müssen wir ohne dich essen. An den Tag mit dem Kieferorthopäden denke ich oft, und jeden anderen Tag (von bisher 6210) habe ich mich genau so gefreut, dass es dich gibt. Lass es krachen, feier schön, ich drücke dich! Genieß die Zeit bis zum Sommer. Und wenn du wiederkommst, das wird vielleicht schön!
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Am meisten hasse ich meine Mitmenschen, wenn sie Sport machen. Die Sportlehrertypen, die Trillerpfeifen, die peinliche Situation in der Umkleidekabine, all das habe ich in reichlich unangenehmer Erinnerung, und gleiches gilt fürs Schwimmengehen: Da brauche ich den Chlor bloß zu riechen, schon laufen die unangenehmsten Filme ab.
Ich hätte es also wissen können, als der Arbeitgeber warb: Geht zu Hansefuck!, da wird monatlich etwas vom Gehalt abgezogen (und wir bezahlen noch was dazu!) Dann könnt ihr in dieses und jenes Fitness-Studio gehen, und aber auch ins Schwimmbad.
Vor sehr vielen Jahren dachte ich schon einmal: Gehst du halt auch mal ins Fitness-Studio, zu Eisenhower oder wie das heißt, und man kann hinterher in die Sauna. Meldete mich für ein Jahr an, zahlte monatlich, ging zweimal hin, schaute kurz in die Sauna (von außen), erschauerte innerlich und blieb für immer weg.
Schwimmen aber, oder sagen wir: Im Wasser sein, das hat mir mit den Kindern manchmal Spaß gemacht, und da ich keiner bin, der halbe Tage im Schwimmbad verbringt, sondern jemand, der nach einer Dreiviertelstunde sagt: Ist dann auch gut für heute, kam ich in den letzten Jahren gar nicht mehr auf die Idee, mal hinzugehen. Fünf Euro für einmal Reinhüpfen mag ich nicht zahlen, und dass ich "eigentlich" auch länger bleiben könnte, interessiert mich wenig, das ist exakt wie auf dem Brocken: Da wandern deine kleinen Kinder tapfer mit dir hoch, und oben willst du ein Bahnticket kaufen, um wieder herunterzufahren. Du zuckst dann bei dem Preis zusammen und sagst, ähm, wir wollen ja nur die eine Station, und die sagen dir: Wir verkaufen hier nur Netzkarten, die gelten für die ganze Harzer Schmalspurbahn, da können Sie bis nach X und nach Y mit fahren, und du sagst, bloß wenn ich jetzt nur die eine Station da wieder runter will mit meinen Kindern, und die sagen: Wie gesagt.
Wie gesagt, und da kam bei mir die anthropologische Konstante der Flatrate-Mentalität ins Spiel: Wenn du nicht fünf Euro für einmal Reinhüpfen bezahlen musst, sondern monatlich automatisch ein Betrag von deinem Gehalt abgezogen wird (und sie bezahlen was dazu!), dann kannst du da reinhüpfen und gleich wieder gehen, und das motiviert dich vielleicht, und es gibt noch diese Fitness-Studios, man sollte ja auch was für seinen Rücken tun.
Jeden Monat haben sie einen Betrag von meinem Gehalt abgezogen (und etwas dazubezahlt!), und ich sag mal, ich hätte richtig rauchen können davon. Als das Jahr fast herum war, fragte ich die Kollegen: Wie geht denn das bei Hansefuck, wo kriegt man eigentlich diese Karte her. Ganz einfach, sagten die, du gehst zu einem angeschlossenen Fitness-Studio, zahlst noch so eine Gebühr, dann geben die dir die Karte, mit der kommst du dann überall rein.
Es dauerte dann nur noch ein paar Wochen, da sagte ich eines abends: Also nicht dass ich jetzt Sport machen würde, aber ich kann ja mal die Karte abholen, dann habe ich die immerhin schon mal. Gut!, ermunterte man mich, ist doch gut!, Und dann kannst du ja vielleicht schon mal gucken, vielleicht guckst du dir das ja schon mal an.
Ich bin dann hingefahren, habe noch so eine Gebühr bezahlt (davon hätte ich richtig rauchen können), und ob ich gleich eine Einführung in das Studio haben wolle oder einen Termin dafür: Nein, nein, beeilte ich mich, ich melde mich dann, ich rufe dann an, ich wollte heute nur schon mal meine Karte holen.
Na, hat alles geklappt, wurde ich gefragt, hast du die Karte, wurde ich gefragt, und wie ist es da so.
Ich muss gleich kotzen, sagte ich, zum Kotzen ist es da, alleine schon wenn man da hinfährt, die Autos und die Menschen, und die Sporttaschen, und wie die da hingehen, und wie die da rauskommen, und wie die da sind, und wie dieser Tresen ist, und wie die Frau da ist, und wie im Hintergrund die Geräte sind, und die komischen Fahrräder, und die Schließfächer, etwas Abstoßenderes kann man sich gar nicht vorstellen, und ich würde nicht mal für Geld da hingehen, ich musste ganz schnell wieder wegfahren, ein Graus, dann konnte ich nicht weiterreden und ekelte mich vor den Menschen.
Ich muss nun bald entscheiden, ob ich den Vertrag um ein Jahr verlängere, vielleicht motiviert einen das ja, einfach mal ins Schwimmbad zu gehen, und man soll ja was für den Rücken tun, immerhin habe ich jetzt schon mal die Karte und die ziehen einem das automatisch vom Gehalt ab (und bezahlen noch etwas dazu!)
Ich hätte es also wissen können, als der Arbeitgeber warb: Geht zu Hansefuck!, da wird monatlich etwas vom Gehalt abgezogen (und wir bezahlen noch was dazu!) Dann könnt ihr in dieses und jenes Fitness-Studio gehen, und aber auch ins Schwimmbad.
Vor sehr vielen Jahren dachte ich schon einmal: Gehst du halt auch mal ins Fitness-Studio, zu Eisenhower oder wie das heißt, und man kann hinterher in die Sauna. Meldete mich für ein Jahr an, zahlte monatlich, ging zweimal hin, schaute kurz in die Sauna (von außen), erschauerte innerlich und blieb für immer weg.
Schwimmen aber, oder sagen wir: Im Wasser sein, das hat mir mit den Kindern manchmal Spaß gemacht, und da ich keiner bin, der halbe Tage im Schwimmbad verbringt, sondern jemand, der nach einer Dreiviertelstunde sagt: Ist dann auch gut für heute, kam ich in den letzten Jahren gar nicht mehr auf die Idee, mal hinzugehen. Fünf Euro für einmal Reinhüpfen mag ich nicht zahlen, und dass ich "eigentlich" auch länger bleiben könnte, interessiert mich wenig, das ist exakt wie auf dem Brocken: Da wandern deine kleinen Kinder tapfer mit dir hoch, und oben willst du ein Bahnticket kaufen, um wieder herunterzufahren. Du zuckst dann bei dem Preis zusammen und sagst, ähm, wir wollen ja nur die eine Station, und die sagen dir: Wir verkaufen hier nur Netzkarten, die gelten für die ganze Harzer Schmalspurbahn, da können Sie bis nach X und nach Y mit fahren, und du sagst, bloß wenn ich jetzt nur die eine Station da wieder runter will mit meinen Kindern, und die sagen: Wie gesagt.
Wie gesagt, und da kam bei mir die anthropologische Konstante der Flatrate-Mentalität ins Spiel: Wenn du nicht fünf Euro für einmal Reinhüpfen bezahlen musst, sondern monatlich automatisch ein Betrag von deinem Gehalt abgezogen wird (und sie bezahlen was dazu!), dann kannst du da reinhüpfen und gleich wieder gehen, und das motiviert dich vielleicht, und es gibt noch diese Fitness-Studios, man sollte ja auch was für seinen Rücken tun.
Jeden Monat haben sie einen Betrag von meinem Gehalt abgezogen (und etwas dazubezahlt!), und ich sag mal, ich hätte richtig rauchen können davon. Als das Jahr fast herum war, fragte ich die Kollegen: Wie geht denn das bei Hansefuck, wo kriegt man eigentlich diese Karte her. Ganz einfach, sagten die, du gehst zu einem angeschlossenen Fitness-Studio, zahlst noch so eine Gebühr, dann geben die dir die Karte, mit der kommst du dann überall rein.
Es dauerte dann nur noch ein paar Wochen, da sagte ich eines abends: Also nicht dass ich jetzt Sport machen würde, aber ich kann ja mal die Karte abholen, dann habe ich die immerhin schon mal. Gut!, ermunterte man mich, ist doch gut!, Und dann kannst du ja vielleicht schon mal gucken, vielleicht guckst du dir das ja schon mal an.
Ich bin dann hingefahren, habe noch so eine Gebühr bezahlt (davon hätte ich richtig rauchen können), und ob ich gleich eine Einführung in das Studio haben wolle oder einen Termin dafür: Nein, nein, beeilte ich mich, ich melde mich dann, ich rufe dann an, ich wollte heute nur schon mal meine Karte holen.
Na, hat alles geklappt, wurde ich gefragt, hast du die Karte, wurde ich gefragt, und wie ist es da so.
Ich muss gleich kotzen, sagte ich, zum Kotzen ist es da, alleine schon wenn man da hinfährt, die Autos und die Menschen, und die Sporttaschen, und wie die da hingehen, und wie die da rauskommen, und wie die da sind, und wie dieser Tresen ist, und wie die Frau da ist, und wie im Hintergrund die Geräte sind, und die komischen Fahrräder, und die Schließfächer, etwas Abstoßenderes kann man sich gar nicht vorstellen, und ich würde nicht mal für Geld da hingehen, ich musste ganz schnell wieder wegfahren, ein Graus, dann konnte ich nicht weiterreden und ekelte mich vor den Menschen.
Ich muss nun bald entscheiden, ob ich den Vertrag um ein Jahr verlängere, vielleicht motiviert einen das ja, einfach mal ins Schwimmbad zu gehen, und man soll ja was für den Rücken tun, immerhin habe ich jetzt schon mal die Karte und die ziehen einem das automatisch vom Gehalt ab (und bezahlen noch etwas dazu!)
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Das Jahr hat nicht mal richtig begonnen, da steht der erste Abschied an: Unsere liebe Brasilianerin wechselt planmäßig in die nächste Familie.
Mensch, L.! Das ist doch gar nicht lange her, dass du zu uns gekommen bist und erst mal über die vielen Fahrräder am Flughafen gestaunt hast. Du hast mächtig viel Gepäck dabeigehabt, mir hat es halb den Rücken gebrochen, aber auf die niedrigen Temperaturen warst du nicht wirklich eingestellt mit all deinen Kleidchen und Ballerinas, oder?
Wir sind noch am selben Tag mit dir Essen gegangen, Flammkuchen, und du warst über die großen Portionen sichtlich erleichtert: Essen ist wichtig für dich, das sagst du selber und ist mir sehr sympathisch!
Dass du dich auf dem Fahrrad anfangs unsicher gefühlt hast, habe ich nicht gleich gemerkt, denn du hattest vorher so von Fahrrädern geschwärmt und dich auf dein Gastfahrrad gefreut. Aber da, wo du herkommst, kann man einfach nicht fahren, das habe ich erst später verstanden, und jetzt flitzt du durch die Stadt wie alle anderen. Busse und Bahnen benutzt du genau so selbstverständlich und hast dir in der kurzen Zeit ein richtiges Sozialleben hier aufgebaut mit Tanztraining, Volleyball, Theater und vielen Freunden.
"Ja, habt ihr überhaupt was von ihr, wenn sie so viel unterwegs ist", wurden wir manchmal gefragt, und ich würde sagen: Auf jeden Fall! Das hat, so empfinde ich es, einfach gut gepasst für beide Seiten, denn wir müssen arbeiten und können nicht jeden Tag eine Rundumbetreuung organisieren, und du bist keine, die den ganzen Tag zu Hause sitzt und unterhalten werden will. Wenn wir trotzdem oft zusammen gekocht, Plätzchen gebacken, die Spülmaschine ausgeräumt, Skull King gespielt oder einfach geredet haben, hat mir das immer großen Spaß gemacht, und wie einfach das inzwischen geworden ist, kann ich kaum glauben!
Schließlich bist du mit nicht mehr als ein paar Brocken Deutsch hier angekommen, und die ersten Wochen haben wir Englisch miteinander gesprochen, wobei du deine neu gelernten Wörter immer gleich eingebaut hast: "On the next Wochenende, I would like to ...", das fand ich toll und ist doch kein Vergleich mit den langen, komplizierten Sätzen, die du jetzt so selbstverständlich sprichst, Zeitformen und Konjugationen inbegriffen.
Wichtiger als das finde ich, dass man zusammen lachen kann, das haben wir oft getan und werden wir morgen früh bestimmt noch mal tun, wenn die Gäste zu deinem Abschiedsfrühstück kommen, aber davon weißt du ja noch nichts!
Du musst immer lächeln, wenn ich deinen Namen aussprechen will, dabei denke ich, ich mache es richtig: Liebe L., bleib, wie du bist, und sei immer so glücklich wie im brasilianischen Restaurant in Berlin (wo du unglaubliche Mengen Fleisch verdrückt hast) oder beim Kochen von 2,5 kg Rinderhack in einem großen Topf, genieß den Rest von deinem Austauschjahr und besuch uns, OK?
Mensch, L.! Das ist doch gar nicht lange her, dass du zu uns gekommen bist und erst mal über die vielen Fahrräder am Flughafen gestaunt hast. Du hast mächtig viel Gepäck dabeigehabt, mir hat es halb den Rücken gebrochen, aber auf die niedrigen Temperaturen warst du nicht wirklich eingestellt mit all deinen Kleidchen und Ballerinas, oder?
Wir sind noch am selben Tag mit dir Essen gegangen, Flammkuchen, und du warst über die großen Portionen sichtlich erleichtert: Essen ist wichtig für dich, das sagst du selber und ist mir sehr sympathisch!
Dass du dich auf dem Fahrrad anfangs unsicher gefühlt hast, habe ich nicht gleich gemerkt, denn du hattest vorher so von Fahrrädern geschwärmt und dich auf dein Gastfahrrad gefreut. Aber da, wo du herkommst, kann man einfach nicht fahren, das habe ich erst später verstanden, und jetzt flitzt du durch die Stadt wie alle anderen. Busse und Bahnen benutzt du genau so selbstverständlich und hast dir in der kurzen Zeit ein richtiges Sozialleben hier aufgebaut mit Tanztraining, Volleyball, Theater und vielen Freunden.
"Ja, habt ihr überhaupt was von ihr, wenn sie so viel unterwegs ist", wurden wir manchmal gefragt, und ich würde sagen: Auf jeden Fall! Das hat, so empfinde ich es, einfach gut gepasst für beide Seiten, denn wir müssen arbeiten und können nicht jeden Tag eine Rundumbetreuung organisieren, und du bist keine, die den ganzen Tag zu Hause sitzt und unterhalten werden will. Wenn wir trotzdem oft zusammen gekocht, Plätzchen gebacken, die Spülmaschine ausgeräumt, Skull King gespielt oder einfach geredet haben, hat mir das immer großen Spaß gemacht, und wie einfach das inzwischen geworden ist, kann ich kaum glauben!
Schließlich bist du mit nicht mehr als ein paar Brocken Deutsch hier angekommen, und die ersten Wochen haben wir Englisch miteinander gesprochen, wobei du deine neu gelernten Wörter immer gleich eingebaut hast: "On the next Wochenende, I would like to ...", das fand ich toll und ist doch kein Vergleich mit den langen, komplizierten Sätzen, die du jetzt so selbstverständlich sprichst, Zeitformen und Konjugationen inbegriffen.
Wichtiger als das finde ich, dass man zusammen lachen kann, das haben wir oft getan und werden wir morgen früh bestimmt noch mal tun, wenn die Gäste zu deinem Abschiedsfrühstück kommen, aber davon weißt du ja noch nichts!

Du musst immer lächeln, wenn ich deinen Namen aussprechen will, dabei denke ich, ich mache es richtig: Liebe L., bleib, wie du bist, und sei immer so glücklich wie im brasilianischen Restaurant in Berlin (wo du unglaubliche Mengen Fleisch verdrückt hast) oder beim Kochen von 2,5 kg Rinderhack in einem großen Topf, genieß den Rest von deinem Austauschjahr und besuch uns, OK?
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