(Auf Anfrage)
Was hast du eigentlich in England gemacht, fragt die Kollegin, und ich erzähle es ihr. Wen hast du gesehen, da muss ich ja fast weinen, sagt sie, und ich sage lieber nichts. Am anderen Tag kommt Besuch und will wissen, wie es war. Als ich ein Lied vorspiele, das ich am zweiten Abend mit dem Handy aufgenommen habe, dreht er sich mit feuchten Augen weg und sagt: Dabei bin ich gar nicht so ein Fan wie du.
Seit 35 Jahren weiß ich, wie das ist, und trotzdem hat es mich diesmal vielleicht stärker erwischt als je zuvor - eine geradezu außerweltliche Erfahrung, als würde man seinen Körper verlassen und sich selbst von oben betrachten, wie man da steht und sagt: Das gibt es nicht, das gibt es doch nicht!
Als ich Anfang 1990 bei ein paar Konzerten in London war, wunderte ich mich über das reservierte Publikum. In Deutschland hatte ich ein paar Wochen vorher im Innenraum gestanden, begeisterte Menschen um mich, und saß nun zwischen zurückhaltenden Briten, die nach jedem Stück brav applaudierten und auf dem Weg nach draußen mit steifer Oberlippe sagten, why yes, excellent, brilliant.
Ich werde nicht jünger und war diesmal froh um die Sitzplätze. Dann standen alle auf und blieben stehen, sangen ungehemmt mit und riefen Dinge, vielleicht sind die Engländer lockerer geworden, vielleicht war es auch das Wissen, dass es nicht für immer so weitergehen kann: Ein Hauch von Abschied lag über allem, auch wenn Paul jeden Abend mit den Worten "See you next time!" beendete.
Während man wartet, startet in der sich langsam füllenden Halle ein DJ-Set, oben steht jemand und spielt Remixes, los geht es mit Mother Nature's Son und man denkt unmittelbar, wie kann man nur so ein schönes Lied schreiben? Es ist nur ein kleines Liedchen auf dem Weißen Album, und du sitzt da und fragst dich ernsthaft, kann es etwas Schöneres geben?
Irgendwann gehen die Videowände an und es beginnt eine weitere Folge von Liedern aus der Konserve, Beatles und solo, dazu Bilder aus allen Phasen, man könnte auch sagen: Man wird emotional weichgeklopft, bevor das Konzert überhaupt losgeht, und wenn er auf die Bühne kommt, sagen die Leute zueinander: Das kann nicht sein!
Viel mehr Erinnerungen an den ersten Abend habe ich nicht. Zurück im Appartement tippte ich eine einzige, kurze Nachricht in mein Handy: "Einer der schönsten Abende meines Lebens", und es war genau so gemeint.
Es ist nicht ganz einfach, wenn man sich innerlich noch gar nicht wieder zusammenfügen konnte, gleich am nächsten Tag noch einmal hinzugehen. Aber wie ich meiner freundlichen Sitznachbarin zu erklären versuchte: I couldn't not go, im Konzert sagte sie mehrfach zu mir: Unbelievable. Amazing. This can't be real. Und zum Abschied: Now I know why you had to come again. I would go tomorrow.
Die reinen Fakten sind schnell erzählt, ich hatte mit wenigen Ausnahmen alle Songs schon live gehört, große Überraschungen gibt es da nicht. Dramaturgisch würde ich die Sache etwas anders aufbauen, denn es ist gar nicht nötig, die Show mit Knallern wie A Hard Day's Night oder Can't Buy Me Love zu beginnen, man braucht doch etwas Zeit, um sich an diese irreale Sitution anzupassen, und ich erinnere mich gerne an die 89/90er-Tour, als erst mal zwei aktuelle Midtempo-Solotitel, die noch keiner kannte, und eine Wings-Nummer gegeben wurden, bevor das erste Stück von den Beatles kam.
Inzwischen geht es von Anfang an auf die Zwölf, es folgt mit Junior's Farm ein Fan Favourite, "hart" gespielt und gleich mit E-Gitarren-Solo-Gepose, das würde ich anders einsortieren. Und wenn ich zwischendurch einen Gedanken fassen kann, dann frage ich mich, ob Paul immer noch gegen das alte Vorurteil ankämpft, hauptsächlich seichte Balladen abzuliefern. Und ob deshalb die Gewitter von Live And Let Die und Helter Skelter unverzichtbar dazugehören, während tatsächlich Yesterday nicht mehr im Programm ist.
Die Band spielt knackig und fehlerlos, der Schlagzeuger unterstützt gesanglich, und auf ein paar dieser ganz großen Rock-Gesten könnte ich gut verzichten, wenn z.B. der Schluss eines Liedes noch, Bamm! Bamm! Bamm! Bamm! BAMMMM!, mit ein paar Sekunden zu viel Trommelwirbel und Tusch und E-Gitarren-Feedback hinausgezögert wird.
Denn es geht auch ganz anders, z.B. wenn in der Mitte des Sets quasi "unplugged" das naive Love Me Do gespielt wird: Ganz ohne Fanfaren und Bombast das emotionale Highlight, der Anfang von allem, und man merkt unmittelbar, wie der Welt-Glücks-Index signifikant ansteigt.
Viel wird über seine mangelnde Urteilsfähigkeit spekuliert, er wisse Unerlässliches nicht von Unerheblichem zu scheiden: Es mag etwas daran sein, und doch schmunzele ich bei der Vorstellung, dass er mit Ob-La-Di, Ob-La-Da oder Wonderful Christmastime seinen Kritikern einen dezenten Mittelfinger zeigt. Sollte eines Tages noch We All Stand Together (a.k.a. Frog Song) gegeben werden, würde ich meine These als bewiesen ansehen.
Ein einziges Mal überschreitet er für mich eine Linie - I've Got a Feeling im virtuellen Duett mit John, so etwas muss nicht sein, nur weil es inzwischen technisch möglich ist. Sicher wird es in ein paar Jahren Avatar-Konzerte wie von ABBA geben und vermutlich werde ich dann auch hingehen; aber das muss nicht in ein reales Konzert hinüberschwappen, bei dem, nach allem, was ich mitbekomme, sonst nicht mit Playback oder Autotune getrickst wird. Es sind ja gerade die Momente, in denen seine Stimme nicht mehr mitmacht, die einen berühren können: Here Today und Blackbird alleine auf der Bühne, nur von der eigenen akustischen Gitarre begleitet, vollkommen ungeschützt, und Maybe I'm Amazed ist schon seit Jahrzehnten ein Register zu hoch, man hofft und drückt immer wieder die Daumen, dass er halbwegs unfallfrei durch die klavierbegleiteten ersten Zeilen kommt, bevor der Hintergrundgesang und die anderen Instrumente einsetzen.
Am vierten und letzten Abend wäre ich fast nicht mehr hingegangen, denn die Reise und die Konzertbesuche hatten mich durchaus angestrengt. Mit reichlich Doping schaffte ich es doch und fühlte mich ein wenig beschämt, als der 82-Jährige auf der Bühne von seinem 84-jährigen Kollegen besucht wurde, der mit federndem Schritt hinters Schlagzeug eilte, einer so rank und schlank wie der andere, während ich diesmal wirklich saß. Und das alles ist einfach nicht zu glauben.
See you next time, Frau r.!
Was hast du eigentlich in England gemacht, fragt die Kollegin, und ich erzähle es ihr. Wen hast du gesehen, da muss ich ja fast weinen, sagt sie, und ich sage lieber nichts. Am anderen Tag kommt Besuch und will wissen, wie es war. Als ich ein Lied vorspiele, das ich am zweiten Abend mit dem Handy aufgenommen habe, dreht er sich mit feuchten Augen weg und sagt: Dabei bin ich gar nicht so ein Fan wie du.
Seit 35 Jahren weiß ich, wie das ist, und trotzdem hat es mich diesmal vielleicht stärker erwischt als je zuvor - eine geradezu außerweltliche Erfahrung, als würde man seinen Körper verlassen und sich selbst von oben betrachten, wie man da steht und sagt: Das gibt es nicht, das gibt es doch nicht!
Als ich Anfang 1990 bei ein paar Konzerten in London war, wunderte ich mich über das reservierte Publikum. In Deutschland hatte ich ein paar Wochen vorher im Innenraum gestanden, begeisterte Menschen um mich, und saß nun zwischen zurückhaltenden Briten, die nach jedem Stück brav applaudierten und auf dem Weg nach draußen mit steifer Oberlippe sagten, why yes, excellent, brilliant.
Ich werde nicht jünger und war diesmal froh um die Sitzplätze. Dann standen alle auf und blieben stehen, sangen ungehemmt mit und riefen Dinge, vielleicht sind die Engländer lockerer geworden, vielleicht war es auch das Wissen, dass es nicht für immer so weitergehen kann: Ein Hauch von Abschied lag über allem, auch wenn Paul jeden Abend mit den Worten "See you next time!" beendete.
Während man wartet, startet in der sich langsam füllenden Halle ein DJ-Set, oben steht jemand und spielt Remixes, los geht es mit Mother Nature's Son und man denkt unmittelbar, wie kann man nur so ein schönes Lied schreiben? Es ist nur ein kleines Liedchen auf dem Weißen Album, und du sitzt da und fragst dich ernsthaft, kann es etwas Schöneres geben?
Irgendwann gehen die Videowände an und es beginnt eine weitere Folge von Liedern aus der Konserve, Beatles und solo, dazu Bilder aus allen Phasen, man könnte auch sagen: Man wird emotional weichgeklopft, bevor das Konzert überhaupt losgeht, und wenn er auf die Bühne kommt, sagen die Leute zueinander: Das kann nicht sein!
Viel mehr Erinnerungen an den ersten Abend habe ich nicht. Zurück im Appartement tippte ich eine einzige, kurze Nachricht in mein Handy: "Einer der schönsten Abende meines Lebens", und es war genau so gemeint.
Es ist nicht ganz einfach, wenn man sich innerlich noch gar nicht wieder zusammenfügen konnte, gleich am nächsten Tag noch einmal hinzugehen. Aber wie ich meiner freundlichen Sitznachbarin zu erklären versuchte: I couldn't not go, im Konzert sagte sie mehrfach zu mir: Unbelievable. Amazing. This can't be real. Und zum Abschied: Now I know why you had to come again. I would go tomorrow.
Die reinen Fakten sind schnell erzählt, ich hatte mit wenigen Ausnahmen alle Songs schon live gehört, große Überraschungen gibt es da nicht. Dramaturgisch würde ich die Sache etwas anders aufbauen, denn es ist gar nicht nötig, die Show mit Knallern wie A Hard Day's Night oder Can't Buy Me Love zu beginnen, man braucht doch etwas Zeit, um sich an diese irreale Sitution anzupassen, und ich erinnere mich gerne an die 89/90er-Tour, als erst mal zwei aktuelle Midtempo-Solotitel, die noch keiner kannte, und eine Wings-Nummer gegeben wurden, bevor das erste Stück von den Beatles kam.
Inzwischen geht es von Anfang an auf die Zwölf, es folgt mit Junior's Farm ein Fan Favourite, "hart" gespielt und gleich mit E-Gitarren-Solo-Gepose, das würde ich anders einsortieren. Und wenn ich zwischendurch einen Gedanken fassen kann, dann frage ich mich, ob Paul immer noch gegen das alte Vorurteil ankämpft, hauptsächlich seichte Balladen abzuliefern. Und ob deshalb die Gewitter von Live And Let Die und Helter Skelter unverzichtbar dazugehören, während tatsächlich Yesterday nicht mehr im Programm ist.
Die Band spielt knackig und fehlerlos, der Schlagzeuger unterstützt gesanglich, und auf ein paar dieser ganz großen Rock-Gesten könnte ich gut verzichten, wenn z.B. der Schluss eines Liedes noch, Bamm! Bamm! Bamm! Bamm! BAMMMM!, mit ein paar Sekunden zu viel Trommelwirbel und Tusch und E-Gitarren-Feedback hinausgezögert wird.
Denn es geht auch ganz anders, z.B. wenn in der Mitte des Sets quasi "unplugged" das naive Love Me Do gespielt wird: Ganz ohne Fanfaren und Bombast das emotionale Highlight, der Anfang von allem, und man merkt unmittelbar, wie der Welt-Glücks-Index signifikant ansteigt.
Viel wird über seine mangelnde Urteilsfähigkeit spekuliert, er wisse Unerlässliches nicht von Unerheblichem zu scheiden: Es mag etwas daran sein, und doch schmunzele ich bei der Vorstellung, dass er mit Ob-La-Di, Ob-La-Da oder Wonderful Christmastime seinen Kritikern einen dezenten Mittelfinger zeigt. Sollte eines Tages noch We All Stand Together (a.k.a. Frog Song) gegeben werden, würde ich meine These als bewiesen ansehen.
Ein einziges Mal überschreitet er für mich eine Linie - I've Got a Feeling im virtuellen Duett mit John, so etwas muss nicht sein, nur weil es inzwischen technisch möglich ist. Sicher wird es in ein paar Jahren Avatar-Konzerte wie von ABBA geben und vermutlich werde ich dann auch hingehen; aber das muss nicht in ein reales Konzert hinüberschwappen, bei dem, nach allem, was ich mitbekomme, sonst nicht mit Playback oder Autotune getrickst wird. Es sind ja gerade die Momente, in denen seine Stimme nicht mehr mitmacht, die einen berühren können: Here Today und Blackbird alleine auf der Bühne, nur von der eigenen akustischen Gitarre begleitet, vollkommen ungeschützt, und Maybe I'm Amazed ist schon seit Jahrzehnten ein Register zu hoch, man hofft und drückt immer wieder die Daumen, dass er halbwegs unfallfrei durch die klavierbegleiteten ersten Zeilen kommt, bevor der Hintergrundgesang und die anderen Instrumente einsetzen.
Am vierten und letzten Abend wäre ich fast nicht mehr hingegangen, denn die Reise und die Konzertbesuche hatten mich durchaus angestrengt. Mit reichlich Doping schaffte ich es doch und fühlte mich ein wenig beschämt, als der 82-Jährige auf der Bühne von seinem 84-jährigen Kollegen besucht wurde, der mit federndem Schritt hinters Schlagzeug eilte, einer so rank und schlank wie der andere, während ich diesmal wirklich saß. Und das alles ist einfach nicht zu glauben.
See you next time, Frau r.!
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Recht erstaunt bin ich nach längerer Englandpause über die so gut funktionierenden öffentlichen Verkehrsmittel, zumindest in Manchester und London, und die bestechend einfache Art der Bezahlung: Man hält seine kontaktlose Bezahlkarte oder das entsprechende Mobilgerät zu Beginn und Ende jeder Fahrt an ein Lesefeld - und das ist es. Die Fahrpreise werden dann nach Bestpreisprinzip tageweise berechnet und abgebucht.
Etwas weniger angenehm ist die Tatsache, keinen Nachweis in der Tasche zu haben: Klar, dass auf meiner allerletzten Fahrt in Manchester kurz vor dem Bahnhof kontrolliert wurde - und das Gerät des Kontrolleurs bei meiner Karte rot aufleuchtete. Bei seinem Kollegen war es dann grün, ich durfte weiter, aber das ist kein gutes Gefühl. Wir haben ja alle unseren Kafka gelesen.
Auch in London funktioniert der Verbund zwischen U-Bahn, Overground und Bus völlig problemlos und scheint mir eher günstiger geworden zu sein; zumindest erinnere ich mich an recht teure Day Tickets, die ich früher oft genutzt habe, und kam gestern bei meiner Scotland-Yard-haften Anreise mit all den unterschiedlichen Verkehrsmitteln sehr günstig davon. Das U-Bahn-System hat ja schon immer gut funktioniert, inzwischen sind auch die von mir früher als chaotisch empfundenen Busse leicht zu benutzen, just tap in wenn du einsteigt, und es gibt klare Ansagen zu jeder Station und Displays, die einen sehr schnell aufmerksam machen, wenn man versehentlich in die Gegenrichtung fährt.
Selbst der Fernverkehr funktioniert, zumindest meine Fahrt zwischen den beiden großen Städten: Zu akzeptablem Preis mit reserviertem Platz, und dass sich der Zug um eine halbe Stunde verspätet, ist nicht der Rede wert.
Eher schon dies: Bereits im Zug wird sich mehrfach per Lautsprecher für die Inconvenience entschuldigt und auf die Möglichkeit der Compensation hingewiesen. Was mich dann wirklich verwunderte, war die E-Mail, die mich kurz darauf erreichte und darüber informierte, dass und wo und wie ich ein Anrecht auf eine Teilerstattung geltend machen könne. Erstaunlich!
Dann allerdings muss ich doch lachen: Man schreibt mir eine Mail zu meiner gebuchten Fahrt, die 37 minutes late gewesen sei, und dann muss ich ein Formular ausfüllen, in dem gefragt wird, um wieviel sich meine Reise verspätet habe. Ich muss mich vorher natürlich extra registrieren, separat von dem Account, den ich für die Buchung der Zugfahrt schon habe. Und ich muss einen Screenshot (!) des pdf- Dokuments hochladen, das mir als Ticket zugemailt wurde. Und Zahldaten für die Rückerstattung angeben. Das alles mit Captchas und E-Mail-Verification dauert lange und nervt, so dass mal wieder die Frage ist: Unfähigkeit oder Methode? Ich soll genau das mühsam ausfüllen und dokumentieren, was doch längst vorliegt und worüber ich gerade informiert wurde!?
Jetzt "bemüht" man sich, das "innerhalb von 20 Werktagen" zu bearbeiten, und es sind nicht die paar GBP, auf die ich gespannt bin. Aber das ist eine Randnotiz: Tatsächlich machen mir die Erfahrungen hier Hoffnung, dass ein funktionierender öffentlicher Personenverkehr auch dann aufgebaut werden kann, wenn er schon mal komplett kaputt war.
Etwas weniger angenehm ist die Tatsache, keinen Nachweis in der Tasche zu haben: Klar, dass auf meiner allerletzten Fahrt in Manchester kurz vor dem Bahnhof kontrolliert wurde - und das Gerät des Kontrolleurs bei meiner Karte rot aufleuchtete. Bei seinem Kollegen war es dann grün, ich durfte weiter, aber das ist kein gutes Gefühl. Wir haben ja alle unseren Kafka gelesen.
Auch in London funktioniert der Verbund zwischen U-Bahn, Overground und Bus völlig problemlos und scheint mir eher günstiger geworden zu sein; zumindest erinnere ich mich an recht teure Day Tickets, die ich früher oft genutzt habe, und kam gestern bei meiner Scotland-Yard-haften Anreise mit all den unterschiedlichen Verkehrsmitteln sehr günstig davon. Das U-Bahn-System hat ja schon immer gut funktioniert, inzwischen sind auch die von mir früher als chaotisch empfundenen Busse leicht zu benutzen, just tap in wenn du einsteigt, und es gibt klare Ansagen zu jeder Station und Displays, die einen sehr schnell aufmerksam machen, wenn man versehentlich in die Gegenrichtung fährt.
Selbst der Fernverkehr funktioniert, zumindest meine Fahrt zwischen den beiden großen Städten: Zu akzeptablem Preis mit reserviertem Platz, und dass sich der Zug um eine halbe Stunde verspätet, ist nicht der Rede wert.
Eher schon dies: Bereits im Zug wird sich mehrfach per Lautsprecher für die Inconvenience entschuldigt und auf die Möglichkeit der Compensation hingewiesen. Was mich dann wirklich verwunderte, war die E-Mail, die mich kurz darauf erreichte und darüber informierte, dass und wo und wie ich ein Anrecht auf eine Teilerstattung geltend machen könne. Erstaunlich!
Dann allerdings muss ich doch lachen: Man schreibt mir eine Mail zu meiner gebuchten Fahrt, die 37 minutes late gewesen sei, und dann muss ich ein Formular ausfüllen, in dem gefragt wird, um wieviel sich meine Reise verspätet habe. Ich muss mich vorher natürlich extra registrieren, separat von dem Account, den ich für die Buchung der Zugfahrt schon habe. Und ich muss einen Screenshot (!) des pdf- Dokuments hochladen, das mir als Ticket zugemailt wurde. Und Zahldaten für die Rückerstattung angeben. Das alles mit Captchas und E-Mail-Verification dauert lange und nervt, so dass mal wieder die Frage ist: Unfähigkeit oder Methode? Ich soll genau das mühsam ausfüllen und dokumentieren, was doch längst vorliegt und worüber ich gerade informiert wurde!?
Jetzt "bemüht" man sich, das "innerhalb von 20 Werktagen" zu bearbeiten, und es sind nicht die paar GBP, auf die ich gespannt bin. Aber das ist eine Randnotiz: Tatsächlich machen mir die Erfahrungen hier Hoffnung, dass ein funktionierender öffentlicher Personenverkehr auch dann aufgebaut werden kann, wenn er schon mal komplett kaputt war.
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I was there, I really was
At the centre of the love vibration
- Paul McCartney, Peace in the Neighbourhood (1992)
Es gibt einen Film der Reihe Star Trek, in dem alle 39,1 Jahre ein Energieband, der Nexus, durchs Universum rast. Wird man davon getroffen, stirbt man für die Außenwelt, gerät subjektiv aber in ein Paralleluniversum, in dem die eigenen Wünsche für immer erfüllt werden. So ergeht es auch zwei Captains: Kirk reitet in diesem Nexusparadies fortan durch Iowa oder kocht mit seiner Verlobten, während Picard kitschige Familienweihnachten feiert. Innerste Wünsche: Who am I to judge?
Natürlich gibt es einen Bösewicht, der früher schon mal im Nexus war, unbedingt wieder hinein möchte und durchaus mal ein Sonnensystem zerstört, um das Energieband in seine Richtung zu lenken, denn bald sind die 39,1 Jahre um, und was ist schon so ein Sonnensystem gegen die Aussicht auf absolute Wunscherfüllung - fragt mal eure Psychologin!
Wie mein persönlicher Nexus aussähe, ahnen diejenigen, die hier manchmal vorbeischauen, vielleicht. Ich scheitere daran, es in Worte zu fassen, doch es ist alles wahr.
Das letzte Mal hätte ein wunderbarer Abschluss sein können, war es in meinem Kopf auch, denn ich hatte mein Glück längst ausgeschöpft: Das alles war ja vollkommen unwahrscheinlich, wer hätte jemals gedacht, dass Paul McCartney noch mal auf Tour geht und dass ich da hingehen kann!?
So dachte ich 1989 und so dachte ich all die anderen Jahre; und bereut habe ich nur die Konzerte, zu denen ich nicht gegangen bin.
Dass er nun doch noch mal in Europa auftritt, habe ich wie immer zu spät erfahren, hatte dieses Jahr auch viel um die Ohren und durchaus meinen Frieden damit: Klar war alles sofort ausverkauft, und ich bin auch nicht mehr 19, um auf Verdacht irgendwo hinzufahren und vor der Halle auf ein Ticket zu hoffen. Viel Spaß also den Glücklichen, ich freue mich für euch!
Außer dass ich neulich abends spontan Flug und Unterkunft gebucht, eine Woche freigenommen und also mein Glück noch mal versucht habe. Naiv wie ich bin stellte ich mir vor, dass ich wie früher vor der Halle mit einem Schild "Ticket needed!" herumlaufen könnte, bis mir in letzter Minute jemand seine überzählige Eintrittskarte verkauft und ganz irritiert schaut, bloß weil ich mich auf den Boden werfe und ihm sowie all seinen Nachkommen ein langes, glückliches Leben wünsche. Oder bis meinetwegen wieder ein Schwarzhändler mit mir das Geschäft seines Lebens macht, weil ich gegen reiche Isländer und verrückte Japaner bieten muss.
Aber inzwischen ist alles längst nur noch digital, man kann im Gegensatz zu Flugtickets diejenigen fürs Konzert nicht mal mehr zur Sicherheit ausdrucken, sondern bekommt sie ausschließlich in einer speziellen App angezeigt, die am Eingang präsentiert werden muss: Akku leer, kein Empfang, Handy defekt oder geklaut - Anlass für Alpträume, Stoff für Stoßgebete, das alles ist ein fürchterliches Kartenhaus und verursacht schlimme Gefühle des hilflosen Ausgeliefertseins. Wenn man denn so ein Ticket erst hat.
Ich mache es kurz, ich konnte eines ergattern, ich lud es zitternd auf mein Handy und fasste seither alle 2 Minuten in die Hosentasche, um zu kontrollieren, ob es noch da war. Dann stieg ich in die Tram, fuhr eine Stunde durch Manchester und war da, ich war wirklich da, im Zentrum der Liebesschwingung, bei Gelegenheit erzähle ich davon.
Nur dieses schon mal: Die 39,1 Jahre sind bald um. Und es ist gut gemeint, wenn ich euch warne: Passt auf eure Sonnensysteme auf!
At the centre of the love vibration
- Paul McCartney, Peace in the Neighbourhood (1992)
Es gibt einen Film der Reihe Star Trek, in dem alle 39,1 Jahre ein Energieband, der Nexus, durchs Universum rast. Wird man davon getroffen, stirbt man für die Außenwelt, gerät subjektiv aber in ein Paralleluniversum, in dem die eigenen Wünsche für immer erfüllt werden. So ergeht es auch zwei Captains: Kirk reitet in diesem Nexusparadies fortan durch Iowa oder kocht mit seiner Verlobten, während Picard kitschige Familienweihnachten feiert. Innerste Wünsche: Who am I to judge?
Natürlich gibt es einen Bösewicht, der früher schon mal im Nexus war, unbedingt wieder hinein möchte und durchaus mal ein Sonnensystem zerstört, um das Energieband in seine Richtung zu lenken, denn bald sind die 39,1 Jahre um, und was ist schon so ein Sonnensystem gegen die Aussicht auf absolute Wunscherfüllung - fragt mal eure Psychologin!
Wie mein persönlicher Nexus aussähe, ahnen diejenigen, die hier manchmal vorbeischauen, vielleicht. Ich scheitere daran, es in Worte zu fassen, doch es ist alles wahr.
Das letzte Mal hätte ein wunderbarer Abschluss sein können, war es in meinem Kopf auch, denn ich hatte mein Glück längst ausgeschöpft: Das alles war ja vollkommen unwahrscheinlich, wer hätte jemals gedacht, dass Paul McCartney noch mal auf Tour geht und dass ich da hingehen kann!?
So dachte ich 1989 und so dachte ich all die anderen Jahre; und bereut habe ich nur die Konzerte, zu denen ich nicht gegangen bin.
Dass er nun doch noch mal in Europa auftritt, habe ich wie immer zu spät erfahren, hatte dieses Jahr auch viel um die Ohren und durchaus meinen Frieden damit: Klar war alles sofort ausverkauft, und ich bin auch nicht mehr 19, um auf Verdacht irgendwo hinzufahren und vor der Halle auf ein Ticket zu hoffen. Viel Spaß also den Glücklichen, ich freue mich für euch!
Außer dass ich neulich abends spontan Flug und Unterkunft gebucht, eine Woche freigenommen und also mein Glück noch mal versucht habe. Naiv wie ich bin stellte ich mir vor, dass ich wie früher vor der Halle mit einem Schild "Ticket needed!" herumlaufen könnte, bis mir in letzter Minute jemand seine überzählige Eintrittskarte verkauft und ganz irritiert schaut, bloß weil ich mich auf den Boden werfe und ihm sowie all seinen Nachkommen ein langes, glückliches Leben wünsche. Oder bis meinetwegen wieder ein Schwarzhändler mit mir das Geschäft seines Lebens macht, weil ich gegen reiche Isländer und verrückte Japaner bieten muss.
Aber inzwischen ist alles längst nur noch digital, man kann im Gegensatz zu Flugtickets diejenigen fürs Konzert nicht mal mehr zur Sicherheit ausdrucken, sondern bekommt sie ausschließlich in einer speziellen App angezeigt, die am Eingang präsentiert werden muss: Akku leer, kein Empfang, Handy defekt oder geklaut - Anlass für Alpträume, Stoff für Stoßgebete, das alles ist ein fürchterliches Kartenhaus und verursacht schlimme Gefühle des hilflosen Ausgeliefertseins. Wenn man denn so ein Ticket erst hat.
Ich mache es kurz, ich konnte eines ergattern, ich lud es zitternd auf mein Handy und fasste seither alle 2 Minuten in die Hosentasche, um zu kontrollieren, ob es noch da war. Dann stieg ich in die Tram, fuhr eine Stunde durch Manchester und war da, ich war wirklich da, im Zentrum der Liebesschwingung, bei Gelegenheit erzähle ich davon.
Nur dieses schon mal: Die 39,1 Jahre sind bald um. Und es ist gut gemeint, wenn ich euch warne: Passt auf eure Sonnensysteme auf!
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Was mich zu Tode langweilen kann, sind Berichte von Leuten über irgendwelche Computerprobleme.
Ich z.B. habe seit Jahren einen Firmenlaptop, den ich zu Hause und am Arbeitsplatz nutze. Um nicht täglich Netzteil, Tastatur, Maus, Netzwerk, Monitor, Kamera, Headset und weitere Peripherie an- und abstöpseln zu müssen, verwende ich im Büro eine Dockingstation: Nicht so ein plumpes Ding wie früher, in das man den Laptop mechanisch eingerastet hat - nein, ein schlankes Kästlein liegt da, welches über ein einziges USB-C-Kabel den Laptop mit Strom versorgt und zugleich sämtliche Daten all dieser anderen Anschlüsse hin- und herschickt. Da habe ich anfangs schon gestaunt, ernsthaft: So ein schlankes Kabelchen mit solch einem winzigen Stecker schleust den gesamten Netzwerkverkehr durch, auch wenn große Dateien gestreamt werden, beschickt die zahlreichen Monitorpixel mit ihren Grafikdaten und überträgt in umgekehrter Richtung noch das eigene Kamerabild in eine Videokonferenz. Bemerkenswert! Und dass man höllisch aufpassen muss, damit sich dieser DÄMLICHE Stecker nicht auch nur einen Mikrometer in seiner Buchse bewegt und somit sämtliche Verbindungen unterbricht, z.B. weil man seine Kaffetasse vorsichtig am anderen Ende des Schreibtisches abstellt, oder ans Telefon geht, oder hustet, oder sich irgendwie im Stuhl bewegt, daran gewöhnt man sich.
Mich interessieren derlei Geschichten nicht die Bohne. Dieses Lamentieren, als hätte man das alles nicht schon tausendmal gehört! "Bei mir im Büro hat was nicht funktioniert! Und dann hat es der Support nicht hinbekommen!" Ja, Wahnsinn. Auf Partys unbedingt das Weite suchen, wenn jemand so anfängt. Mein Tipp.
Jahrein, jahraus tippe ich also zufrieden vor mich hin, wechsele zwischen den verschiedenen Programmen und Fenstern routiniert mit Alt+Tab, habe meine Taskleiste voll im Griff und nutze gerne den größeren Desktop auf dem flachen Bildschirm im Büro, komme aber auch mit dem geringeren Platzangebot zurecht, wenn ich das Gerät tatsächlich als Laptop nutze. Lediglich im Hinterkopf stellt sich manchmal die Frage, ob so ein zweiter Monitor nicht doch von Nutzen wäre, aber früher hatten wir sowas auch nicht.
Kaum sind ein paar Jahre vergangen und alle anderen Kollegen haben längst zwei oder drei Monitore, ordert man also auch einen zusätzlichen Bildschirm und gewöhnt sich so schnell daran, dass man sich nach wenigen Tagen fragt, wie man jemals mit nur einem Monitor arbeiten konnte, schau!, wie viel angenehmer ist es doch, diese Exceltabelle zu sehen, während du in dem anderen Programm arbeitest! Und das Copypasten ist so viel schöner, wenn du direkt vergleichen kannst und nicht noch mal hin- und zurückwechseln musst, weil du doch nie ganz sicher sein kannst, ob du den letzten oder den vorletzten Wert in der Zwischenablage hattest.
Aber da geht es auch schon los, ein Monitor geht aus und dann der andere, erst nur für Sekunden, dann auch mal Minuten, dann beide zugleich, dann ist wieder alles in Ordnung, dann passiert es öfter und länger und eines Tages stehst du lachend da, holst die anderen und zeigst ihnen das Geflacker: Uuuuund Obacht!, hier, diese Sekunde muss ich erwischen, um den Rechner wenigstens noch geordnet herunterzufahren.
Nur wenige Monate später, in denen du dein Nervenkostüm ruinierst, täglich eine halbe Stunde Arbeitszeit vergeudest, permanent unter deinem Schreibtisch herumkletterst und Kabel umsteckst, andere Dockingstationen ausprobierst, immer wieder alles stromlos machst, neu startest, Monitore tauschst und versuchst, auch nur irgendeine Logik zu finden, regelmäßigen Besuch vom technischen Support bekommst, der wiederum Kabel, Monitore und Dockingstationen über Kreuz tauscht, dabei am Ende nur noch etwas von "schlechtem Karma in diesen Räumen" murmelt, wird beschlossen, dass es Zeit für einen neuen Laptop ist: Der alte kann wohl auf Dauer doch nicht so viele Pixel gleichzeitig beschicken, oder ist es die Dockingstation, oder sind es die Monitore, weil drüben an dem anderen Platz ging es doch, oder?
Ich mag mein neues Gerät, es ist ein schöner und robuster Laptop, und wenn man ihn an die neue Dockingstation anschließt und ein wenig wartet, zeigt oft einer der Monitore irgendwann ein Bild, bzw. manchmal auch der zweite, nur dass dann das Bild vom ersten total unscharf wird, und der technische Support sich das nicht erklären kann, schlechtes Karma!, aber lass uns mal willkürlich alle Tasten an den Monitoren ein paarmal drücken und die beiden Monitorkabel vertauschen, guck mal, jetzt geht es, aber frag mich nicht warum.
Auf eine Art ist ja beruhigend, dass diese durchrationalisierte Welt ihre letzten Geheimnisse nicht preisgeben will, und ich bin durchaus hoffnungsvoll, nur dass dieser VERDAMMTE Stecker genauso wacklig in seiner Buchse steckt wie eh und je, ich meine, halloooo, vielleicht auch mal zuhören!? Hallooo!? Ich bin doch noch gar nicht bei der Stelle mit den Updates angekommen, weil Windows 11 hat, hallloooo? Jemand zu Hause? Ich erzähle sonst gerne noch mal von vorne!
Pff. Manche Leute. Da fällt mir ein, damals auf Klassenfahrt
Ich z.B. habe seit Jahren einen Firmenlaptop, den ich zu Hause und am Arbeitsplatz nutze. Um nicht täglich Netzteil, Tastatur, Maus, Netzwerk, Monitor, Kamera, Headset und weitere Peripherie an- und abstöpseln zu müssen, verwende ich im Büro eine Dockingstation: Nicht so ein plumpes Ding wie früher, in das man den Laptop mechanisch eingerastet hat - nein, ein schlankes Kästlein liegt da, welches über ein einziges USB-C-Kabel den Laptop mit Strom versorgt und zugleich sämtliche Daten all dieser anderen Anschlüsse hin- und herschickt. Da habe ich anfangs schon gestaunt, ernsthaft: So ein schlankes Kabelchen mit solch einem winzigen Stecker schleust den gesamten Netzwerkverkehr durch, auch wenn große Dateien gestreamt werden, beschickt die zahlreichen Monitorpixel mit ihren Grafikdaten und überträgt in umgekehrter Richtung noch das eigene Kamerabild in eine Videokonferenz. Bemerkenswert! Und dass man höllisch aufpassen muss, damit sich dieser DÄMLICHE Stecker nicht auch nur einen Mikrometer in seiner Buchse bewegt und somit sämtliche Verbindungen unterbricht, z.B. weil man seine Kaffetasse vorsichtig am anderen Ende des Schreibtisches abstellt, oder ans Telefon geht, oder hustet, oder sich irgendwie im Stuhl bewegt, daran gewöhnt man sich.
Mich interessieren derlei Geschichten nicht die Bohne. Dieses Lamentieren, als hätte man das alles nicht schon tausendmal gehört! "Bei mir im Büro hat was nicht funktioniert! Und dann hat es der Support nicht hinbekommen!" Ja, Wahnsinn. Auf Partys unbedingt das Weite suchen, wenn jemand so anfängt. Mein Tipp.
Jahrein, jahraus tippe ich also zufrieden vor mich hin, wechsele zwischen den verschiedenen Programmen und Fenstern routiniert mit Alt+Tab, habe meine Taskleiste voll im Griff und nutze gerne den größeren Desktop auf dem flachen Bildschirm im Büro, komme aber auch mit dem geringeren Platzangebot zurecht, wenn ich das Gerät tatsächlich als Laptop nutze. Lediglich im Hinterkopf stellt sich manchmal die Frage, ob so ein zweiter Monitor nicht doch von Nutzen wäre, aber früher hatten wir sowas auch nicht.
Kaum sind ein paar Jahre vergangen und alle anderen Kollegen haben längst zwei oder drei Monitore, ordert man also auch einen zusätzlichen Bildschirm und gewöhnt sich so schnell daran, dass man sich nach wenigen Tagen fragt, wie man jemals mit nur einem Monitor arbeiten konnte, schau!, wie viel angenehmer ist es doch, diese Exceltabelle zu sehen, während du in dem anderen Programm arbeitest! Und das Copypasten ist so viel schöner, wenn du direkt vergleichen kannst und nicht noch mal hin- und zurückwechseln musst, weil du doch nie ganz sicher sein kannst, ob du den letzten oder den vorletzten Wert in der Zwischenablage hattest.
Aber da geht es auch schon los, ein Monitor geht aus und dann der andere, erst nur für Sekunden, dann auch mal Minuten, dann beide zugleich, dann ist wieder alles in Ordnung, dann passiert es öfter und länger und eines Tages stehst du lachend da, holst die anderen und zeigst ihnen das Geflacker: Uuuuund Obacht!, hier, diese Sekunde muss ich erwischen, um den Rechner wenigstens noch geordnet herunterzufahren.
Nur wenige Monate später, in denen du dein Nervenkostüm ruinierst, täglich eine halbe Stunde Arbeitszeit vergeudest, permanent unter deinem Schreibtisch herumkletterst und Kabel umsteckst, andere Dockingstationen ausprobierst, immer wieder alles stromlos machst, neu startest, Monitore tauschst und versuchst, auch nur irgendeine Logik zu finden, regelmäßigen Besuch vom technischen Support bekommst, der wiederum Kabel, Monitore und Dockingstationen über Kreuz tauscht, dabei am Ende nur noch etwas von "schlechtem Karma in diesen Räumen" murmelt, wird beschlossen, dass es Zeit für einen neuen Laptop ist: Der alte kann wohl auf Dauer doch nicht so viele Pixel gleichzeitig beschicken, oder ist es die Dockingstation, oder sind es die Monitore, weil drüben an dem anderen Platz ging es doch, oder?
Ich mag mein neues Gerät, es ist ein schöner und robuster Laptop, und wenn man ihn an die neue Dockingstation anschließt und ein wenig wartet, zeigt oft einer der Monitore irgendwann ein Bild, bzw. manchmal auch der zweite, nur dass dann das Bild vom ersten total unscharf wird, und der technische Support sich das nicht erklären kann, schlechtes Karma!, aber lass uns mal willkürlich alle Tasten an den Monitoren ein paarmal drücken und die beiden Monitorkabel vertauschen, guck mal, jetzt geht es, aber frag mich nicht warum.
Auf eine Art ist ja beruhigend, dass diese durchrationalisierte Welt ihre letzten Geheimnisse nicht preisgeben will, und ich bin durchaus hoffnungsvoll, nur dass dieser VERDAMMTE Stecker genauso wacklig in seiner Buchse steckt wie eh und je, ich meine, halloooo, vielleicht auch mal zuhören!? Hallooo!? Ich bin doch noch gar nicht bei der Stelle mit den Updates angekommen, weil Windows 11 hat, hallloooo? Jemand zu Hause? Ich erzähle sonst gerne noch mal von vorne!
Pff. Manche Leute. Da fällt mir ein, damals auf Klassenfahrt
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nnier | 14. Juli 2024 | Topic Margaretha
Anlässlich zweier freundlicher Verlinkungen, die gerade einige neue Gäste hereinspülen, ersetze ich die veraltete "Über"-Seite aus Anfangstagen - falls jemanden interessiert, was das hier ist.
Es gab mal eine Zeit, in der gebloggt wurde. Gerne erinnere ich mich daran. Ich war spät dran, 2008, aber das ist normal für mich. Einige Jahre war es noch recht lebendig im Bloggerdorf, dann verebbte alles, und ich brauchte eine Weile, um zu verstehen, dass die meisten inzwischen zu Twitter weitergezogen waren.
Das übersprang ich, schaute immer seltener hier vorbei, vergaß zwischendurch mein Passwort - freute mich aber alle paar Monate, dass es doch noch Leute gab, die hier oder anderswo weiterbloggten, und ganz gelegentlich schrieb ich auch noch etwas. Wenn mir etwas einfällt, kann das heute noch vorkommen.
Schauen Sie sich gerne um, ich verlinke für erste Eindrücke beispielhaft:
- 71@71, eine kleine Serie über die Musik eines Herrn, der mir etwas bedeutet
- Barfuß zum Nordpol, ein Reisebericht
- Was über Socken
- Erinnerungen an Personen
Seit einem Weilchen spiele ich mit ein paar Schnipseln auch bei Mastodon mit. Aber eigentlich erfahren Sie schon im Erstgespräch alles über mich.
(Ach, und einmal durfte ich in der FAZ bloggen, woraus sich eine interessante Diskussion ergab. Leider sind die Kommentare nicht erhalten. Aber so was gab's tatsächlich, damals, Blogs in Zeitungen!)
Es gab mal eine Zeit, in der gebloggt wurde. Gerne erinnere ich mich daran. Ich war spät dran, 2008, aber das ist normal für mich. Einige Jahre war es noch recht lebendig im Bloggerdorf, dann verebbte alles, und ich brauchte eine Weile, um zu verstehen, dass die meisten inzwischen zu Twitter weitergezogen waren.
Das übersprang ich, schaute immer seltener hier vorbei, vergaß zwischendurch mein Passwort - freute mich aber alle paar Monate, dass es doch noch Leute gab, die hier oder anderswo weiterbloggten, und ganz gelegentlich schrieb ich auch noch etwas. Wenn mir etwas einfällt, kann das heute noch vorkommen.
Schauen Sie sich gerne um, ich verlinke für erste Eindrücke beispielhaft:
- 71@71, eine kleine Serie über die Musik eines Herrn, der mir etwas bedeutet
- Barfuß zum Nordpol, ein Reisebericht
- Was über Socken
- Erinnerungen an Personen
Seit einem Weilchen spiele ich mit ein paar Schnipseln auch bei Mastodon mit. Aber eigentlich erfahren Sie schon im Erstgespräch alles über mich.
(Ach, und einmal durfte ich in der FAZ bloggen, woraus sich eine interessante Diskussion ergab. Leider sind die Kommentare nicht erhalten. Aber so was gab's tatsächlich, damals, Blogs in Zeitungen!)
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Als ich ein Kind war, hast du mit mir Spatzen gefangen. Der Vogelkäfig ohne Boden, der Holzstab, die Körner, die lange Schnur: So aufregend konnte das Leben sein, die Spatzen im Käfig waren langweilig, wir ließen sie schnell wieder frei, aber das Fangen!
Einmal bautest du mir eine Schaukel aus dem, was gerade da war: Irgendein Brett, ein paar alte Kabel. Ich schaukelte gerne am großen Kirschbaum. Noch toller war, dass du einfach so eine Schaukel bauen konntest.
Hundert wolltest du werden, hast du in den letzten Jahren oft gesagt: Weil dir zweimal zehn Jahre genommen wurden, so hast du erklärt, erst Krieg und Gefangenschaft, dann die Pflege deiner Frau nach ihrem Schlaganfall.
In der Gefangenschaft habt ihr euch Radios gebaut, die keinen Strom brauchten: Eine Rasierklinge, eine Bleistiftmine, das hat mich endlos fasziniert und ich habe gebettelt, dass wir zusammen auch eins bauen. Es hat dann nur gerauscht, doch für mich war es ein Wunder.
Als du aus der Gefangenschaft zurückkamst, lebtest du in einem Dachgeschoss. In Frankreich hattest du das Tischlern gelernt, und als Mietzahlung bautest du den Eigentümern ein Fenster. "Es ist noch da, ich könnte es dir zeigen", sagtest du 50 Jahre später, und ich hätte es gerne gesehen.
Mäuse hat es da oben gegeben, sie kamen durch die Ritzen, da hast du Konservendosen aufgeschnitten und flachgeklopft auf den Boden genagelt.
Als Bergmann hast du Deputatkohle bekommen und Kernseife. Ein Rest lag noch in der Garage, als wir das Haus ausräumten.
Oma hatte zehn Geschwister, und ihr wart die einzigen, die irgendwann ein eigenes Haus hatten. Oben am Hang, ein abschüssiges Grundstück, die Siedlung der Bergleute. 80 Pfennig der Quadratmeter. Ein eigenes Gemüsebeet, am Anfang Hühner, später ein Taubenhaus, das ich bestimmt mal erben würde, dachte ich als Kind.
Nach der Arbeit im Bergwerk also ausschachten und Fundament gießen, dafür Kies aus dem Fluss holen und mit der Schubkarre den Berg hochschieben, zusammen mit einem Schwager, der im Steinbruch arbeitete.
In dem kleinen Haus wohnten neben- und nacheinander alle möglichen Verwandten, und später fanden darin und im Garten die großen Familienfeiern statt, irgendein runder Geburtstag war immer. Die Musik hast du selbst gespielt, mit deiner Ziehharmonika. (Zerrwanst, Quetschkommode).
Und plötzlich maltest du mit Ölfarben, ich erinnere mich an die sechs oder acht aufgehängten Bilder. Auf einem stand jemand am Fluss und angelte, und ich stellte mir immer vor, dass du das bist. "Das war nur ein Jahr", erfuhr ich auf der Beerdigung, "wir haben ihn immer ermuntert, weiterzumalen, aber er hat es nie wieder gemacht."
Die letzten Jahre, im Altenheim, waren für dich nur vorübergehend. Oft sagtest du, jetzt geht es aber bald nach Hause. Und dass du demnächst Geburtstag hast und hundert wirst.
Mit dem Sprechen wurde es schwierig, und einmal, als ich nach langer Pause wieder zu Besuch war, hieß es, er erkennt uns nicht mehr und verwechselt vieles. Wie ich mich gefreut habe, als ich ins Zimmer kam, und du sagtest auf Anhieb meinen Namen!
Manchmal saß man dann einfach da, hat nicht viel geredet, hat auch nicht mehr viel verstanden, und plötzlich sagtest du klar und deutlich: Also das mit dem Fenster, das gefällt mir nicht!
Es hatte Luftzug gegeben, und Kälte konntest du nicht leiden. Bei uns war dir schnell zu kalt, in eurem Haus hattet ihr endlich eine Ölheizung, ich erinnere mich an den Geruch und wie du über die Tanks und den Brenner ganz genau Bescheid wusstest.
Für die Handwerker warst du kein angenehmer Kunde, standest daneben, schautest genau zu und stelltest viele Fragen. In der Kunststofffirma nannten die Kollegen dich "Vati", wurde mir erzählt, nicht veralbernd, sondern aus Respekt.
Aus Frankreich hattest du Stoff mitgebracht und dir zwei Anzüge genäht. "So einen Feinen hast du", haben die Freundinnen zu Oma gesagt, oder die Schwestern.
Urlaube habt ihr gemacht, sobald ihr konntet, und uns jeden Tag gründlich nacherzählt. Du hast gerne fotografiert und mir später deine Praktica geschenkt, auch die hatte einen ganz besonderen Geruch in ihrer Lederhülle, und drei Schraubobjektive.
Man konnte bei gutem Wetter mit dem Fernglas vom Balkon bis zum Herkules gucken. Den Anbau mit dem Balkon hast du selbst gemauert. Im Spieleschrank Reversi, Roulette, Fang-den-Hut.
Es war einer meiner letzten Besuche, da sagtest du noch mal, dass du ja bald Geburtstag hättest, den hundertsten. Ich habe dir vom Spatzenfangen erzählt, und du hast mit mir gelacht.
Vor ein paar Monaten war ich zuletzt an deinem Grab, du bist 98 Jahre alt geworden. Aber innendrin, für dich selbst, hast du die 100 geschafft, das hat mich gefreut.
Einmal bautest du mir eine Schaukel aus dem, was gerade da war: Irgendein Brett, ein paar alte Kabel. Ich schaukelte gerne am großen Kirschbaum. Noch toller war, dass du einfach so eine Schaukel bauen konntest.
Hundert wolltest du werden, hast du in den letzten Jahren oft gesagt: Weil dir zweimal zehn Jahre genommen wurden, so hast du erklärt, erst Krieg und Gefangenschaft, dann die Pflege deiner Frau nach ihrem Schlaganfall.
In der Gefangenschaft habt ihr euch Radios gebaut, die keinen Strom brauchten: Eine Rasierklinge, eine Bleistiftmine, das hat mich endlos fasziniert und ich habe gebettelt, dass wir zusammen auch eins bauen. Es hat dann nur gerauscht, doch für mich war es ein Wunder.
Als du aus der Gefangenschaft zurückkamst, lebtest du in einem Dachgeschoss. In Frankreich hattest du das Tischlern gelernt, und als Mietzahlung bautest du den Eigentümern ein Fenster. "Es ist noch da, ich könnte es dir zeigen", sagtest du 50 Jahre später, und ich hätte es gerne gesehen.
Mäuse hat es da oben gegeben, sie kamen durch die Ritzen, da hast du Konservendosen aufgeschnitten und flachgeklopft auf den Boden genagelt.
Als Bergmann hast du Deputatkohle bekommen und Kernseife. Ein Rest lag noch in der Garage, als wir das Haus ausräumten.
Oma hatte zehn Geschwister, und ihr wart die einzigen, die irgendwann ein eigenes Haus hatten. Oben am Hang, ein abschüssiges Grundstück, die Siedlung der Bergleute. 80 Pfennig der Quadratmeter. Ein eigenes Gemüsebeet, am Anfang Hühner, später ein Taubenhaus, das ich bestimmt mal erben würde, dachte ich als Kind.
Nach der Arbeit im Bergwerk also ausschachten und Fundament gießen, dafür Kies aus dem Fluss holen und mit der Schubkarre den Berg hochschieben, zusammen mit einem Schwager, der im Steinbruch arbeitete.
In dem kleinen Haus wohnten neben- und nacheinander alle möglichen Verwandten, und später fanden darin und im Garten die großen Familienfeiern statt, irgendein runder Geburtstag war immer. Die Musik hast du selbst gespielt, mit deiner Ziehharmonika. (Zerrwanst, Quetschkommode).
Und plötzlich maltest du mit Ölfarben, ich erinnere mich an die sechs oder acht aufgehängten Bilder. Auf einem stand jemand am Fluss und angelte, und ich stellte mir immer vor, dass du das bist. "Das war nur ein Jahr", erfuhr ich auf der Beerdigung, "wir haben ihn immer ermuntert, weiterzumalen, aber er hat es nie wieder gemacht."
Die letzten Jahre, im Altenheim, waren für dich nur vorübergehend. Oft sagtest du, jetzt geht es aber bald nach Hause. Und dass du demnächst Geburtstag hast und hundert wirst.
Mit dem Sprechen wurde es schwierig, und einmal, als ich nach langer Pause wieder zu Besuch war, hieß es, er erkennt uns nicht mehr und verwechselt vieles. Wie ich mich gefreut habe, als ich ins Zimmer kam, und du sagtest auf Anhieb meinen Namen!
Manchmal saß man dann einfach da, hat nicht viel geredet, hat auch nicht mehr viel verstanden, und plötzlich sagtest du klar und deutlich: Also das mit dem Fenster, das gefällt mir nicht!
Es hatte Luftzug gegeben, und Kälte konntest du nicht leiden. Bei uns war dir schnell zu kalt, in eurem Haus hattet ihr endlich eine Ölheizung, ich erinnere mich an den Geruch und wie du über die Tanks und den Brenner ganz genau Bescheid wusstest.
Für die Handwerker warst du kein angenehmer Kunde, standest daneben, schautest genau zu und stelltest viele Fragen. In der Kunststofffirma nannten die Kollegen dich "Vati", wurde mir erzählt, nicht veralbernd, sondern aus Respekt.
Aus Frankreich hattest du Stoff mitgebracht und dir zwei Anzüge genäht. "So einen Feinen hast du", haben die Freundinnen zu Oma gesagt, oder die Schwestern.
Urlaube habt ihr gemacht, sobald ihr konntet, und uns jeden Tag gründlich nacherzählt. Du hast gerne fotografiert und mir später deine Praktica geschenkt, auch die hatte einen ganz besonderen Geruch in ihrer Lederhülle, und drei Schraubobjektive.
Man konnte bei gutem Wetter mit dem Fernglas vom Balkon bis zum Herkules gucken. Den Anbau mit dem Balkon hast du selbst gemauert. Im Spieleschrank Reversi, Roulette, Fang-den-Hut.
Es war einer meiner letzten Besuche, da sagtest du noch mal, dass du ja bald Geburtstag hättest, den hundertsten. Ich habe dir vom Spatzenfangen erzählt, und du hast mit mir gelacht.
Vor ein paar Monaten war ich zuletzt an deinem Grab, du bist 98 Jahre alt geworden. Aber innendrin, für dich selbst, hast du die 100 geschafft, das hat mich gefreut.
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