Manche
Leute
haben's
schön.
Vielen Dank für diese tollen Fotos, lieber Freund.
Leute
haben's
schön.
Vielen Dank für diese tollen Fotos, lieber Freund.
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[Fortsetzung]
Irgendwie kommen wir manchmal auch voran, z.B. an dem Tag nach der komatösen Nacht in Valence, als wir von einer freundlichen, jungen Frau mitgenommen werden. Diese unterhält sich recht ausführlich mit uns und zeigt sogar Verständnis für unsere Irritation über gewisse Praktiken der Exekutive, im Gegensatz zu den anderen Franzosen, die das bisher alle schulterzuckend ganz normal fanden. Der einsetzende Regen und die leise Musik aus dem Autoradio lullen mich ein, ich bringe meine schmerzenden Knie in eine erträgliche Haltung, auf der Straße bildet sich ein Schmierfilm, die Fahrerin erzählt von einer Stelle, an der wir gut weiterkommen müssten, sie werde uns hinbringen, da das doch ein gutes Stück abseits ihrer eigentlichen Route sei, ach nein, lehnen wir ab, das sei nun wirklich nicht nötig, oh doch, lächelt sie, huch!, hier müssen wir ja schon abbiegen,
Psychisch zerrüttet und körperlich, na ja, das habe ich inzwischen ja deutlich gemacht, schleppt man sich durchs Niemandsland, die Erinnerung wird hier auch wirklich neblig, am Ende dieses Tages, es wird schon dunkel, stehen wir wirklich vollkommen verloren und ohne Hoffnung am Rande eines Bauerndorfs, da hält ein Wagen und nimmt uns mit. Unglaublich! Der freundliche Mann spricht einen starken südfranzösischen Dialekt, hört sich unsere Polizeigeschichten an, ist mit uns empört und beginnt dann seinerseits mit einer Erzählung.
Er ist schon oft im Gefängnis gewesen, in Spanien während des Bürgerkriegs, seine Eltern waren im Widerstand, man hat seine Mutter geholt und dann ihn geholt und die Knäste in Spanien und Südfrankreich sind nicht so erholsam wie die mitteleuropäischen, die sind ja Luxus, am Mittelmeer ist es anders, dreckig, es gibt viel Gewalt und die Wärter sind korrupt und die Gefangenen pervers und die Zellen überfüllt, sie warten dort nur auf so harmlose Touristen wie euch und damals, les tanks, die Panne-zeurs, im Bürgerkrieg, hat er angegriffen als Partisan, les armes, die Waffen, damit kennt er sich aus, im Knast haben sie ihn gefoltert, torturé, ein Messer muss man unbedingt haben, ich bringe euch lieber bis narr Montpellier, aber das ist gefährlich da, man mag da solche Leute nicht wie euch, mit Rucksäcken und ohne Geld, und die Polizei will euch nicht sehen da, und die Kriminellen am Bahnhof sind gefährlich, er macht diese Bewegung mit der Hand entlang seiner Kehle, reicht einem eine Zigarette nach hinten, man zündet sie zitternd an und bekommt einen Schock, als das Menthol sich in der Lunge ausbreitet, so runter sind die Nerven, ein bisschen Geld müssen sie schon bekommen, wenn sie euch überfallen, sie werden euch durchsuchen, vous comprenez, packt also einen Teil eures Geldes in die Jackentaschen und den Rest dans le slip, versteht ihr, und der Knast ist kein Spaß in Südfrankreich, es ist schon spät, hoffentlich kommt ihr noch in den Bahnhof, es ist nicht lustig sonst, so erzählt der gute Mann, und langsam formt sich der Gedanke, dass man sein Geld vielleicht in ein Zugticket investieren sollte. Todgeweiht laufen wir in Montpellier zum Bahnhof, hektische Blicke in alle Richtungen, ich kaufe, da es jetzt auch nicht mehr drauf ankommt, eine Packung schwarzer Gitanes ohne Filter, die sich wie glühende Nägel in die Lunge bohren, bis man sich auch daran gewöhnt hat, und dann sitzen wir im Zug und fahren so weit nach Süden, wie es nur geht.
[Rest kommt auch noch]
Irgendwie kommen wir manchmal auch voran, z.B. an dem Tag nach der komatösen Nacht in Valence, als wir von einer freundlichen, jungen Frau mitgenommen werden. Diese unterhält sich recht ausführlich mit uns und zeigt sogar Verständnis für unsere Irritation über gewisse Praktiken der Exekutive, im Gegensatz zu den anderen Franzosen, die das bisher alle schulterzuckend ganz normal fanden. Der einsetzende Regen und die leise Musik aus dem Autoradio lullen mich ein, ich bringe meine schmerzenden Knie in eine erträgliche Haltung, auf der Straße bildet sich ein Schmierfilm, die Fahrerin erzählt von einer Stelle, an der wir gut weiterkommen müssten, sie werde uns hinbringen, da das doch ein gutes Stück abseits ihrer eigentlichen Route sei, ach nein, lehnen wir ab, das sei nun wirklich nicht nötig, oh doch, lächelt sie, huch!, hier müssen wir ja schon abbiegen,
whack!,
macht ihr Kleinwagen, als er gegen die ca. 50 cm hohe Betonwand, welche die Schnellstraße begrenzt, knallt, das ist doch inzwischen ziemlich glatt, oh Mensch, das tut uns ja echt leid, Mist, können wir irgendwie helfen, nein, nein, geht zu der Tramperstelle, ich komme schon klar, bis zur Werkstatt werde ich noch irgendwie kommen. Wenn es einen Gott gibt, warum lässt er so etwas zu?Psychisch zerrüttet und körperlich, na ja, das habe ich inzwischen ja deutlich gemacht, schleppt man sich durchs Niemandsland, die Erinnerung wird hier auch wirklich neblig, am Ende dieses Tages, es wird schon dunkel, stehen wir wirklich vollkommen verloren und ohne Hoffnung am Rande eines Bauerndorfs, da hält ein Wagen und nimmt uns mit. Unglaublich! Der freundliche Mann spricht einen starken südfranzösischen Dialekt, hört sich unsere Polizeigeschichten an, ist mit uns empört und beginnt dann seinerseits mit einer Erzählung.
Er ist schon oft im Gefängnis gewesen, in Spanien während des Bürgerkriegs, seine Eltern waren im Widerstand, man hat seine Mutter geholt und dann ihn geholt und die Knäste in Spanien und Südfrankreich sind nicht so erholsam wie die mitteleuropäischen, die sind ja Luxus, am Mittelmeer ist es anders, dreckig, es gibt viel Gewalt und die Wärter sind korrupt und die Gefangenen pervers und die Zellen überfüllt, sie warten dort nur auf so harmlose Touristen wie euch und damals, les tanks, die Panne-zeurs, im Bürgerkrieg, hat er angegriffen als Partisan, les armes, die Waffen, damit kennt er sich aus, im Knast haben sie ihn gefoltert, torturé, ein Messer muss man unbedingt haben, ich bringe euch lieber bis narr Montpellier, aber das ist gefährlich da, man mag da solche Leute nicht wie euch, mit Rucksäcken und ohne Geld, und die Polizei will euch nicht sehen da, und die Kriminellen am Bahnhof sind gefährlich, er macht diese Bewegung mit der Hand entlang seiner Kehle, reicht einem eine Zigarette nach hinten, man zündet sie zitternd an und bekommt einen Schock, als das Menthol sich in der Lunge ausbreitet, so runter sind die Nerven, ein bisschen Geld müssen sie schon bekommen, wenn sie euch überfallen, sie werden euch durchsuchen, vous comprenez, packt also einen Teil eures Geldes in die Jackentaschen und den Rest dans le slip, versteht ihr, und der Knast ist kein Spaß in Südfrankreich, es ist schon spät, hoffentlich kommt ihr noch in den Bahnhof, es ist nicht lustig sonst, so erzählt der gute Mann, und langsam formt sich der Gedanke, dass man sein Geld vielleicht in ein Zugticket investieren sollte. Todgeweiht laufen wir in Montpellier zum Bahnhof, hektische Blicke in alle Richtungen, ich kaufe, da es jetzt auch nicht mehr drauf ankommt, eine Packung schwarzer Gitanes ohne Filter, die sich wie glühende Nägel in die Lunge bohren, bis man sich auch daran gewöhnt hat, und dann sitzen wir im Zug und fahren so weit nach Süden, wie es nur geht.
[Rest kommt auch noch]
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Altes Brot kleinschneiden
Milch, Zucker, Prise Salz
Aufkochen
Brotbrocken zerdrücken
(DeLuxe-Version für etepetete: Ein Ei reinrühren)
Hm, legger! Diesmal muss es einfach klappen.
Milch, Zucker, Prise Salz
Aufkochen
Brotbrocken zerdrücken
(DeLuxe-Version für etepetete: Ein Ei reinrühren)
Hm, legger! Diesmal muss es einfach klappen.
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Mediziner beschreiben auch subjektives Wohlbefinden Schwerkranker als Euphorie.[Fortsetzung]
Valence! Nördliches Tor der Provence! (Steht da, wo auch alle anderen abschreiben). Tatsächlich der erste Ort, der ein wenig südliches Flair verbreitet, das Klima milder, es gibt Palmen, der Boden ist sandig, aber, ach!, die Begeisterung meines Reisegefährten vermag ich nur partiell zu teilen.
Ich weiß. Jammern macht unattraktiv und so. Bleiben wir also einfach bei den Fakten. Es gibt ein Schild. Es gibt eine Art Jugendherberge. Der Weg dorthin ist nicht mal weit. Jedenfalls für gesunde Erwachsene. Ich hingegen werde ständig von Omas mit Rollatoren überholt, beiße die Zähne zusammen, schleppe mich stumpfsinnig vorwärts, wir erreichen die ersehnte Herberge, sie wirkt seltsam unbewohnt, erste Panikgefühle kommen auf, bis schließlich doch ein Angestellter erscheint, uns den Preis nennt und, da nicht genügend Francs zur Hand und alle Wechselstuben geschlossen, nach kurzer Diskussion unsere Deutschmarks akzeptiert, wir werden in einen leeren Schlafsaal geführt, die warme Dusche kommt kaum gegen die Freudentränen an, die sie auslöst, ich schaffe es irgendwie noch bis zum Bett und verarzte notdürftig meine zerschundenen Füße, doch all das erlebe ich nur noch wie im Nebel, die Sprache versagt, endgültig übernehmen nun die Grundbedürfnisse die Herrschaft, es ist 20:00h und bis zum nächsten Morgen ist da nur noch ein tiefes, schwarzes Loch, wahrscheinlich spielen die Beatles vor der Herberge auf, während Außerirdische an uns Experimente durchführen - nur schlafen, endlich schlafen, in einem Bett, mit einer Decke, im Warmen, unbedroht von Gendarmerie und Zoll, und wenn ich zu einer Empfindung fähig gewesen wäre, ja, dann hätte man diese Euphorie nennen müssen.
[Geht irgendwann weiter]
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[Fortsetzung]
Früh am Morgen erreichen wir mit dem Zug Lyon. Dort auszusteigen fällt schwer, am liebsten wäre man einfach sitzengeblieben, so warm und weich sind die Sitze, aber wir können uns das ja nicht leisten. Weder nach Römischen Theatern noch nach Kathedralen fragen wir deshalb in der Tourist Info, sondern nach einer guten Stelle für faire l'autostop. Seltsamerweise ernten wir nur verständnislose Blicke und werden unwirsch abgefertigt. Liegt das an meinem schlechten Französisch? Meinem doch langsam etwas heruntergekommenen Äußeren? Immerhin haben wir uns doch gerade in einer dieser herrlichen öffentlichen Toiletten ausgiebig frischgemacht! Gut, ohne Rasur und Parfum. Und so besonders viele frische Klamotten hat man ja auch nicht dabei, wenn man nur eben kurz nach Spanien trampen will.
Natürlich mag es auch an meinem inzwischen sehr deutlichen Hinken (die Knie! Die Schuhe!), diesem leicht gebückten, schleppenden Gang gelegen haben, denn wie man weiß, dient es ja der Erhaltung der Art, das ist evolutionär einfach so einprogrammiert, die Kranken und Schwachen auszusortieren, siehe Raben und Krähen und Eskimos und Indianer. Mitleid ist da lediglich eine kulturelle Überformung. Deshalb mögen auch die mutlose Aura und der flackernd-irrlichternde Blick aus rotgeäderten, übermüdeten Augen eben keine spontanen karitativen Instinkte, sondern deutlich ablehnende Reaktionen hervorgerufen haben. "Schleicht euch!", so schienen die Damen und Herren uns zuzuzischen, und nach Einnahme eines Kaffees und einem Blick auf die - immerhin! - ergatterte Umgebungskarte der Stadt entschieden wir, erneut Geld zu investieren und per Bus in einen südlichen Vorort namens Vienne zu fahren. Dort sollte man nun wirklich gut wegkommen.
Aus dem Bus auszusteigen tat ernsthaft weh, nicht nur in den Knien; es bedurfte dazu einer sehr ausgeprägten Willensanstrengung. Und irgendwann nahm uns tatsächlich jemand mit, brachte uns jedoch von der Strecke nach Süden ab, wir standen plötzlich im Niemandsland - aber einen Hypermarché gab's dort, in dem wir einkauften, ich konnte wirklich nicht mehr normal gehen, die Strecken in dem Riesensupermarkt erschienen mir endlos, wir aßen und tranken und saßen stundenlang herum. Und dann wurden wir doch noch mitgenommen, bis nach Valence, zurück auf die Strecke, immerhin, aber es war schon Abend. Ich kam kaum aus dem Auto heraus. Wir mussten irgendwo übernachten.
"Nimm keine Rücksicht auf mich, lass mich hier einfach liegen. Hauptsache, du überlebst. Sag meiner Familie, dass ich sie liebe", flüsterte ich meinem Reisegefährten zu, er aber schulterte mich und marschierte mit mir ins Zentrum des Städtchens, in dem er die ersten Palmen seines Lebens sah. "Reiß dich zusammen, wir sind heute doch gut vorangekommen. Fast hundert Kilometer!"
[Wird irgendwann fortgesetzt.]
Früh am Morgen erreichen wir mit dem Zug Lyon. Dort auszusteigen fällt schwer, am liebsten wäre man einfach sitzengeblieben, so warm und weich sind die Sitze, aber wir können uns das ja nicht leisten. Weder nach Römischen Theatern noch nach Kathedralen fragen wir deshalb in der Tourist Info, sondern nach einer guten Stelle für faire l'autostop. Seltsamerweise ernten wir nur verständnislose Blicke und werden unwirsch abgefertigt. Liegt das an meinem schlechten Französisch? Meinem doch langsam etwas heruntergekommenen Äußeren? Immerhin haben wir uns doch gerade in einer dieser herrlichen öffentlichen Toiletten ausgiebig frischgemacht! Gut, ohne Rasur und Parfum. Und so besonders viele frische Klamotten hat man ja auch nicht dabei, wenn man nur eben kurz nach Spanien trampen will.
Natürlich mag es auch an meinem inzwischen sehr deutlichen Hinken (die Knie! Die Schuhe!), diesem leicht gebückten, schleppenden Gang gelegen haben, denn wie man weiß, dient es ja der Erhaltung der Art, das ist evolutionär einfach so einprogrammiert, die Kranken und Schwachen auszusortieren, siehe Raben und Krähen und Eskimos und Indianer. Mitleid ist da lediglich eine kulturelle Überformung. Deshalb mögen auch die mutlose Aura und der flackernd-irrlichternde Blick aus rotgeäderten, übermüdeten Augen eben keine spontanen karitativen Instinkte, sondern deutlich ablehnende Reaktionen hervorgerufen haben. "Schleicht euch!", so schienen die Damen und Herren uns zuzuzischen, und nach Einnahme eines Kaffees und einem Blick auf die - immerhin! - ergatterte Umgebungskarte der Stadt entschieden wir, erneut Geld zu investieren und per Bus in einen südlichen Vorort namens Vienne zu fahren. Dort sollte man nun wirklich gut wegkommen.
Aus dem Bus auszusteigen tat ernsthaft weh, nicht nur in den Knien; es bedurfte dazu einer sehr ausgeprägten Willensanstrengung. Und irgendwann nahm uns tatsächlich jemand mit, brachte uns jedoch von der Strecke nach Süden ab, wir standen plötzlich im Niemandsland - aber einen Hypermarché gab's dort, in dem wir einkauften, ich konnte wirklich nicht mehr normal gehen, die Strecken in dem Riesensupermarkt erschienen mir endlos, wir aßen und tranken und saßen stundenlang herum. Und dann wurden wir doch noch mitgenommen, bis nach Valence, zurück auf die Strecke, immerhin, aber es war schon Abend. Ich kam kaum aus dem Auto heraus. Wir mussten irgendwo übernachten.
"Nimm keine Rücksicht auf mich, lass mich hier einfach liegen. Hauptsache, du überlebst. Sag meiner Familie, dass ich sie liebe", flüsterte ich meinem Reisegefährten zu, er aber schulterte mich und marschierte mit mir ins Zentrum des Städtchens, in dem er die ersten Palmen seines Lebens sah. "Reiß dich zusammen, wir sind heute doch gut vorangekommen. Fast hundert Kilometer!"
[Wird irgendwann fortgesetzt.]
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Der Spielmann, der Spielmann ist immer noch nicht daIch habe einen schweren Fehler begangen. Ich war hungrig einkaufen.
Er kümmelt aber noch
Er kümmelt aber noch
An solchen Tagen bekomme ich dann plötzlich Appetit auf Kochkäse. Ich weiß nicht, ob von den jungen Leuten noch jemand Kochkäse kennt. Es geht da in etwa um die Generation Lachsersatz, das ist so rotgefärbtes und total versalzenes zerschreddertes irgendwas-aus-dem-Meer im Glas, sehr ölig, das habe ich zwar recht selten, dann aber immer gerne gegessen. Oder Harzer Käse, auch als "Stinkekäse" bekannt, der wäre ja längst genauso ausgestorben wie Silberzwiebeln, könnte man ihn nicht irgendwie mit 0,1% Fett und solcherlei Argumenten an die Frau bringen, die das dann, weil's "gesund" ist, freudlos herunterwürgt. Nein, wenn schon Harzer Roller oder Olmützer Quargel, also diese Batzen aus Sauermilchkäse, dann bitte nicht mit hellem und bröseligem Kern, sondern mit natürlichem Fettgehalt und durchgereift (nicht zu verwechseln mit verwest und hochexplosiv, das kommt kurz nach dem Durchreifen). Und, ganz wichtig: Mit Kümmel.
Ich weiß ja nicht, was die Leute gegen Kümmel haben. Neulich saß ich bei einer Feier neben Menschen aus Franken, so Nürnbergbambergdiegegend, und die wissen nämlich ganz genau, dass es mit der Brotkultur hier im Norden nicht so weit her ist. Ein annehmbares Sauerteigbrot bekommt man hier kaum, und es schmeckt auch nur frisch gut. Wie anders ist es dort unten im Frankenland! Das weiß ich zufällig selbst. Das Brot schmeckt nach drei Tagen immer noch, und vor allem: Es schmeckt überhaupt nach etwas!
Die Zauberzutat nennt sich Kümmel. Und da staunen die Bremer. Jawohl, ich liebe das Sauerteigbrot mit dieser fantastischen Krume und etwas Kümmel. Diese Brote sind nicht bröselig, haben aber auch nicht die gummiartige Konsistenz, die, wenn das Brot frisch ist, einem das Schneiden verunmöglicht und schon eher nach Brötchen schmeckt, sondern sie sind einfach schnittfest, nicht zu feucht, aber eben auch nach Tagen noch nicht trocken. Wie bitte? Und ob das gut schmeckt! Einfach mit Butter; oder mit Käse; oder mit Wurst; oder mit Schinken; oder mit Quark; oder mit Marmelade (ja, das auch! Ja, mit Kümmel!)
Der Kochkäse ist ein zähflüssiger Sauermilchkäse zum Streichen, den man natürlich nicht in irgendwelchen 20- oder noch geringerprozentigen Varianten kauft, dann kann man's gleich lassen, das ist wie Schwarzwälder Kirsch ohne Sahne und mit Süßstoff. Die 40% sollte man sich schon gönnen und dann einfach so ein kleines, durchsichtiges, flexibles Plastikbehälterchen aus dem Kühlregal nehmen, die sehen so aus, wie sie immer aussahen, wenden sich also bewusst nicht an ein junges Trendpublikum, aber bitte immer darauf achten: Kümmel! Erst mit Kümmel wird die Sache so richtig gut.
Mir war in diesem Einkaufszentrum ("Servus in Österreich! Österreich-Wochen!") schon auf dem Hinweg die zusammengezimmerte pseudoösterreichische Jausenhütte aufgefallen, in deren Auslagen sich neben Würschtln , Leberkäs und diversen fiesen Bergkäsesorten auch trümmergroße Bauernbrote befanden. Obendrauf Kümmel! Innen schon von Textur und Färbung her sehr nahe an dem, was ich gerne mag! Also verzichtete ich auf den gewohnten Kauf des Langweilerbrotes und steuerte die Hüttn auf dem Rückweg hoffnungsfroh an. "100g -.44", stand unter dem Brot, also teurer als anderswo das Schnitzel, und ich deutete tapfer auf ein halbes und fragte, wieviel das wohl sei. Ja, servus, so 1600, 1700 Gramm - oha! -, aber ich kaufte es und bekam sogar Mengenrabatt, indem der Preis von 6,52 auf glatte 6.- Euro abgerundet wurde.
Gott, 6.- Euro für ein Brot, war es das wert, fragte ich mich bang, fuhr halb wahnsinnig vor Hunger nach Hause, schnitt die übergroße Scheibe ab, freute mich wie blöd an dem würzigen Kümmelgeruch, strich Butter darauf, und dann, ja, der Kochkäse, auch mit Kümmel, tu ganz viel drauf, jetzt nicht nachlassen, oh, mein Gott! Schmeckt das gut!
Ich habe so viel gegessen. Ich bin erledigt.
Es gibt die Tage für das Verfeinerte, das frische Weißbrot und die raffinierten Käsesorten und die Pralinen. Und das kann mir alles gestohlen bleiben, denn nach diesen Broten und einer unglaublich leckeren Tasse Filterkaffee (frisch gemahlen, gerade gekauft) weiß ich wieder, wo ich hingehöre. Wenigstens bis morgen.
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Es gibt im Bremer "Viertel" ein Fachgeschäft für Musikinstrumente und so Zeug. Das ist eines jener paar inhabergeführten Einzelhandelsgeschäfte, bei denen man als Kunde den Eindruck bekommen muss, es sei eine ganz besondere Gnade, dort bedient zu werden.
Ich erwarte nicht das duckmäuserische Geschleime, das mancher gerne euphemistisch als "Dienstleistermentalität" bezeichnet und dabei doch nur rückgratloses Buckeln unterbezahlter Beschäftigter vor jedem, der evtl. mit einem Geldschein winkt, meint; ich habe gerne ein selbtbewusstes Gegenüber, und als neulich jemand in ruppigem Ton die Angestellte des Drogeriemarktes anherrschte, sie solle gefälligst zackzack seine Fotorbeiten aus der Selbstbedienungstheke heraussuchen, da er seinen Schein mit der Abholnummer verloren habe, worauf sie entgegnete, dass sie die Zeit nicht habe und er aber gerne selbst seine Tüte heraussuchen dürfe, er dann herumschrie, dass er "einen so schlechten Service noch in keinem Fotoladen" geboten bekommen habe, sprang ich der bedrängten Arbeitnehmerin zur Seite und erklärte dem Mann, dass er im Fotoladen eben auch 59 statt 9 Cent pro Bild bezahle und das ja nächstes Mal einfach wieder tun könne.
Was ich dennoch nicht verstehe, ist, wenn Kunden wie lästige Bittsteller behandelt werden. So gibt es ganz in meiner Nähe einen Elektroladen, den ich trotz einschlägiger Erfahrungen neulich wieder einmal aufsuchte, um eine Leuchtstoffröhre bestimmter Größe und Wattzahl zu kaufen. Ich hatte mir die Länge anhand der Aufschrift der zu ersetzenden in Zoll notiert und wurde folglich erst einmal angepflaumt, dass er "mit Zoll nichts anfangen" könne, woraufhin ich die Länge überschlagsmäßig in cm umrechnete, er dann knurrte, das sei aber "Bestellware" und mich herausfordernd ansah, so dass ich einen schönen Tag wünschte und wieder ging. Rein theoretisch, dachte ich beim Verlassen des Geschäfts, hätte der gute Mann mir ja den Preis und die zu erwartende Lieferzeit nennen können. Aber sein, vorsichtig formuliert: Desinteresse, vertrieb mich auch diesmal - und bei dem Herrn handelt es sich um den Inhaber, nicht etwa einen unmotivierten Angestellten.
Purer Idealismus ist es auch, der mich regemäßig in die hiesige Buchhandlung treibt, auf dass es noch lange eine im Stadtteil gebe, denn auch dort kann man jedesmal erleichtert aufatmen, wenn man, ohne sich Vorwürfe oder Genörgel anhören zu müssen, wieder rauskommt. Vielleicht haben die alle ihre guten Gründe, z.B. Ärger zu Hause oder eine kranke Mutter, aber schön ist das nicht. Nehmen wir nun noch den angestammten Schreibwaren- und Spielzeugladen hinzu, auch er kein Filialist, sondern tapferer Einzelkämpfer - und auch dort wird man stets beäugt wie ein potentieller Dieb, und fragt man vorsichtig nach Artikel X, wird einem gerne in beleidigtem Ton geantwortet, dass man den nicht habe und "wirklich nicht alles" vorrätig haben könne.
Mein idealistischer Ansatz, immer dann, wenn es preislich keinen gar zu großen Unterschied macht, möglichst lokal beim Einzelhandel zu kaufen war es dann auch, der mich zu dem besagten Musikladen trieb. Flötennoten in zweifacher Ausfertigung mussten besorgt werden, ich erkundige mich telefonisch, wurde aufgefordert, im Internet die ISBN herauszusuchen und dann per E-Mail zu bestellen, bekam nach einigen Tagen Nachricht, dass ein Exemplar da sei, fuhr hin, kaufte es, betonte, wie dringend ich auch das zweite bräuchte, man sicherte mir zu, mich zu benachrichtigen, wenn das andere eintreffe, das könne nicht lange dauern - und ja, man werde sich darum kümmern. Die langweiligen Einzelheiten kürze ich mal ab: Ich musste immer wieder anrufen, man vertröstete mich immer wieder, versprach, beim Lieferanten nachzuhaken und mich auf dem Laufenden zu halten, doch nichts geschah, so dass ich schließlich beim Internetversand orderte. Monate ist das her.
Heute abend nun rief mich eine Dame an, die in eisigem und vorwurfsvollen Ton zu mir sprach: "Sie haben mal was bei uns bestellt. Das ist noch nicht abgeholt." - "Ach, die Noten? Die brauche ich nun nicht mehr, ich habe damals lange gewartet und am Ende woanders gekauft." - "Das ist aber nicht schön, dass Sie uns das nicht gesagt haben!" - "Ja, und es war nicht schön, dass ich damals nie benachrichtigt wurde, immer selbst nachfragen musste und nur vertröstet wurde." - "Da sieht man wieder mal, dass diese Bestellungen per E-Mail einfach nichts wert sind!" Damit legte sie auf.
Und wenn ich nicht wüsste, dass mein Handeln einem höheren Zweck dient, und wenn ich nicht wüsste, dass etwa ein ama*on-Monopol grauenhafte Folgen haben wird, dann würde ich an einem solchen Tag beschließen, die anstregende Pflege der kleinen Einzelhändler einzustellen und mir alles vom Versandhandel ins Haus liefern zu lassen - aber echt.
Ich erwarte nicht das duckmäuserische Geschleime, das mancher gerne euphemistisch als "Dienstleistermentalität" bezeichnet und dabei doch nur rückgratloses Buckeln unterbezahlter Beschäftigter vor jedem, der evtl. mit einem Geldschein winkt, meint; ich habe gerne ein selbtbewusstes Gegenüber, und als neulich jemand in ruppigem Ton die Angestellte des Drogeriemarktes anherrschte, sie solle gefälligst zackzack seine Fotorbeiten aus der Selbstbedienungstheke heraussuchen, da er seinen Schein mit der Abholnummer verloren habe, worauf sie entgegnete, dass sie die Zeit nicht habe und er aber gerne selbst seine Tüte heraussuchen dürfe, er dann herumschrie, dass er "einen so schlechten Service noch in keinem Fotoladen" geboten bekommen habe, sprang ich der bedrängten Arbeitnehmerin zur Seite und erklärte dem Mann, dass er im Fotoladen eben auch 59 statt 9 Cent pro Bild bezahle und das ja nächstes Mal einfach wieder tun könne.
Was ich dennoch nicht verstehe, ist, wenn Kunden wie lästige Bittsteller behandelt werden. So gibt es ganz in meiner Nähe einen Elektroladen, den ich trotz einschlägiger Erfahrungen neulich wieder einmal aufsuchte, um eine Leuchtstoffröhre bestimmter Größe und Wattzahl zu kaufen. Ich hatte mir die Länge anhand der Aufschrift der zu ersetzenden in Zoll notiert und wurde folglich erst einmal angepflaumt, dass er "mit Zoll nichts anfangen" könne, woraufhin ich die Länge überschlagsmäßig in cm umrechnete, er dann knurrte, das sei aber "Bestellware" und mich herausfordernd ansah, so dass ich einen schönen Tag wünschte und wieder ging. Rein theoretisch, dachte ich beim Verlassen des Geschäfts, hätte der gute Mann mir ja den Preis und die zu erwartende Lieferzeit nennen können. Aber sein, vorsichtig formuliert: Desinteresse, vertrieb mich auch diesmal - und bei dem Herrn handelt es sich um den Inhaber, nicht etwa einen unmotivierten Angestellten.
Purer Idealismus ist es auch, der mich regemäßig in die hiesige Buchhandlung treibt, auf dass es noch lange eine im Stadtteil gebe, denn auch dort kann man jedesmal erleichtert aufatmen, wenn man, ohne sich Vorwürfe oder Genörgel anhören zu müssen, wieder rauskommt. Vielleicht haben die alle ihre guten Gründe, z.B. Ärger zu Hause oder eine kranke Mutter, aber schön ist das nicht. Nehmen wir nun noch den angestammten Schreibwaren- und Spielzeugladen hinzu, auch er kein Filialist, sondern tapferer Einzelkämpfer - und auch dort wird man stets beäugt wie ein potentieller Dieb, und fragt man vorsichtig nach Artikel X, wird einem gerne in beleidigtem Ton geantwortet, dass man den nicht habe und "wirklich nicht alles" vorrätig haben könne.
Mein idealistischer Ansatz, immer dann, wenn es preislich keinen gar zu großen Unterschied macht, möglichst lokal beim Einzelhandel zu kaufen war es dann auch, der mich zu dem besagten Musikladen trieb. Flötennoten in zweifacher Ausfertigung mussten besorgt werden, ich erkundige mich telefonisch, wurde aufgefordert, im Internet die ISBN herauszusuchen und dann per E-Mail zu bestellen, bekam nach einigen Tagen Nachricht, dass ein Exemplar da sei, fuhr hin, kaufte es, betonte, wie dringend ich auch das zweite bräuchte, man sicherte mir zu, mich zu benachrichtigen, wenn das andere eintreffe, das könne nicht lange dauern - und ja, man werde sich darum kümmern. Die langweiligen Einzelheiten kürze ich mal ab: Ich musste immer wieder anrufen, man vertröstete mich immer wieder, versprach, beim Lieferanten nachzuhaken und mich auf dem Laufenden zu halten, doch nichts geschah, so dass ich schließlich beim Internetversand orderte. Monate ist das her.
Heute abend nun rief mich eine Dame an, die in eisigem und vorwurfsvollen Ton zu mir sprach: "Sie haben mal was bei uns bestellt. Das ist noch nicht abgeholt." - "Ach, die Noten? Die brauche ich nun nicht mehr, ich habe damals lange gewartet und am Ende woanders gekauft." - "Das ist aber nicht schön, dass Sie uns das nicht gesagt haben!" - "Ja, und es war nicht schön, dass ich damals nie benachrichtigt wurde, immer selbst nachfragen musste und nur vertröstet wurde." - "Da sieht man wieder mal, dass diese Bestellungen per E-Mail einfach nichts wert sind!" Damit legte sie auf.
Und wenn ich nicht wüsste, dass mein Handeln einem höheren Zweck dient, und wenn ich nicht wüsste, dass etwa ein ama*on-Monopol grauenhafte Folgen haben wird, dann würde ich an einem solchen Tag beschließen, die anstregende Pflege der kleinen Einzelhändler einzustellen und mir alles vom Versandhandel ins Haus liefern zu lassen - aber echt.
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Es gibt Veränderungen, die so schleichend geschehen, dass man sie kaum bemerkt. Letztes Jahr fielen mir zum ersten Mal im Kühlregal zwei Sorten Milch (Bärenmarke und Weihenstephan) auf, die von sich behaupteten, "länger frisch" zu sein. Dafür waren sie auch deutlich teurer als Gut und Günstig, hatten eine klare "Premium"-Anmutung und ich dachte, in Ordnung, die glücklichen Kühe da oben in der guten Luft, irgendwie geben die halt besonders gute Milch, werden mit speziellen Kräutern von Hand gefüttert, und mit viel Liebe und in Handarbeit stellen die rotwangigen jungen Mädchen in der Molkerei da etwas ganz Besonderes her, indem sie die beste Milch auf geheimnisvolle Weise abschöpfen und dabei altdeutsches Liedgut trällern. Bitte, für mich ist das zu teuer, dachte ich, außerdem geht die frische Milch täglich und literweise nur so durch unseren Kühlschrank durch, da brauche ich keine, die drei Wochen hält, aber, wer weiß, so ein besserverdienender Single-Haushalt, es gibt ja Leute, die in ihren Kaffee gerne frische und nicht etwa Kondensmilch tröpfeln, und bis die so einen Liter verbraucht haben, und jeder wie er mag außerdem.
Die Milchlogistik hatte ich eigentlich gut im Griff all die Jahre, dennoch musste man immer ein wenig darauf achten, dass nicht plötzlich fünf Liter da sind, die aus Haltbarkeitsgründen in zwei Tagen verbraucht werden müssen. Im Laden immer schön die am längsten haltbare Frischmilch von ganz hinten nehmen, wer kennt das nicht, und irgendwann im letzten Jahr wurde das auf einmal viel entspannter, die frische Milch war plötzlich immer mindestens noch eine Woche lang haltbar, manchmal auch zwei. Ich gestehe, dass ich mich latent gewundert habe, aber da es ja kein unangenehmer Reiz war, ging ich innerlich darüber hinweg und hatte höchstens ein paar halbgare Gedankenfetzen wie z.B. "vielleicht sind die Milchfabriken jetzt irgendwie besserund mal sehen, ob an der Kasse wieder die aparte Blo".
Erst nachdem ich über diesen Zeitungsartikel gestolpert bin, wurde mir bewusst, dass es zwischen der Frisch- und der H-Milch inzwischen eine weitere Produktvariante gibt: Die sogenannte "ESL-Milch", die wesentlich höher erhitzt wird als Frischmilch. Aber auch da (den Artikel überflog ich vor einigen Wochen) habe ich noch nicht verstanden, dass es in vielen Geschäften gar keine Frischmilch mehr gibt - und dass ich die ganze Zeit solche "ESL-Milch" kaufe! Die steht jetzt genau da, wo vorher die frische stand, sieht genauso aus und hat für den Handel natürlich den großen Vorteil, dass sie nicht so schnell verdirbt und die Läden viel besser disponieren können. Geschmacklich merkt man's kaum, finde ich, und gerade das ist das Perfide: Schleichend und unbemerkt (nach dem kleinen Aufdruck "länger frisch" muss man suchen - und wenn man ihn sieht, denkt man an nichts Böses) wird ein Produkt durch ein anderes ersetzt, die klassische pasteurisierte Frischmilch durch hocherhitzte, und man bekommt es einfach nicht mit.
Die Milchlogistik hatte ich eigentlich gut im Griff all die Jahre, dennoch musste man immer ein wenig darauf achten, dass nicht plötzlich fünf Liter da sind, die aus Haltbarkeitsgründen in zwei Tagen verbraucht werden müssen. Im Laden immer schön die am längsten haltbare Frischmilch von ganz hinten nehmen, wer kennt das nicht, und irgendwann im letzten Jahr wurde das auf einmal viel entspannter, die frische Milch war plötzlich immer mindestens noch eine Woche lang haltbar, manchmal auch zwei. Ich gestehe, dass ich mich latent gewundert habe, aber da es ja kein unangenehmer Reiz war, ging ich innerlich darüber hinweg und hatte höchstens ein paar halbgare Gedankenfetzen wie z.B. "vielleicht sind die Milchfabriken jetzt irgendwie besser
Erst nachdem ich über diesen Zeitungsartikel gestolpert bin, wurde mir bewusst, dass es zwischen der Frisch- und der H-Milch inzwischen eine weitere Produktvariante gibt: Die sogenannte "ESL-Milch", die wesentlich höher erhitzt wird als Frischmilch. Aber auch da (den Artikel überflog ich vor einigen Wochen) habe ich noch nicht verstanden, dass es in vielen Geschäften gar keine Frischmilch mehr gibt - und dass ich die ganze Zeit solche "ESL-Milch" kaufe! Die steht jetzt genau da, wo vorher die frische stand, sieht genauso aus und hat für den Handel natürlich den großen Vorteil, dass sie nicht so schnell verdirbt und die Läden viel besser disponieren können. Geschmacklich merkt man's kaum, finde ich, und gerade das ist das Perfide: Schleichend und unbemerkt (nach dem kleinen Aufdruck "länger frisch" muss man suchen - und wenn man ihn sieht, denkt man an nichts Böses) wird ein Produkt durch ein anderes ersetzt, die klassische pasteurisierte Frischmilch durch hocherhitzte, und man bekommt es einfach nicht mit.
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[Fortsetzung]
Während einige der vier Pistolen sich einsatzbereit in den Händen ihrer Besitzer befinden, hat der junge Mann mit der Maschinenpistole seine Waffe ganz diskret quer vor der Brust hängen, so dass sich das Risiko durchaus kalkulieren lässt. Denn nach zehn Minuten des bewegungslosen Herumstehens im Scheinwerferlicht beginnt man sich natürlich zu fragen, wie lange das noch dauern soll mit der Überprüfung der konfiszierten Ausweispapiere. Du stehst da, keiner sagt was, da wird man doch wenigstens seine Zigaretten aus der Jackentasche fingern und mal eine rauchen können. Gut, allzu ruckartige Bewegungen vermeidet man automatisch, man kann gegen das Licht auch so schlecht erkennen, was die da machen und ob sie irgendwie reagieren; warum zitterst du eigentlich so beim Anzünden?
Der auf eine ernste, grummelige Weise eher freundliche Rudelführer kommt irgendwann an, setzt dir auseinander, dass das verboten sei, hier zu schlafen und außerdem gefährlich, "vous risquez de vous faire attaqué" oder so, nein, faire l'autostop sei nicht verboten, aber hier dürfe man nicht bleiben. Einverstanden, denkt man, bei der Kälte geht das eh nicht mehr, und nachdem das Auto und seine Insassen wieder verschwunden sind, marschiert man mit seinen schmerzenden Knien durch den ganz übel pfeifenden Wind zurück nach Bourg-en-Bresse, wo man immer noch keinen anständigen Schlafplatz auftun kann und sich deshalb irgendwann in den Eingang eines Geschäfts setzt, gelegentlich die Augen zumacht, sie dann erschrocken wieder aufreißt und merkt, dass es jetzt doch langsam anstrengend wird. Da hilft es nicht, dass als einziges Auto eines der Polizei an einem vorüberfährt, aber merkwürdigerweise nicht anhält. Dennoch, das lässt sich nervlich nicht mehr durchhalten, da war doch vorhin dieser hässliche Bahnhof, man sucht und findet diesen und setzt sich mal hier und mal dort auf eine Bank oder den Fußboden, von wo man dann wieder vertrieben wird oder die man wegen unangenehmer Nachbarschaft freiwillig verlässt. Luzide Träume, ein überreizter und zugleich todmüder Geist, man fühlt sich schmutzig, kalt - und diese Knieschmerzen!
Nach dieser Nacht, die irgendwie vorbeigeht, beschließt man, das Thema "Geld sparen" vorübergehend ad acta zu legen und sich einen Zug nach Lyon zu leisten. Von dort sollte man doch besser wegkommen können als aus diesem gottverlassenen Nest!
[Fortsetzung folgt]
Während einige der vier Pistolen sich einsatzbereit in den Händen ihrer Besitzer befinden, hat der junge Mann mit der Maschinenpistole seine Waffe ganz diskret quer vor der Brust hängen, so dass sich das Risiko durchaus kalkulieren lässt. Denn nach zehn Minuten des bewegungslosen Herumstehens im Scheinwerferlicht beginnt man sich natürlich zu fragen, wie lange das noch dauern soll mit der Überprüfung der konfiszierten Ausweispapiere. Du stehst da, keiner sagt was, da wird man doch wenigstens seine Zigaretten aus der Jackentasche fingern und mal eine rauchen können. Gut, allzu ruckartige Bewegungen vermeidet man automatisch, man kann gegen das Licht auch so schlecht erkennen, was die da machen und ob sie irgendwie reagieren; warum zitterst du eigentlich so beim Anzünden?
Der auf eine ernste, grummelige Weise eher freundliche Rudelführer kommt irgendwann an, setzt dir auseinander, dass das verboten sei, hier zu schlafen und außerdem gefährlich, "vous risquez de vous faire attaqué" oder so, nein, faire l'autostop sei nicht verboten, aber hier dürfe man nicht bleiben. Einverstanden, denkt man, bei der Kälte geht das eh nicht mehr, und nachdem das Auto und seine Insassen wieder verschwunden sind, marschiert man mit seinen schmerzenden Knien durch den ganz übel pfeifenden Wind zurück nach Bourg-en-Bresse, wo man immer noch keinen anständigen Schlafplatz auftun kann und sich deshalb irgendwann in den Eingang eines Geschäfts setzt, gelegentlich die Augen zumacht, sie dann erschrocken wieder aufreißt und merkt, dass es jetzt doch langsam anstrengend wird. Da hilft es nicht, dass als einziges Auto eines der Polizei an einem vorüberfährt, aber merkwürdigerweise nicht anhält. Dennoch, das lässt sich nervlich nicht mehr durchhalten, da war doch vorhin dieser hässliche Bahnhof, man sucht und findet diesen und setzt sich mal hier und mal dort auf eine Bank oder den Fußboden, von wo man dann wieder vertrieben wird oder die man wegen unangenehmer Nachbarschaft freiwillig verlässt. Luzide Träume, ein überreizter und zugleich todmüder Geist, man fühlt sich schmutzig, kalt - und diese Knieschmerzen!
Nach dieser Nacht, die irgendwie vorbeigeht, beschließt man, das Thema "Geld sparen" vorübergehend ad acta zu legen und sich einen Zug nach Lyon zu leisten. Von dort sollte man doch besser wegkommen können als aus diesem gottverlassenen Nest!
[Fortsetzung folgt]
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[Fortsetzung]
"Zu dem Zeitpunkt war ich psychisch eigentlich noch ganz gut beisammen", erzählt mein Reisegefährte, der dankenswerterweise mein Gedächtnis stützt, da ich es mit den Ortsnamen und der exakten Abfolge nicht so habe.
Vom Schlachthof aus ging's weiter bis kurz vor die Partnerstadt von Bad Kreuznach, was übrigens eine völlig nebensächliche Information ist, aber wer weiß, wozu man's mal brauchen kann. Etwa 150 km hatten wir an diesem Tag geschafft, als der Fahrer des Tiertransporters uns aussteigen ließ. Den Versuch, noch weiterzutrampen, gaben wir auf, als der Abend heraufdämmerte. Es war kalt, wir waren müde und marschierten eher planlos ins Zentrum von Bourg-en-Bresse, wo wir uns in einer Bar aufwärmten und einige Heißgetränke zu uns nahmen.
Da uns bewusst wurde, dass wir hier irgendwo die Nacht würden verbringen müssen, beschlossen wir, stadtauswärts an der Straße in Richtung Lyon einen Schlafplatz zu suchen, irgendeine Nische würde es wohl geben, und an dieser Straße wollten wir am nächsten Tag den Daumen wieder ausstrecken, um dann endlich einmal richtig voranzukommen. Der Fußmarsch zog sich hin, und hier war es auch, dass ich zum ersten Mal einen bis dahin unbekannten Schmerz in den Knien verspürte, den ich vermutlich der Kälte oder meinen schicken, aber zum Marschieren schlecht geeigneten neuen Schuhen zuzuschreiben hatte.
Mit den Nischen ist das ja so eine Sache, überall sind dauernd welche, aber wenn du einmal eine brauchst! Immerhin, eine Art Gewerbegebiet sah man da in der Ferne, menschenleer, wir entdeckten eine im Bau befindliche Halle, eigentlich nichts als ein Dach auf Pfosten, windgeschützt war es also nicht, aber inzwischen sehr spät. Wir legten uns irgendwie auf den Boden und versuchten, ein wenig zu dösen. Was mir allerdings nicht so ganz gelingen wollte, und das lag weniger an der Kälte, dem Hunger oder den schmerzenden Knien; nein, die Erinnerung an die fünf Uniformträger in Dijon, die entwürdigende Behandlung, ihre höhnische und aggressive Schadenfreude war es, die mich wach hielt und bei jedem Geräusch hochfahren ließ.
"Zu dem Zeitpunkt war ich psychisch eigentlich noch ganz gut beisammen", meint also mein Mitreisender, der in jener Nacht, das weiß ich noch sehr genau, irgendwann auch ein paar spöttische Bemerkungen über meine Paranoia fallen ließ, wenn ich wieder einmal glaubte, ein Auto herannahen zu hören und zusammenzuckte. Dass uns hier niemand etwas könne, und das sei ja wohl erlaubt, was wir hier machten, und es habe uns niemand gesehen, und Dijon sei weit, so ungefähr drückte er sich aus, und während ich mir ernsthaft Mühe gab, mich überzeugen zu lassen und langsam etwas zur Ruhe zu kommen, kam ein Auto herangefahren, hielt direkt auf uns zu, bremste knapp vor uns, wir rappelten uns im grellen Scheinwerferlicht auf, fünf Männer stiegen aus. Sie trugen Uniformen, sie hatten Funkgeräte, sie waren bewaffnet.
[Geht irgendwann weiter]
"Zu dem Zeitpunkt war ich psychisch eigentlich noch ganz gut beisammen", erzählt mein Reisegefährte, der dankenswerterweise mein Gedächtnis stützt, da ich es mit den Ortsnamen und der exakten Abfolge nicht so habe.
Vom Schlachthof aus ging's weiter bis kurz vor die Partnerstadt von Bad Kreuznach, was übrigens eine völlig nebensächliche Information ist, aber wer weiß, wozu man's mal brauchen kann. Etwa 150 km hatten wir an diesem Tag geschafft, als der Fahrer des Tiertransporters uns aussteigen ließ. Den Versuch, noch weiterzutrampen, gaben wir auf, als der Abend heraufdämmerte. Es war kalt, wir waren müde und marschierten eher planlos ins Zentrum von Bourg-en-Bresse, wo wir uns in einer Bar aufwärmten und einige Heißgetränke zu uns nahmen.
Da uns bewusst wurde, dass wir hier irgendwo die Nacht würden verbringen müssen, beschlossen wir, stadtauswärts an der Straße in Richtung Lyon einen Schlafplatz zu suchen, irgendeine Nische würde es wohl geben, und an dieser Straße wollten wir am nächsten Tag den Daumen wieder ausstrecken, um dann endlich einmal richtig voranzukommen. Der Fußmarsch zog sich hin, und hier war es auch, dass ich zum ersten Mal einen bis dahin unbekannten Schmerz in den Knien verspürte, den ich vermutlich der Kälte oder meinen schicken, aber zum Marschieren schlecht geeigneten neuen Schuhen zuzuschreiben hatte.
Mit den Nischen ist das ja so eine Sache, überall sind dauernd welche, aber wenn du einmal eine brauchst! Immerhin, eine Art Gewerbegebiet sah man da in der Ferne, menschenleer, wir entdeckten eine im Bau befindliche Halle, eigentlich nichts als ein Dach auf Pfosten, windgeschützt war es also nicht, aber inzwischen sehr spät. Wir legten uns irgendwie auf den Boden und versuchten, ein wenig zu dösen. Was mir allerdings nicht so ganz gelingen wollte, und das lag weniger an der Kälte, dem Hunger oder den schmerzenden Knien; nein, die Erinnerung an die fünf Uniformträger in Dijon, die entwürdigende Behandlung, ihre höhnische und aggressive Schadenfreude war es, die mich wach hielt und bei jedem Geräusch hochfahren ließ.
"Zu dem Zeitpunkt war ich psychisch eigentlich noch ganz gut beisammen", meint also mein Mitreisender, der in jener Nacht, das weiß ich noch sehr genau, irgendwann auch ein paar spöttische Bemerkungen über meine Paranoia fallen ließ, wenn ich wieder einmal glaubte, ein Auto herannahen zu hören und zusammenzuckte. Dass uns hier niemand etwas könne, und das sei ja wohl erlaubt, was wir hier machten, und es habe uns niemand gesehen, und Dijon sei weit, so ungefähr drückte er sich aus, und während ich mir ernsthaft Mühe gab, mich überzeugen zu lassen und langsam etwas zur Ruhe zu kommen, kam ein Auto herangefahren, hielt direkt auf uns zu, bremste knapp vor uns, wir rappelten uns im grellen Scheinwerferlicht auf, fünf Männer stiegen aus. Sie trugen Uniformen, sie hatten Funkgeräte, sie waren bewaffnet.
[Geht irgendwann weiter]
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