Mumien, Analphabeten, Diebe.
Du hast's gut, du hast dein Leben noch vor dir.
Oma Rock im Sarg IV
nnier | 18. Juni 2009 | Topic In echt
(1, 2, 3) Unterwegs nach Khenifra machten wir Station irgendwo, gingen auf einen Souk, sofort umringt von einer Horde Kinder, die neben uns herliefen und mit uns sprechen wollten. "Borken, tu connais Borken?", sprach mich ein Junge freundlich an und strahlte begeistert, als ich ihm antwortete, ja, Borken, kenne ich, und er erklärte mir, dass sein Onkel dort im Bergbau arbeite. Währenddessen hatten wir einen solchen Auflauf verursacht, dass es mir richtig peinlich war und zudem schwerfiel, voranzukommen. Es war ganz offensichtlich keine Gegend, in die sich Touristen normalerweise verirrten.

Da ich aus der Familie derjenige war, der sich auf Französisch leidlich verständigen konnte, war ich es auch, der auf dem Markt etwas Gemüse einkaufen sollte. Aus den phantastischen bunten Bergen orderte ich also schwitzend dies und das, dabei von einer beträchtlichen Menschenmenge genauestens beäugt. Jetzt bloß keinen Fehler machen! Der vom Händler geforderte Preis erschien mir niedrig, doch ich hatte ja gelernt und gelesen: Nicht den Einheimischen die Preise versauen, und die lachen dich aus, wenn du jetzt einfach bezahlst, also bot ich die Hälfte, der Mann sah mich lächelnd an, akzeptierte den Preis, schwitzend und mit Gemüse beladen liefen wir zurück zum Auto und fuhren weiter, sobald das möglich war, denn zunächst mussten alle Kinder noch irgendwelche Süßigkeiten ausgehändigt bekommen.

'ast du ein ciguerette, mein Froind, wurde ich eines Tages irgendwo angesprochen, ich hatte wohl auf die anderen gewartet und drückte mich irgendwo auf der Straße im Schatten herum. Der junge Mann legte sehr viel Wert darauf, mir seine Bildung zu präsentieren, in einem Kauderwelsch aus Französisch und Deutsch parlierte er etwas affektiert daher, klärte mich über meine Heimatstadt Göttingen auf, stellte gelegentlich Fragen, die ich zum Glück nicht beantworten musste, denn es waren rhetorische gewesen, und auf Französisch konnte ich vielleicht ein Brot kaufen, aber keine wissenschaftlichen Vorträge halten, so sagte ich also immer mal "oui, oui, ja, ja", lachte mit ihm über seine Witze, allerdings verstand ich ihn sehr schlecht, und irgendwann musste ich ihm, "in Döitsch, bittö", erzählen, auf welchem Weg wir nach Marokko gekommen seien, ich erzählte also, wir seien erst mal nach Frankreich gefahren und -
- Was ist das für ein Wort?
- Frankreich
- Ich kenne nicht das Wort
- Äh, Deutsch-land, Frank-reich
- Was ist das?
- Ein Land.
- Wie 'eißt das?
- Frankreich. Deutsch-land. Frank-reich. Spanien, Espagne. Marokko, Maroc. La France! France! Frankreich!
Nun sah er mich verächtlich an, schüttelte den Kopf, holte tief Luft und rief:
- Im Fronsösiesch! Im Fronsösiesch! So 'eißt das!
- Nein, das ist die Sprache, la langue, l'adjectif, wir sind jedenfalls in Frankreich bis zur Fähre -
- Im Fronsösiesch, das 'eißt!
Er wurde wirklich ärgerlich, nahm sich noch ein ciguerette aus der Packung und ging dann, wütend schnaubend, seiner Wege.

(Später, als ich mit unseren zeitweiligen Gastgebern, einem befreundeten Paar meiner Eltern, das wir dort besuchten und die das Land gut kannten, über die Geschichte vom Souk sprach, sahen diese mich an und meinten: Nein, in diesem Landesteil sei das Handeln eher unüblich, und der vom Gemüsehändler geforderte Preis sei sehr gut gewesen.)

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damenwahl, Donnerstag, 18. Juni 2009, 11:16
So ein Typ ist mir noch nie untergekommen, gottseidank. Tatsächlich hat aber wirklich jeder einen Cousin, dessen Freund oder Onkel oder Schwager oder sonstiger Verwandter mindestens schon mal in Deutschland war oder dort lebt oder gelebt hat. Große Enttäuschung, wenn man die fraglichen Orte nicht kennt. Und Französisch sprechen sie häufig schlechter als ich - und das will was heißen.

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venice_wolf, Donnerstag, 18. Juni 2009, 12:02
das mit dem Handeln mag stimmen, muss man aber von meiner Erfahrung aus sehr taktvoll gestalten... bei Shops und im Bazar immer und gründlich, die haben es gerne, da bin ich oft schon (zur Täuschung) hinausgegangen damit der Händler mir dann nachläuft und nachgibt. Auch bei denen die sichtlich den Preis einfach losschiessen und beim Rückgeld mogeln Taxifahrer, Touristenfüher und so ein Gesindel , das sind keine ehrlichen Leute und gewohnt draufhauen.
Am Land, und wann man mit den Aermsten aus dieser Welt zu tun hat ist mir das Verhandeln eher peinlich, da es sich oft um lächerliche Beträge handelt und ich aus Gewissensgründen oft sogar freiwillig den doppelten Preis zahlen möchte...
Was aber auch ärger bringen kann, wenn z.B. ein stolzer, ehrlicher Cubanischer Bananenverkäufer absolut das Rückgeld geben will (das man in Eurocent kaum nachrechnen lässt).
Mehr zu zahlen ist aber auch falsch, weil sie sich u. Umständen angewöhnen, gleich doppelt/dreifach zu verlangen.
Mein Tip: nicht gleich loskaufen aber einfach kurz den Markt sondieren, sich in die Wirtschaftssituation einleben, Preise vergleichen und dann aber bestimmt den richtigen Preis zahlen (gilt in aller Welt)

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nnier, Donnerstag, 18. Juni 2009, 12:11
Ja, so versuche ich das auch. Ich bin mal mit dem Flugzeug wo angekommen, ging zur Toilette, der Putzmann hielt die Hand auf und ich gab ihm 1.- DM, die ich gerade so in der Hosentasche hatte. Das war, wie man mir sagte, ganz falsch, in dem Land war das ein Tageslohn und man brachte so die Kinder und Jugendlichen dazu, ihre Eltern zu verachten und mit dem Toilettenjob am Flughafen reicher zu werden als Ärzte, Lehrer usw.;

Später in Marokko wurden wir auch noch oft abgezockt. Aber dieses eine Mal, auf dem Souk, das ging umgekehrt daneben. Wie du sagst, man muss sich auch erst orientieren und macht bis dahin hoffentlich nicht zu viele Fehler.

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venice_wolf, Donnerstag, 18. Juni 2009, 16:30
ja muss man den für die nächste Folge jetzt bis morgen warten?

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nnier, Donnerstag, 18. Juni 2009, 17:21
Junger Mann: wir früher, wir mussten immer mindestens eine Woche warten! Bei uns kam Derrick nicht mal jeden Freitag! Nicht, wie in gewissen anderen Ländern, schon in den frühen 80ern täglich! Nicht schon damals mit -zig Sendern! Und (schiel) es hat uns (lispel) nicht geschadet (sabber)!

(Ich eile, ich fliege! Es freut mich ja so sehr, jemanden zu haben, der dieses liest und dann auch noch kommentiert! Gle-heich!)

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