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Kulturpessimismuswochen bei Mumien, Analphabeten, Diebe. Du hast's gut, du hast dein Leben noch vor dir. Präsentiert von: Always Ultra, der Damenbinde mit Herz. Ersatzflüssigkeit war gestern! (Station Voice)
Da gibt es diesen TV-Sender, bei uns belegt er die Nr. 5 auf der Fernbedienung, dem ich immer ganz wohlwollend gegenüberstand. Dort liefen vor einigen Jahren viele schöne Sendungen, es gab keine Werbung, und bei den Nachrichten und Reportagen habe ich, obwohl dem Medium inzwischen reichlich entwöhnt, interessiert zugesehen und einiges gelernt.
Nun ergab sich gerade, dass ich die Wartezeit auf ein im Fernsehen übertragenes Fußballspiel in minderjähriger Begleitung mal wieder vor eben jenem Gerät verbracht und ein wenig diesem Sender zugeschaut habe. Die Sendung hieß "Beste Stimme 2010" und der Sender heißt KI.KA.
In dieser Sendung soll eine jugendliche Sängerin gefunden werden und eine bereits bestehende Band komplettieren. So weit, so la la. Es muss ja nicht immer Hochkultur sein und auch nicht dauernd Nils Holgersson. Die Nachrichten logo! haben wir schon angeschaut und etwas über fußballspielende Jungs in Mali gelernt, also, bitte, warum nicht mal was mit Mädchen und Musik. Dann aber muss man doch schlucken.
Es werden sämtliche Elemente der grässlichen Casting-Shows vorgeführt. Die Klischees müssen ja gelernt werden, man kann nicht früh genug damit beginnen: Mädchen und ihre Freundinnen müssen grundsätzlich kreischen, wenn sie erfahren, dass sie teilnehmen dürfen. Die Verkünderin dieser frohen Botschaft, ein Mitglied der bestehenden Band, tut dies mit heiligem Ernst, spricht langsam, kündigt eine Wahnsinnsüberraschung an, steigert die Spannung, und herzt die sprachlos kreischende Auserwählte dann erst mal ganz gönnerhaft dolle. Schnitt zum konzentrierten Einzelgespräch mit der Auserwählten: "Also, das war schon irre, als die Lalla da ankam und mir das gesagt hat, also, da konnte ich gar nichts sagen, da war ich sprachlos!", dann ein paar Bilder davon, wie sie zum ersten Mal ganz in echt zu den echten tollen Mädels von der Band darf, die voll nett sind, und sie ist ja so aufgeregt, und sie singt was vor, und schon wendet sich eine von den netten aus der Band ans TV-Publikum, welches erfährt, dass man für eine Kandidatin "voten" kann.
Zum Glück fing dann Fußball an. Aber es reichte noch für einen Seitenblick, und anscheinend geht's dort wirklich bergab seit den Zeiten, als ich endlich wieder Pinocchio sehen konnte:
Da gibt es diesen TV-Sender, bei uns belegt er die Nr. 5 auf der Fernbedienung, dem ich immer ganz wohlwollend gegenüberstand. Dort liefen vor einigen Jahren viele schöne Sendungen, es gab keine Werbung, und bei den Nachrichten und Reportagen habe ich, obwohl dem Medium inzwischen reichlich entwöhnt, interessiert zugesehen und einiges gelernt.
Nun ergab sich gerade, dass ich die Wartezeit auf ein im Fernsehen übertragenes Fußballspiel in minderjähriger Begleitung mal wieder vor eben jenem Gerät verbracht und ein wenig diesem Sender zugeschaut habe. Die Sendung hieß "Beste Stimme 2010" und der Sender heißt KI.KA.
In dieser Sendung soll eine jugendliche Sängerin gefunden werden und eine bereits bestehende Band komplettieren. So weit, so la la. Es muss ja nicht immer Hochkultur sein und auch nicht dauernd Nils Holgersson. Die Nachrichten logo! haben wir schon angeschaut und etwas über fußballspielende Jungs in Mali gelernt, also, bitte, warum nicht mal was mit Mädchen und Musik. Dann aber muss man doch schlucken.
Es werden sämtliche Elemente der grässlichen Casting-Shows vorgeführt. Die Klischees müssen ja gelernt werden, man kann nicht früh genug damit beginnen: Mädchen und ihre Freundinnen müssen grundsätzlich kreischen, wenn sie erfahren, dass sie teilnehmen dürfen. Die Verkünderin dieser frohen Botschaft, ein Mitglied der bestehenden Band, tut dies mit heiligem Ernst, spricht langsam, kündigt eine Wahnsinnsüberraschung an, steigert die Spannung, und herzt die sprachlos kreischende Auserwählte dann erst mal ganz gönnerhaft dolle. Schnitt zum konzentrierten Einzelgespräch mit der Auserwählten: "Also, das war schon irre, als die Lalla da ankam und mir das gesagt hat, also, da konnte ich gar nichts sagen, da war ich sprachlos!", dann ein paar Bilder davon, wie sie zum ersten Mal ganz in echt zu den echten tollen Mädels von der Band darf, die voll nett sind, und sie ist ja so aufgeregt, und sie singt was vor, und schon wendet sich eine von den netten aus der Band ans TV-Publikum, welches erfährt, dass man für eine Kandidatin "voten" kann.
Zum Glück fing dann Fußball an. Aber es reichte noch für einen Seitenblick, und anscheinend geht's dort wirklich bergab seit den Zeiten, als ich endlich wieder Pinocchio sehen konnte:
Seit einigen Jahren sind allerdings deutliche Veränderungen des Programms erkennbar. Obwohl es von Anfang an eines der Ziele des Kinderkanals war, sowohl Real- als auch Trickserien zu zeigen, beträgt der Anteil an Trickserien mittlerweile bis zu 85% des Gesamtprogramms. Die meisten Serien werden nach ihrem Ende wiederholt, teilweise auch mehrmals hintereinander. [...] Der Unterschied zwischen Werktags- und Wochenendprogramm verschwindet immer mehr, da viele Serien täglich gesendet werden. [...] Doch die meisten älteren Serien, die zwischen 1997 und 2004 noch regelmäßig wiederholt wurden, werden mittlerweile nicht mehr ausgestrahlt.
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Der inzwischen 16 Jahre alte Deal zwischen Onlinemedien und Mediennutzern lautet eigentlich so: Wir liefern Ihnen kostenfrei Inhalte, und Sie sehen sich dafür im Umfeld Werbung an.Das geht natürlich zurück auf den Gesellschaftsvertrag von J.J. Rousseau. (Wenn Sie persönlich sich übrigens nicht an diesen "Deal" erinnern: Ist ja auch schon sehr lange her - 16 Jahre!)
Das Perfide daran: Je medienaffiner die Nutzer sind, desto häufiger setzen sie Blocker ein. Es sind also die Nutzer mit dem größten Interesse und Verständnis für Inhalte, die den meisten Schaden verursachen.Dumme Menschen sind zum Glück dumm und gucken Werbung an und kaufen alles. Aber wir wollen halt auch, dass die schlauen unsere Sachen kaufen! Die haben nämlich so viel Verständnis für Inhalte. Voll perfide, dass ausgerechnet die gar nicht unsere Werbung angucken. Damit richten sie den meisten, ich wage gar die Behauptung: den allermeisten, Schaden an. Ich muss gleich noch mal nachsehen, was "perfide" genau heißt.
Es kann nicht sein, dass Web-Nutzer, die zum einen Qualität einfordern und billig Produziertes zurecht ablehnen, reflexhaft abwehrend auf Werbung reagieren: 16 Prozent aller Web-Nutzer klicken sofort weiter und weg, wenn in einem Video ein Werbespot auftaucht.Stimmt - das kann einfach nicht sein. Ich z.B. lehne Werbung nicht nur reflexhaft, sondern oft auch mit vollem Bewusstsein ab. Ich muss da wirklich mal meine Haltung überdenken. Oh - schon fertig! Ich bleibe dabei.
Notwendig ist ein Bewusstseinswandel. Wer Werbung als Belästigung wahrnimmt, sollte sich eines klarmachen:Das mit dem falschen Bewusstsein kommt mir irgendwie bekannt vor. Werbung als Belästigung wahrnehmen - oha! Am Ende ist das alles nur vermittelt und konstruiert. Ist es ein Tisch, an dem ich sitze? Bin ich in Wirklichkeit* ein Autoreifen?
Der Deal, der auch dieses Angebot hier möglich macht, funktioniert nur, solange nicht zu viele Nutzer die Werbung verweigern. [...] Wann schalten Sie Ihren Werbeblocker ab?Mal sehen. Aber ich lade mir mal den Spiegel-Blocker herunter.
--
*Hö hö.
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nnier | 21. März 2010 | Topic Klar jewesn
Den muss man machen, klar:

(Es gibt aber noch etwas, das mich an diesem Schild erfreut. Sie auch?)

(Es gibt aber noch etwas, das mich an diesem Schild erfreut. Sie auch?)
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Es rührt mich an, diesen distinguierten älteren Briten hinter seinen Reglern zu sehen, z.B. die Sekunden ab 0:19 oder die ab 4:05 oder hier ab 1:00. Man kann seine Rolle nicht hoch genug einschätzen, bitte machen Sie sich klar, dass das Album komplett mit Vierspurtechnik aufgenommen wurde.
Schauen Sie sich das Lächeln an: "And John counts in by saying 'sugarplum fairy, sugarplum fairy'" (ab 1:59).
"Even in this early take, he has a voice that sends shivers down your spine." (ab 2:30). Ja.

Es wäre albern von mir, noch mal dieses Album zu preisen, das ich erst jahrelang von einer Kaufcassette in polyphonem Mono hörte, bevor ich die Schallplatte erwarb und Ende der 80er schließlich auch die CD. Und egal von welchem Tonträger, das Werk klang* für mich immer wie aus der Zeit gefallen - d.h. trotz der avantgardistischen Elemente nostalgisch und verstaubt.

Dieser Staub ist nun weggepustet. Ich habe die Mono-Box erworben. Und es will psychisch erst mal verarbeitet werden, wenn man plötzlich die einzelnen Instrumente so klar und differenziert hört, als habe man die Gehörgänge frisch ausgespült bekommen, man muss erst mal damit zurechtkommen, wie fragil Ringo plötzlich klingt und wie klar sich Pauls Stimme von dem Harfenbrei abhebt. Und dazu bemerkt man freudig die (schon auf den ursprünglichen Veröffentlichungen bestehenden) kleinen Unterschiede zwischen Mono- und Stereoabmischungen, von denen man immer mal gehört oder gelesen hat.

Ich war skeptisch, nicht nur der Geschäftemacherei wegen, sondern auch, weil ich befürchtete, man werde das alte Material künstlich aufhübschen und an moderne Hörgewohnheiten anpassen. Das ist nach meiner Einschätzung nicht passiert. Statt dessen lausche ich hingerissen jeder Bassnote - und sollten Sie in den nächsten Tagen nichts von mir hören, dann wissen Sie, warum.

--
*Hier bezieht sich "klang" auf den Klang, denn neben den Dampforgeln und der ganzen Nostalgopsychedelia bewirkte bei mir auch der irgendwie verwischte Sound den Eindruck, das ganze Album komme aus weiter Ferne.
Schauen Sie sich das Lächeln an: "And John counts in by saying 'sugarplum fairy, sugarplum fairy'" (ab 1:59).
"Even in this early take, he has a voice that sends shivers down your spine." (ab 2:30). Ja.

Es wäre albern von mir, noch mal dieses Album zu preisen, das ich erst jahrelang von einer Kaufcassette in polyphonem Mono hörte, bevor ich die Schallplatte erwarb und Ende der 80er schließlich auch die CD. Und egal von welchem Tonträger, das Werk klang* für mich immer wie aus der Zeit gefallen - d.h. trotz der avantgardistischen Elemente nostalgisch und verstaubt.

Dieser Staub ist nun weggepustet. Ich habe die Mono-Box erworben. Und es will psychisch erst mal verarbeitet werden, wenn man plötzlich die einzelnen Instrumente so klar und differenziert hört, als habe man die Gehörgänge frisch ausgespült bekommen, man muss erst mal damit zurechtkommen, wie fragil Ringo plötzlich klingt und wie klar sich Pauls Stimme von dem Harfenbrei abhebt. Und dazu bemerkt man freudig die (schon auf den ursprünglichen Veröffentlichungen bestehenden) kleinen Unterschiede zwischen Mono- und Stereoabmischungen, von denen man immer mal gehört oder gelesen hat.

Ich war skeptisch, nicht nur der Geschäftemacherei wegen, sondern auch, weil ich befürchtete, man werde das alte Material künstlich aufhübschen und an moderne Hörgewohnheiten anpassen. Das ist nach meiner Einschätzung nicht passiert. Statt dessen lausche ich hingerissen jeder Bassnote - und sollten Sie in den nächsten Tagen nichts von mir hören, dann wissen Sie, warum.

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*Hier bezieht sich "klang" auf den Klang, denn neben den Dampforgeln und der ganzen Nostalgopsychedelia bewirkte bei mir auch der irgendwie verwischte Sound den Eindruck, das ganze Album komme aus weiter Ferne.
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"Detlef"? Da muss sich der Perlentaucher vertan haben, will man meinen, klickt drauf und wundert sich, dass die taz sich wohl auch vertan hat, wird aber langam unsicher, schaut deshalb mal kurz nach und wundert sich, dass man vom kleinen Bruder noch nichts wusste, klickt sich dann zum großen weiter und überfliegt den Artikel mit den typischen zehn Sekunden Aufmerksamkeitsspanne, schließlich sitzt man im Büro und sollte sich nicht immer ablenken lassen, dann aber bleibt man an einer Zeile hängen und rennt relativ ansatzlos in den Flur, durch die Tür, in die Toilette, und lacht dort fünf Minuten lang (mit Tränen und allem), braucht noch mal fünf Minuten, um wieder halbwegs normal auszusehen und schlurft dann mit immer noch zuckenden Mundwinkeln zurück zum Platz, denn da steht:
Die Figur Neger Negersen in der Erzählung „Subito“ (1983) von Rainald Goetz ist eine Anspielung auf Diedrich Diederichsen.
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