Dan-Air (Dan Air Services Limited) is a defunct airline in the United Kingdom. It started in 1953 and was absorbed into British Airways in 1992.Einmal hatte ich Keuchhusten, und der Arzt verschrieb mir Sturzflüge. Ich fuhr mit meiner Mutter zu einem kleinen Sportflughafen bei Hannover, wir gaben dem Piloten das Rezept, 3000 Meter stand drauf, wir stiegen ein und schnallten uns an, schon hob die Propellermaschine ab, das da unten ist Hannover, das die Leine, aber wir sind hier ja nicht zum Vergnügen, also bitte festhalten - und runter ging's, ich sollte Schleim abhusten auf das Handtuch, das auf meinen Knien lag, und das war das einzige Mal, dass ich geflogen bin, und wir waren ganz normal in der Barmer Ersatzkasse.
Mit den überwältigenden Ereignissen im Herbst 1989, die sich nun bald zum zwanzigsten Mal jähren, hatte sich die Welt auch für mich fundamental geändert. So vieles, das noch Monate vorher undenkbar gewesen war, schien plötzlich zum Greifen nahe! Und ich bekenne freimütig, auch ich hätte wohl zu jenen gehört, die von "Phantastereien", "Wunschdenken" und so weiter gesprochen hätten, hätte im Sommer 1989 jemand über die Möglichkeit auch nur spekuliert, dass Paul McCartney jemals wieder auf Tournee gehen könnte. Und doch war plötzlich wahr geworden, was niemand zu hoffen gewagt hatte, alles schien freudig zu vibrieren, und wenn ich durch das Land fuhr, um die Konzerte zu besuchen, dann grüßten die Autofahrer mit der Lichthupe und ich grüßte freudig zurück.
Doch ewig konnte es nicht so weitergehen, und als ich nach dem letzten Konzert aus München zurückgekehrt war, kam ich im Alltag nicht mehr zurecht. Dass meine Zivildienstkollegen über mich flüsterten, bekam ich kaum mit - man unterstellte mir, ich müsse "jemanden kennengelernt" haben, das sei der Grund für meine häufigen Kurzurlaube - was für eine lächerliche Idee! - und immer öfter saß ich grübelnd im Aufenthaltsraum, bewegte tonlos die Lippen, es arbeitete in mir, bis ich eines Tages entschlossen aufstand und mit den Worten "Ich muss im Januar noch ne Woche Urlaub haben" ins Zimmer meines Vorgesetzten stapfte, der mich erschrocken ansah und den Urlaubsantrag sofort unterschrieb.
Mit dem Zug fuhr ich nach Hannover zum Flughafen, bestieg die Dan-Air-Maschine, ich war aufgeregt, denn ich war noch nie geflogen, wenn ich keinen Keuchhusten hatte, ein Steward löste eine Klappe, die mit lautem Knall gegen die Hinterköpfe zweier Passagiere schlug, er lächelte professionell, die Maschine hob ab, ich sah die Wolken von oben, neben mir die Tragfläche, daran die Düse, aus welcher, wie ich bemerkte, beständig Flüssigkeit entwich, sie trat vorne aus einer Rille aus und lief gut sichtbar auf der Düse entlang, ich winkte dem Steward, zeigte ihm, was ich sah, er lächelte professionell und hob die Schultern, ich aß ein dreieckiges Käsesandwich und trank Tomatensaft und kam irgendwann in Heathrow an.
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Ich hatte keinerlei Vorstellung von der Größe dieser Stadt. Der Stadtplan wirkte auch nicht größer als andere, gut, nur dass die Straßen darauf deutlich kleiner aussahen, und wahrscheinlich war es nur die Patentfaltung, die es ermöglichte, so viel darauf unterzubringen - wer weiß! Ich hätte womöglich aufmerksam werden können, auch durch die langen Fahrzeiten der Busse und U-Bahnen, in denen ich stundenlang erst in die eine und dann wieder in die andere Richtung gefahren war. Allerdings war ich noch etwas mitgenommen, und schließlich war das mein erster Flug alleine gewesen, und ich war ja so froh, als ich endlich angekommen war, spät am Abend, in jener Straße, nach der ich den U-Bahn-Mitarbeiter gefragt hatte. Dort hatte ich über eine private Verbindung ein Zimmer gemietet, und als ich müde und verfroren dort auftauchte, wollte ich ins Bett, ich hatte kein Ohr mehr für die vielen Ratschläge der Vermieterin, welche Fahrscheine kaufen solle und wo ich am besten entlangfahren könne und was ich sonst noch unbedingt beachten solle.
Als ich am nächsten Vormittag erwachte, war außer mir niemand im Haus, dabei pflegte, so war mir erzählt worden, das mittelalte Ehepaar zahlreiche Zimmer an Jugendliche und junge Erwachsene zu vermieten, es sei ein internationales Haus, die Abende immer lustig, da hatte ich womöglich etwas verpasst am Vorabend, aber nun hieß es erst einmal frühstücken, der altertümliche Toaster sengte die Weißbrotscheiben aus der Packung mit dem abgelaufenen Haltbarkeitsdatum ordentlich an, ich aß einen Berg Marmeladentoast und suchte dann auf dem Stadtplan das Bankenviertel heraus, wo ich die Person treffen sollte, der ich eine größere Geldsumme überwiesen hatte, damit sie mir die Eintrittskarten besorge.
Wie ich dort schließlich hinfand, weiß ich nicht, erinnere mich aber an das aufsteigende Gefühl leichter Panik, als man mir zu verstehen gab, sie habe heute frei und, nein, ihre Adresse könne man mir nicht nennen, sorry. Es folgten ein internationales Telefonat aus der Telefonzelle und diverse fernmündliche Ratschläge, wo ich es eventuell versuchen könne, der Tag ging ins Land, ich fuhr in der Gegend herum und suchte die erste der Adressen auf, die zu probieren man mir geraten hatte, klingelte also irgendwo, ging mutlos die Treppe hinauf und wollte schon verzweifeln, als mir statt der erwarteten jungen Frau ein älterer Herr die Tür öffnete, dem ich, da ich ohnehin nichts mehr zu verlieren hatte, klarzumachen versuchte, dass ich doch extra hergeflogen sei und nun nicht an meine Tickets käme, ich malte mir schon die tristen, sinnlosen Tage aus, die folgen würden, als er mich anlächelte und, "Wait a minute", in seiner Wohnung verschwand und mit den Tickets in der Hand wieder herauskam. "Have fun!", ich konnte nur debil grinsen, ich weiß nicht, ob ich mich bedankt habe, ich rannte die Treppe hinunter und musste mich ganz schön beeilen, denn schließlich wollte ich rechtzeitig zur Wembley Arena kommen!
Nach dem Konzert ließ ich mir wie üblich Zeit, stürmte nicht mit den Massen hinaus, sondern blieb in der Halle, sammelte mich, ging dann als einer der letzten hinaus und schlenderte zur U-Bahn-Station. Dort verriegelte gerade ein Uniformierter den Eingang: "We're closing!"
"You're what!?", fragte ich entsetzt und musste feststellen, dass meine Vorstellungen von der Weltstadt, in der rund um die Uhr Betrieb herrsche, und erst recht nach einem Konzert in der berühmten Wembley Arena, genauso naiv gewesen waren wie ich die ganze Unternehmung angegangen hatte.
Zwar hatte ich noch 20 Pfund in der Tasche, doch bildeten diese nach den erheblichen Ausgaben, die ich für Flug, Unterkunft, Eintrittskarten usw. getätigt hatte, schon einen Gutteil meines Restvermögens, das mich durch die Woche bringen sollte. Unschlüssig lief ich durch die Gegend, sah aber irgendwann ein, dass mich dies in der großen, großen Stadt, die viel größer war, als ich es mir hatte vorstellen können, nicht weiterbrachte und steuerte einen Taxistand an. Hoffentlich, so dachte ich, muss ich nicht mehr als zehn Pfund ausgeben, nannte dem unfreundlichen Fahrer die Zieladresse und konnte es zum zweiten Mal an diesem Tag nicht fassen: Er kannte die Straße nicht. Und so etwas wollte ein Taxifahrer sein! Ich faltete meinen Stadtplan auseinander, zeigte ihm das Ziel, er schien zu begreifen und fuhr los. Und fuhr. Und fuhr. Die zehn Pfund waren schon fast erreicht, ich wurde unruhig, zwölf Pfund, 15 Pfund, ich fragte, wie weit es noch sei, 18 Pfund, das sei noch ein gutes Stück, 20 Pfund, nun hätte ich Farbe bekennen müssen, aber ich blieb einfach sitzen. Zu lang war der Tag gewesen, zu kalt die winterliche Stadt, ich nahm mir vor, einfach ganz überrascht zu tun, wenn der Fahrpreis verkündet würde, und bei 28 Pfund standen wir schließlich, es war weit nach Mitternacht, vor dem Haus, in dem es stockdunkel war.
Ich erklärte dem Fahrer meine Situation, beruhigte ihn, er könne die 20 Pfund sofort haben und den Rest würde ich jetzt gleich aus meinem Zimmer holen, er zog die Augenbrauen noch höher, ich suchte den Schlüssel in meiner Jackentasche, ich bekam das Schloss im Dunkeln nicht auf, ich fand den Lichtschalter nicht, ich stolperte auf der Treppe, ich öffnete die falsche Zimmertür, fand schließlich meines, griff ins Innenfach meines Rucksacks, erwischte einen Zehnpfundschein, rannte die Treppe hinunter, die Tür knallte hinter mir, glücklich streckte ich dem Fahrer den Schein hin, der mich vorwurfsvoll ansah, das habe aber lange gedauert und, oh, das sei aber zu wenig Geld. Ich war geschockt. Die Anzeige des Taxameters zeigte inzwischen 32 Pfund. Konsterniert machte ich kehrt, fummelte den Schlüssel heraus, Türschloss, Treppe, Licht, Zimmertür, allerletztes Geld, Treppe runter, Haustür knallt, Taxameter zeigt 34 Pfund, hier, bitte, noch 5 Pfund, stimmt so, der Taxifahrer fuhr wortlos ab und ich schloss zum dritten Mal die Haustür auf, ächzte die Treppe hoch, ließ mich ins Bett fallen und hasste die Londoner.
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Das schränkt dann auch ganz stark die Einwahl aus!Es irritiert mich doch langsam, wenn ständig vom Wahl-O-Mat die Rede ist. Lange hielt ich das für ein kleines Scherzprogramm, so wie das hier, oder für irgendeine alberne PR-Aktion (Bundesministerium X oder Stiftung Y hat eine Million übrig und will unheimlich modern rüberkommen, Internetagentur Z nimmt das Geld gerne und programmiert halt irgendwas zusammen.) Dann kann noch jemand schlau daherreden und davon faseln, man wolle Jugendliche so "an die Politik heranführen", fertig.
(Schulungsleiter, dieser Tage)
Aber es scheint sich zu etablieren. Ernstzunehmende Menschen aus meinem Bekanntenkreis reden davon, vor der Wahl den Wahl-O-Mat zu befragen, und zwar ohne das ironisch-distanzierte Grinsen einzuschalten.
Man muss sich mal überlegen, wie so etwas zustande kommt: Irgendwelche sog. "Thesen" werden aufgestellt, die Parteien sagen "ja" oder "nein", der Benutzer sagt ebenfalls "ja" oder "nein" - und hinterher werden die Übereinstimmungen ausgezählt. Ja Wahnsinn.
"Die Laufzeit der Atomkraftwerke soll verlängert werden."
"Handelsbeziehungen mit Staaten, die Menschenrechte missachten, sollen eingestellt werden."
"Einführung von Volksentscheiden auch auf Bundesebene!"
"Die Vermögenssteuer soll wieder eingeführt werden."
"Die Praxisgebühr soll abgeschafft werden."
Besteht Politik aus einfachen Multiple-Choice-Optionen? Gibt es keine Auswirkungen, hat das alles keine Zusammenhänge? Was passiert denn, wenn die Atomkraftwerke (nicht) länger laufen, wenn die Praxisgebühr (nicht) abgeschafft wird? Was soll statt dessen passieren? Was ist denn der Grund, dieses zu fordern oder jenes abzulehnen?
Das ganze Format kümmert sich nicht ansatzweise um Zusammenhänge und Gründe - kann es auch nicht. Es geht aber nun mal nicht darum, eine Pizza mit Wunschzutaten zu belegen. Ob durch die Klickerei irgend jemand für Politik interessiert wird (Kids! Das könnt ihr sogar auf dem Handy machen!) oder seine Wahlentscheidung besser treffen kann, mag ich nicht beurteilen. Aber mir scheint das mindestens so trivial wie die komplett sinnentleerten Frage- und Antwort- Spiele bei Anne Will, Maybrit Illner und so weiter, wo ständig und willkürlich zwischen dem Abstrakten und dem Konkreten hin- und hergehüpft wird und Kanzlerkandidaten bitte, und zwar in 90 Sekunden, sowohl die Massenarbeitslosigkeit als auch die ganz persönliche Jobsuche von Herrn Meier ("Da finden wir was für Sie, ich kümmere mich gleich Montag drum!") behandeln.
Übrigens, Sie sind gegen längere Laufzeiten der Atomkraftwerke und gegen die Zulassung gentechnisch veränderter Lebensmittel? Die NPD auch.
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Aber es ist einfach so, ich muss mir die kurzen Momente erschleichen, mal eben etwas länger beim Händewaschen bleiben (Laptop macht's möglich), mal eben auf das Mittagessen (Mandelhörnchen) verzichten, mal eben in den Keller zur Wäsche gehen, das sind so die raren Gelegenheiten, bei denen man für ein paar Minuten heimlich ins Internet gehen kann und sich dann, jetzt aber schnell!, mal eben was ausdenken will.
Ich habe schon vor Jahren ein perfektes Wäschelogistiksystem erdacht. Es erfordert sechs (6) Wäschetonnen, in die man das anfallende Waschgut nach bestimmten Kriterien genau differenziert einsortieren kann. Mein System besteht nun darin, diese Tonnen zur Seite zu stellen und sie nicht zu verwenden. Statt dessen bedecke man den Fußboden des Waschkellers komplett mit Schmutzwäsche und sorge dafür, dass stets ausreichend Nachschub angeliefert wird. Somit entfällt erstens die Notwendigkeit, Knieschoner zu tragen, wenn man zweitens täglich ein- bis zweimal das vorhandene Material sichtet und es anhand der Parameter
- Farbe
- Waschtemperatur
- Verschmutzungsgrad
- Knittereigenschaften
- Morgen ist aber Sport und ich brauche unbedingt meine Turnhose
möglichst trommelfüllend der Waschmaschine übereignet, souverän das richtige Waschprogramm mit dem geeigneten Pulver kombiniert und in seiner ausgefeilten Fuzzy-Logic-Formel auch noch bedenkt, dass die Handtücher gerne mal die farblich passende Niedrigtemperaturwäsche auffüllen dürfen, jedoch in gewissen Intervallen auch mal bei hoher Temperatur gewaschen werden und also gelegentlich extra gesammelt werden müssen.
Während andere Väter den Keller nur zum Bierholen oder Heimwerken aufsuchen, bin ich eigentlich kaum je ohne Wäschewanne anzutreffen, denn es gibt echte Massen zu bewältigen und dabei auch noch Themen wie den Trockner, die Wäscheleine, das Zusammenlegen mit und ohne Bügeln etc. zu berücksichtigen, aber Sie als Hausfrauen wissen das ja alles. Und Sie wissen natürlich auch, dass man gelegentlich, z.B. am Abendbrottisch, milde lächelnd darauf hinweist, dass eventuelle Reißverschlüsse an Pullovern und Sweatjacken bitte geschlossen werden sollen. Finden sich trotzdem täglich solche Kleidungsstücke in geöffnetem Zustand, dann schmunzeln Sie gewiss in sich hinein und holen liebevoll das von anderen Versäumte nach, denn nicht zum Glücklichwerden, zum Glücklichmachen sind Sie da, und kaum sind zwei Stunden vergangen, schon hören Sie die Maschine schleudern, treten also den Weg nach unten an, nehmen dabei einen Korb Schmutzwäsche mit, leeren zunächst den Trockner und nehmen daraufhin die zur besonders schonenden Trocknung hängende Wäsche so punktgenau von der Leine, dass mit dem letzten Kleidungsstück, welches Sie sanft dem Plastikkorb übereignen, das Klick des Sicherheitsverschlusses am Bullauge erklingt und Sie der Waschmaschine souverän die saubere Wäsche entnehmen. Während die Gedanken abschweifen und ein munter Liedchen gepfiffen wird, sortiert sich die Wäsche praktisch wie von selbst in jenen Teil, der für den Trockner geeignet ist (ganz unbewusst haben Sie dessen Flusensieb schon gereinigt und wieder eingesetzt), und jene Stücke, die mit Wäscheklammern oder aber auf Bügeln an die Leine gehängt werden.
Sie erreichen diesen tranceartigen Zustand, Sie haben gerade Ihr Flow-Erlebnis, hierhin die trockene Wäsche von der Leine, dorthin die feuchte direkt aus der Maschine, zack!, ein kleiner Schwung, man sollte dies unbedingt vor dem Aufhängen berücksichtigen, das routinierte Schütteln, es glättet die Wäsche ungemein, doch halt! Was ist das für ein Klumpen?
Neugierig betrachten Sie das rote Pullöverchen, es hat sich verknüllt, ah, hier guckt der Ärmel aus dem Halsausschnitt, ziehen wir ihn hinaus, oh, nun ist er auf links, einen Moment, drehen wir ihn wieder um, nanu, wo ist denn jetzt der andere, jetzt aber mal ganz in Ruhe, ah, hier hinein und da hinaus, nun müsste es, ach, jetzt hast du es doch wieder anders - ja, gibt's denn das?
Ich habe ihn mit nach oben genommen. Ich habe ihn gründlich untersucht. Ich habe fast zehn Minuten lang (man hat ja seinen Ehrgeiz) versucht, das Knäuel zu entwirren. Ich habe es nicht geschafft.
Zum Schluss ertastete ich den Reißverschluss, öffnete ihn und löste den Gordischen Knoten. Aber ich fühlte mich dabei wie ein Betrüger.
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Stop the worldHeute war autofreier Sonntag, und deshalb bin ich in die Stadt gefahren, um mir das mal anzusehen. (Ist dieser Einstieg nicht schon mal der Brüller?) Private Sicherheitskräfte standen an den Absperrungen und erklärten ungläubig staunenden Autofahrern, dass sie hier heute leider nicht durchfahren dürften; und so spazierte ich durch die gespenstisch leere, verlassene Innenstadt und bemerkte, dass hier tatsächlich kein einziges Auto fuhr, es war wirklich schön leise, es stank nicht, es war ruhig, es war sehr ruhig, es war praktisch wie tot, mit anderen Worten: es war exakt so, wie es sonntags immer ist.
(Captain Sensible)
Ich weiß ja nicht, wie Sie den gestalten würden, so einen autofreien Sonntag, vermutlich würden Sie so etwas sagen wie: "Damit man etwas davon bemerkt, wie schön es ist, wenn es autofrei ist, kombinieren wir den autofreien mit einem verkaufsoffenen Sonntag, denn schließlich ist es so: Jeder hat jeden Tag die Wahl, aufs Auto zu verzichten, doch spürt er von den positiven Auswirkungen seiner individuellen Tat nur sehr wenig; nötigt man jedoch die Menschen in einem symbolischen Akt zum gleichzeitigen Verzicht, dann ist es denkbar, dass dieser oder jener dadurch erst erkennt, wie angenehm eine Stadt ohne Autoverkehr sein kann - und bing!, verkauft er sein Auto. Ist immerhin möglich." Oder so ähnlich.
Man könnte aber auch sagen: "Was soll das jetzt wieder mit dem Autofreien, das nervt doch nur, muss das wirklich sein - gut, machen wir's halt da, wo's keiner merkt. Also am Sonntag in der Innenstadt, die zwar nur halb so groß ist wie der Friedhof von Chicago, aber doppelt so tot - kleiner Scherz meinerseits."
Du, Winfried, das fällt dann aber vielleicht doch auf, wenn alles so ist wie sonst, und ich hab' da grad so 'ne Idee. Vielleicht wär das was. Auf dem Betriebshof stehen doch die ganzen Fahrradständer rum, genau, diese teuren, die nie benutzt werden. Lass doch die Jungs am Samstag mit dem LKW die Dinger in die Innenstadt fahren, was meinst du?, die sitzen da doch eh nur rum. Vier Leute, der große LKW, lass die das mal machen da am Samstag, da sieht das auch jeder, da kaufen die Leute ja alle ein, da erregt das dann auch richtig Aufmerksamkeit, wenn die da mit dem Laster immer durch die Menge pflügen, und die sagen dann jedem: Ist fürs Klima, und dann freuen sich die Leute.
Ja, sicher, da stellt sonst auch keiner sein Fahrrad ab am Sonntag - was soll man da auch am Sonntag, gehst du etwa am Sonntag in die Innenstadt? Aber sie könnten ihr Fahrrad da abstellen, darum geht's doch. Jedenfalls bis abends um neun, da schick ich dann die Jungs wieder los, die Dinger einsammeln. Komm, lass uns nicht lang reden, so machen wir das, was meinste.
Hach, was hört man den da für einen Lärm. Das klingt ja wie ein Straßenfest mit Autoscootermusik. Lass uns doch mal schauen. Ah, ja, da sind schon die Stände mit den Luftballons und hier das obligatorische Skateboarddingens und da das obligatorische Fahrradbummens. Da geht's um den autofreien Sonntag, deswegen läuft da das Mädchen in dem transparenten Plastikball herum. Diese Musik ist aber wirklich "cool", sie ist bestimmt sogar "hip", so wie die jungen Leute - und auch wir waren ja mal jung - es nun mal mögen, und sie ist so laut, damit jeder merkt: Heute ist autofrei! Da hört man die Musik noch zwei Straßen weiter! Und kein Verkehr übertönt sie! Und wie die Grillen zirpen!
Jetzt geh ich direkt los und entdecke meine Stadt neu. Hier zum Beispiel: Das ist doch wirklich beeindruckend heutzutage, wie sich alles beschleunigt! Heute noch ein Rohbau, und in drei Tagen wird ein Drogeriemarkt darin eröffnet! Du - im Ernst, wenn die alle durcharbeiten, kann das noch klappen, ich hab neulich mit meinem Schwager die Dachpappe vom Doppelcarport an einem einzigen Wochenende komplett ausgetauscht. Blöd wäre hier nur, wenn noch dauernd ein LKW mit Fahrradständern oder so was vorbeifahren würde.
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Immer, wenn ich als Kind hinkam, lag eine extra für mich gekaufte Gelbwoschd auf dem Tisch. Ich liebte diese Wurst. Sie sieht sehr gewöhnlich aus, sie ist grau, sie steckt in einer gelben Kunsthülle und schmeckt besonders gut auf frischem, würzigen Graubrot.
Es gibt in Norddeutschland nichts Vergleichbares. Keine Mortadella, keine Lyoner, keine vordergründig ähnliche Brühwurst, die auch nur annähernd diesen Geschmack hätte.
Noch als Erwachsener bekam ich manchmal Päckchen von meiner Oma, in denen sich nicht nur ein paar selbstgestrickter Socken und ein selbstgebackener Kuchen, sondern oft auch eine Gelbwurst befand, zusätzlich in Alufolie gehüllt, aus derselben Metzgerei wie damals. Und es mag sein, dass das irgendwann aufgehört hätte, man muss ja als Erwachsener alleine klarkommen, der Ernst des Lebens hätte eventuell auch einen Gelbwurstverzicht beinhaltet - wer weiß, wie alles gekommen wäre, hätte ich nicht selbst rechtzeitig Nachwuchs gezeugt. Denn was liegt näher, als den Urenkeln, die da oben im Norden vor sich hin darben - schließlich hatte ich meinem fassungslosen Cousin einmal von meinem harten Leben in der gelbwurstfreien Zone berichtet - gelegentlich eine Gelbwurst zukommen zu lassen? Und wer freut sich dann wohl immer am meisten?
Hmm!
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So einen gebrauchten Einstieg kann man ruhig noch mal verwenden, der ist doch noch gut! Ich begreife ohnehin nicht, warum alle so dem Neuen hinterherhecheln. Nehmen wir mal als Beispiel Steine.
Klar kann ich jetzt hingehen und sagen, hm, bringen Sie mir mal ein paar Quadratmeter Verbundpflaster vorbei. Oh, ja, sagt der Verkäufer, das ist toll, da ist ein Stein wie der andere, das ist exakt und akkurat. Hinterher sieht das aus wie im Prospekt! Und die rechten Winkel kriegen Sie da super mit hin!
Und die gibt es in allen Varianten. Schwarz. Anthrazit. Grau. Hellgrau. Sogar leicht gesprenkelte gibt's, wenn man's mal etwas frecher haben will. Und pflegeleicht sind die mit ihren intelligenten Oberflächen!
Meine Großeltern wohnten am Berg, sie hatten einen großen Garten auf abschüssigem Gelände. Als Kind freute ich mich immer auf den steilen Weg von der Straße hinunter in den Garten. Der Weg war mit schwarzem Schotter ("Split") bestreut. Es war vermutlich einige Arbeit, ihn instandzuhalten. Vielleicht spülte der Regen den Schotter regelmäßig hinunter. Und es kamen ab und zu Pflanzen durch, Kamille z.B., die dann herausgerupft werden musste.
Ich war trotzdem traurig, als der Weg gepflastert wurde.
Was dann echt gut ist, ist, wenn man überlegt, dass die vielen schönen Pflastersteine, die aus den alten Straßen herausgerissen werden, aus unserer z.B., als die hügelige und verkehrsberuhigende Pflasterdecke glattem Asphalt weichen musste, dass diese tollen, unregelmäßig geformten und gefärbten Brocken ja eigentlich noch gut sind, und man fragt sich durch, ob die evtl. irgendwo aufbewahrt werden, und man fährt hin und findet sie.
Die müssen nicht mehr eingelebt werden.
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Nehmen wir mal den Taschenrechner: Ich fand es unglaublich, dass man einfach Rechenaufgaben in eine Maschine tippen konnte und diese einem, ohne lange nachzudenken, das Ergebnis anzeigte. So etwas wollte ich unbedingt haben, sparte lange und ging dann endlich mit meinem Vater in die Stadt, um einen Taschenrechner zu kaufen. Bei Quelle sollten diese Geräte bezahlbar und gut sein, und für etwa 50.- DM kauften wir also ein Gerät von Privileg, das den Vorteil hatte, mit zwei normalen Mignonzellen betrieben zu werden. Die leuchtendgrüne Anzeige begleitete fortan meine Nächte. Ich tippte und rechnete, spielte und drückte unter der Bettdecke, wo die Leuchtziffern besonders effektvoll zur Geltung kamen, ich strapazierte die Geduld meiner Verwandten, die mir ständig Rechenaufgaben stellen sollten, ich bat meine Oma, mit mir "Einkaufen" zu spielen, und sie sagte, gut, ich kaufe dies für 1,49 und das für 2,89, dann habe ich noch drei Pfandflaschen für je 15 Pf und eine für 30, nehme eine Plastiktüte für 10 Pf, gebe meine Rabattmarken ab, das Heft ist voll, 100 Marken à 2 Pf, und glücklich präsentierte ich ihr das Ergebnis. Ich nötigte reihum jeden, die Zahl 7353.315 einzugeben und die Ziffern dann kopfüber zu lesen, versuchte, die kleinste positive Zahl der Welt zu finden, indem ich mir überlegte, dass man ja mit 1 anfangen und dann immer durch 2 teilen könnte, das würde ja immer weniger werden und irgendwann wäre es dann so wenig, weniger geht nicht, aber zu meiner Enttäuschung kam immer etwas mit einem E-18 am Ende heraus, und solche Zahlen gibt's ja gar nicht.
Die andere Sache war die mit den Digitaluhren. Zur Einschulung hatte ich eine tickende, mechanische Armbanduhr zum Aufziehen bekommen, was meinen Großvater noch in beinahe fassungsloses Erstaunen versetzt hatte ("Eine Uhr hast du gekriegt!?"). Ich mochte diese schöne Uhr mit ihrem blauen Zifferblatt und dem ebenso gefärbten Lederarmband, doch einige Jahre später sollte es etwas viel Tolleres geben: Digitaluhren. Ich war hingerissen. Die Dinger wirkten damals nicht billig, sondern futuristisch, und niemand wollte mehr eine analoge Uhr mit Zeigern haben, sondern eine digitale sollte es sein mit mattsilbernem Metallarmband und möglichst vielen Knöpfen. Sehnsüchtig lauschte ich dem piependen Stundensignal aus den verschiedenen Ecken des Klassenzimmers, ließ mir die Beleuchtung sowie die geradezu unglaublichen Zusatzfunktionen (Stoppuhr, Datum) zeigen und war am meisten fasziniert von der Weck- bzw. Alarmfunktion. In den Pausen synchronisierten die beneidenswerten Besitzer ihre Digitaluhren, man stellte eine Alarmzeit ein und prüfte, ob diese von allen exakt eingehalten wurde, keine Zehntelsekunde zu früh durfte es da bei jemandem lospiepen, und eines Tages wurde all dies noch übertroffen durch den Erstkontakt mit einer Uhr, die eine Weckmelodie abspielte. Das schlug ein wie eine Bombe. Und noch immer, wenn ich das schöne Greensleeves höre, muss ich an diese Uhr denken, denn das Alarmgepiepse war ebenjene Melodie. Auch sie gab es bei Quelle, sie kostete 35.- DM, die waren weit weg, und so nahm ich zunächst eine Abkürzung, denn mein Freund A. kam eines Tages an und fragte mich, ob ich für 10.- DM eine Digitaluhr wolle, klar, sagte ich, gab ihm das Geld und er brachte mir tatsächlich eine Digitaluhr, die nicht ganz neu aussah, das Armband war goldfarben, aber sie funktionierte, ich fragte ihn, woher die eigentlich sei, und er erklärte mir, er habe da am Bahnhof jemanden getroffen, der habe ganz viele. Die ganze Nacht hindurch spielte ich mit der Uhr herum, testete alle Funktionen, ließ sie leuchten und piepen, zog sie am nächsten Morgen an, wurde am Frühstückstisch gefragt, woher die kam, musste sie zurückgeben und weitersparen. Was ich auch tat.
Als ich mir das gute Stück schließlich kaufen konnte, gehörte ich endlich zur Gruppe der sechs, sieben Auserwählten, von denen jeder regelmäßig Ärger bekam, wenn die Melodie im Unterricht erklang, und die langen Mittagspausen verbrachten wir mit verschiedenen Experimenten wie "alle gleichzeitig" oder "direkt nacheinander", nahmen das Gepiepse mit einem dieser Cassettenrecorder auf, um ihn dann im richtigen Moment mit hoher Lautstärke einzuschalten - und überhaupt, ja, hatten wir damit viel Spaß und das wollte ich einfach mal so erzählen, ne.
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- Herr Brender, die erste Bundestagswahl, bei der Sie wählen durften, war 1972. Helmut Schmidt gegen Rainer Barzel. Erinnern Sie sich noch, wen Sie damals gewählt haben?und dann liege ich da und frage mich, wie ich das eigentlich machen soll, das mit dem Baden, wenn ich mal das alte Bad rausreiße, und ob da zwei Journalisten aufeinandergetroffen sind, die eine Meise haben oder was.
- Natürlich! [...] Ich war Student und hatte Bedenken gegenüber einigen politischen Ansichten von Helmut Schmidt - aber ich war immer noch empört über das Misstrauensvotum der CDU/CSU gegen Willy Brandt.
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*"Wen wählen Sie, Herr Brender?", Zeit Magazin 35 vom 20.08.09, S. 7, leider nicht online zu finden. Befragt wird Nikolaus Brender, ZDF-Chefredakteur.
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