Einmal wunderten sich meine Eltern, warum ich zur Klassenfahrt unbedingt den edlen Hartschalenkoffer mitnehmen wollte, dieses schwere und unhandliche Ding, mit dem man zwar, so hatte ich es in der Fernsehwerbung gesehen, waghalsig alpine Hänge hinunterrodeln konnte, den sie aber trotzdem mit deutlich genervtem Gesichtsausdruck unterm Weihnachtsbaum in Empfang genommen, dann auch prompt in den Eisenbahnkeller gestellt und selbstverständlich nie benutzt hatten.
Damals waren diese Hartschalenkoffer noch etwas Neues, man war an Koffer aus Leder, Pappe oder auch Stoff gewöhnt, und wonach benennen denn Sie ihre Kellerräume? Sagen Sie etwa: Der hinten rechts? Das halte ich für unpraktikabel und auch, offen gesagt, etwas lieblos. Dann kommt doch nur wieder einer nach zehn Minuten hoch und schnauft und sagt, die habe ich aber nicht gefunden, die Schraubkappe, ich habe sogar hinter der Gefriertruhe gesucht, und du sagst dann so: Gefriertruhe, Gefriertruhe, ich höre immer: Gefriertruhe, Meister, ich sagte hinten rechts, und hinten rechts ist keine Gefriertruhe, und dann geht's wieder darum, von wo aus gesehen hinten und von wo aus gesehen rechts, wenn der bloß die Schraubkappe holen soll. Eisenbahnkeller, das ist ein reeller Name - historisch übrigens so entstanden, ich kürze das jetzt mal ab, dass da mal die elektrische Eisenbahn drin stand, und auch diejenigen, die das selbst nicht mehr miterlebt haben, lernen schnell, dass das der Eisenbahnkeller ist.
Da gibt es die unterschiedlichsten Systeme, wie auch bei der Großelternbenamsung, da differenzieren ja manche auch in "Oma Anne" und "Oma Lisa", andere sprechen von "Oma Günzburg" und "Oma Paderborn", da will ich auch nichts vorschreiben, das muss man schon dem freien Markt überlassen, lasst tausend Blumen blühen, sag ich immer, und ich kannte z.B. mal jemanden, der eine "Kleine Oma", eine "Mittlere Oma" und eine "Große Oma" hatte, das funktionierte ganz toll, "Ich war am Wochenende bei Mittlere Oma", da muss auch jeder ein Stück weit selbst entscheiden, wie er das handhaben will.
Der schwere, dunkle Kunststoffkoffer mit dem prestigeträchtigen Markennamen und den Initialen meines Vaters, die den meinen immerhin zum Teil glichen, sollte es also sein, in den ich meinen schlabbrigen, hellblauen Schlafanzug und die weißen Tennissocken, die buntgemusterten Unterhosen und die zwei Jeans sowie den Ringelpulli packen wollte, als es für eine Woche an die Ostsee ging, Hauszelte, und tiefenpsychologisch betrachtet hatte das darin seine Ursache, dass bei einer vorangegangenen Klassenfahrt der schwitzende, fluchende Busfahrer die Gepäckmengen nicht im Laderaum des Busses hatte unterbringen können, während Lehrer mit hochgezogenen Brauen kluge Tipps zur besseren Raumausnutzung gaben und auf die fortgeschrittene Zeit verwiesen, bis er als einen der letzten Koffer meinen, einen dunkelgrünen aus stabilem Stoff mit schickem Schottenkaro, ins Gepäckabteil zu zwängen versuchte, mich dann böse ansah und verächtlich fragte, ob meine Familie sich eigentlich keine "vernünftigen Koffer leisten" könne.
Ein Jahr lang hatte ich die Szene erfolgreich "verdrängt", wie wir Psychologen heute sagen, bis ich etwa eine Woche vor der neuerlichen Abfahrt die Anfrage stellte, ob ich denn den Hartschalenkoffer nehmen dürfe. Und da zeigte sich die Erwachsenenwelt dann wieder mal von ihrer vollkommen irrationalen Seite: Obwohl ich starke Argumente vorzutragen hatte ("Einfach so", "Weil ich da Lust zu habe", "Ich finde den irgendwie gut"), und obwohl der Koffer daraufhin, ungeliebt und -benutzt, noch für weitere 20 Jahre den Eisenbahnkeller vollstand, erzählte man mir etwas von "unpraktisch" und "zu schwer", nötigte mir statt dessen einen alten Lederkoffer auf und verhalf mir so zu einer durchwachten Nacht, in der ich mir stets aufs neue vorstellen musste, wie der Busfahrer schon beim Einfahren auf den Schulparkplatz zielsicher in meine Richtung schaut, auf mich zugeht, die Hände in die Hüften stemmt und vor allen Leuten bestimmt: "Wenn du dir keinen besseren Koffer leisten kannst, darfst du nicht mitkommen."
A propos "kommen", kommt Ihnen das Wort "Benamsung" nicht auch total bescheuert vor? [Diesen Satz mit Otto-Waalkes-Stimme vortragen]
Damals waren diese Hartschalenkoffer noch etwas Neues, man war an Koffer aus Leder, Pappe oder auch Stoff gewöhnt, und wonach benennen denn Sie ihre Kellerräume? Sagen Sie etwa: Der hinten rechts? Das halte ich für unpraktikabel und auch, offen gesagt, etwas lieblos. Dann kommt doch nur wieder einer nach zehn Minuten hoch und schnauft und sagt, die habe ich aber nicht gefunden, die Schraubkappe, ich habe sogar hinter der Gefriertruhe gesucht, und du sagst dann so: Gefriertruhe, Gefriertruhe, ich höre immer: Gefriertruhe, Meister, ich sagte hinten rechts, und hinten rechts ist keine Gefriertruhe, und dann geht's wieder darum, von wo aus gesehen hinten und von wo aus gesehen rechts, wenn der bloß die Schraubkappe holen soll. Eisenbahnkeller, das ist ein reeller Name - historisch übrigens so entstanden, ich kürze das jetzt mal ab, dass da mal die elektrische Eisenbahn drin stand, und auch diejenigen, die das selbst nicht mehr miterlebt haben, lernen schnell, dass das der Eisenbahnkeller ist.
Da gibt es die unterschiedlichsten Systeme, wie auch bei der Großelternbenamsung, da differenzieren ja manche auch in "Oma Anne" und "Oma Lisa", andere sprechen von "Oma Günzburg" und "Oma Paderborn", da will ich auch nichts vorschreiben, das muss man schon dem freien Markt überlassen, lasst tausend Blumen blühen, sag ich immer, und ich kannte z.B. mal jemanden, der eine "Kleine Oma", eine "Mittlere Oma" und eine "Große Oma" hatte, das funktionierte ganz toll, "Ich war am Wochenende bei Mittlere Oma", da muss auch jeder ein Stück weit selbst entscheiden, wie er das handhaben will.
Der schwere, dunkle Kunststoffkoffer mit dem prestigeträchtigen Markennamen und den Initialen meines Vaters, die den meinen immerhin zum Teil glichen, sollte es also sein, in den ich meinen schlabbrigen, hellblauen Schlafanzug und die weißen Tennissocken, die buntgemusterten Unterhosen und die zwei Jeans sowie den Ringelpulli packen wollte, als es für eine Woche an die Ostsee ging, Hauszelte, und tiefenpsychologisch betrachtet hatte das darin seine Ursache, dass bei einer vorangegangenen Klassenfahrt der schwitzende, fluchende Busfahrer die Gepäckmengen nicht im Laderaum des Busses hatte unterbringen können, während Lehrer mit hochgezogenen Brauen kluge Tipps zur besseren Raumausnutzung gaben und auf die fortgeschrittene Zeit verwiesen, bis er als einen der letzten Koffer meinen, einen dunkelgrünen aus stabilem Stoff mit schickem Schottenkaro, ins Gepäckabteil zu zwängen versuchte, mich dann böse ansah und verächtlich fragte, ob meine Familie sich eigentlich keine "vernünftigen Koffer leisten" könne.
Ein Jahr lang hatte ich die Szene erfolgreich "verdrängt", wie wir Psychologen heute sagen, bis ich etwa eine Woche vor der neuerlichen Abfahrt die Anfrage stellte, ob ich denn den Hartschalenkoffer nehmen dürfe. Und da zeigte sich die Erwachsenenwelt dann wieder mal von ihrer vollkommen irrationalen Seite: Obwohl ich starke Argumente vorzutragen hatte ("Einfach so", "Weil ich da Lust zu habe", "Ich finde den irgendwie gut"), und obwohl der Koffer daraufhin, ungeliebt und -benutzt, noch für weitere 20 Jahre den Eisenbahnkeller vollstand, erzählte man mir etwas von "unpraktisch" und "zu schwer", nötigte mir statt dessen einen alten Lederkoffer auf und verhalf mir so zu einer durchwachten Nacht, in der ich mir stets aufs neue vorstellen musste, wie der Busfahrer schon beim Einfahren auf den Schulparkplatz zielsicher in meine Richtung schaut, auf mich zugeht, die Hände in die Hüften stemmt und vor allen Leuten bestimmt: "Wenn du dir keinen besseren Koffer leisten kannst, darfst du nicht mitkommen."
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Einmal bekam ich Lust zum Kuchenbacken, und auch wenn ich mich schon damals imstande sah, aus dem Vorhandenen notfalls auch ohne Anleitung etwas Essbares zu fabrizieren, überlegte ich, diesmal ruhig ein Rezept herauszusuchen. Man kennt ja nicht nur aus dem Kinderreim die Grundrezeptur ("Eier und Salz, Butter und Schmalz, Milch und Mehl"), wobei ich an dieser schon meine Zweifel hatte, bevor ich das Wort Coh Cholesterin buchstabieren konnte, denn nicht nur das Übermaß an tierischem Fett irritierte mich, auch die im Kuchenbereich geradezu himmelschreiende Abwesenheit eines Süßungsmittels ließ mich nächtelang darüber nachdenken, ob man hier der Versuchung nachgegeben habe, zugunsten eines wohltemperierten Versmaßes mal eben jeden Realismus beiseite zu lassen. Im Geiste sortierte ich, angeregt durch diesen Gedanken, den Inhalt meines Kinderbuchregals bereits in die Abteilungen Lyrik und Sachbuch ein, wurde bei dieser Tätigkeit aber unterbrochen durch einen Jungen namens Safran, der rasch vorbeischaute und den Kuchen "gel" machte. Was genau er da tat, war mir nicht bekannt, ich vertraute ihm blind und war froh, dass er sich so zuverlässig darum kümmerte, alle Kuchen "gel" zu machen.
Heute war übrigens Leberwursttag mit Gürkchen "Polnischer Art" von der Firma H*ngst*nb*rg, die ich wärmstens empfehlen kann, und die andere Attacke, die mich gelegentlich überkommt und ebenfalls deutlich archaische, in die Kindheit zurück verweisende Züge trägt, hat mit dem Goldsaft zu tun. Ich weiß ja nicht, ob Sie auch mal in der Schule Rüben gekocht und durch Mullbinden gequetscht haben. Aber wir damals, wir mussten das tun, Unterrichtseinheit "Zucker", es roch unangenehm und mich ekelten Farbe und Konsistenz des Halbfertig- wie auch des Endprodukts, so dass ich nichts davon aß, wieder so eine Geschichte, denn schon auf dem Nachhauseweg bekam ich doch Appetit und habe mein Leben lang bereut, trotz der Mundwinkel meiner Lehrerin, deren butterbeschmierter Anblick mir zusätzlich den Appetit verdorben hatte, nicht wenigstens probiert zu haben.
Ein wenig lindern kann ich meine Pein wenigstens im nachhinein dadurch, dass ich ab und an einen Bottich des nicht zu unrecht so heißenden Grafschafter Goldsaftes erwerbe. Auf grobem, saftigem Schwarzbrot, großzügig gebuttert, entfaltet der Zuckerrübensirup - wie übrigens auch die Leberwurst mit den polnischen Gürkchen - seinen unkompliziert-bodenständigen Urgeschmack am besten, mjam, ich könnte glatt schon wieder, aber jetzt schreibe ich erst mal zu ende, und man möchte sich geradezu noch einen Becher Malzkaffee kochen, um den jugendherbergshaften Genuss zu vervollständigen, der nach keiner Verfeinerung verlangt, es gibt hier keine Geschmacksfeuerwerke, eine vordergründig-herbe Süße und einen hintergründig-metallischen Abgang, das war's, und einen kleinen Löffel pur kann man auch gut vertragen.
Die hätten das in dem Reim tatsächlich nicht so gut unterbringen können - ich überlegte gerade, ob man mit dem Zuckerrübensirup evtl. doch noch ein brauchbares Rezept zustandebrächte, nehmen wir mal den Schmalz raus, wer hält sich heute denn noch Schweine, hm, "Eier und Salz, Butter und Zuckerrübensirup", nein, das geht nicht. Ich habe dann noch kurz über die DDR nachgedacht, denn eine Freundin hatte mal einen Apfelkuchen mitgebracht, der wirklich ganz fein schmeckte, und wir waren ja noch jung, höchstens 20, ich dachte an dem Abend nur an das Eine und fragte sie nach dem Rezept, das kam von ihrer sog. "DDR-Oma" und ging so: Ein Drittel Mehl, ein Drittel Zucker, ein Drittel Fett, na, und dann eben die Äpfel. Der Trick war, dass die Äpfel z.T. von dem Teig überkrümelt waren, es war kein wirklich gedeckter Apfelkuchen, eher eine Art Apfel-Streusel-Kuchen, und die hatten in der DDR ja praktisch nichts, da nahmen die dann den Teig auch gleich für Boden und Streusel, so ähnlich wie bei den Trabbis eigentlich oder bei dem Zitronat aus unreifen Tomaten.
Apfelkuchen allerdings sollte es nicht werden, mir schwebte so ein ganz normaler Kuchen vor, so einer aus so einer Form, so ein eckiger oder runder, einfach ein Kuchen, und so schlug ich das Kochbuch auf und wunderte mich noch lange, warum unter "K" wie "Kuchen" kein einziges Rezept stand.
Heute war übrigens Leberwursttag mit Gürkchen "Polnischer Art" von der Firma H*ngst*nb*rg, die ich wärmstens empfehlen kann, und die andere Attacke, die mich gelegentlich überkommt und ebenfalls deutlich archaische, in die Kindheit zurück verweisende Züge trägt, hat mit dem Goldsaft zu tun. Ich weiß ja nicht, ob Sie auch mal in der Schule Rüben gekocht und durch Mullbinden gequetscht haben. Aber wir damals, wir mussten das tun, Unterrichtseinheit "Zucker", es roch unangenehm und mich ekelten Farbe und Konsistenz des Halbfertig- wie auch des Endprodukts, so dass ich nichts davon aß, wieder so eine Geschichte, denn schon auf dem Nachhauseweg bekam ich doch Appetit und habe mein Leben lang bereut, trotz der Mundwinkel meiner Lehrerin, deren butterbeschmierter Anblick mir zusätzlich den Appetit verdorben hatte, nicht wenigstens probiert zu haben.
Ein wenig lindern kann ich meine Pein wenigstens im nachhinein dadurch, dass ich ab und an einen Bottich des nicht zu unrecht so heißenden Grafschafter Goldsaftes erwerbe. Auf grobem, saftigem Schwarzbrot, großzügig gebuttert, entfaltet der Zuckerrübensirup - wie übrigens auch die Leberwurst mit den polnischen Gürkchen - seinen unkompliziert-bodenständigen Urgeschmack am besten, mjam, ich könnte glatt schon wieder, aber jetzt schreibe ich erst mal zu ende, und man möchte sich geradezu noch einen Becher Malzkaffee kochen, um den jugendherbergshaften Genuss zu vervollständigen, der nach keiner Verfeinerung verlangt, es gibt hier keine Geschmacksfeuerwerke, eine vordergründig-herbe Süße und einen hintergründig-metallischen Abgang, das war's, und einen kleinen Löffel pur kann man auch gut vertragen.
Die hätten das in dem Reim tatsächlich nicht so gut unterbringen können - ich überlegte gerade, ob man mit dem Zuckerrübensirup evtl. doch noch ein brauchbares Rezept zustandebrächte, nehmen wir mal den Schmalz raus, wer hält sich heute denn noch Schweine, hm, "Eier und Salz, Butter und Zuckerrübensirup", nein, das geht nicht. Ich habe dann noch kurz über die DDR nachgedacht, denn eine Freundin hatte mal einen Apfelkuchen mitgebracht, der wirklich ganz fein schmeckte, und wir waren ja noch jung, höchstens 20, ich dachte an dem Abend nur an das Eine und fragte sie nach dem Rezept, das kam von ihrer sog. "DDR-Oma" und ging so: Ein Drittel Mehl, ein Drittel Zucker, ein Drittel Fett, na, und dann eben die Äpfel. Der Trick war, dass die Äpfel z.T. von dem Teig überkrümelt waren, es war kein wirklich gedeckter Apfelkuchen, eher eine Art Apfel-Streusel-Kuchen, und die hatten in der DDR ja praktisch nichts, da nahmen die dann den Teig auch gleich für Boden und Streusel, so ähnlich wie bei den Trabbis eigentlich oder bei dem Zitronat aus unreifen Tomaten.
Apfelkuchen allerdings sollte es nicht werden, mir schwebte so ein ganz normaler Kuchen vor, so einer aus so einer Form, so ein eckiger oder runder, einfach ein Kuchen, und so schlug ich das Kochbuch auf und wunderte mich noch lange, warum unter "K" wie "Kuchen" kein einziges Rezept stand.
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Wenn du lachen musst, weil der Zahnarzt so jung aussieht, dass du an seiner Volljährigkeit zweifelst.
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Wie schnell man doch seine Ernährungsgewohnheiten umstellen kann! Ich zum Bsp. behaupte seit Jahr und Tag, dass ich morgens keine feste Nahrung zu mir nehmen kann. "Morgens" im Sinne von "morgens", d.h. also vor dem Verlassen des eigenen Wohnraums und dem Betreten der Arbeitsstelle. Zu Hause: Erster Kaffee, duschen, anziehen, zweiter Kaffee, evtl. ein Löffelchen Brei, los geht's. Die eigentliche Nahrungsaufnahme erfolgt dann im Laufe des Vormittags.
Im Hotel geht so etwas nicht. Entweder steht da ein appetitanregendes Frühstücksbuffet zur Verfügung und man hat sehr viel Zeit – dann wundert man sich, wie viel Toastbrot, Rührei, Croissants, Müsli, Obstsalat, Früchtequark usw. man mit dem ganzen Multivitaminsaft und becherweise frischem Kaffee hinunterspülen kann. Oder man stellt entsetzt fest, dass man 10.- EUR Aufpreis fürs Frühstück gezahlt hat, die man ja ungern nur für einen Kaffee und eine Scheibe Toastbrot hinlegt, weshalb man ganz viel Toastbrot, Rührei, Croissants, Müsli, Obstsalat, Früchtequark usw. mit Kaffee und Multivitaminsaft hinunterspült. Und schließlich soll es bis zum Mittag halten.
Es gibt natürlich genügend abschreckende Beispiele, so etwa die beiden Russen, denen ich einmal dabei zusah, wie sie knapp zwei Stunden lang, es war in England, immer wieder zum gebratenen Speck gingen, sich die großen Teller damit vollhäuften, etwas Alibi-Rührei sowie zweidrei Würstchen obendrauflegten und zu ihrem Tisch zurückkehrten. Sie verschlangen, ohne mit der Wimper zu zucken, derartige Mengen an reinem, triefendem Fleisch, dass ich mich über ihre gelben Augen nicht weiter wunderte. Das war ebenso unschön mit anzusehen wie die vollkommen überladenen Teller derjenigen, die erst mal alles nehmen und dann unnötig viel stehenlassen. Das sind i.d.R. dieselben Leute, die "Moggään!" durch den Saal rufen und sich in übertriebener Lautstärke über Produktionsanlagen unterhalten, während man selbst noch damit kämpft, wieder einmal schutzlos in die Welt geworfen zu sein.
Dennoch habe ich diese Woche für meine Verhältnisse ungewöhnlich reichhaltig gefrühstückt. Ich könnte mich daran gewöhnen.
Nicht gewöhnen kann ich mich an den Hotelgeruch. Mein Verdacht war jahrelang, dass der zur Corporate Identity der großen Hotelkette gehört. Denn neben der immer gleichen Zimmerausstattung, der immer gleichen Nasszelle, den immer gleichen Teppichböden und Fahrstühlen und Treppenhäusern und Kleiderbügeln ist auch der Geruch immer der gleiche. Es ist ein Geruch, den man auch nach drei Tagen Fensteraufreißen nicht herausbekommt. Vermutlich hat ein Duftdesigner einen Corporate Scent entworfen, man weiß ja, dass das heutzutage gemacht wird, dass bspw. die Duftnoten "Zimt" und "Orange" vom Konsumenten zwar unbewusst, aber äußerst positiv wahrgenommen werden und er, entsprechend beduftet, länger bleibt und mehr Geld ausgibt. Bei besagter Hotelkette hat sich der Duftdesigner offensichtlich für "Käse" und "Fuß" entschieden.
Allerdings kann es auch sein, dass das am Fernsehapparat liegt. Ich habe nun einige Abende immer wieder versucht, mir etwas anzusehen. Das war nicht möglich. Aus dem Gerät kam nur Erbrochenes.
Im Hotel geht so etwas nicht. Entweder steht da ein appetitanregendes Frühstücksbuffet zur Verfügung und man hat sehr viel Zeit – dann wundert man sich, wie viel Toastbrot, Rührei, Croissants, Müsli, Obstsalat, Früchtequark usw. man mit dem ganzen Multivitaminsaft und becherweise frischem Kaffee hinunterspülen kann. Oder man stellt entsetzt fest, dass man 10.- EUR Aufpreis fürs Frühstück gezahlt hat, die man ja ungern nur für einen Kaffee und eine Scheibe Toastbrot hinlegt, weshalb man ganz viel Toastbrot, Rührei, Croissants, Müsli, Obstsalat, Früchtequark usw. mit Kaffee und Multivitaminsaft hinunterspült. Und schließlich soll es bis zum Mittag halten.
Es gibt natürlich genügend abschreckende Beispiele, so etwa die beiden Russen, denen ich einmal dabei zusah, wie sie knapp zwei Stunden lang, es war in England, immer wieder zum gebratenen Speck gingen, sich die großen Teller damit vollhäuften, etwas Alibi-Rührei sowie zweidrei Würstchen obendrauflegten und zu ihrem Tisch zurückkehrten. Sie verschlangen, ohne mit der Wimper zu zucken, derartige Mengen an reinem, triefendem Fleisch, dass ich mich über ihre gelben Augen nicht weiter wunderte. Das war ebenso unschön mit anzusehen wie die vollkommen überladenen Teller derjenigen, die erst mal alles nehmen und dann unnötig viel stehenlassen. Das sind i.d.R. dieselben Leute, die "Moggään!" durch den Saal rufen und sich in übertriebener Lautstärke über Produktionsanlagen unterhalten, während man selbst noch damit kämpft, wieder einmal schutzlos in die Welt geworfen zu sein.
Dennoch habe ich diese Woche für meine Verhältnisse ungewöhnlich reichhaltig gefrühstückt. Ich könnte mich daran gewöhnen.
Nicht gewöhnen kann ich mich an den Hotelgeruch. Mein Verdacht war jahrelang, dass der zur Corporate Identity der großen Hotelkette gehört. Denn neben der immer gleichen Zimmerausstattung, der immer gleichen Nasszelle, den immer gleichen Teppichböden und Fahrstühlen und Treppenhäusern und Kleiderbügeln ist auch der Geruch immer der gleiche. Es ist ein Geruch, den man auch nach drei Tagen Fensteraufreißen nicht herausbekommt. Vermutlich hat ein Duftdesigner einen Corporate Scent entworfen, man weiß ja, dass das heutzutage gemacht wird, dass bspw. die Duftnoten "Zimt" und "Orange" vom Konsumenten zwar unbewusst, aber äußerst positiv wahrgenommen werden und er, entsprechend beduftet, länger bleibt und mehr Geld ausgibt. Bei besagter Hotelkette hat sich der Duftdesigner offensichtlich für "Käse" und "Fuß" entschieden.
Allerdings kann es auch sein, dass das am Fernsehapparat liegt. Ich habe nun einige Abende immer wieder versucht, mir etwas anzusehen. Das war nicht möglich. Aus dem Gerät kam nur Erbrochenes.
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Hö. Hö. Da fährt man extra in einen Vulkankrater. Und dann vergisst man die Digitalkamera. Hö. Hö.
Hö. Hö. Da nimmt man extra den Laptop mit, um in Ruhe bloggen zu können. Und dann ist das WLAN "gerade kaputt." Hö. Hö.
Hö. Hö. Da fragt man, wie das eigentlich ist. Da sagen sie: Das kostet 7,95 EUR. Pro Tag. Aber funktioniert sowieso gerade nicht. Hö. Hö.
Hö. Hö. Dann gehe ich eben was essen. Hier wollen auch noch andere an den Lobbycomputer. Hö. Hö.
Hö. Hö. Kann sein, Sie hören erst mal nichts mehr von mir. Die in der Schlange hinter mir gucken schon so komisch. Hö. Hö.
Hö. Hö. Da nimmt man extra den Laptop mit, um in Ruhe bloggen zu können. Und dann ist das WLAN "gerade kaputt." Hö. Hö.
Hö. Hö. Da fragt man, wie das eigentlich ist. Da sagen sie: Das kostet 7,95 EUR. Pro Tag. Aber funktioniert sowieso gerade nicht. Hö. Hö.
Hö. Hö. Dann gehe ich eben was essen. Hier wollen auch noch andere an den Lobbycomputer. Hö. Hö.
Hö. Hö. Kann sein, Sie hören erst mal nichts mehr von mir. Die in der Schlange hinter mir gucken schon so komisch. Hö. Hö.
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Jonas? Jonas! Meine Batterie ist alle!Wie die das mit den Elektroautos hinkriegen wollen, ist mir ja schleierhaft, denn erfahrungsgemäß muss man nach anderthalb Jahren, wenn der alte hinüber ist, für einen Ersatzakku mehr hinlegen, als das Altgerät zu dem Zeitpunkt noch wert ist. Darauf kann sich die Autoindustrie schon freuen: "Ach, das lohnt sich nicht mehr, da nehme ich gleich ein neues Auto."
(Frank Zander, Der Ur-Ur-Enkel von Frankenstein)
Es ist ein Elend mit den schlappmachenden Akkus. Nicht nur er hier hat mich viel zu früh im Stich gelassen. Besonders ärgerlich aber ist das Thema, wenn es um Laptops geht.
Man weiß ja inzwischen, wie schädlich das andauernde Aufladen für den Akku ist, der Normalzustand also, den man täglich überall sieht: Laptop ständig am Stromnetz, Akku 100% voll. Man hat ja gelesen, dass ein Akku am besten mit 70% Ladestand im Kühlschrank aufbewahrt wird. Dann hält er länger. Und riecht nach Leberwurst. Aber was nützt er einem noch?
Innerhalb weniger Monate lässt sich bei jedem neuen Laptop wieder verfolgen, was geschieht: Am Anfang hält der Akku knapp zwei Stunden, etwas später freut man sich, wenn es noch eine halbe ist, und irgendwann reicht die Leistung nicht mal mehr aus, um den eingeschalteten Rechner von einer Steckdose in eine andere umzustöpseln. Und was mache ich also? Ich baue tatsächlich den Akku aus. (Im Kühlschrank liegt er nicht, aber im Regal.)
Was nun kommt, ahnen Sie bereits: Oh! Hoppla! Das war der Stecker! Der kleine, runde, der so leicht aus dem Laptopgehäuse flutscht! Und die Meldung, dass das Betriebssystem "beim letzten Mal nicht ordnungsgemäß heruntergefahren" wurde, kennt man bald besser als den normalen Startbildschirm.
Laptophersteller! Seid ihr so blöd, oder tut ihr nur so!? Mit zwei absoluten Kleinigkeiten wäre dem gemeinen Nutzer besser gedient als mit allen bescheuerten Fingerabdrucksensoren der Welt:
1) Ein Schalter, der den Akku elektrisch vom Rechner trennt. So, als wäre er ausgebaut, aber man hat ihn gar nicht ausgebaut, gelle? Dann muss der nämlich gar nicht immer geladen werden! Dann ist er aber da, wenn man ihn mal braucht! Und liegt nicht im Kühlschrank! Und riecht nicht nach Leberwurst!
2) Und solange ihr euch noch staunend am Kopf kratzt, gleich noch was: Die Buchse für den Netztstrom, die muss gar nicht so flutschen wie ein gecremtes Zäpfchen! Man benutzt den Laptop nämlich manchmal mobil! Ja! Das kann man! Und dann ist das blöd, wenn der Stecker sofort herausgezogen wird, nur weil man den Rechner mal bewegt! Da kann man doch eine kleine Arretierung bauen, hm? Oder g**gelt wenigstens mal nach "Klinkenstecker", weil nämlich, bei den ganzen tragbaren Musikabspielgeräten, da flutscht auch nicht einfach so der Kopfhörerstecker raus!
Aber da kann man ja genausogut das Fenster aufmachen und rufen: "Das Wetter soll besser werden!"
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There you go, Gesundheitssystem.
Beim Dienstantritt wurde mir sehr vehement vorgeschrieben, zu welchem Arzt ich zu gehen hätte, um die obligatorische Erstuntersuchung vornehmen zu lassen. Auch für eventuell folgende Krankheitsfälle sei dieser Arzt der vorgeschriebene erste Ansprechpartner, der einen nur bei Bedarf zu einem Spezialisten überweisen werde. Dies erschien mir nicht ganz rechtens, da ich schon damals ein Freund der freien Arztwahl war und auch seit Jahren zu einem anderen Hausarzt ging, doch wollte ich nicht schon zu Dienstbeginn den Querulanten geben und fügte mich, denn, so meinte ich, die Erstuntersuchung sei ja vermutlich eine reine Formalität. So fuhr ich also eines Tages relativ weit aus der Stadt heraus in jenes Dorf, welches die Praxis des Vertrauensarztes meines Dienstherrn beherbergte, und da sich die Fahrt dahinzog, machte ich mir ein paar Gedanken.
Den Vertrauensarzt stellte ich mir etwa von jenem Typus vor, der im Kreiswehrersatzamt einige Monate zuvor die Musterung vorgenommen hatte: "Stellen Sie sich nicht so an", "Was heißt hier: Ich hab's im Rücken", sein Misstrauen war recht unverhüllt zutagegetreten, bis er komplett unvermittelt, nachdem er mich hatte kräftig husten lassen*, fragte, ob ich gerne sänge, denn das Musikkorps suche immer Nachwuchs.
Nun ist ja das Misstrauen der Musterungsärzte nicht ganz unbegründet, und auch beim Zivildienst, so überlegte ich, könnte es natürlich sein, dass der Dienstherr da so seine Erfahrungen hat mit jungen Männern, die aussehen wie das blühende Leben und sich dauernd krank melden, weshalb also aus Dienststellensicht ein dahingehend zuverlässiger Arzt durchaus einen Unterschied machen könne, denn es war eine große Dienststelle mit gut 20 Zivis, die damals übrigens auch jeder 20 Monate ableisten mussten.
Ich hatte die Arztpraxis erreicht. Vorne im Haus eine große Apotheke, hinten der Eingang, der zu einer beeindruckende Praxis mit ebensolchen Angestellten führte. Als ich ins Behandlungszimmer gerufen wurde, gab mir der Doktor die Hand, sah in meinen Hals, fragte, ob "sonst alles OK" sei, wusch sich die Hände, geleitete mich zur Tür und verabschiedete mich mit den Worten: "Und wenn du mal Urlaub brauchst." Das ganze hatte etwa zwei Minuten gedauert.
Der Same war gepflanzt. Zwar war ich zwischen innerer Belustigung ("Wenn die wüssten, wen sie sich da ausgesucht haben!") und Empörung ("Und dafür bekommt der Geld!") hin- und hergerissen, aber eigentlich** fest entschlossen, diesem unmoralischen Angebot nicht nachzugehen. Wenn das jeder machen würde!
Allerdings gab es dann doch diesen Tag. Ich war mit dem neuen, übereifrigen Zivildienstkollegen unterwegs. Wir hatten ein unförmiges, altes Metallbett mit diversen Anbauten an einen bedürftigen Patienten auszuliefern, und schon am Mittag, als wir es aus dem Lager herausgetragen und auf den Anhänger des Autos gewuchtet hatten, hatte ich mir halb die Wirbelsäule verbogen. Nun fuhren wir in eine enge Innenstadtstraße, stiegen durch das ebenso enge Treppenhaus in den dritten Stock, sahen den armen Mann in seinem Bett liegen und ließen uns von seiner Tochter ankeifen, dass das ja nun höchste Zeit werde.
Ich sah mir das vorhandene Bett an, das dem im Anhänger verdächtig ähnelte. Ja, keifte die Frau, aber da könne man dieses und jenes nicht verstellen. Und während ich noch verstehen wollte, ob das denn bei dem angelieferten Bett tatsächlich anders sei, griff der übereifrige Kollege schon unter den Beinen des Patienten hindurch, nötigte mich dadurch, mit anzufassen, wir trugen den alten Herrn zum Sofa, und während Kollege die Patiententochter anstrahlte und versicherte, das sei alles kein Problem, begann er, das Bett zur Tür zu ziehen, so dass mir nichts anderes übrig blieb als zuzugreifen und das offensichtlich gusseiserne, jedenfalls unglaublich schwere, Ungetüm durchs Treppenhaus zu tragen, begleitet vom unfreundlichen "Vorsicht! Passt doch auf!" der skeptisch zusehenden Weibsperson. Selbstverständlich war ich der untere Träger, mithin lastete das Tonnengewicht des Gestells, das wir aufgrund der extremen Enge fast senkrecht tragen mussten, zum überwiegenden Teil auf mir.
Unten angekommen stellten wir das Bett neben den Anhänger, ich wagte es kaum hinzusehen, und tatsächlich: die Modelle waren identisch. "Guck dir das doch an!", herrschte ich den Kollegen an, der dümmlich grinste und meinte, bestimmt gebe es da trotzdem einen Unterschied, und wir sollten nun einfach das neue Bett hinaufbringen, das sei "doch nicht so schlimm."
Voller Wut schleppte ich das andere Bett mit ihm nach oben, natürlich ging ich dabei wieder unten, inzwischen wäre Dienstschluss gewesen, wir mussten umständlich rangieren und hatten das Stahldings eine halbe Stunde später endlich dort plaziert, wo zuvor das Zwillingsmodell gestanden hatte. Nun hieß es noch, die Matratze und den Patienten wieder unter töchterlichem Gezeter aufs Bett zu befördern. Als ich endlich durchatmen wollte und meine ruinierten Schultern zu massieren begann, wurde das Gezeter noch lauter: "Das geht ja noch schlechter als das alte Bett!"
Bis dahin hatte ich noch an mich gehalten. Als aber der Dumpfbackenkollege umgehend versprach, man werde nach dem Wochenende ein neues, besseres Bett besorgen und als Frau Tochter meinte, gut, bis dahin wolle sie aber das alte Bett wiederhaben, als Kollega mich daraufhin dümmlich lächelnd ansah und meinte, das sei "ja auch nicht so schlimm", wusste ich, dass das hier kein gutes Ende mehr nehmen würde. Dennoch verbiss ich mir die Wut noch, nicht zuletzt aus Rücksicht auf den armen alten Mann, der in dem frisch angelieferten Bett tatsächlich schlechter zu liegen schien als zuvor. Wir tauschten die Betten wieder aus, es war längst dunkel, ich hasste meinen Kollegen, sprach auf der Rückfahrt kein Wort, lud schweigend das Bett vom Anhänger ab und wollte in der Dienststelle noch schnell den Autoschlüssel abgeben, als der Vorgesetzte zu uns trat und sprach: Die Frau habe angerufen, sie sei nicht zufrieden mit uns gewesen, wir seien wohl "zu schwach" zum Tragen, und nach dem Wochenende werde ein ganz neues Bett angeliefert. Fassungslos rang ich nach Luft und Worten, der Kollege jedoch krähte drauflos, dass wir das am Montagvormittag ja gut erledigen könnten und das sei "ja nicht so schlimm."
Ich fuhr aufs Dorf. In der Praxis war noch Licht. "Was willst du denn haben", fragte der Arzt. Ich zuckte die Schultern. "Angina", schlug er vor. "Da muss ich dir aber was verschreiben. Hol dir das vorne in der Apotheke."
Dass die Apotheke seiner Frau gehörte, erfuhr ich erst später - war aber klar, oder?
--
*Frauen: Ihr habt ja keine Ahnung.
**Wenn schon einer "eigentlich" schreibt!
Beim Dienstantritt wurde mir sehr vehement vorgeschrieben, zu welchem Arzt ich zu gehen hätte, um die obligatorische Erstuntersuchung vornehmen zu lassen. Auch für eventuell folgende Krankheitsfälle sei dieser Arzt der vorgeschriebene erste Ansprechpartner, der einen nur bei Bedarf zu einem Spezialisten überweisen werde. Dies erschien mir nicht ganz rechtens, da ich schon damals ein Freund der freien Arztwahl war und auch seit Jahren zu einem anderen Hausarzt ging, doch wollte ich nicht schon zu Dienstbeginn den Querulanten geben und fügte mich, denn, so meinte ich, die Erstuntersuchung sei ja vermutlich eine reine Formalität. So fuhr ich also eines Tages relativ weit aus der Stadt heraus in jenes Dorf, welches die Praxis des Vertrauensarztes meines Dienstherrn beherbergte, und da sich die Fahrt dahinzog, machte ich mir ein paar Gedanken.
Den Vertrauensarzt stellte ich mir etwa von jenem Typus vor, der im Kreiswehrersatzamt einige Monate zuvor die Musterung vorgenommen hatte: "Stellen Sie sich nicht so an", "Was heißt hier: Ich hab's im Rücken", sein Misstrauen war recht unverhüllt zutagegetreten, bis er komplett unvermittelt, nachdem er mich hatte kräftig husten lassen*, fragte, ob ich gerne sänge, denn das Musikkorps suche immer Nachwuchs.
Nun ist ja das Misstrauen der Musterungsärzte nicht ganz unbegründet, und auch beim Zivildienst, so überlegte ich, könnte es natürlich sein, dass der Dienstherr da so seine Erfahrungen hat mit jungen Männern, die aussehen wie das blühende Leben und sich dauernd krank melden, weshalb also aus Dienststellensicht ein dahingehend zuverlässiger Arzt durchaus einen Unterschied machen könne, denn es war eine große Dienststelle mit gut 20 Zivis, die damals übrigens auch jeder 20 Monate ableisten mussten.
Ich hatte die Arztpraxis erreicht. Vorne im Haus eine große Apotheke, hinten der Eingang, der zu einer beeindruckende Praxis mit ebensolchen Angestellten führte. Als ich ins Behandlungszimmer gerufen wurde, gab mir der Doktor die Hand, sah in meinen Hals, fragte, ob "sonst alles OK" sei, wusch sich die Hände, geleitete mich zur Tür und verabschiedete mich mit den Worten: "Und wenn du mal Urlaub brauchst." Das ganze hatte etwa zwei Minuten gedauert.
Der Same war gepflanzt. Zwar war ich zwischen innerer Belustigung ("Wenn die wüssten, wen sie sich da ausgesucht haben!") und Empörung ("Und dafür bekommt der Geld!") hin- und hergerissen, aber eigentlich** fest entschlossen, diesem unmoralischen Angebot nicht nachzugehen. Wenn das jeder machen würde!
Allerdings gab es dann doch diesen Tag. Ich war mit dem neuen, übereifrigen Zivildienstkollegen unterwegs. Wir hatten ein unförmiges, altes Metallbett mit diversen Anbauten an einen bedürftigen Patienten auszuliefern, und schon am Mittag, als wir es aus dem Lager herausgetragen und auf den Anhänger des Autos gewuchtet hatten, hatte ich mir halb die Wirbelsäule verbogen. Nun fuhren wir in eine enge Innenstadtstraße, stiegen durch das ebenso enge Treppenhaus in den dritten Stock, sahen den armen Mann in seinem Bett liegen und ließen uns von seiner Tochter ankeifen, dass das ja nun höchste Zeit werde.
Ich sah mir das vorhandene Bett an, das dem im Anhänger verdächtig ähnelte. Ja, keifte die Frau, aber da könne man dieses und jenes nicht verstellen. Und während ich noch verstehen wollte, ob das denn bei dem angelieferten Bett tatsächlich anders sei, griff der übereifrige Kollege schon unter den Beinen des Patienten hindurch, nötigte mich dadurch, mit anzufassen, wir trugen den alten Herrn zum Sofa, und während Kollege die Patiententochter anstrahlte und versicherte, das sei alles kein Problem, begann er, das Bett zur Tür zu ziehen, so dass mir nichts anderes übrig blieb als zuzugreifen und das offensichtlich gusseiserne, jedenfalls unglaublich schwere, Ungetüm durchs Treppenhaus zu tragen, begleitet vom unfreundlichen "Vorsicht! Passt doch auf!" der skeptisch zusehenden Weibsperson. Selbstverständlich war ich der untere Träger, mithin lastete das Tonnengewicht des Gestells, das wir aufgrund der extremen Enge fast senkrecht tragen mussten, zum überwiegenden Teil auf mir.
Unten angekommen stellten wir das Bett neben den Anhänger, ich wagte es kaum hinzusehen, und tatsächlich: die Modelle waren identisch. "Guck dir das doch an!", herrschte ich den Kollegen an, der dümmlich grinste und meinte, bestimmt gebe es da trotzdem einen Unterschied, und wir sollten nun einfach das neue Bett hinaufbringen, das sei "doch nicht so schlimm."
Voller Wut schleppte ich das andere Bett mit ihm nach oben, natürlich ging ich dabei wieder unten, inzwischen wäre Dienstschluss gewesen, wir mussten umständlich rangieren und hatten das Stahldings eine halbe Stunde später endlich dort plaziert, wo zuvor das Zwillingsmodell gestanden hatte. Nun hieß es noch, die Matratze und den Patienten wieder unter töchterlichem Gezeter aufs Bett zu befördern. Als ich endlich durchatmen wollte und meine ruinierten Schultern zu massieren begann, wurde das Gezeter noch lauter: "Das geht ja noch schlechter als das alte Bett!"
Bis dahin hatte ich noch an mich gehalten. Als aber der Dumpfbackenkollege umgehend versprach, man werde nach dem Wochenende ein neues, besseres Bett besorgen und als Frau Tochter meinte, gut, bis dahin wolle sie aber das alte Bett wiederhaben, als Kollega mich daraufhin dümmlich lächelnd ansah und meinte, das sei "ja auch nicht so schlimm", wusste ich, dass das hier kein gutes Ende mehr nehmen würde. Dennoch verbiss ich mir die Wut noch, nicht zuletzt aus Rücksicht auf den armen alten Mann, der in dem frisch angelieferten Bett tatsächlich schlechter zu liegen schien als zuvor. Wir tauschten die Betten wieder aus, es war längst dunkel, ich hasste meinen Kollegen, sprach auf der Rückfahrt kein Wort, lud schweigend das Bett vom Anhänger ab und wollte in der Dienststelle noch schnell den Autoschlüssel abgeben, als der Vorgesetzte zu uns trat und sprach: Die Frau habe angerufen, sie sei nicht zufrieden mit uns gewesen, wir seien wohl "zu schwach" zum Tragen, und nach dem Wochenende werde ein ganz neues Bett angeliefert. Fassungslos rang ich nach Luft und Worten, der Kollege jedoch krähte drauflos, dass wir das am Montagvormittag ja gut erledigen könnten und das sei "ja nicht so schlimm."
Ich fuhr aufs Dorf. In der Praxis war noch Licht. "Was willst du denn haben", fragte der Arzt. Ich zuckte die Schultern. "Angina", schlug er vor. "Da muss ich dir aber was verschreiben. Hol dir das vorne in der Apotheke."
Dass die Apotheke seiner Frau gehörte, erfuhr ich erst später - war aber klar, oder?
--
*Frauen: Ihr habt ja keine Ahnung.
**Wenn schon einer "eigentlich" schreibt!
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Ich kenne mich ja mit diesen technischen Sachen nicht so aus. Aber statt Sie alle zum Super-8-Abend bei mir zu Hause einzuladen, habe ich mir erlaubt, meine Urlaubsfilmchen bei einem Anbieter, der solches ermöglicht, zu speichern. Den ganz großen wollte ich nicht nehmen. Also wurde es ein anderer. Und der scheint nun immer langsamer zu werden. Oder ist das nur bei mir so?
Ich mag es nicht, wenn dauernd angehalten und zwischengepuffert wird. (Sie können natürlich versuchen, sich vorzustellen, dass statt dessen der Film reißt, die Spule beschleunigt, das Zelluloid zappelt, der Vorführer das Licht einschaltet, und, Moment!, das haben wir gleich!, mal eben eine Viertelstunde lang schneidet und klebt, während Sie sich an die Käsehäppchen mit Silberzwiebeln halten.)
Dieser Beitrag hat übrigens eine gar nicht so subtile Verbindung zum vorangegangenen. Gute Nacht.
Ich mag es nicht, wenn dauernd angehalten und zwischengepuffert wird. (Sie können natürlich versuchen, sich vorzustellen, dass statt dessen der Film reißt, die Spule beschleunigt, das Zelluloid zappelt, der Vorführer das Licht einschaltet, und, Moment!, das haben wir gleich!, mal eben eine Viertelstunde lang schneidet und klebt, während Sie sich an die Käsehäppchen mit Silberzwiebeln halten.)
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Es gibt in meiner Nähe einen Wochenmarkt, der über die Stadtgrenzen hinaus bekannt und wirklich nicht schlecht ist. Eines aber habe ich all die Jahre vermisst: Die Grüne Soße.
Wer in Norddeutschland aufgewachsen ist, kann sich darunter vielleicht nichts vorstellen. Die Rede ist von der bekannten Frankfurter Grie Soß, einem sehr reichhaltigen Kaltgericht, das im wesentlichen aus saurer Sahne sowie mindestens sieben feingehackten, frischen Kräutersorten besteht, angedickt mit zerhacktem, hartgekochtem Ei und besonders gut mit Pellkartoffeln zu genießen.
Man kann weiter südlich, z.B. schon in Göttingen, auf dem Markt "Grüne Soße" verlangen, bekommt dann die sieben Kräuter fertig gebündelt in einer Papiertüte und kann sich zu Hause direkt ans Schnippeln machen. Versucht man dergleichen in Bremen, wird man blöd angeglotzt: "Soße verkaufen wir nicht, hier ist ein Gemüsestand."
So darbte ich ein gutes Jahrzehnt vor mich hin, bis letzte Woche an einem Stand gänzlich unverhofft ein handgeschriebenes Schildchen "Grüne Sauce" anpries, und tatsächlich stand in einer unscheinbaren Plastikschüssel ein dickes Bündel diverser Kräuter, die ich natürlich sofort kaufte, verarbeitete und nach Rezept würzte, zudem fragte ich telefonisch nach Tipps und Tricks (etwas Senf! Nicht nur Essig!), pellte die hartgekochten Eier, ließ sie erkalten, hackte sie klein, rührte sie unter die schon perfekt durchgezogene Soße, die Pellkartoffeln waren auf den Punkt gar, und zwei Tage lang aß nicht nur ich dümm- und glücklich grinsend von der frischen, duftenden, sämigen Masse.
Ich gehe nicht gerne auf dem Markt einkaufen, mir ist da zuviel Geschiebe, ich überlasse es gerne anderen Menschen, die guten Sachen dort zu erstehen, doch heute musste es sein. Obwohl ich schon zum Frühstück Aspirin verspeist und genug Todos auf dem Tagesplan hatte, radelte ich zum Markt, nur um an dem Stand zu erfahren, dass man "die Kräuter" nicht mehr habe.
So fixiert, wie ich auf die Wiederholung des Genusses war, weinte ich nur kurz und fragte dann, ob man denn wisse, welche Kräuter hineingehörten. "Sicher! Basilikum, Thymian, und, äh, Oregano, und, äh."
Auch wenn ich mir selbst nicht ganz sicher war: das klang falsch. Hätte ich nur meinerseits besser aufgepasst, als die sieben Kräuter letzte Woche vor mir lagen! Aber da war ich so glücklich, dass ich einfach alles kleingeschnitten habe. Und ein echter Pflanzenkenner bin ich nun mal nicht. So orderte ich zunächst die Bestandteile, bei denen ich mir sicher war (Petersilie, Schnittlauch, Dill) und nahm, weil's so schön grün aussah, auch noch Bohnenkraut und Rauke mit.
Zu Hause schnitt ich gleich alles klein, ich wollte kein Rezept lesen, es würde schon irgendwie gehen, ich mischte die saure Sahne mit dem Salz und dem Pfeffer, dem Essig und dem Senf, aber schon als ein gewaltiger Spritzer Senf aus der blauen Tube auf meinen Wildlederschuhen landete, hätte ich innehalten und noch einmal in Ruhe nachdenken sollen. Leider war ich etwas in Eile, und das sollte doch noch fertigwerden, also, eine Prise Zucker, einfach direkt aus dem Glas -
(wir haben ja diese praktischen Gläser, es sind eigentlich Honiggläser, 2 kg, und wenn die leer sind, es sind zwar Pfandgläser, aber die kann man gut für Müsli und Mehl und, ja, Zucker verwenden) -
und, zack!, löste sich eine verharschte Zuckerscholle und es knallte ein halbes Pfund in die Schüssel zu den Kräutern und der sauren Sahne.
Ich habe so viel wie möglich oben abgelöffelt. Dann habe ich aufgehört; in eine Plastikschüssel damit, Deckel drauf, ab in den Kühlschrank! Und komm erst wieder, wenn du klar im Kopf bist!
Inzwischen habe ich nachgelesen: Es gehört kein Bohnenkraut rein. Auch keine Rauke. Aber Kerbel. Sauerampfer. Kresse. Estragon. Liebstöckel. Zitronenmelisse.
Inzwischen habe ich probiert: Es ist zu süß, und die Kräuter schmecken einfach nicht richtig. Trotzdem werde ich morgen vormittag versuchen zu retten, was zu retten ist, mit Essig und Senf und Salz herumprobieren, und die fünf hartgekochten Eier, die werde ich auch noch reinschnippeln - und dann esse ich das!
Oder wenigstens diese Champagnertrüffeln.
Wer in Norddeutschland aufgewachsen ist, kann sich darunter vielleicht nichts vorstellen. Die Rede ist von der bekannten Frankfurter Grie Soß, einem sehr reichhaltigen Kaltgericht, das im wesentlichen aus saurer Sahne sowie mindestens sieben feingehackten, frischen Kräutersorten besteht, angedickt mit zerhacktem, hartgekochtem Ei und besonders gut mit Pellkartoffeln zu genießen.
Man kann weiter südlich, z.B. schon in Göttingen, auf dem Markt "Grüne Soße" verlangen, bekommt dann die sieben Kräuter fertig gebündelt in einer Papiertüte und kann sich zu Hause direkt ans Schnippeln machen. Versucht man dergleichen in Bremen, wird man blöd angeglotzt: "Soße verkaufen wir nicht, hier ist ein Gemüsestand."
So darbte ich ein gutes Jahrzehnt vor mich hin, bis letzte Woche an einem Stand gänzlich unverhofft ein handgeschriebenes Schildchen "Grüne Sauce" anpries, und tatsächlich stand in einer unscheinbaren Plastikschüssel ein dickes Bündel diverser Kräuter, die ich natürlich sofort kaufte, verarbeitete und nach Rezept würzte, zudem fragte ich telefonisch nach Tipps und Tricks (etwas Senf! Nicht nur Essig!), pellte die hartgekochten Eier, ließ sie erkalten, hackte sie klein, rührte sie unter die schon perfekt durchgezogene Soße, die Pellkartoffeln waren auf den Punkt gar, und zwei Tage lang aß nicht nur ich dümm- und glücklich grinsend von der frischen, duftenden, sämigen Masse.
Ich gehe nicht gerne auf dem Markt einkaufen, mir ist da zuviel Geschiebe, ich überlasse es gerne anderen Menschen, die guten Sachen dort zu erstehen, doch heute musste es sein. Obwohl ich schon zum Frühstück Aspirin verspeist und genug Todos auf dem Tagesplan hatte, radelte ich zum Markt, nur um an dem Stand zu erfahren, dass man "die Kräuter" nicht mehr habe.
So fixiert, wie ich auf die Wiederholung des Genusses war, weinte ich nur kurz und fragte dann, ob man denn wisse, welche Kräuter hineingehörten. "Sicher! Basilikum, Thymian, und, äh, Oregano, und, äh."
Auch wenn ich mir selbst nicht ganz sicher war: das klang falsch. Hätte ich nur meinerseits besser aufgepasst, als die sieben Kräuter letzte Woche vor mir lagen! Aber da war ich so glücklich, dass ich einfach alles kleingeschnitten habe. Und ein echter Pflanzenkenner bin ich nun mal nicht. So orderte ich zunächst die Bestandteile, bei denen ich mir sicher war (Petersilie, Schnittlauch, Dill) und nahm, weil's so schön grün aussah, auch noch Bohnenkraut und Rauke mit.
Zu Hause schnitt ich gleich alles klein, ich wollte kein Rezept lesen, es würde schon irgendwie gehen, ich mischte die saure Sahne mit dem Salz und dem Pfeffer, dem Essig und dem Senf, aber schon als ein gewaltiger Spritzer Senf aus der blauen Tube auf meinen Wildlederschuhen landete, hätte ich innehalten und noch einmal in Ruhe nachdenken sollen. Leider war ich etwas in Eile, und das sollte doch noch fertigwerden, also, eine Prise Zucker, einfach direkt aus dem Glas -
(wir haben ja diese praktischen Gläser, es sind eigentlich Honiggläser, 2 kg, und wenn die leer sind, es sind zwar Pfandgläser, aber die kann man gut für Müsli und Mehl und, ja, Zucker verwenden) -
und, zack!, löste sich eine verharschte Zuckerscholle und es knallte ein halbes Pfund in die Schüssel zu den Kräutern und der sauren Sahne.
Ich habe so viel wie möglich oben abgelöffelt. Dann habe ich aufgehört; in eine Plastikschüssel damit, Deckel drauf, ab in den Kühlschrank! Und komm erst wieder, wenn du klar im Kopf bist!
Inzwischen habe ich nachgelesen: Es gehört kein Bohnenkraut rein. Auch keine Rauke. Aber Kerbel. Sauerampfer. Kresse. Estragon. Liebstöckel. Zitronenmelisse.
Inzwischen habe ich probiert: Es ist zu süß, und die Kräuter schmecken einfach nicht richtig. Trotzdem werde ich morgen vormittag versuchen zu retten, was zu retten ist, mit Essig und Senf und Salz herumprobieren, und die fünf hartgekochten Eier, die werde ich auch noch reinschnippeln - und dann esse ich das!
Oder wenigstens diese Champagnertrüffeln.
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Bei den Konzerten in Deutschland war ich immer im Inneraum gewesen, hatte mich möglichst weit in Richtung Bühne geschummelt und dann dicht gedrängt zwischen lauter enthusiastischen Menschen gestanden, die ihr Glück ebensowenig fassen konnten wie ich. Man hatte ja stundenlang gewartet, sich den roten Vorhang auf der Bühne angesehen, war dehydriert und halb gelähmt, es war voller und voller geworden, instrumentale Musik hatte aus den Lautsprecherboxen geklungen, jeder Bühnentechniker war bejubelt worden, es wurde endlich dunkel, der Vorhang öffnete sich, ein Film wurde gezeigt, an dessen Ende die Buchstaben N-O-W standen, und dann war es wirklich so weit, und auch nach dem fünften Mal konnte ich es einfach nicht fassen, wer dann auf die Bühne kam, und dass ich auch da war. Aber das habe ich wahrscheinlich schon mal erwähnt.
Ernüchtert hatte ich festgestellt, dass die vier Tickets, die ich zum Glück doch noch in den Händen halten konnte, numerierte Platzkarten waren. Schmerzlich malte ich mir die Vorstellung aus, irgendwo am Rand der Arena zu sitzen, während im Innenraum begeistert getobt würde - nun, ich wollte nicht undankbar sein und betrat die Halle, nicht ohne mich über die gesitteten Engländer zu wundern, die auch nach dem Betreten des Innenraums nicht losrannten, sondern in aller Ruhe weiterschlenderten.
Den Grund sollte ich bald erkennen: Auch im Inneraum gab es nur Sitzplätze. Und als ob das nicht irritierend genug wäre - so in etwa hatte ich mir einen Opernsaal vorgestellt - standen einige Menschen bei Konzertbeginn natürlich auf und gaben ihrer Freude Ausdruck, wurden aber sofort, "Sit down!", von ihren Sitznachbarn zurechtgewiesen und saßen deshalb bald mit eingezogenen Schultern ebenso still wie diese.
Ich beobachtete das Schauspiel fassungslos: Die Menschen saßen da wie im Kino, ein Lied wurde gespielt, man applaudierte höflich, das nächste Lied wurde gespielt, man applaudierte. Was für ein Stimmungskiller! Und was für ein Unterschied zu den Konzerten in Deutschland.
Die beiden Schwarzen draußen vor der Halle, die keine Tickets hatten (ich hatte für den Tag auch keins), diese begeisterten Beatles-Fans, mit denen ich über dieses und jenes und vor allem über die Lieder sprach, die leise aus der Halle drangen, erklärten mir, dass die Londoner nun mal so seien. "I mean, the Beatles were it", sagte der eine schulterzuckend, und da hatte er vermutlich recht.
Ging man nach dem Konzert mit den Menschenmassen zur U-Bahn, war es auf dem Weg dorthin ebenso still wie beim Warten in der Station oder im vollen Zug. "How did you like it", fragte in die Stille hinein ein Mann seine Frau. "I think it was excellent. It was brilliant", sprach sie kühl mit unbewegtem Gesicht, und ich hätte sie schütteln wollen.
Und sie haben doch ein Herz. Ich weiß es seit dem letzen Konzert. Auf dem Platz neben mir saß ein junges, braunhaariges Mädchen. Bis zum Schluss saß sie ganz still da, und als der Zugabenteil fast beendet war, stand sie auf, und in den Schlussapplaus hinein rief sie: "Paul! I love you! I love you!", immer wieder, und ich sah sie an und musste lächeln.
Ernüchtert hatte ich festgestellt, dass die vier Tickets, die ich zum Glück doch noch in den Händen halten konnte, numerierte Platzkarten waren. Schmerzlich malte ich mir die Vorstellung aus, irgendwo am Rand der Arena zu sitzen, während im Innenraum begeistert getobt würde - nun, ich wollte nicht undankbar sein und betrat die Halle, nicht ohne mich über die gesitteten Engländer zu wundern, die auch nach dem Betreten des Innenraums nicht losrannten, sondern in aller Ruhe weiterschlenderten.
Den Grund sollte ich bald erkennen: Auch im Inneraum gab es nur Sitzplätze. Und als ob das nicht irritierend genug wäre - so in etwa hatte ich mir einen Opernsaal vorgestellt - standen einige Menschen bei Konzertbeginn natürlich auf und gaben ihrer Freude Ausdruck, wurden aber sofort, "Sit down!", von ihren Sitznachbarn zurechtgewiesen und saßen deshalb bald mit eingezogenen Schultern ebenso still wie diese.
Ich beobachtete das Schauspiel fassungslos: Die Menschen saßen da wie im Kino, ein Lied wurde gespielt, man applaudierte höflich, das nächste Lied wurde gespielt, man applaudierte. Was für ein Stimmungskiller! Und was für ein Unterschied zu den Konzerten in Deutschland.
Die beiden Schwarzen draußen vor der Halle, die keine Tickets hatten (ich hatte für den Tag auch keins), diese begeisterten Beatles-Fans, mit denen ich über dieses und jenes und vor allem über die Lieder sprach, die leise aus der Halle drangen, erklärten mir, dass die Londoner nun mal so seien. "I mean, the Beatles were it", sagte der eine schulterzuckend, und da hatte er vermutlich recht.
Ging man nach dem Konzert mit den Menschenmassen zur U-Bahn, war es auf dem Weg dorthin ebenso still wie beim Warten in der Station oder im vollen Zug. "How did you like it", fragte in die Stille hinein ein Mann seine Frau. "I think it was excellent. It was brilliant", sprach sie kühl mit unbewegtem Gesicht, und ich hätte sie schütteln wollen.
Und sie haben doch ein Herz. Ich weiß es seit dem letzen Konzert. Auf dem Platz neben mir saß ein junges, braunhaariges Mädchen. Bis zum Schluss saß sie ganz still da, und als der Zugabenteil fast beendet war, stand sie auf, und in den Schlussapplaus hinein rief sie: "Paul! I love you! I love you!", immer wieder, und ich sah sie an und musste lächeln.
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