Es gab wohl nichts Unglamouröseres als dieses Kartenspielen, doch war ich begeistert und jahrelang dabei. In den Pausen saßen wir da und spielten Skat oder Doppelkopf, und oft genug verabredeten wir uns abends und am Wochenende, buken eine gigantische Pizza mit allem, was die Vorratsschränke so hergaben, aßen Kühlschränke und tranken Keller leer und spielten bis zum Morgengrauen. Gerne erinnere ich mich an das Spiel, als jemand fröhlich seine blanken Asse durchgebracht hatte und nun begann, seinen Gegenspielern ihre paar niedrigen Trümpfe herauszuziehen. Das Spiel hatte ich innerlich verloren gegeben, als ich das leise Zwinkern meines Mitspielers bemerkte. Er hatte zwei Karten in der Hand und ließ diese unauffällig auf den Tisch sinken, woraufhin ich ebensolches tat; und als der Spieler mit wachsender Begeisterung seine stehenden Trümpfe der Reihe nach ausgespielt hatte,
Ein richtiger Skatspieler sagt "Grang", auch wenn er Grundzüge des Französischen beherrscht, das ist wie in der Arbeitswelt, in der alle von "Stati" sprechen, man ist dann ja immer wieder in diesem Dilemma, als eingebildeter Bildungsspießer entweder mit dem korrekten Plural "Status" anzuecken oder sich mit Erfindungen wie "Statuswerte" um den offenen Widerspruch herumzudrücken. Man fordert Rewangsch, nicht Revanche, und wenn es dann doch mal zum seltenen Fall eines Grand Hand kommt, kann man sich nicht nur über das großartige Blatt freuen.
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*Dass ich zuerst einen so unlogischen Blödsinn schreiben konnte, ohne hohntriefende Kommentare zu ernten, könnte für das Taktgefühl meiner Leser sprechen. Aber wahrscheinlich haben die einfach keine Ahnung vom Skatspielen. Ts.
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Ah, ich kann's genau bestimmen: im Dezember war's, dem grimmen,
und der Kohlen matt Verglimmen schuf ein Geisterlicht so leer.
(Aus E. A. Poe: Der Rabe)
Vorbemerkung: Schon klar, ihr ökologischen Blockwarte, dass ihr jede freie Diskussion unterbinden wollt, denn bestimmt wart ihr es, die die Besucher dieses Blogs persönlich daran gehindert haben, den vorangegangenen Beitrag wie gewohnt zu kommentieren* - bzw. überhaupt nur zu lesen, denn ihr wisst ja, was gut für die Menschen ist, gell, und habt das Recht auf eurer Seite, so wie Stalin damals, man muss bloß mal so einige Kommentare unter dem Glühlampenartikel in der taz lesen, dann merkt man, woher der Wind weht: Gehirn aus, Energiesparlampe an, und dann fröhlich Leute gängeln! Auf freiwilliger Basis geht nix, eh, "vic"!
Aber wisst ihr was, ganz ehrlich, ich bin eigentlich auch einer von den Guten. Ich fahre z.B. viel Fahrrad und möchte heute zu diesem Thema sprechen, wenn's genehm ist, den Motor lasse ich nebenbei laufen, dann kann ich mich besser konzentrieren.
Fangen wir mal mit dem grünen(!) Condor an: Eigenmarke von Karstadt, der Verkäufer hatte es wärmstens angepriesen, ich war ein Weilchen damit herumgefahren, bis es mich einmal hingeschmissen und dem Radl dabei gleich den ganzen Rahmen verzogen hatte. Nun stand ich in der Karstadt-Werkstatt, der Meister sah sich das Fahrrad fachkundig an und stellte fest, dass es in der Mitte, dort, wo die Pedale sitzen, nach rechts geknickt war. "Sind nicht mehr die stabilsten!", tat er kund, hob das ganze Fahrrad über seinen Kopf und hieb es, WAMM!, WAMM!, zweimal waagerecht in Höhe des Tretlagers auf den Schraubstock an seiner Werkbank. Dann prüfte er, ein Auge zugekniffen, nach, ob die Linien nun wieder in der richtigen Flucht verliefen, hob das Rad erneut an und semmelte es mit erhöhter Wucht, WAMM!, WAMM!, WAMM!, noch ein paar Mal auf die stabilen Stahlbacken. Ohne weiteren Kommentar gab er mir das Fahrrad zurück, und ich weiß nicht mehr, was diese Reparatur gekostet hat, doch erinnere ich mich gut daran, dass ich beim Hinausgehen überlegte, was in dieser Werkstatt wohl stattfand, wenn kein Kunde anwesend war.
Einige Jahre später, zu Abi-Zeiten, kaufte ich ein gebrauchtes, gut erhaltenes Raleigh-Rennrad für sehr faire 370.- DM, es war schön leicht und der Rahmen aus elliptischem Rohr gefertigt, es hatte dünne Rennradfelgen und ich flitzte jahrelang damit herum, bis es gestohlen wurde. Allerdings hatte ich festgestellt, dass mir die gebückte Rennradhaltung nicht guttat und dass ich viel eher ein gemütliches Stadtfahrrad brauchte. Ein (gebrauchtes) Mountainbike wurde dann auf Anhieb gestohlen, ein (geerbtes) und fast unbenutztes, solides Peugeot-Herrenrad mit großartiger 7-Gang-Nabenschaltung war nach ebenso kurzer Zeit weg, so dass sich etwa ab diesem Zeitpunkt für mich das Thema "teure Fahrräder" definitiv erledigt hatte. Statt dessen kaufte ich billige Neufahrräder - teilweise kann man ja für unter 200.- EUR Herrenräder mit einer Shimano-Schaltung bekommen, dieser Name stand ja mal für das Gute, das Raleigh hatte zumindest, so meine ich, auch eine besessen.
Leider sahen diese Billigräder, jedenfalls fürs nicht fachkundige Auge, auch noch ganz ansehnlich aus, so dass ich nicht nur regelmäßig auf mein "schickes" Fahrrad angesprochen, sondern auch weiterhin gelegentlich bestohlen wurde. Da ich nun mal keinen Spaß daran habe, an Fahrrädern herumzubasteln, gewöhnte ich mich an den Gedanken, ab und zu mal ein neues und billiges Fahrrad zu kaufen, auch wenn ich tief drinnen wusste, dass vieles wenig reparaturtauglich und mehr auf Effekt als auf Langlebigkeit hin konstruiert worden war. Benutzte ich zwischendurch einmal das tolle, teure, inzwischen 15 Jahre alte und seltsamerweise in all den Jahren nicht weggeklaute Damenrad der Gefährtin, dann wurde ich daran erinnert, wie leicht, stabil und insgesamt einfach wertig sich ein Fahrrad anfühlen kann.
Im letzten Sommer bekam ein jüngeres Familienmitglied aus den beschriebenen Gründen - Diebstahlrisiko, dazu das Vandalismusproblem leider auch vor der Schule - ein ebenso billiges Blenderfahrrad wie ich. Es kostete 189.- EUR, es war regelmäßig kaputt, der lokale Fahrradladen nahm für die fälligen Reparaturen und Ersatzteile insgesamt fast 150.- EUR ein, davon die Hälfte erst vor vier Wochen für ein neues Hinterrad (Achsenbruch!) und ein Rücklicht. Seit vorgestern ist dieses Fahrrad aber endgültig kaputt, der Umsetzer von der Schaltung am Hinterrad hat sich in die Speichen gewickelt und ich habe die Faxen dicke.
Textaufgabe
Rechnung 1: Ein Damenfahrrad hat vor 15 Jahren 1700.- DM, also gute 850.- EUR, gekostet und seither vielleicht noch 300.- für Reparaturen und Inspektion, und es ist immer noch ein gutes Fahrrad.
Rechnung 2: Ein Herrenrad hat vor einem Jahr 189.- EUR gekostet, dazu knapp 150.- EUR für Reparaturen und Ersatzteile, und es ist nur noch ein Haufen Schrott.
Was ist billiger? Erläutern und begründen Sie Ihre Ansicht.
Es bleibt allerdings das Problem mit den Diebstählen, ein wirklich teures Fahrrad mag ich mir nicht kaufen. Also schaut man doch mal nach gebrauchten Fahrrädern, in dieser Jahreszeit leider ein schwieriges Unterfangen, die Läden haben schlicht nichts im Angebot, und privat gibt es viel Müll und sonst kaum etwas - aber dann findet man eines aus der Zeit, als die Postleitzahlen noch vierstellig waren, ein nicht besonders schönes, stellenweise leicht vom Flugrost befallenes und doch auf Anhieb vertrauenerweckendes, stabiles, leicht laufendes Fahrrad zu einem Preis etwa in Höhe dessen, was die beiden hochwertigen Mäntel, die auf den Felgen sitzen, vermutlich kosten.
Das Fahrrad nehme ich für mich selber; die Reaktion einer jungen Person ("Iiih! Dein altes sah viel besser aus!") stimmt mich zuversichtlich, dass auch das Diebesgesindel sich von äußerem Blendwerk mehr als von inneren Werten leiten lässt, und mein letztes Blenderrad darf nun von einer anderen jungen Person zuschandengefahren werden. Aber dann ist Feierabend.
Die gelben Aufkleber werde ich wohl noch ablösen. Und auch dann wird aus meinem Raben kein Schmuckstück - aber alt werden, das kann so eine ordinäre Saatkrähe auch ganz gut.
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*Na gut. Einer hat sich inzwischen doch getraut. Aber das ist selber so ein Renegat.
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Gerne leiste ich meinen Beitrag zu Straßenbau und Schilderwald, antworte ich, und statt mich über die perversen Strafsteuern zu ärgern, genieße ich lieber das schöne Gefühl, zu wissen, dass mir schon bald eine ganze Ampelanlage gehört. Im übrigen muss man so etwas halt wollen und dem mit nur noch äußerst fadenscheinigem Ökomäntelchen bedeckten, stalinistischen Industriepolitikterror des Konsumpflichtkomittees mit buddhistischer Gelassenheit begegnen, indem man sich die passende Umweltplakette beschafft und außerdem den unteren Mittelstand fördert - also die kleine Autowerkstatt regelmäßig frequentiert.
Ich tuckere also gemütlich mit bescheidenem Verbrauch durch die Landschaft und werde von tonnenschweren Gefährten röhrend überholt, in denen Klimaanlagen laufen und fette Dolby-Surround-DVD-Anlagen stündlich ihren Liter Sprit wegschlürfen, während vorne stolz das grüne Plakettchen prangt, denn man hat ja erst kürzlich Gutes getan und das gar nicht mal so schlechte Altauto in die Presse gegeben, um zwoeinhalbtausend Euros aus dem Steuersäckelchen einzustreichen und einen Neuwagen zu kaufen.
Ich aber lehne mich gegen die Ökodiktatur auf und weigere mich, dieses Auto, das einfach nicht rosten will und ohne Computerdiagnose reparierbar, mithin vollkommen
Auf die Dauer ist es dennoch kein schönes Gefühl, z.B. als Deutscher vor einer Tunneleinfahrt mit einer Schlange von Österreichern hinter sich, so dass man also die Werkstatt aufsucht, die eben nicht sofort sagt: Alles raus, alles neu, sondern die meint: Ich kann Ihnen natürlich einen neuen Anlasser einbauen, aber wenn er so schön anspringt, dann warten Sie doch erst mal ab, ob das so bleibt.
Wenn es tatsächlich so bleibt, sucht man irgendwann das Internet ab und lernt, dass exakt jenes Phänomen, die spezielle Alterrsschrulle des so liebenswerten Gefährts, seit Jahren beschrieben wird und dass der Grund in 95% der Fälle darin liegt, dass der Zündanlasschalter nicht so alt wird wie der Rest des Autos. Man kann den dann übrigens einfach so austauschen, die freundlichen Autoschrauber in den Foren bebildern und beschreiben alles so genau, dass auch ich mich herantraue - Ersatz ist nicht teuer, allerdings wartet ein wenig Fummelei auf einen und man könnte einen abgewinkelten Kreuzschraubendreher gebrauchen, da zwischen Lenksäule und Schraubenkopf nur sehr wenig Platz ist, aber mit einer Kombizange und einem Kreuzschraub-Bit kommt man auch zurecht - wenn man einkalkuliert, dass das Bit etwa zehnmal herunterfällt und dann meistens unter dem Kupplungspedal, neben dem man mit seinem Kopf liegt, wiederzufinden ist.
"Ah! Ich gehöre zu den auserwählten 5%!", schmunzelt man später, wenn man gerade überzeugt sein will, dass er nun oft genug angesprungen ist und plötzlich doch das wohlbekannte "Pff!" hört. Und nun wird's kompliziert, es kann hieran und daran liegen und man muss messen und prüfen und probieren. Nix für mich, ich weiß ja nicht mal, wo der Anlasser überhaupt ist - aber dann fördere ich eben wieder den unteren Mittelstand, morgen, das ist doch auch was. Und danach kann ich endlich wieder Glühlampen schmuggeln, ihr Schweine von der Ökomafia.
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Es gibt Menschen, die freiwillig und unentgeltlich gute Ratschläge an ihre Mitmenschen verteilen, was ich ich sehr lobenswert finde. Zudem gibt es zum Glück Menschen, die freiwillig Johannisbeeren abgeben, und ich wiederum rate Ihnen freiwillig und unentgeltlich: Essen Sie Johannisbeeren!
So simpel kann es manchmal sein. Ich benötige diese Beeren übrigens nicht nur, weil sie einen gewissen Phantomschmerz lindern oder bestimmt wahnsinnig viel Vitamin C enthalten, sondern weil mich ihr Geschmack glücklich macht. Diese frische Säure, ggf. durch etwas Zucker ergänzt, ist etwas ganz Wunderbares, und ich zerdrücke die kleinen Früchte mehr zwischen Zunge und Zähnen, als dass ich kaue. Übrigens mag ich nicht nur die roten, sondern auch alle anderen Sorten inkl. der von so vielen Menschen verabscheuten schwarzen; gerade deren ruppiger Beigeschmack und die insgesamt strohig-widerspenstige Konsistenz faszinierte mich schon als Kind, wenn ich mich im Garten meiner Großeltern an den verschiedenen Büschen sattessen durfte.
Mit vollem Bauch und komplett befriedigten Geschmacksnerven ließ sich an einem solchen Kindertag hervorragend eine Partie Reversi spielen. Dieses Zweipersonenbrettspiel habe ich jahrzehntelang vermisst und kürzlich endlich erworben, wobei die pseudo-hochwertige Aufmachung der aktuellen Ausgabe mit seltsamem Kunstfilz und schwarz-"goldenen" Plastikchips in keiner Weise den Charme der mir von damals bekannten Version mit jeweils einer giftgrünen und einer orangeroten Seite zu verbreiten vermag; ähnlich erging es mir, als ich für die Familie ein Scrabble beschaffen wollte und voller Entsetzen feststellen musste, dass die Buchstabensteine inzwischen aus Kunststoff gefertigt werden. Ich erwarb also, um mich über dieses entsetzliche Gefühl zwischen den Fingern nicht ärgern zu müssen, eine überteuerte sogenannte "DeLuxe"-Ausgabe mit Holzplättchen und drehbarem Spielfeld. Jenes ist aus furchtbar streng riechendem Kunststoff hergestellt und soll wohl ebenfalls "edel" wirken, irgendwie weinrot oder was weiß ich, und ist doch nur jämmerlich verglichen mit dem alten, stabilen und mit einer leinernen Kante versehenen Spielfeld aus Karton, das ich von früher kenne. Blenderkram. Immerhin, in weiter Landschaft und mit freiem Blick lässt sich so ein angenehmer Nachmittag verbringen.
Eines meiner Defizite besteht darin, dass ich mich wie ein Trottel anstelle, wenn's wacklig unter den Füßen wird. Waren schon die normalen Rollschuhe mit vier Rädern, jeweils eines an jeder Ecke, eine ordentliche Herausforderung, so konnte ich darauf wenigstens halbwegs stehen. Meine kläglichen Versuche auf Schlittschuhen dagegen hatte ich noch gut genug in Erinnerung, um den Inlineskates gegenüber bei deren Aufkommen vor anderthalb Jahrzehnten große Vorbehalte zu haben und dann auch entsprechend schlecht gelaunt nach einigen vergeblichen Versuchen das Thema zu den Akten zu legen, ich meine, wenn man nicht mal weiß, wie man da bremsen soll, und guck dir diese rollenden Lackaffen doch mal an, pfui Spinne, mit ihren Sonnenbrillen, und eigentlich will ich das auch gar nicht können, Arschlöcher. Vollkommen verständnislos sehe ich auch den sog. "Skatern" bei ihren abenteuerlichen Verrichtungen auf dem Rollbrett zu
Andererseits kann man ja mal an so einem schönen Nachmittag in menschenleerer Gegend, wenn man Johannisbeeren gegessen und Reversi gespielt hat, versuchen, ob es nicht doch irgendwie ...
Immerhin. Ich habe mit den Armen gerudert, ich bin vornübergefallen, ich habe einfach nicht diesen geschmeidigen Drive, ich bewege mich viel zu eckig und es ist noch meilenweit, bis ich den Flow erlebe. Aber ein paar Meter am Stück habe ich schließlich geschafft.
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Ich bin zwei Wochen lang mit dem letzten Sonnenstrahl ins Bett gegangen und habe mich hervorragend ausgeruht, nicht nur beim Bergsteigen. Aber man sagt ja, dass es mit der Entspannung erst richtig rauskommt.
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Die Temperaturen waren dankenswerterweise dem brüllenden Mittage gegenüber merklich gesunken, so dass der knapp halbstündige Gang zum Rande des Parks uns nicht vollständig auslaugen konnte, und während man sich langsam dem umzäunten Gebiet näherte, traf man in den Weiten des Parks immer dichtere Horden von Menschen an, die sich, ausgerüstet mit Picknickkorb, Spielgerät und mobilem Sitzmobiliar, ganz offensichtlich einen vergnüglichen Tag gemacht und der dargebotenen Musik gelauscht hatten. Von sommerlichem Abendlicht überstrahlt bot diese Szenerie einen gar friedlichen und entspannten Anblick. Gerade hatte ich angesetzt, einen kurzen Abriss über das Leben und Wirken des auch nicht mehr unbedingt jedem bekannten Stevie Wonder zu geben, da schwappte einem auch schon das unvermeidliche I Just Called to Say I Love You entgegen, woraus abzuleiten können ich glaubte, dass der Auftritt dieses Herrn sich wohl gerade dem Finale zuneigte, und tatsächlich endete das Konzert des Mundharmonikamannes bald darauf mit dem gar nicht mal so üblen Superstitious und, na klar, Happy Birthday. Zu diesem Zeitpunkt allerdings befanden wir uns bereits auf dem Rückweg, bis ein großer und breitschultriger Brite sich uns in den Weg stellte und in Richtung des Ursprungs jener Schallwellen deutete: "You can't leave now!"
Doch blieb dies der einzige Ansatz einer Konfrontation, so dass ich mich wieder einmal in meiner Theorie von den zwei britischen Völkern bestätigt sah, das eine bestehend aus den distinguierten, höflichen und immer hilfsbereiten Schlangestehern bzw. deren entspannt federballspielenden Nachfahren, das andere aus den rotgesichtig gröhlenden Stiernackenhooligans, derentwegen ab und zu Flugzeuge nach Lloret de Mar irgendwo zwischenlanden müssen.
Fast bedauerte ich angesichts der so lebensfrohen Szenerie rund ums Festivalgelände, im Besitz der Konzerttickets für den Folgetag zu sein, denn so entspannt, so schattig und getränkeselbstversorgt wie drumherum konnte es innerhalb wohl kaum zugehen. Zudem begab es sich, dass eine gewisse Partie des Spiels Fuss-Ball just an jenem Folgetag stattfinden sollte, die bei ungünstigem Ausgang womöglich zu schlechten Vibrations zumindest bei den Exemplaren der zweitgenannten Britensorte führen mochte, wodurch ein interkulturelles Konzerterlebnis auf engem Raum zu einer umso anstrengenderen Angelegenheit zu werden drohte.
Nach extrem kondensiertem Tourismusprogramm am nächsten Vormittag kehrte man kurz zum Hotel zurück, wo zwischendurch ein Zimmerwechsel stattgefunden haben sollte, um vor dem Gang zum Konzertgelände noch eine dringend benötigte Dusche zu nehmen, erfuhr an der Rezeption jedoch, dass der Umzug noch nicht erledigt sei, man nun aber unverzüglich in die Gänge kommen werde, und ob man nicht solange Platz nehmen wolle, es könne sich nur um Minuten handeln.
Es entspann sich nun ein recht interessantes Gespräch zwischen der koreanischstämmigen Hotelfachangestellten hinter dem Tresen sowie einer Inderin mittleren Alters, welche mitsamt ihres Einkaufswägelchens - a.k.a. Hackenporsche - ebenfalls in die Rezeption gekommen war und sich ganz offensichtlich ein wenig ausruhen und vor allem abkühlen wollte. Um die Temperaturen in Indien und England ging es da, um Herzprobleme und karitatives Engagement jeweils hier und dort, all dies in sehr freundlichem, distinguiertem Tonfall, und da man stets in meine Richtung blickte, blinzelte ich gelegentlich auch freundlich zurück oder deutete ein Lächeln an, bis ich gefragt wurde, woher ich denn käme, woraufhin sich ein gut dreiviertelstündiges Gespräch über aggressive Londoner Obdachlose bei der wohltätigen Essensverteilung, einen undankbaren Pfarrer, die großartigen Duscharmaturen im Hotel (in der Tat, da habe ich in England schon Grauenhaftes gesehen), verständnislose Ehemänner ("I spent 100 pounds a week for the homeless and he asked me, who asked you to do this? But I did it anyway"), den bekannten Musiker und Komponisten Paul McCartney ("You came here for the concert? Didn't he write that song, 'Michelle'? And that other one, 'Yesterday'?") und dergleichen entwickelte, zu dem auch ich meinen Beitrag ("Mhm", "I see", "Oh, really?") leistete, bis ich vom strahlenden Hotelmanager darüber informiert wurde, dass der Umzug nun stattgefunden habe, so dass ich mit meinem inzwischen eiskalt am Rücken klebenden T-Shirt mich höflich verabschieden, einen schönen Aufenthalt wünschen und die wohlklimatisierte Rezeption verlassen konnte, aus der mir die freundlichen Worte: "Very nice young men. Very polite, very ... entertaining" hinterherklangen.
Solchermaßen innerlich gewärmt und nach lauwarmer Viertelstundendusche äußerlich abgekühlt, ausgerüstet mit zwei 1,5-Liter-PET-Flaschen voller Wasser, machten wir uns auf den nun schon bekannten Weg in den Park, wo die Sonne dermaßen erbarmungslos herunterschlug, The sun was beating down, you know, dass mir noch vor dem Erreichen des Ziels eindeutig klar wurde, dass wir, Elvis Costello hin und Crowded House her, auf keinen Fall schon zu diesem Zeitpunkt hineingehen konnten, wollten wir nicht Gefahr laufen, den eigentlichen Grund der Anreise am Abend aufgrund von Kreislaufkollaps, Wassermangel oder Hitzestich zu verpassen.
Mein Vorschlag, statt dessen im Hotelfernsehen das Fuss-Ball-Spiel anzuschauen, wurde dann auch sofort angenommen, so dass man, hochrot ins Zimmer zurückgekehrt und in der Dusche angenehm heruntergekühlt, der TV-Vorberichterstattung lauschen und sich über die nicht enden wollende Masse der zum Teil nur noch strunzdummen Kriegsmetaphern doch ein wenig wundern durfte, gerade wenn man, wie meine jugendliche Begleitung, die ganze "Don't-mention-the-war"-Kulturgeschichte eben doch nicht mehr so unmittelbar präsent hat, so dass es nach einer Stunde auch in enerviertem Tonfall hieß: "Das ist ja fünfmal schlimmer als im deutschen Fernsehen", und, ja, die seltsamen Schlagzeilen der Zeitungen seien ihm auch aufgefallen.
Wie das Spiel gelaufen ist, weiß man ja - die Straßen waren leer, es wurde stiller und stiller, es wurde einmal laut gejubelt und einmal laut geschimpft - zu jenem Zeitpunkt war ich über meinen Aufenthaltsort nicht unfroh - und nach dem Spiel herrschte ungläubige, fassungslose Stille, übrigens auch bei den TV-Kommentatoren, die immerhin eingestehen konnten, dass die schlimme Niederlage nicht allzuviel mit dem nicht gegebenen Lampard-Tor zu tun gehabt habe, nein, man habe einfach schlecht gespielt.
Es war dann nicht ganz leicht, sich aufzuraffen und erneut zum Park zu marschieren. Die Wasserflaschen in der Hand liefen wir hinüber, tranken so viel wir konnten, da ich als alter Konzerthase natürlich wusste, dass man keine Flaschen und generell eigentlich gar nichts mit hineinnehmen durfte, erst zuletzt in Hamburg z.B. hatten Hektoliter Kaltgetränke beim Einlass weggeworfen werden müssen, so dass wir auf mein Kommando hin in der Warteschlange jeweils einen letzten Schluck nahmen und die Flaschen dann einer großen Müllbox überantworteten. Innerlich wollte ich schon die Arme ausbreiten, um mich der üblichen Leibesvisitation zu unterziehen, als uns der Kartenabreißer mit einem fröhlichen "Have fun, guys" durchwinkte und wir das Innere des Festivalgeländes betraten, auf dem es sich zigtausende Menschen mit Campingstühlen, Kühltaschen, mitgebrachten Bierflaschen usw. bequem gemacht hatten. Entgeistert sah ich mich um und entdeckte die Verköstigungsbuden, an denen kleine Pizzastücke für 7.- und sehr kleine Colaflaschen für 3.- GBP feilgeboten wurden.
"Wir setzen uns jetzt erst mal in den Schatten", entschied ich, steuerte die Rückseite der großen Videoleinwand an und ließ CS&N eben CS&N sein, denn es ging ums Überleben.
Als die Massen nach dem Ende des Auftritts der Herren Crosby, Stills und Nash der Getränkever- und entsorgung entgegenströmten, ergriffen wir unsere Chance: "Lass uns jetzt hingehen, die Sonne steht schon schräg und vorne ist noch richtig Platz!" - und wirklich, entgegen aller Vorsätze und Hoffnungen ließ sich ohne größere Probleme ein sehr bühnennahes Fleckchen Gras besetzen, auf dem man sich zunächst niederließ, bis die Drängelei dann doch losgehen wollte, so dass man sich schließlich hinstellte und gar nicht mehr ganz so lange warten musste, bis ein selten live gespieltes Stück das ersehnte Konzert eröffnete, das natürlich ins grandiose Jet mündete, welches bitte nie aus dem Programm gestrichen werden möge, denn es öffnet seit Oktober 1989 alle Schleusen und ist einfach das ideale zweite Stück für ein McCartney-Konzert.
Wen's interessiert - es war in der ersten Hälfte nahezu ein Wings- bzw. Solokonzert, die Beatlesbox wurde dann vor allem in der zweiten Hälfte geöffnet, allein fünf Stücke aus dem 1973er Album Band on the Run gegeben, dazu das von mir geliebte und schon immer für ein Konzert ersehnte Ukulelenstück Ram on von 1971 sowie als völlig unerwartetes Zwischenspiel das seltsame Tequila. Mein Herz wurde außerdem gewärmt durch das zauberhafte Two of us, Paperback Writer, Day Tripper und alle anderen Lieder. Und es gab endlich wieder Stehplätze!
Nachtrag 1: Morgens im Hotel beim Frühstück kommt der Manager, ein Grieche, augenzwinkernd an den Tisch, richtet den Daumen nach oben, flüstert: "Very good!", spendiert ein Stückchen Kuchen und meint: "For the winners! You deserve it, eh!"
Nachtrag 2: Auf der kleinen, innerstädtischen Parkbank, kurz vor der Rückkehr zum Flughafen, wird man von einem älteren Herrn angesprochen, woher man denn käme. "Germany", antwortet man, immer noch in der Erwartung etwaiger Schmähungen aus Gründen des Krieges oder des Fuss-Balls. Freudiges Grinsen, Daumen hoch: Er könne auch ein wenig Deutsch sprechen, er sei ein "Irländer", lebe aber schon seit Jahrzehnten in London. Die Engländer hätten die Iren immer schlecht behandelt, deshalb: La la la, la la la lalla la (zur Melodie von "Einigkeit und Recht und Freiheit"), eh! Ob ich sein Haus gesehen hätte, gleich in der Nebenstraße? Und woher aus Deutschland ich denn käme? Na ja, Bremen, das sei im Norden und nicht so weit von Hamburg ... "Kennst du Bremen Blumenthal? Kennst du die Heideschänke?", äh, ja, Blumenthal, klar, das kenne ich, aber wie kommt es, dass er ...? "Die Heideschänke ist ein Bar, es gehört mein Schwester." - Wie bitte? "Es ist die Wahrheit. Sag mein Schwester Sally, dass ich noch lebe, wenn du dort gehst."
Und das werde ich verdammt tun, wenn diese Hitze mal wieder nachlässt. Musik, bitte!
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Der Mann schwitzt, gebückt wühlt er durch die zahllosen Pfandbonschnipsel, findet den richtigen nicht gleich, an der Kasse richten Kunden den Blick nach oben, ich schwitze mit dem Kassierer, der am Ende doch den Bon findet und ihn vorzeigt: "Hier, sehen Sie, 12,75 EUR!", woraufhin der böse Kunde knapp nickt und grußlos aus dem Laden verschwindet.
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Puh. Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll.
Das ist bestimmt komisch, so ohne Strom, hm?
Nö.
Und das Wasser habt ihr in Eimern rangeholt?
Ja.
Ist das nicht auf die Dauer anstrengend?
Nö.
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Oder vielleicht doch. Ich werde jedenfalls mal nachsehen, ob diese entzückenden Blümchen noch da sind. Und das kann dauern. Treiben Sie's nicht zu bunt unterdessen.
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Ich bin mir sicher, dieses Bild ist symbolisch für irgendwas.
(Kurze Pause hier.)
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