Mumien, Analphabeten, Diebe.
Du hast's gut, du hast dein Leben noch vor dir.
Achtung, es wird pathetisch.
nnier | 04. Juni 2008 | Topic Musiq
Now I'm fuckin' rich, now I have to see him every fuckin' time.
(Riese aus Island, Cavern Pub, 31.05.08)

Ich komme ja aus einer Alterskohorte, für die die Beatles unerreichbar weit weg waren. Wer ein paar Jahre früher geboren wurde, hat die 60er noch mitbekommen. Wer wiederum nur etwas jünger ist, muss denken, dass es ganz normal sei, dass Paul McCartney Konzerte gibt - das macht er doch aus deren Sicht schon immer.

Nein, normal ist das gar nicht. Während meiner Grundschulzeit bekam ich die meisten Beatles-Platten (auf Cassette) zusammen und entwickelte mich gerade zum großen Fan, da kam der 8.12.1980 und alles schien endgültig vorbei zu sein. McCartney verkündete, nie wieder live auftreten zu wollen und veröffentlichte zwar im Lauf der nächsten Jahre aus einer Art Paralleluniversum immer mal wieder Platten, hatte auch Hits, war aber gleichzeitig überhaupt nicht präsent.

Er war wie ein lieber alter Verwandter, der weit weg wohnt und über den man viele Geschichten gehört hat, der noch manchmal schreibt, den man aber nie sieht.

Anfang Oktober 1989 hörte ich zufällig im Radio, dass Paul McCartney eine Tournee begonnen hat und am 3.10. in Hamburg auftreten wird. Ohne zu wissen, was mich erwartete, fuhr ich zur Alsterdorfer Sporthalle und kaufte beim Schwarzhändler ein Ticket, obwohl es mir eigentlich zu teuer war. Eine meiner besten Entscheidungen ever! Nach dem Konzert, das ich wie in Trance erlebte, war klar, dass ich nicht nach Hause fahren konnte, sondern ich verbrachte die Nacht halb erfrierend im Auto, um am nächsten Tag gleich noch mal hinzugehen.

Ich war so überwältigt, dass ich auch noch zu weiteren deutschen Konzerten fuhr. Man muss dabeigewesen sein, um sich diese fassungslose Freude und Begeisterung im Publikum vorstellen zu können. Ich kann es mit Worten nicht ausdrücken. Es war ja die Zeit, in der es in meiner Heimatstadt plötzlich so nach Rasenmähern roch und kleine Autos mitten in der Fußgängerzone parkten. Und ich stand im Konzert und dachte: Wiedervereinigung, klar, auch wichtig, aber merkt denn keiner, was hier gerade passiert? Das muss doch groß in allen Zeitungen stehen!

Nach den etwas weniger enthusiastischen Konzerten Anfang 1990 in London (komische Engländer, dachte ich, aber es gab auch nur Sitzplätze) und einem ganz tollen kleinen Überraschungsgig 1991 in Kopenhagen, für den ich unglaublicherweise direkt vor der Halle noch ein Ticket ergattern konnte (danke, unbekannter dänischer Familienvater! Danke!), kam die 1993er-Tour, auf die ich seelisch und logistisch schon besser vorbereitet war. Diesmal konnte ich die Tickets ganz normal im Vorverkauf erwerben und wusste auch, wie ich im Konzert gut nach vorne kommen kann. (Der stürmische Querfeldein-Hürdenlauf über die Sitzreihen in der Berliner Waldbühne - Mann, Mann.)

Dann kam die lange Pause, weil Linda krank war und starb, und wieder dachte ich: Das war's. Da war ich umso glücklicher, ihn 1999 bei der Vorstellung seines damals neuen Albums Run Devil Run in Köln noch einmal sehen zu können.

Die Tour 2003 war für mich etwas zwiespältig. Ich kannte das Programm längst von CD, übers Internet erfuhr man sowieso schon alles über die Gigs in Amerika usw., und bei aller Freude war ich auch etwas ernüchtert: Die Innenräume waren bestuhlt - ein totaler Stimmungskiller -, und man merkte, dass hier eine (exzellente) Band ihr Programm zum fünfzigsten Mal spielte. Der Funke sprang nicht so über wie früher, gerade weil alles superprofessionell organisiert und perfekt durchgeplant war. (2004 in Leipzig war aber noch einmal ein schönes Konzert mit ein paar netten Überraschungen.)

Nach dieser kurzen Vorrede: Wie schön war es am Sonntag in Liverpool! Die Vorbands gaben sich reichlich Mühe, der Sänger der Kaiser Chiefs schmiss dauernd mit dem Mikrofonständer herum, dennoch war mit dem ersten Ton von Paul McCartney klar: Jenes war ein Fliegenschiss, dies ist der Mount Everest.

Manche bezeichnen den Gig als McCartneys besten Auftritt überhaupt. Und sehr gut war er auf jeden Fall. Paul war bester Stimmung, die Band gut drauf, und gerade die kleinen Holperer und Verspieler waren für mich besonders schön, so z.B. im Mittelteil des göttlichen und komplett unerwarteten A Day in the Life (mit allerdings unnötigem angehängten zweiten Song). Es gab Stehplätze im Innenraum, ich war schön weit vorne und habe lange nicht mehr eine solche Begeisterung erlebt und so viele Freudentränen gesehen (mehr sage ich zu dem Thema nicht).

Und eins noch, es gibt keinen besseren zweiten Song in einem Konzert als diesen*, so war es 1989 und so war es am Sonntag in Liverpool:



*Übrigens!
[Genug für heute. Fotos aus Liverpool liefere ich bei Gelegenheit nach]

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