They wanted to create concept albums about robots and Edgar Allen Poe; they wanted to drain rock music of every last ounce of human vitality and vigor in order to create something of lasting musical value. Unfortunately, they misjudged rock and roll ... the music will forgive any number of sins, but never a lack of passion. [Q]Ich will gar nicht stören in euren finnischen Clubs, es ist nur, weil ich meinen musikalischen Ruf eh gerade verspiele: Mich hat mal wieder diese Platte im Griff. Ja, es ist Alan Parsons Project, ja, das sind die mit Don't Answer Me und Schmus.

Es war 1979, würde ich sagen, und in der Wohnung unter uns wohnte jemand, der bei Karstadt arbeitete. Er war irgendwann mit seiner Freundin eingezogen, und einmal, sie waren noch beim Renovieren, kamen sie zum Essen, hatten eine Flasche Cointreau dabei, schenkten eine Runde aus und nahmen die Flasche dann wieder mit. Ich habe noch oft daran denken müssen.
Vorher hatte ein anderes Paar in der Wohnung gelebt. Die Frau arbeitete im Großhandel und konnte Schlümpfe um 10% billiger bekommen. Oft saß ich am Fenster und wartete, bis sie nach Hause kam, denn ich gab fleißig Bestellungen auf. Der neue Mieter bekam bei Karstadt Rabatt. Ich sollte aber nicht so oft fragen.
Seine Freundin zog schon bald wieder aus, und kurz darauf tauchte eine andere Frau auf, die auch bei Karstadt arbeitete. Sie war dann immer öfter da. Ungefähr in dieser Zeit zeigte er mir diese Platte. Ich kannte das Project natürlich nicht und sollte erst viel später lernen, dass es sogar eine Verbindung zu den Beatles gab. Die futuristische Plattenhülle drückte bei mir die richtigen Knöpfe, und der Sound haute mich um: Ein Instrumentalstück zu Beginn? Disharmonische Chöre zwischen Discostücken? Er überspielte mir die LP auf eine Cassette.
Zu dieser Zeit las ich ein Jugendbuch, in dem es um Heroin, Obdachlosigkeit und Anschaffen ging. Das war nicht mehr wie bei den Drei ???. Mit diesem Coming-of-Age-Gefühl ist der Klang der Scheibe bei mir für immer verknüpft.
Ich kaufte später, vor bestimmt auch schon wieder 20 Jahren, die CD. Und es passiert etwa einmal im Jahr, woher auch immer der Impuls kommt, dass ich sie ganz plötzlich und umso dringender heraussuchen und anhören muss. So zwei-, dreimal hintereinander, und ich lausche zugleich mit alten und neuen Ohren. Man kann das kalt und überproduziert finden, Hintergrundmusik für Wissenschaftssendungen am Nachmittag. Mir ist auch ziemlich wurscht, ob die ihrer Zeit studiotechnisch ein paar Jahre voraus waren.
Es gibt so Sachen wie Jean Michel Jarre, die sind zu sehr auf den Sound und auf den Effekt fixiert, die waren mir schon damals zu ingenieurhaft: Seht, wie ich hier am Knöpfchen drehe, dann kommt dieser Ton dabei raus und jetzt dieser andere.
Davon ist auch die hier besprochene Musik nicht frei, und man decke den Mantel des Schweigens über die Schmus- und Schlagerpampe, die erst noch folgen sollte.
Warum I Robot bei mir trotz allem überlebt: Erstens sind ein paar schöne Melodien dabei. Zweitens sorgen die Chöre für Spannung. Drittens: Wohlportionierter Orchesterbombast. Viertens ist das kein Rock'n'Roll. Und ich habe nicht mal Retrofuturismus geschrieben.
Now back to Finland.
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Bleiben wir einen Moment in der gemütlichen 80er-Blase, einer Zeit, in der die Pornos noch Handlung hatten.
Hit Nummer 5: It's My Life (Talk Talk)
Kann es etwas Schöneres geben, denkt man zwischendurch. Dieses Lied ist sogar in einer Kaugummi-Neuaufnahme erträglich, zumindest in den Strophen, wenn Frau Stephani mit doppeltem Boden singt, während der Refrain dann doch zu All-American daherkommt.
Die späteren, elegischen Instrumentalausflüge von Talk Talk werden von vielen hoch gepriesen; für meine Begriffe hatten sie mit Such a Shame und dem hier besprochenen Lied, zwei ganz wunderbaren Poptiteln, ihren Zenit erreicht. Und Mark Hollis ist der Coolste von allen. ("Er sieht aus wie ein katholischer Sozialarbeiter und guckt in Kamera, als ob er nicht bis 3 zählen könnte.")
Hit Nummer 4: Talking In Your Sleep (The Romantics)
Ich höre Sie schon: Ganz nett, aber so weit oben!? Dieses vergessene Lied hat seinen Platz in meinem Herzen allerdings sicher. Ein minderer Hit von minderer Originalität, und vielleicht liegt es nur daran, dass ich damals den englischen Text so gut verstanden habe wie sonst kaum einen: Kein Slang, kein Genuschel, keine komplexe Grammatik, sondern ganz einfach
I hear
The secrets that you keep
When you're talking in your sleep
Musikalisch keine Offenbarung, aber frisch und fröhlich. Und: Ich bin wieder 13!
Hit Nummer 3: I Don't Care Anymore (Phil Collins)
Ja, ja, ja. Ja. Ja-haa! Jau. Jep. Ja.
Sie alle haben natürlich total recht mit Ihrem Hass. Sie dürfen ihn dehumanisieren und zum Antichristen der Popmusik stilisieren, denn er griff nach der Weltherrschaft und war omnipräsent und flog mit der Concorde von London nach Philadelphia. Er schrieb Puffmusik und schlimme Balladen und entweihte St. Clapton und den Heiligen David Crosby, er war ein Egozentriker und hatte lichtes Haar.
Wollen wir trotzdem mal kurz versuchen, die Ereignisse danach auszublenden? Dann steht da ein grummeliger Typ mit unvorteilhafter Stirnlocke, schaut skeptisch in die Kamera und singt mit wenig schmeichelnder Stimme zu unbequemer Melodie. Die prominenten Drums, die einfachen Moog-Synthesizer-Harmonien, die elektrischen Gitarrensprengsel, das alles ist vollkommen typisch für den frühen Solo-Collins. Und zu diesem Lied, zu Beginn verhalten und nur langsam dynamisch ansteigend, bis der Befreiungschlag kommt, passt die allmählich bis zum Schreien gesteigerte Stimme einfach perfekt.
Ihn hat der Erfolg versaut, denn das harmlose Cover-Liedchen You Can't Hurry Love vom selben Album wurde zum Riesenhit, da kapierte er, wo es langgeht, und je länger die 80er dauerten, umso schwerer fiel es mir, ihn noch irgendwie zu verteidigen.
An den linkischen Sonderling aber denke ich gerne zurück.
Hit Nummer 2: Urgent (Foreigner)
Später hatten sie die Balladenformel raus, das langweilte mich, und generell mag ich diese hohen, gepressten Hardrock-Stimmen überhaupt nicht. Völlig untypisch für mich also, dass ich gleich zwei Nummern von dieser Band schon damals mochte und immer noch sehr gerne höre: Genausogut wie diese hier hätte ich nämlich auch Jukebox Hero nennen können. Aber ganz knapp machte Urgent das Rennen. Die Echo-Gitarren am Anfang läuten die Festspiele ein, dann dieser schleppend gehaltene, immer gleiche E-Gitarren-Grundton, die erst mühsam zurückgehaltene und schließlich, klar, irgendwann explodierende Stimme von Lou Gramm. Wenn der hohl heulende Synthesizerton über dem Wort "Urgent" nach unten fällt, wenn sich irgendwann alles in einem Saxophonsolostrudel bündelt, dann aber doch wieder zur ruhigen Anfangsstimmung zurückfindet, dann muss ich gestehen, dass dieses obwohl eher aus der Hardrock-Ecke stammende und somit für mich wenig typische, äh, also geiles Lied irgendwie.
Hit Nummer 1: Don't You Want Me (The Human League)
Und was haben wir denn hier: Kein spannungsgeladenes Dynamikgepose und kein Psychodrama, keine weltbewegende Sangestimme und keine aufregenden Akkorde. Sondern eine fröhliche Allerweltsmelodie, ein naives Liedchen, das mit den paar schnellen, kaum hörbaren Synthesizertönchen am Anfang schon meine Vorfreude anstachelt und dann direkt drauflosgeht. Die 8-Bit-Computerspielmusik hätten sie 30 Jahre früher auf der Ziehharmonika gespielt, sich im Wald auf der Lichtung versammelt und neben der Picknickdecke dazu getanzt. Melodie ist eben doch Trumpf.
Hit Nummer 5: It's My Life (Talk Talk)
Kann es etwas Schöneres geben, denkt man zwischendurch. Dieses Lied ist sogar in einer Kaugummi-Neuaufnahme erträglich, zumindest in den Strophen, wenn Frau Stephani mit doppeltem Boden singt, während der Refrain dann doch zu All-American daherkommt.
Die späteren, elegischen Instrumentalausflüge von Talk Talk werden von vielen hoch gepriesen; für meine Begriffe hatten sie mit Such a Shame und dem hier besprochenen Lied, zwei ganz wunderbaren Poptiteln, ihren Zenit erreicht. Und Mark Hollis ist der Coolste von allen. ("Er sieht aus wie ein katholischer Sozialarbeiter und guckt in Kamera, als ob er nicht bis 3 zählen könnte.")
Hit Nummer 4: Talking In Your Sleep (The Romantics)
Ich höre Sie schon: Ganz nett, aber so weit oben!? Dieses vergessene Lied hat seinen Platz in meinem Herzen allerdings sicher. Ein minderer Hit von minderer Originalität, und vielleicht liegt es nur daran, dass ich damals den englischen Text so gut verstanden habe wie sonst kaum einen: Kein Slang, kein Genuschel, keine komplexe Grammatik, sondern ganz einfach
I hear
The secrets that you keep
When you're talking in your sleep
Musikalisch keine Offenbarung, aber frisch und fröhlich. Und: Ich bin wieder 13!
Hit Nummer 3: I Don't Care Anymore (Phil Collins)
Ja, ja, ja. Ja. Ja-haa! Jau. Jep. Ja.
Sie alle haben natürlich total recht mit Ihrem Hass. Sie dürfen ihn dehumanisieren und zum Antichristen der Popmusik stilisieren, denn er griff nach der Weltherrschaft und war omnipräsent und flog mit der Concorde von London nach Philadelphia. Er schrieb Puffmusik und schlimme Balladen und entweihte St. Clapton und den Heiligen David Crosby, er war ein Egozentriker und hatte lichtes Haar.
Wollen wir trotzdem mal kurz versuchen, die Ereignisse danach auszublenden? Dann steht da ein grummeliger Typ mit unvorteilhafter Stirnlocke, schaut skeptisch in die Kamera und singt mit wenig schmeichelnder Stimme zu unbequemer Melodie. Die prominenten Drums, die einfachen Moog-Synthesizer-Harmonien, die elektrischen Gitarrensprengsel, das alles ist vollkommen typisch für den frühen Solo-Collins. Und zu diesem Lied, zu Beginn verhalten und nur langsam dynamisch ansteigend, bis der Befreiungschlag kommt, passt die allmählich bis zum Schreien gesteigerte Stimme einfach perfekt.
Ihn hat der Erfolg versaut, denn das harmlose Cover-Liedchen You Can't Hurry Love vom selben Album wurde zum Riesenhit, da kapierte er, wo es langgeht, und je länger die 80er dauerten, umso schwerer fiel es mir, ihn noch irgendwie zu verteidigen.
An den linkischen Sonderling aber denke ich gerne zurück.
Hit Nummer 2: Urgent (Foreigner)
Später hatten sie die Balladenformel raus, das langweilte mich, und generell mag ich diese hohen, gepressten Hardrock-Stimmen überhaupt nicht. Völlig untypisch für mich also, dass ich gleich zwei Nummern von dieser Band schon damals mochte und immer noch sehr gerne höre: Genausogut wie diese hier hätte ich nämlich auch Jukebox Hero nennen können. Aber ganz knapp machte Urgent das Rennen. Die Echo-Gitarren am Anfang läuten die Festspiele ein, dann dieser schleppend gehaltene, immer gleiche E-Gitarren-Grundton, die erst mühsam zurückgehaltene und schließlich, klar, irgendwann explodierende Stimme von Lou Gramm. Wenn der hohl heulende Synthesizerton über dem Wort "Urgent" nach unten fällt, wenn sich irgendwann alles in einem Saxophonsolostrudel bündelt, dann aber doch wieder zur ruhigen Anfangsstimmung zurückfindet, dann muss ich gestehen, dass dieses obwohl eher aus der Hardrock-Ecke stammende und somit für mich wenig typische, äh, also geiles Lied irgendwie.
Hit Nummer 1: Don't You Want Me (The Human League)
Und was haben wir denn hier: Kein spannungsgeladenes Dynamikgepose und kein Psychodrama, keine weltbewegende Sangestimme und keine aufregenden Akkorde. Sondern eine fröhliche Allerweltsmelodie, ein naives Liedchen, das mit den paar schnellen, kaum hörbaren Synthesizertönchen am Anfang schon meine Vorfreude anstachelt und dann direkt drauflosgeht. Die 8-Bit-Computerspielmusik hätten sie 30 Jahre früher auf der Ziehharmonika gespielt, sich im Wald auf der Lichtung versammelt und neben der Picknickdecke dazu getanzt. Melodie ist eben doch Trumpf.
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Durch die Hitparade International lernte ich Thomas Koschwitz kennen, lange bevor er als Late-Night-Talker auf RTL scheiterte. Er vertrat gelegentlich Werner Reinke, und das war dann schon das Höchstmaß an Abweichung vom immergleichen, geliebten Ablauf: Zwei Stunden, in denen die Hits Nummer 10 bis 1 in voller Länge ausgespielt wurden, jeder von einem gesungenen Jingle ("Hit Nummer füüüünf") eingeleitet. Dazwischen liefen Neuvorstellungen nach nicht näher erklärten Kriterien und in seltenen Fällen ein Oldie. Außerdem wurden die englischen und amerikanischen Charts verlesen sowie die Plätze 20 bis 11 im sogenannten Schnelldurchlauf angespielt. Diesen nehme ich zum Anlass, um einige Titel zu nennen, die es nicht in meine Top Ten geschafft haben.
Platz 20: Living On Video (Trans X)
Ein ziemlich beknacktes Lied, das Kinder heute wahrscheinlich in fünf Minuten auf dem Smartphone zusammenklicken können. Den Hintergrund-Synth begriff sogar ich: Einfach denselben Ton im Abstand einer Oktave immer im Wechsel spielen und dabei ein wenig mit der Hand auf dem Keyboard hin- und herwandern. Den Rest hätte ich mit Einfingersuchsystem auf die Dauer wohl auch hinbekommen. Aber was soll's: Ein paar Soundeffekte, Vocoder, die gelangweilt-hypnotische Frauenstimme, das gefiel mir, und "Trans X" war nichts als ein komischer Bandname.
Platz 19: Modern Love (David Bowie)
Klingt auf Anhieb wie geradeausgerocke Dutzendware. Aber mir gefielen (und gefallen) die einleitenden verhallt-abgestoppten Gitarrensaiten, bevor das Schlagzeug einsetzt, und dann steigert sich alles bis zum Finale. Der geheimnisvolle Bowie mal ganz straight, mir gefällt's.
Platz 18: Love On Your Side (Thompson Twins)
Die Zwillinge waren Drillinge mit einem damals durchaus speziellen Sound. Das harmlose Liedchen vergesse ich oft und freue mich, wenn es mir dann wieder einfällt.
Platz 17: No Tengo Dinero (Righeira)
Das andere kennt ja jeder. Und bei Lichte betrachtet ist auch das hier der gleiche Song, aber noch besser. Interessant auch, dass es einen so unverkennbaren Italo-Disco-Sound überhaupt gab. Normalerweise durfte dann so ein Oberweitenteenie singen, hier waren's mal zwei Verrückte.
Platz 16: Love Is a Stranger (Eurythmics)
Bevor diese Band mich zu nerven begann, gab es eine kurze, tolle Zeit. Natürlich ist Sweet Dreams viel besser. Alleine schon, dass man bei "Who am I to disagree" die Silbe "m" betonen kann! Damals aber war ich von dem seltsam nervösen Rhythmus dieses ersten Liedes, das ich von ihnen kannte, fasziniert. Und die komischen Brumm- oder Stöhnlaute drehen den Song ganz leicht ins Demente. Wie schade, dass die dann plötzlich "richtige" Musiker sein wollten: Mundharmonika, Soul, pff. Wärt ihr mal beim Synth geblieben! Erst das späte und kurze Comeback mit I Saved the World Today konnte mich ein wenig versöhnen.
Platz 15: Relax (Frankie Goes To Hollywood)
Niermand hat die Absicht, eine originelle Liste zu präsentieren. Das Lied gehört einfach zu den zentralen Musikeindrücken der früheren 80er. High-Energy-Bass, dazu die volle Produzentendröhnung von Trevor Horn: Für kurze Zeit dachte man, jetzt könne nichts mehr kommen.
Platz 14: Our House (Madness)
Muss auch mit rein. Zu erwähnen mal wieder der Bass, wie er am Anfang, nach den ganz tiefen Klaviertönen, das Startsignal gibt wie ein anfahrendes Motorrad. Hilft mir heute noch beim Abwaschen.
Platz 13: Get The Balance Right (Depeche Mode)
Kaum eine "große" Band ist mir so egal wie diese: Die ganzen Wichtigkeitsgesten, das Heroingetue, das Stadionpathos gehen komplett an mir vorbei. Schon mit People are People haben sie mich verloren. Davor war ein kurzer Moment, in der sie mir als geheimnisvolle Tüftler erschienen, ich kannte zwar kaum etwas, aber dieses Lied mit den kleinen Rhythmustricks weckte vorübergehend mein Interesse.
Platz 12: Hymn (Ultravox)
Es gibt heute noch Momente, in denen ich dies für einen tollen Song halte. Dabei sind es vielleicht doch eher Sound- und Produktionstricks, die das Interesse wachhalten. Das ganze Arrangement ist perfekt, es wird gekonnt Spannung ab- und zugegeben, und bei allem Plastik: Dieses feuerwehrsirenenhafte Keyboardsolo freut mich immer wieder.
Platz 11: Mama (Genesis)
Dieser Themenkomplex wartet noch auf eingehendere Bearbeitung. Aber hier natürlich in Reinkultur zu finden: Langer Spannungsaufbau gepaart mit etwas Creepiness, dann explodieren die Drums, und vollkommen egal, dass man sich später für immer dran überhörte (und ich diesen Song sozusagen auch nur noch "historisch" anhören kann): Es ist schon verdammt clever gemacht.
Platz 20: Living On Video (Trans X)
Ein ziemlich beknacktes Lied, das Kinder heute wahrscheinlich in fünf Minuten auf dem Smartphone zusammenklicken können. Den Hintergrund-Synth begriff sogar ich: Einfach denselben Ton im Abstand einer Oktave immer im Wechsel spielen und dabei ein wenig mit der Hand auf dem Keyboard hin- und herwandern. Den Rest hätte ich mit Einfingersuchsystem auf die Dauer wohl auch hinbekommen. Aber was soll's: Ein paar Soundeffekte, Vocoder, die gelangweilt-hypnotische Frauenstimme, das gefiel mir, und "Trans X" war nichts als ein komischer Bandname.
Platz 19: Modern Love (David Bowie)
Klingt auf Anhieb wie geradeausgerocke Dutzendware. Aber mir gefielen (und gefallen) die einleitenden verhallt-abgestoppten Gitarrensaiten, bevor das Schlagzeug einsetzt, und dann steigert sich alles bis zum Finale. Der geheimnisvolle Bowie mal ganz straight, mir gefällt's.
Platz 18: Love On Your Side (Thompson Twins)
Die Zwillinge waren Drillinge mit einem damals durchaus speziellen Sound. Das harmlose Liedchen vergesse ich oft und freue mich, wenn es mir dann wieder einfällt.
Platz 17: No Tengo Dinero (Righeira)
Das andere kennt ja jeder. Und bei Lichte betrachtet ist auch das hier der gleiche Song, aber noch besser. Interessant auch, dass es einen so unverkennbaren Italo-Disco-Sound überhaupt gab. Normalerweise durfte dann so ein Oberweitenteenie singen, hier waren's mal zwei Verrückte.
Platz 16: Love Is a Stranger (Eurythmics)
Bevor diese Band mich zu nerven begann, gab es eine kurze, tolle Zeit. Natürlich ist Sweet Dreams viel besser. Alleine schon, dass man bei "Who am I to disagree" die Silbe "m" betonen kann! Damals aber war ich von dem seltsam nervösen Rhythmus dieses ersten Liedes, das ich von ihnen kannte, fasziniert. Und die komischen Brumm- oder Stöhnlaute drehen den Song ganz leicht ins Demente. Wie schade, dass die dann plötzlich "richtige" Musiker sein wollten: Mundharmonika, Soul, pff. Wärt ihr mal beim Synth geblieben! Erst das späte und kurze Comeback mit I Saved the World Today konnte mich ein wenig versöhnen.
Platz 15: Relax (Frankie Goes To Hollywood)
Niermand hat die Absicht, eine originelle Liste zu präsentieren. Das Lied gehört einfach zu den zentralen Musikeindrücken der früheren 80er. High-Energy-Bass, dazu die volle Produzentendröhnung von Trevor Horn: Für kurze Zeit dachte man, jetzt könne nichts mehr kommen.
Platz 14: Our House (Madness)
Muss auch mit rein. Zu erwähnen mal wieder der Bass, wie er am Anfang, nach den ganz tiefen Klaviertönen, das Startsignal gibt wie ein anfahrendes Motorrad. Hilft mir heute noch beim Abwaschen.
Platz 13: Get The Balance Right (Depeche Mode)
Kaum eine "große" Band ist mir so egal wie diese: Die ganzen Wichtigkeitsgesten, das Heroingetue, das Stadionpathos gehen komplett an mir vorbei. Schon mit People are People haben sie mich verloren. Davor war ein kurzer Moment, in der sie mir als geheimnisvolle Tüftler erschienen, ich kannte zwar kaum etwas, aber dieses Lied mit den kleinen Rhythmustricks weckte vorübergehend mein Interesse.
Platz 12: Hymn (Ultravox)
Es gibt heute noch Momente, in denen ich dies für einen tollen Song halte. Dabei sind es vielleicht doch eher Sound- und Produktionstricks, die das Interesse wachhalten. Das ganze Arrangement ist perfekt, es wird gekonnt Spannung ab- und zugegeben, und bei allem Plastik: Dieses feuerwehrsirenenhafte Keyboardsolo freut mich immer wieder.
Platz 11: Mama (Genesis)
Dieser Themenkomplex wartet noch auf eingehendere Bearbeitung. Aber hier natürlich in Reinkultur zu finden: Langer Spannungsaufbau gepaart mit etwas Creepiness, dann explodieren die Drums, und vollkommen egal, dass man sich später für immer dran überhörte (und ich diesen Song sozusagen auch nur noch "historisch" anhören kann): Es ist schon verdammt clever gemacht.
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Müde Knochen zum Auftauen in die Frühlingssonne stapeln. Weltfremd ins Helle zwinkern. Es ist ja alles eingerostet. Sich mit Mühe ans Passwort erinnern: Ist das hier wirklich mein Blog!?
Verstaubte, halbfertige Beiträge: Vielleicht kann man damit noch was anfangen? Es fügt sich immerhin mit einer Kneipenschuld. Das Knacken - ach, das sind nur meine Fingergelenke.
Das Top-Ten-Format, rabla, [hier noch was von der Hitparade International einfügen, HR3, Donnerstags, Werner Reinke etc. etc.] [@nnier: unbedingt diese abgenudelten Versatzstücke vermeiden, Cassettenrecorder, Aufnahmetaste, das will keiner mehr hören], die Kneipenaufgabe lautete also:
Deine Top-Ten-Hits 1980-1985
Und da geht es schon los: Wenn ich nun in der Zeit am liebsten Beethovens Fünfte gehört habe? Oder Spiel nicht mit den Schmuddelkindern von Franz-Josef Degenhardt? Nein: Es muss schon aus dieser Zeit stammen. Und es muss eine gewisse popkulturelle Relevanz haben. Also nicht zwangsläufig ein Nummer-Eins-Hit, aber auch nicht die obskure B-Seite dieser walisischen Punkband.
International: Ich lasse die Neue Deutsche Welle weg, trotz Trio. Und am Ende: Es heißt deine Top Ten, also nehme ich meine Top Ten, und zwar aus der damaligen Sicht: Ganz egal, dass ich von heute aus Billie Jean und Every Breath You Take für tadellose Musikstücke halte, sie waren damals nicht wichtig für mich. Deshalb auch kein Heart of Glass, deshalb kein Fade to Grey: Die habe ich im nachhinein in mein Referenzsystem gefügt, sie waren zu früh für mich, da kann ein Jahr von entscheidender Bedeutung sein. Das eine Lied hat man mit dem Fußball unterm Arm aus der Schuldisco dröhnen hören und erst später richtig eingeordnet. Das andere war als Neuvorstellung in der Vorwoche gespielt worden,und nun hoffte man verzweifelt, dass es unter die ersten zehn Plätze [@nnier: Alles streichen, die Modalitäten der Radio-Hitparade damals interessieren keine Sau. Straffen und auf den Punkt kommen.] allen Peinlichkeiten zum Trotz und schließlich ist das hier immer noch mein Blog [@nnier: Das ist nicht dein Ernst. Alles raus.]
Hit Nummer zehn: Wot (Captain Sensible)
Dieses Lied klingt für mich heute harmlos und wenig originell - damals war ich vom Presslufthammer getroffen. Und es ist immerhin ein Kriterium für meine Top-Ten-Auswahl, wenn ich damals eine ganze Cassette dafür verwendet habe, ein und dasselbe Stück immer und immer wieder darauf aufzunehmen: Wot war so ein Fall. Mein Freund besaß die langweilig aufgeblähte Maxisingle, damit füllte ich eine Seite. Die Singleversion aus dem Radio kam auf die andere. Und dann müssen es Monate gewesen sein: Schreckliche Monate für den Rest meiner Familie, denn ich nahm die Cassette sogar mit ins Auto.
OK: Soundeffekte wie am Anfang des Liedes waren damals noch nicht so verbreitet, die Funk-Gitarre setzt dann schön knackig ein, des Captains Stimme ist markant, das Giggeln der Damen im Hintergrund ("Say captain / say what / whoo!") vergnüglich, das ist alles schön und gut - gebracht hat es für mich aber der Bass: So etwas kannte ich noch nicht, so ein durchgängig hingegroovtes Fundament, funkiger Antreiber für den ganzen Song.
Hit Nummer neun: Too Shy (Kajagoogoo)
Eines der Lieder, die man als Junge nur heimlich gutfinden konnte: Das war nun eindeutige Mädchenmusik, und dazu der peinliche Bravo-Limahl. Also fand ich heimlich gut: Den flächigen Synthesizer am Anfang, das elektronische Schlagzeug, dann schon wieder: Den Bass! Eine schöne Dynamik, finde ich heute noch, da ist der harmlose Gesang nicht weiter wichtig und auch der doo-doo-doo-Part gegen Ende erträglich.
Hit Nummer acht: What Is Love? (Howard Jones)
Nicht ganz so schlimm wie bei Kajagoogoo, trotzdem ein ähnlicher Fall: Nichts, was man seinen Freunden auf die Nase gebunden hätte. "AC/DC ist voll cool, Mann, TNT! Hoi! Hoi! Hoi!" - "Ja. Und wie findest du What Is Love von Howard Jones?"
Viele der damals großen, heute vergessenen 80er-Helden hat man auf Anhieb parat: Paul Young. Duran Duran. Sogar die Thompson Twins. Aber dass Howard Jones auch einer war, wer weiß das noch? Dünne Synthie-Musik insgesamt mit eher schwachen Melodien, man denke nur an No One Is to Blame oder Things Can Only Get Better. Das hier aber kann ich noch heute gelten lassen: Ein Mann, ein Keyboard, ein Studio, ein weichgespülter Hit vom Reißbrett. Völlig überproduziert, na klar. Und nicht lange darauf nervten diese eingebauten Sounds von Yamaha DX7 und Co. nur noch. (Wie allerdings hier schon der lahme Keyboard-Bass.)
Hit Nummer sieben: Self Control (Laura Branigan)
Man kennt die Formel inzwischen: Spannung aufbauen mit Synthie und gebremsten Drums, dann legt die E-Gitarre los. Hier aber nicht schlecht, und wie ja jeder weiß, war es relativ einfach, aus dem Radio eine ganze Cassette mit diesem Lied zu füllen: Zeitgleich war auch die Version von Raff in den Charts. Ansonsten nicht weiter aufregend: Die Begleitung auf dem Synthesizer hätte sogar ich hinbekommen.
Hit Nummer sechs: Love Is A Battlefield (Pat Benatar)
Oha: Schon die zweite Frau auf dieser Liste! Und man muss sagen, dass die sogar halbwegs singen konnte. Das ist mir damals gar nicht so aufgefallen. Denn wichtiger waren für mich die bekannten Zutaten: Spannungsaufbau, Synthesizer, effektvolle Drums, dazu ein schöner Trick - ein paar Textzeilen in unterkühltem Sprechgesang vorweg, die dann nach dem emotionalen whoawoawhoa noch mal wesentlich energischer vorgetragen werden, fertig ist der Song für den jungen nnier.
Vielleicht hat das alles was zu bedeuten: Immerhin entdeckte ich wenig später den allseits verhassten Progressive Rock und vor allem die Gruppe, deren Name nicht genannt werden darf. Da bekam ich Spannungsbögen, Synthesizer und räumliche Drum-Gewitter bis zum Exzess.
Ist es die Lebensphase? Mit aufbauender Spannung hat man ja in einem gewissen Alter usw. usw.; darüber denken wir jetzt mal in Ruhe nach. Und über den zweiten Teil dieser Liste.
Verstaubte, halbfertige Beiträge: Vielleicht kann man damit noch was anfangen? Es fügt sich immerhin mit einer Kneipenschuld. Das Knacken - ach, das sind nur meine Fingergelenke.
Das Top-Ten-Format, rabla, [hier noch was von der Hitparade International einfügen, HR3, Donnerstags, Werner Reinke etc. etc.] [@nnier: unbedingt diese abgenudelten Versatzstücke vermeiden, Cassettenrecorder, Aufnahmetaste, das will keiner mehr hören], die Kneipenaufgabe lautete also:
Deine Top-Ten-Hits 1980-1985
Und da geht es schon los: Wenn ich nun in der Zeit am liebsten Beethovens Fünfte gehört habe? Oder Spiel nicht mit den Schmuddelkindern von Franz-Josef Degenhardt? Nein: Es muss schon aus dieser Zeit stammen. Und es muss eine gewisse popkulturelle Relevanz haben. Also nicht zwangsläufig ein Nummer-Eins-Hit, aber auch nicht die obskure B-Seite dieser walisischen Punkband.
International: Ich lasse die Neue Deutsche Welle weg, trotz Trio. Und am Ende: Es heißt deine Top Ten, also nehme ich meine Top Ten, und zwar aus der damaligen Sicht: Ganz egal, dass ich von heute aus Billie Jean und Every Breath You Take für tadellose Musikstücke halte, sie waren damals nicht wichtig für mich. Deshalb auch kein Heart of Glass, deshalb kein Fade to Grey: Die habe ich im nachhinein in mein Referenzsystem gefügt, sie waren zu früh für mich, da kann ein Jahr von entscheidender Bedeutung sein. Das eine Lied hat man mit dem Fußball unterm Arm aus der Schuldisco dröhnen hören und erst später richtig eingeordnet. Das andere war als Neuvorstellung in der Vorwoche gespielt worden,
Hit Nummer zehn: Wot (Captain Sensible)
Dieses Lied klingt für mich heute harmlos und wenig originell - damals war ich vom Presslufthammer getroffen. Und es ist immerhin ein Kriterium für meine Top-Ten-Auswahl, wenn ich damals eine ganze Cassette dafür verwendet habe, ein und dasselbe Stück immer und immer wieder darauf aufzunehmen: Wot war so ein Fall. Mein Freund besaß die langweilig aufgeblähte Maxisingle, damit füllte ich eine Seite. Die Singleversion aus dem Radio kam auf die andere. Und dann müssen es Monate gewesen sein: Schreckliche Monate für den Rest meiner Familie, denn ich nahm die Cassette sogar mit ins Auto.
OK: Soundeffekte wie am Anfang des Liedes waren damals noch nicht so verbreitet, die Funk-Gitarre setzt dann schön knackig ein, des Captains Stimme ist markant, das Giggeln der Damen im Hintergrund ("Say captain / say what / whoo!") vergnüglich, das ist alles schön und gut - gebracht hat es für mich aber der Bass: So etwas kannte ich noch nicht, so ein durchgängig hingegroovtes Fundament, funkiger Antreiber für den ganzen Song.
Hit Nummer neun: Too Shy (Kajagoogoo)
Eines der Lieder, die man als Junge nur heimlich gutfinden konnte: Das war nun eindeutige Mädchenmusik, und dazu der peinliche Bravo-Limahl. Also fand ich heimlich gut: Den flächigen Synthesizer am Anfang, das elektronische Schlagzeug, dann schon wieder: Den Bass! Eine schöne Dynamik, finde ich heute noch, da ist der harmlose Gesang nicht weiter wichtig und auch der doo-doo-doo-Part gegen Ende erträglich.
Hit Nummer acht: What Is Love? (Howard Jones)
Nicht ganz so schlimm wie bei Kajagoogoo, trotzdem ein ähnlicher Fall: Nichts, was man seinen Freunden auf die Nase gebunden hätte. "AC/DC ist voll cool, Mann, TNT! Hoi! Hoi! Hoi!" - "Ja. Und wie findest du What Is Love von Howard Jones?"
Viele der damals großen, heute vergessenen 80er-Helden hat man auf Anhieb parat: Paul Young. Duran Duran. Sogar die Thompson Twins. Aber dass Howard Jones auch einer war, wer weiß das noch? Dünne Synthie-Musik insgesamt mit eher schwachen Melodien, man denke nur an No One Is to Blame oder Things Can Only Get Better. Das hier aber kann ich noch heute gelten lassen: Ein Mann, ein Keyboard, ein Studio, ein weichgespülter Hit vom Reißbrett. Völlig überproduziert, na klar. Und nicht lange darauf nervten diese eingebauten Sounds von Yamaha DX7 und Co. nur noch. (Wie allerdings hier schon der lahme Keyboard-Bass.)
Hit Nummer sieben: Self Control (Laura Branigan)
Man kennt die Formel inzwischen: Spannung aufbauen mit Synthie und gebremsten Drums, dann legt die E-Gitarre los. Hier aber nicht schlecht, und wie ja jeder weiß, war es relativ einfach, aus dem Radio eine ganze Cassette mit diesem Lied zu füllen: Zeitgleich war auch die Version von Raff in den Charts. Ansonsten nicht weiter aufregend: Die Begleitung auf dem Synthesizer hätte sogar ich hinbekommen.
Hit Nummer sechs: Love Is A Battlefield (Pat Benatar)
Oha: Schon die zweite Frau auf dieser Liste! Und man muss sagen, dass die sogar halbwegs singen konnte. Das ist mir damals gar nicht so aufgefallen. Denn wichtiger waren für mich die bekannten Zutaten: Spannungsaufbau, Synthesizer, effektvolle Drums, dazu ein schöner Trick - ein paar Textzeilen in unterkühltem Sprechgesang vorweg, die dann nach dem emotionalen whoawoawhoa noch mal wesentlich energischer vorgetragen werden, fertig ist der Song für den jungen nnier.
Vielleicht hat das alles was zu bedeuten: Immerhin entdeckte ich wenig später den allseits verhassten Progressive Rock und vor allem die Gruppe, deren Name nicht genannt werden darf. Da bekam ich Spannungsbögen, Synthesizer und räumliche Drum-Gewitter bis zum Exzess.
Ist es die Lebensphase? Mit aufbauender Spannung hat man ja in einem gewissen Alter usw. usw.; darüber denken wir jetzt mal in Ruhe nach. Und über den zweiten Teil dieser Liste.
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Wär deine schwarze Tochter nicht
Du hätt'st mich nie gekannt
Im Wald in der Schänke zum Kürassier. Lässt du mich ein ins Kämmerlein. Es schenkt ein der grobe Johann: Seit Tagen singe ich das vor mich hin, und von heute aus ist das ja alles bloß ein großer Spaß. Das geht los mit der Gebrauchtwagenstimme von Dieter Thomas Heck und endet mit den lustigen Menschen in grünen Anzügen und offenen Hemden. Der Typ, der da singt, mit seinem schwarzen Anzug und dem riesigen, weißen Kragen: Völlig absurd! Total außerirdisch, diese Helmfrisur, dieses steife Auftreten, das theatralisch gerollte "R": Klopf zurrr Nachtzeit durrrstig ich an. Grotesker geht's doch nicht!
Ich halte es für einen großen kulturellen Gewinn, dass so jemand heute nur noch als Selbstparodie und dreifach ironisch gebrochen eine Chance hat. Denn natürlich hatte Heinz Strunk recht, als er vor ein paar Jahren sagte: Leute, die Heino scheiße finden, sind Spießer. Da war der Fall nämlich längst erledigt. Und als Freund und Befürworter eines musikalischen Pluralismus bin ich absolut für Artenschutz - warum soll es keine Volks- und Schlagermusik geben, ob mit Plastikbums aus der Retorte wie von Andrea Berg oder mit rückwärtsgewandter Tümelei wie von Heino. Nur zu!
Bloß dass man manchmal vergisst, wie ernst und nahe das damals war. Wie miefig und eng das Weltbild in Hecks ZDF-Parade, durchbrochen erst von Neuer Deutscher Welle in den frühen 80ern und endgültig erledigt mit dem großen Scheißegal des ironischen Schlagerrevivals in den 90ern.
Das kann nicht ernst gemeint gewesen sein, sagen junge Leute, wenn man ihnen so etwas (späte 70er) zeigt: Doch, das war es, da braucht niemand im nachhinein eine zweite Ebene dazuzuerfinden. Vom trübgrauen Germanengrund mal ganz abgesehen, auf den heute jeder von (gähn) Rammstein über Witt zu Zander rezitativ-dräuend zurückgreift, um im globalen Popkessel noch irgendwie aufzufallen. Abgenutztes Stilmittel. Damals aber: Purer Ernst.
So gesehen ist es einfach schön, dass seine alten Verbündeten von B*LD jetzt irgendwelche Rockerkriege herbeiphantasieren müssen, um ihn beim Comeback zu unterstützen: Es interessiert einfach niemanden mehr. Für einen Lacher ist er noch gut - und das war's dann auch.
Du hätt'st mich nie gekannt
Im Wald in der Schänke zum Kürassier. Lässt du mich ein ins Kämmerlein. Es schenkt ein der grobe Johann: Seit Tagen singe ich das vor mich hin, und von heute aus ist das ja alles bloß ein großer Spaß. Das geht los mit der Gebrauchtwagenstimme von Dieter Thomas Heck und endet mit den lustigen Menschen in grünen Anzügen und offenen Hemden. Der Typ, der da singt, mit seinem schwarzen Anzug und dem riesigen, weißen Kragen: Völlig absurd! Total außerirdisch, diese Helmfrisur, dieses steife Auftreten, das theatralisch gerollte "R": Klopf zurrr Nachtzeit durrrstig ich an. Grotesker geht's doch nicht!
Ich halte es für einen großen kulturellen Gewinn, dass so jemand heute nur noch als Selbstparodie und dreifach ironisch gebrochen eine Chance hat. Denn natürlich hatte Heinz Strunk recht, als er vor ein paar Jahren sagte: Leute, die Heino scheiße finden, sind Spießer. Da war der Fall nämlich längst erledigt. Und als Freund und Befürworter eines musikalischen Pluralismus bin ich absolut für Artenschutz - warum soll es keine Volks- und Schlagermusik geben, ob mit Plastikbums aus der Retorte wie von Andrea Berg oder mit rückwärtsgewandter Tümelei wie von Heino. Nur zu!
Bloß dass man manchmal vergisst, wie ernst und nahe das damals war. Wie miefig und eng das Weltbild in Hecks ZDF-Parade, durchbrochen erst von Neuer Deutscher Welle in den frühen 80ern und endgültig erledigt mit dem großen Scheißegal des ironischen Schlagerrevivals in den 90ern.
Das kann nicht ernst gemeint gewesen sein, sagen junge Leute, wenn man ihnen so etwas (späte 70er) zeigt: Doch, das war es, da braucht niemand im nachhinein eine zweite Ebene dazuzuerfinden. Vom trübgrauen Germanengrund mal ganz abgesehen, auf den heute jeder von (gähn) Rammstein über Witt zu Zander rezitativ-dräuend zurückgreift, um im globalen Popkessel noch irgendwie aufzufallen. Abgenutztes Stilmittel. Damals aber: Purer Ernst.
So gesehen ist es einfach schön, dass seine alten Verbündeten von B*LD jetzt irgendwelche Rockerkriege herbeiphantasieren müssen, um ihn beim Comeback zu unterstützen: Es interessiert einfach niemanden mehr. Für einen Lacher ist er noch gut - und das war's dann auch.
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Ich werde es ohnehin nie begreifen, ich meine: Dieser kreative Ausbruch in den paar Jahren, dieses unfassbare Geschenk an die Menschheit, diese rasende Entwicklung von der einfachen Beatmusik zu praktisch allem, was populäre Musik definiert, und wie selbst in den einfachen Songs so viele Details stecken, die sie nie langweilig werden lassen, diese Liebe zum kompositorischen Detail, danke auch an George Martin, und ich kann ja keine Noten, verdammt, aber ich habe das trotzdem schon als Kind gemerkt, wie viel Mühe sie sich gegeben haben, da gibt es kein kein runtergeleiertes Strophe-Refrain-Strophe-Refrain, sondern ungezählte kleine Variationen, nehmen Sie mal das Ende von She's Leaving Home, wie beim letzten "Bye-Bye" die eine Stimme plötzlich nach oben geht und eine schöne Harmonie entsteht.
Wo war ich: Ach ja! Die letzten Wochen habe ich voller Freude den kleinen Tutorials von Galeazzo Frudua gelauscht, der mir die metaphysischen Fragen auch nicht beantworten kann, aber eine Hilfestellung beim Einblick in die Mechanik dieser Songs gewährt, und das ist bei allem göttlichen Funken ja auch wichtig: Handwerk. Jahrelang lese ich die tollen theoretischen Abhandlungen von Alan W. Pollack und kann trotz fehlenden Fachwissens eine Menge damit anfangen, und jetzt singt mir jemand ganz untheoretisch die einzelnen Stimmen vor: Ich bin glücklich!
Haben Sie sich das da oben bis zum Ende angehört? Ist das nicht ganz wunderbar, die drei "Oooooooooh"s einzeln zu hören, zwei davon in unterschiedlicher Höhe durchgehend gehalten, das dritte und tiefste mehrmals nacheinander absteigend? Und das ist so ein simples Lied, Frühphase, zweite LP.
Anderes Beispiel: Paperback Writer. Das war ja früher zu Zeiten des Roten Albums und der Cassettenkopien in zweiter Generation gar nicht so rauszuhören, da wusste ich noch nichts von Frère Jacques, da klang das für mich wie ein rockiges Lied mit "Aaah-haa-haa-haaa"-Hintergrund, ganz nett, aber nichts Besonderes - und wenn man im Leben auch mal weiterkommt und sich Schicht um Schicht heranarbeitet, wenn man besser aufgelöste Aufnahmen bekommt und die Anlage differenzierte Klänge auspuckt, dann huldigt man dem famosen Bass und dem feinen Harmoniegesang und denkt, das hätte bei
Verdammt! Ich bin ja noch gar nicht zu den richtig genialen Stücken gekommen, z.B. Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band (Reprise) oder She's Leaving Home, da können Sie gleich mal das letzte "Bye-Bye" anhören. Und Lady Madonna: See how they run!
Ach, schauen Sie selber, ich konnte kaum wieder aufhören. Einmal schrieb jemand: Es wird eines Tages für 750.- DM eine umfassende Ausgabe jedes einzelnen Tons geben, den die Beatles überhaupt je aufgenommen haben. Das war konsumkritisch gemeint und krittelte an irgendeiner Neuausgabe herum. Ich aber weiß: Man könte sein Geld kaum besser investieren.
Und ich würde es trotzdem nicht begreifen.
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Mir war das manchmal zuviel, dieses ehrfürchtige: Bowie, dieses: Er hat sich immer wieder neu erfunden, und als wäre es ein Bestandteil des Weltwissens der Siebenjährigen: Der Thin White Duke! Und: Ziggy!
Natürlich hatten die wichtigen Ereignisse vor meiner Zeit stattgefunden. Ich lernte ihn dann als kreuzbeliebigen Popstar der 80er kennen, mit Poppertolle und Schulterpolstern im Video zu "Let's dance", einem Lied, das ich damals nicht besonders mochte (was sich inzwischen geändert hat), und bevorzugte das schön geradeausgerockte "Modern Love" von derselben LP. Gekotzt habe ich über "Dancing in the Street" mit Mick Jagger, die Schultern gezuckt über "This is not America" mit Pat Metheny, dann kam die Zeit der teuren CDs, als ich mir die Hitsammlung Changesbowie besorgte, woraufhin ich natürlich Major Tom ins Herz schloss ("Can you heeere - am I sitting in my tin can ...") und auch "Heroes" zu schätzen lernte.
Er war mir durchaus sympathisch und als einer von den Guten verbucht, trotzdem wurde ich kein Bowie-Jünger. Ich sah das ja alles irgendwie ein, war aber vielleicht ein paar Jahre zu spät dran, um das Einzigartig-Neue wirklich zu spüren, es war mehr Lexikonwissen: Ein wichtiger Künstler aus dem und dem Grund, und vielleicht sollte man mal die ganzen alten Platten hören.
Gefreut habe ich mich im Kino: "I'm deranged", eröffnete (und schloss) Bowies Bariton den phantastischen Lost Highway von David Lynch, den ich jahrelang als Lieblingsfilm in alle Freundschaftsbücher eintrug. Ein tolles Lied, das mich in der Folge dazu brachte, irgendwann in den 90ern muss das gewesen sein, die CD Earthling zu erwerben, die ich noch heute gerne hervorkrame. Mit diesem Drum-and-Bass-Album mag er für manchen Fan gqr zu peinlich auf den Zeitgeist-Markt abgezielt zu haben (an diese Kritik meine ich mich zu erinnern: Jetzt rennt er der Mode hinterher!), ich aber mag viele dieser dicht strukturierten Stücke* und bin historisch völlig unbelastet.
Und das war's schon! Ich weiß nichts über Tin Machine und warum Glass Spiders so eine schreckliche Tour gewesen sein soll. Aber ich war doch ein wenig neugierig, als es heute von überall her scholl: Es gibt ein neues Lied von Bowie! [Alternativer Link]
Wer muss da nicht an David Lynch denken, an die Hasen bei Inland Empire z.B., einem Film, bei dem ich am Ende eingeschlafen bin, oder an das alte Ehepaar am Beginn von Mulholland Drive, einem Film, für den ich Lost Highway aus den Freundschaftsbüchern wieder herausradierte: Bowie als seltsames Plüschdoppelwesen auf dem Sessel singt mit einer Stimme, die sich entweder bewusst zurücknimmt oder nicht anders kann, einer Stimme, die man eindeutig erkennt und die so altersschwach klingt, dass es mich mal wieder richtig anrührt. Schon schön.
--
*Leider nur als Liveversion mit minderer Tonqualität gefunden
Natürlich hatten die wichtigen Ereignisse vor meiner Zeit stattgefunden. Ich lernte ihn dann als kreuzbeliebigen Popstar der 80er kennen, mit Poppertolle und Schulterpolstern im Video zu "Let's dance", einem Lied, das ich damals nicht besonders mochte (was sich inzwischen geändert hat), und bevorzugte das schön geradeausgerockte "Modern Love" von derselben LP. Gekotzt habe ich über "Dancing in the Street" mit Mick Jagger, die Schultern gezuckt über "This is not America" mit Pat Metheny, dann kam die Zeit der teuren CDs, als ich mir die Hitsammlung Changesbowie besorgte, woraufhin ich natürlich Major Tom ins Herz schloss ("Can you heeere - am I sitting in my tin can ...") und auch "Heroes" zu schätzen lernte.
Er war mir durchaus sympathisch und als einer von den Guten verbucht, trotzdem wurde ich kein Bowie-Jünger. Ich sah das ja alles irgendwie ein, war aber vielleicht ein paar Jahre zu spät dran, um das Einzigartig-Neue wirklich zu spüren, es war mehr Lexikonwissen: Ein wichtiger Künstler aus dem und dem Grund, und vielleicht sollte man mal die ganzen alten Platten hören.
Gefreut habe ich mich im Kino: "I'm deranged", eröffnete (und schloss) Bowies Bariton den phantastischen Lost Highway von David Lynch, den ich jahrelang als Lieblingsfilm in alle Freundschaftsbücher eintrug. Ein tolles Lied, das mich in der Folge dazu brachte, irgendwann in den 90ern muss das gewesen sein, die CD Earthling zu erwerben, die ich noch heute gerne hervorkrame. Mit diesem Drum-and-Bass-Album mag er für manchen Fan gqr zu peinlich auf den Zeitgeist-Markt abgezielt zu haben (an diese Kritik meine ich mich zu erinnern: Jetzt rennt er der Mode hinterher!), ich aber mag viele dieser dicht strukturierten Stücke* und bin historisch völlig unbelastet.
Und das war's schon! Ich weiß nichts über Tin Machine und warum Glass Spiders so eine schreckliche Tour gewesen sein soll. Aber ich war doch ein wenig neugierig, als es heute von überall her scholl: Es gibt ein neues Lied von Bowie! [Alternativer Link]
Wer muss da nicht an David Lynch denken, an die Hasen bei Inland Empire z.B., einem Film, bei dem ich am Ende eingeschlafen bin, oder an das alte Ehepaar am Beginn von Mulholland Drive, einem Film, für den ich Lost Highway aus den Freundschaftsbüchern wieder herausradierte: Bowie als seltsames Plüschdoppelwesen auf dem Sessel singt mit einer Stimme, die sich entweder bewusst zurücknimmt oder nicht anders kann, einer Stimme, die man eindeutig erkennt und die so altersschwach klingt, dass es mich mal wieder richtig anrührt. Schon schön.
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*Leider nur als Liveversion mit minderer Tonqualität gefunden
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"Wir mussten zu Kim Wilde gehen!", lautete die Antwort, da hatte ich gerade gesagt, wie froh ich bin, dass wir damals zusammen zu Kim Wilde gegangen sind. Musikfachgespräche, zugleich den Terminplan für 2013 eng getaktet: ReCartney, Fraktus und Fil stehen fest, außerdem die nächste Top-10-Liste definiert. Dazwischen juckt es ernsthaft, wenn aufdringliche junge Menschen sich nicht zu benehmen wissen und einen noch dreist ankumpeln wollen. Nicht zuviel trinken, wenn man am nächsten Morgen früh aufstehen und im Wald einen Nadelbaum absägen muss, also lieber ein letztes Bier und mit der U-Bahn nach Hause. Hicks.
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Zum Glück kann ich auf jahrelange Roadie-Erfahrung zurückgreifen.

Solche CDs hört man ja doch nie an, das ist wie bei Wein- oder Whiskyproben: An dem Abend super, also kauft man begeistert eine Flasche dies und eine Kiste das. Später, zu Hause, ist es doch nur irgendein Getränk.
Oder fangen wir anders an: Wahrscheinlich gibt es mehr Musik als Wein, jedenfalls als Whisky, und ich bleibe ja doch bei denselben 10, 20 Alben, die ich höre, seit ich mit zwölf Jahren in meiner Entwicklung steckengeblieben bin. Die werden ja gar nicht erst weggeräumt, die rotieren im Abspielgerät, bis der Laserstrahl die Metallschicht irgendwann weggedampft hat.

Bloß dass es manchmal einfach nicht reicht, ein paar Euro in einen Hut zu schmeißen, ich meine: Auch wenn keiner herumgeizt, kommen bei so einem Wohnzimmerkonzert keine Reichtümer zusammen, da habe ich damals für eine Nacht als Roadie vermutlich mehr bekommen. Also lässt einen die momentane Freude über den gelungenen Abend generös die Scheinchen zücken, wenn die Begleitung sagt: Wollen wir nicht noch CDs kaufen.
Meinst du wirklich, hörst du die denn jemals an, will man erst noch sagen, vergisst es aber aber gleich wieder, denn man muss auch an die Freude und den Motivationsschub für die Künstler denken, die das mehr als verdient haben.

Inzwischen ist man ja daran gewöhnt, junge Angelsachsen vorm Haus zu treffen, diesmal ist es ein überaus höflicher Herr der ruhigeren Töne, der sich, I'm Ben from Australia, per Handschlag vorstellt, Hi, I'm nnier from next door, sagt man noch schnell und dann beginnt der erste Teil des Konzerts. Ich finde ja, in der Studio-Aufnahme klingt das zu clean, live war es sehr schön.
Wenn die Leute bitte mal der Leistung eines Künstlers in einem halben Meter Abstand mit dem entsprechenden Respekt begegnen: Man schmeißt natürlich mal eine Bierflasche auf dem Holzfußboden um, aber mitten in einem Lied einfach rauszugehen oder an einer leisen Stelle plötzlich rumzupalavern finde ich nicht so toll, da mache ich irgendwann nicht nur den Roadie, sondern den Kinski.

Diesmal konnte ich keine Live-Fotos machen, deshalb illustriere ich mit den Blätterteigteilchen, die ich mitbrachte und von denen alle das Rezept wollten. Aber ich behielt es für mich, ich kann ja schlecht den Musikern die Schau stehlen an so einem Abend! Außerdem musste ich mich auf meine Arbeit als Roadie konzentrieren.

Mir war das zu ruhig, sagte die eine noch in der Pause vor der Tür, dann bekam sie aber! Und zwar.
In so einem Wohnzimmer muss sich der Schlagzeuger mit den Blättern des Ficus Benjamini arrangieren und die Musiker checken nicht nur den Sound, sondern vor allem, wie sie sich mit einem Drittel des regulären Equipments positionieren können, ohne sich allzusehr ins Gehege zu kommen.
Das klappt erstaunlich gut, selbst das Brett mit den Effektpedalen findet noch irgendwie Platz, bloß beim ohnehin reduzierten Schlagzeug reicht es nur für die Snare oder die große Handtrommel.

Dann fetzen sie schön drauflos, Bass-Gitarre-Schlagzeug ist einfach eine tolle Besetzung, und zum Glück verfüge ich über jahrelange Roadie-Erfahrung.
Noch während nach den Stücken begeistert applaudiert wird nämlich reicht mir der Drummer die eine Trommel herüber, welche ich lässig vor mir abstelle, und bekommt von mir die andere im Tausch. Wir entwickeln bald Routine, verständigen uns mit sparsamen Gesten, eigentlich bin ich selber ja auch Musiker, jedenfalls im Herzen, und im Schlussapplaus kann ich mich nur mühsam zurückhalten, selber kurz aufzustehen und mich zu verbeugen.

Es wäre aber auch zu früh gewesen, denn natürlich werden Zugaben verlangt, und ganz zum Schluss kommt der ruhige Ben dazu und geht in einem grandiosen Jam komplett aus sich heraus. Das war super, und das wird auf den CDs nie rüberkommen.
--
http://www.myspace.com/ben.riddle
http://www.willeandthebandits.com/
--
(OK. Sie sind jetzt neugierig. Gut gefallen hat mir z.B. das folgende Stück - die kleine Holzbox, auf der da herumgeklöppelt wird, und der verfremdete Wah-Wah-Teil gegen Ende. Aber live war es noch viel besser, ehrlich!)

Solche CDs hört man ja doch nie an, das ist wie bei Wein- oder Whiskyproben: An dem Abend super, also kauft man begeistert eine Flasche dies und eine Kiste das. Später, zu Hause, ist es doch nur irgendein Getränk.
Oder fangen wir anders an: Wahrscheinlich gibt es mehr Musik als Wein, jedenfalls als Whisky, und ich bleibe ja doch bei denselben 10, 20 Alben, die ich höre, seit ich mit zwölf Jahren in meiner Entwicklung steckengeblieben bin. Die werden ja gar nicht erst weggeräumt, die rotieren im Abspielgerät, bis der Laserstrahl die Metallschicht irgendwann weggedampft hat.

Bloß dass es manchmal einfach nicht reicht, ein paar Euro in einen Hut zu schmeißen, ich meine: Auch wenn keiner herumgeizt, kommen bei so einem Wohnzimmerkonzert keine Reichtümer zusammen, da habe ich damals für eine Nacht als Roadie vermutlich mehr bekommen. Also lässt einen die momentane Freude über den gelungenen Abend generös die Scheinchen zücken, wenn die Begleitung sagt: Wollen wir nicht noch CDs kaufen.
Meinst du wirklich, hörst du die denn jemals an, will man erst noch sagen, vergisst es aber aber gleich wieder, denn man muss auch an die Freude und den Motivationsschub für die Künstler denken, die das mehr als verdient haben.

Inzwischen ist man ja daran gewöhnt, junge Angelsachsen vorm Haus zu treffen, diesmal ist es ein überaus höflicher Herr der ruhigeren Töne, der sich, I'm Ben from Australia, per Handschlag vorstellt, Hi, I'm nnier from next door, sagt man noch schnell und dann beginnt der erste Teil des Konzerts. Ich finde ja, in der Studio-Aufnahme klingt das zu clean, live war es sehr schön.
Wenn die Leute bitte mal der Leistung eines Künstlers in einem halben Meter Abstand mit dem entsprechenden Respekt begegnen: Man schmeißt natürlich mal eine Bierflasche auf dem Holzfußboden um, aber mitten in einem Lied einfach rauszugehen oder an einer leisen Stelle plötzlich rumzupalavern finde ich nicht so toll, da mache ich irgendwann nicht nur den Roadie, sondern den Kinski.

Diesmal konnte ich keine Live-Fotos machen, deshalb illustriere ich mit den Blätterteigteilchen, die ich mitbrachte und von denen alle das Rezept wollten. Aber ich behielt es für mich, ich kann ja schlecht den Musikern die Schau stehlen an so einem Abend! Außerdem musste ich mich auf meine Arbeit als Roadie konzentrieren.

Mir war das zu ruhig, sagte die eine noch in der Pause vor der Tür, dann bekam sie aber! Und zwar.
In so einem Wohnzimmer muss sich der Schlagzeuger mit den Blättern des Ficus Benjamini arrangieren und die Musiker checken nicht nur den Sound, sondern vor allem, wie sie sich mit einem Drittel des regulären Equipments positionieren können, ohne sich allzusehr ins Gehege zu kommen.
Das klappt erstaunlich gut, selbst das Brett mit den Effektpedalen findet noch irgendwie Platz, bloß beim ohnehin reduzierten Schlagzeug reicht es nur für die Snare oder die große Handtrommel.

Dann fetzen sie schön drauflos, Bass-Gitarre-Schlagzeug ist einfach eine tolle Besetzung, und zum Glück verfüge ich über jahrelange Roadie-Erfahrung.
Noch während nach den Stücken begeistert applaudiert wird nämlich reicht mir der Drummer die eine Trommel herüber, welche ich lässig vor mir abstelle, und bekommt von mir die andere im Tausch. Wir entwickeln bald Routine, verständigen uns mit sparsamen Gesten, eigentlich bin ich selber ja auch Musiker, jedenfalls im Herzen, und im Schlussapplaus kann ich mich nur mühsam zurückhalten, selber kurz aufzustehen und mich zu verbeugen.

Es wäre aber auch zu früh gewesen, denn natürlich werden Zugaben verlangt, und ganz zum Schluss kommt der ruhige Ben dazu und geht in einem grandiosen Jam komplett aus sich heraus. Das war super, und das wird auf den CDs nie rüberkommen.
--
http://www.myspace.com/ben.riddle
http://www.willeandthebandits.com/
--
(OK. Sie sind jetzt neugierig. Gut gefallen hat mir z.B. das folgende Stück - die kleine Holzbox, auf der da herumgeklöppelt wird, und der verfremdete Wah-Wah-Teil gegen Ende. Aber live war es noch viel besser, ehrlich!)
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Is it better to love one another
Than to go for a walk in the dark?
Es ist schon etwas seltsam, dass man so wenig von den Musikern der ehemaligen Livebands hört. Keine gekränkten Eitelkeiten werden öffentlich, kein Skandalbuch wird geschrieben. Fast scheint es, als gebe es da irgendwelche Schweigeklauseln.
Ein Schlagzeuger, ein Keyboarder und zwei Gitarristen begleiteten das große Live-Comeback 1989/90. Ach, richtig - und Linda! Übriggeblieben ist nur der Mann am Tasteninstrument, er soll inzwischen die Rolle eines Musical Directors in der aktuellen Liveband einnehmen, von den anderen hört und sieht man nichts mehr.
Jemand analysierte kürzlich in einem Fanforum das Live-Album zur 1989/90er Tour. Zum Eröffungsstück schrieb er etwas verwundert:
Figure of Eight- A strange choice for an opener, for sure. Paul’s voice has a beautiful rawness about it.
Auf Nachfrage verdeutlicht er:
Well it is! Of his entire catalog, he embarks on his first solo tour, and he picks "Figure of Eight" to kick it off? Seems like a strange choice to me!
Das kann man als junger Mensch so sehen, und von heute aus mag es wirklich seltsam erscheinen: Der Mann kann aus fast unendlicher Fülle schöpfen - und beginnt seine Comeback-Welttournee mit diesem Lied!? Genauer gesagt: Er beginnt mit diesem unbekannten Stück von seinem aktuellen Album, spielt dann einen Wings-Hit, es folgt ein weiterer aktueller Titel, den wieder keiner kennt, erst dann ein Beatles-Stück - und danach gleich noch mehr Wings und Solo!?
Ihr seid das alles gewohnt, Kinder, ihr seid so aufgewachsen: McCartney, klar, das ist der ehemalige Beatle, bzw. eigentlich ist er heute noch einer, und der ist immer irgendwo auf Tour oder eröffnet die Olympischen Spiele! Chr-hrr-hrr, guck mal, was der in den 80ern für 'ne Matte hatte, fast so 'ne Frisur wie seine Frau! Und diese coolen 80-er-Sounds, mein Vater hat auch so 'ne CD, die Keyboards hatten damals alle diesen Sound, musst mal drauf achten! Ey, krass, guck mal: Der hat mit diesem Lied damals seine Konzerte eröffnet! Hö. Kanntest du das? Nö. Ich auch nicht.
Wie auch immer man dazu steht, mit dieser Tour hat er sich dem Beatles-Erbe zugewandt und begonnen, es sich anzueignen. Vielleicht hat er sich in sein Schicksal gefügt. Vielleicht wollte er seinen Beitrag zur Musikgeschichte herausstellen. Und natürlich ist er von heute aus diese legendäre, mindestens respektierte, meist aber verehrte Figur. Das war aber nicht immer so.
Paul McCartney komme ihm vor wie jemand, der ein paar Jahre im Weltraum gewesen sei, schrieb mal jemand irgendwo, und nach dieser Erfahrung einfach wieder seinem normalen Beruf nachgehe. So war das in den 70ern und 80ern: Hier mal ein Hit und da ein Flop, die Kritiken lau, trotzdem jährlich eine Platte. Und da hätte es auch böse nach hinten losgehen können, nach einer Reihe von der Kritik zerpflückter Alben nun plötzlich mit Beatles-Stücken auf Tour zu gehen: Seht, nun muss er selber zugestehen, dass sein Solowerk nichts wert ist, nun fleddert er das Beatles-Erbe, jetzt kommt Las Vegas!
Die 80er waren hart, da gab's am Anfang einmal Applaus für das Album Tug of War, dann Haue für Pipes of Peace und schwere Dresche für Give My Regards to Broad Street. Mit Press to Play setzte er sich gleich zwischen alle Stühle, die Hits blieben aus, trotzdem: Weiter!, ein Album mit alten Rock-Standards in der UdSSR veröffentlichen und mit Elvis Costello ein paar Songs komponieren, die kommen aufs neue Album und damit geht's auf Tour.
Auf dieser Tour wurden sechs Stücke von diesem Album gespielt, zwei davon hätten normale Menschen vielleicht schon mal im Radio gehört haben können, große Hits waren sie - natürlich - trotzdem nicht. Bei meinem ersten Konzert kannte ich das aktuelle Album selber noch nicht.
Er hat einfach weitergemacht, das rechne ich ihm hoch an, er hat es immer wieder versucht, und damals war er gerade noch ein "aktueller" Künstler, dessen Songs zwar keine Numer Eins mehr hergaben, aber eine Nummer 20, und nach oben schien noch manches möglich. Deshalb, junger Mann, begannen die Konzerte 1989 nicht mit Hello Goodbye.
Dann ging es los. Ja, mit ausgerechnet diesem Stück, vielleicht liegt es mir deshalb besonders am Herzen, aber es ist auch ein schönes Stück Poprock, ich mag den unpolierten Gesang und Bass, und die Keyboards, die sind vielleicht ein wenig dick aufgetragen, aber so war das, damals in den 80ern.
Than to go for a walk in the dark?
Es ist schon etwas seltsam, dass man so wenig von den Musikern der ehemaligen Livebands hört. Keine gekränkten Eitelkeiten werden öffentlich, kein Skandalbuch wird geschrieben. Fast scheint es, als gebe es da irgendwelche Schweigeklauseln.
Ein Schlagzeuger, ein Keyboarder und zwei Gitarristen begleiteten das große Live-Comeback 1989/90. Ach, richtig - und Linda! Übriggeblieben ist nur der Mann am Tasteninstrument, er soll inzwischen die Rolle eines Musical Directors in der aktuellen Liveband einnehmen, von den anderen hört und sieht man nichts mehr.
Jemand analysierte kürzlich in einem Fanforum das Live-Album zur 1989/90er Tour. Zum Eröffungsstück schrieb er etwas verwundert:
Figure of Eight- A strange choice for an opener, for sure. Paul’s voice has a beautiful rawness about it.
Auf Nachfrage verdeutlicht er:
Well it is! Of his entire catalog, he embarks on his first solo tour, and he picks "Figure of Eight" to kick it off? Seems like a strange choice to me!
Das kann man als junger Mensch so sehen, und von heute aus mag es wirklich seltsam erscheinen: Der Mann kann aus fast unendlicher Fülle schöpfen - und beginnt seine Comeback-Welttournee mit diesem Lied!? Genauer gesagt: Er beginnt mit diesem unbekannten Stück von seinem aktuellen Album, spielt dann einen Wings-Hit, es folgt ein weiterer aktueller Titel, den wieder keiner kennt, erst dann ein Beatles-Stück - und danach gleich noch mehr Wings und Solo!?
Ihr seid das alles gewohnt, Kinder, ihr seid so aufgewachsen: McCartney, klar, das ist der ehemalige Beatle, bzw. eigentlich ist er heute noch einer, und der ist immer irgendwo auf Tour oder eröffnet die Olympischen Spiele! Chr-hrr-hrr, guck mal, was der in den 80ern für 'ne Matte hatte, fast so 'ne Frisur wie seine Frau! Und diese coolen 80-er-Sounds, mein Vater hat auch so 'ne CD, die Keyboards hatten damals alle diesen Sound, musst mal drauf achten! Ey, krass, guck mal: Der hat mit diesem Lied damals seine Konzerte eröffnet! Hö. Kanntest du das? Nö. Ich auch nicht.
Wie auch immer man dazu steht, mit dieser Tour hat er sich dem Beatles-Erbe zugewandt und begonnen, es sich anzueignen. Vielleicht hat er sich in sein Schicksal gefügt. Vielleicht wollte er seinen Beitrag zur Musikgeschichte herausstellen. Und natürlich ist er von heute aus diese legendäre, mindestens respektierte, meist aber verehrte Figur. Das war aber nicht immer so.
Paul McCartney komme ihm vor wie jemand, der ein paar Jahre im Weltraum gewesen sei, schrieb mal jemand irgendwo, und nach dieser Erfahrung einfach wieder seinem normalen Beruf nachgehe. So war das in den 70ern und 80ern: Hier mal ein Hit und da ein Flop, die Kritiken lau, trotzdem jährlich eine Platte. Und da hätte es auch böse nach hinten losgehen können, nach einer Reihe von der Kritik zerpflückter Alben nun plötzlich mit Beatles-Stücken auf Tour zu gehen: Seht, nun muss er selber zugestehen, dass sein Solowerk nichts wert ist, nun fleddert er das Beatles-Erbe, jetzt kommt Las Vegas!
Die 80er waren hart, da gab's am Anfang einmal Applaus für das Album Tug of War, dann Haue für Pipes of Peace und schwere Dresche für Give My Regards to Broad Street. Mit Press to Play setzte er sich gleich zwischen alle Stühle, die Hits blieben aus, trotzdem: Weiter!, ein Album mit alten Rock-Standards in der UdSSR veröffentlichen und mit Elvis Costello ein paar Songs komponieren, die kommen aufs neue Album und damit geht's auf Tour.
Auf dieser Tour wurden sechs Stücke von diesem Album gespielt, zwei davon hätten normale Menschen vielleicht schon mal im Radio gehört haben können, große Hits waren sie - natürlich - trotzdem nicht. Bei meinem ersten Konzert kannte ich das aktuelle Album selber noch nicht.
Er hat einfach weitergemacht, das rechne ich ihm hoch an, er hat es immer wieder versucht, und damals war er gerade noch ein "aktueller" Künstler, dessen Songs zwar keine Numer Eins mehr hergaben, aber eine Nummer 20, und nach oben schien noch manches möglich. Deshalb, junger Mann, begannen die Konzerte 1989 nicht mit Hello Goodbye.
Dann ging es los. Ja, mit ausgerechnet diesem Stück, vielleicht liegt es mir deshalb besonders am Herzen, aber es ist auch ein schönes Stück Poprock, ich mag den unpolierten Gesang und Bass, und die Keyboards, die sind vielleicht ein wenig dick aufgetragen, aber so war das, damals in den 80ern.
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