Einmal, ich war noch neu, ging die Tür des Raucherbüros auf, das ich zu jener Zeit mit meinem guten Kollegen bewohnte. Ein mir noch unbekannter Kollege kam hinein, steckte sich eine Zigarette an und begann ansatzlos zu sprechen:
"Weiß nicht! Ich dachte, du kennst den!"
Ja, nee, nicht schlecht! Wir waren da auch mal auf dieser Messe, mussten da alle hin. Da haben die aber auch für gute Kleidung gesorgt! Da konntest du nicht irgendwas anziehen, nicht einfach das eigene Zeug. Wir bekamen da diese gelben Joop-Hemden, astrein, die knittern gar nicht. Und die konnten wir dann behalten. Ich habe mir davon fünf Stück besorgt. Nicht schlecht! Die kannst du so in den Schrank hängen. Na ja,an dieser Stelle drückte er seine Zigarette aus,
ich muss dann mal wieder. Haut rein!Als die Tür geschlossen war, sah ich ihm entgeistert nach und fragte meinen Kollegen: "Wer war das denn?"
"Weiß nicht! Ich dachte, du kennst den!"
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... deshalb setzte ich zuerst fünf Liter Sauce an. Während die Pampe aufkochte, rührte ich in einer großen Schüssel das Pulver für die Cremesauce, Milch und Zucker ineinander, wobei ich darauf achtete, die Bestandteile nicht zu gut zu vermengen, weil sonst die Klumpenbildung beeinträchtigt wird, wenn man die heiße Milch hinzugibt.Als ich noch ein wenig jünger war, säbelten sie mir mal den Appendix weg. Das war noch in der Zeit, als man dazu aufgeschnitten wurde (Endoskopie? Ha!), so dass ich eine gut erkennbare, reißverschlussförmige Narbe davongetragen habe.
Luigi kam herein und legte Mantel, Socken und Schuhe ab. "Muss mir unbedingt wasche die Fuße in Spulbecke", sagte er, wobei er auf die Abtropffläche kletterte. "Habe ich, wie sagt man, Fußepilz."
(Sue Townsend: Die Cappuccino-Jahre)*
Ich erinnere mich noch gut an die Vollnarkose: "Dir zeige ich's!", dachte ich, als das Gas strömte, und nahm mir vor, einfach wach zu bleiben. Aber mehr als drei, vier Zahlen bekam ich nicht mit, dann war ich weg und dann war er weg, der Wurmfortsatz, ich erwachte irgendwann, schlief wieder ein, wurde erneut wach, so ging das tagelang, bis ich meine Mutter erblickte, die neben mir saß, und ich fragte sie: "Wieviele Tage bin ich denn schon hier?", worauf sie antwortete: "Du wurdest vor drei Stunden operiert!"
Ich musste mich also darauf einstellen, noch ein wenig zu bleiben. Und so wurde ich in jenen Raum gerollt, in dem ich die nächsten Tage verbringen würde. Einer der Zimmernachbarn, J. hieß er, ein paar Jährchen älter als ich und definitiv ein Freak, das war trotz des komischen, hinten zu öffnenden Kittels, wie auch ich einen trug, klar zu erkennen (lange Haare und so!), war aus demselben Grund dort wie ich. Allerdings hatte seine Operation etwa zwölf Stunden vor meiner stattgefunden, eine Tatsache, die noch bedeutsam werden sollte.
Man darf ja ewig nichts essen. Und man verbringt viel Zeit damit, ans Essen zu denken. Und man beginnt darüber zu sprechen. Selten habe ich so ausführlich über Kartoffelbrei, Schwarzbrot mit ganz dick Butter drauf, über Wirsinggemüse und andere Köstlichkeiten gesprochen, und selten hörte ich so gerne jemanden von der tollen Bratensoße erzählen, die es bei seiner Oma immer gibt.
Kurzum: Wir waren ausgehungert, verzweifelt, schalteten in neurotischer Zwangshandlung fünfhundertmal das Licht an und aus, lasen Spiegelartikel über verrückte Vornamen (jemand wollte seinen Sohn Grammophon nennen - meine Narbe wäre deshalb fast wieder aufgebrochen) und fantasierten uns Fünfgängemenüs zusammen.
Eines abends bekam J. zur langsamen Wiedereingewöhnung eine Schale mit sogenanntem Wasserhafer. Die graue Pampe sah, nun ja, irgendwie aus, und doch war ich krank vor Neid auf meinen glücklichen Zimmernachbarn, der endlich wieder etwas zu Essen bekam, während ich noch bis zum nächsten Morgen hungern musste - die erwähnten zwölf Stunden. J. nahm gierig den ersten Löffel, verzog angewidert das Gesicht, schob das Schälchen weg und rief: "Bäh! Das ist ja ekelhaft!", während ich schwor, ich würde alles essen, wenn man mich nur ließe.
An diesem Abend bekam J. Besuch von einer Gruppe Punks, die ihn aus dem Bett hoben, seinen Kittel hinten zubanden und mit ihm im Krankenhaus spazierengingen. Er lief barfuß. Ich versuchte, mein Bett zu bewegen, um an den Hafer zu kommen; es klappte nicht.
Nach schlaflos durchgehungerter Nacht war es morgens endlich so weit: Ich bekam mein Schälchen Wasserhafer! Bebend nahm ich den Löffel, schob mir eine Portion in den Mund, verzog angewidert das Gesicht, schob das Schälchen weg und rief: "Bäh! Das ist ja ekelhaft!"
J. hingegen bekam ein Schälchen mit halb und halb, Hafer mit Wasser und Milch. Den konnte man nach seiner Aussage halbwegs ertragen, und so ging es, ich immer einen halben Tag verzögert, weiter über Milchhafer hin zu Toastbrot mit Frischkäse und dann irgendwann nach Hause. Wo ich langsam wieder an normale Kost herangeführt wurde.
Meine frische Narbe zeigte ich einem Freund, der sein T-Shirt mit den beruhigenden Worten seitlich hochzog: "Bei mir sieht man die kaum noch!", und tatsächlich, es war buchstäblich nichts zu sehen. Was ich ihm auch sagte. "Na ja, man sieht schon noch was." - "Nein, ehrlich, da ist nichts!"
Er begann plötzlich zu lachen. Minutenlang rang er nach Luft, bis er wieder sprechen konnte: "Es ist ja die andere Seite!"
--
*Auf der Titelseite heißt es blöd: "Die Cappuccino Jahre", deshalb hätte ich das Buch fast liegenlassen. Und das wäre schade gewesen, denn es liest sich ganz vergnüglich.
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Man könnte natürlich Schuhe vermieten. Allerdings fürchte ich, dass auch diese Nische längst besetzt ist. Man soll ja seine Nische finden, sagen sie alle! Sich selbständig machen, sich selbst etwas "schnitzen".
Als Kind schrieb ich übrigens mal "selbstständig", da ich das logisch fand. Man steht selbst, so verstand ich das Wort, nicht aber selb; dann kam ein roter Strich drunter und ich merkte es mir als etymologisches Kuriosum. Heute hingegen, Sie wissen schon: Rechtschreibreform, darf man "selbstständig" schreiben, ja, es wird einem sogar empfohlen. Ich tue es trotzdem nicht. Nuss dagegen, das kommt mir wirklich entgegen. Ich habe mal wider besseres Wissen Nuss geschrieben, weil ich, wie ich meiner Deutschlehrerin mitteilte, fand, dass Nuß "einfach doof" aussehe.
Somit hänge ich insgesamt vermutlich einer äußerst gemäßigt reformierten Rechtschreibung an. Nach kurzem Vokal, gerade bei "dass" und "muss", erscheint mir das "ss" geradezu natürlich. Allerdings ist dadurch auch das spezielle schweizerische Dürrenmattgefühl auf immer perdü, das mich bis vor wenigen Jahren noch unweigerlich beschlich, wenn jemand so schrieb. Deutsch - und doch nicht ganz; etwas altertümlich anmutend, vielleicht ein wenig dem seltsamen Klang der Fraktur ähnelnd.
Man merkt ja recht schnell, wenn eine Neuerung sich als nützlich erweist. Und zwar daran, dass man sich kurz darauf fragt, wie man vorher die ganze Zeit darauf verzichten konnte. Erinnern Sie sich noch an die erste Maus mit Scrollrad? Man hätte das Ding doch nie vermisst und noch ewig mit dem Mauszeiger auf den senkrechten Scrollbalken herumgehakelt. Kaum aber hatte man einen Tag lang eine solche Maus verwendet, sich zu Beginn womöglich noch mokiert: "Was soll denn das Ding da? Hatten wir früher auch nicht!" - schon navigierte man wie ein junger Gott durch die grafischen Benutzeroberflächen moderner Computerprogramme.
[Hier zur Verdeutlichung des Themas noch was über Servolenkung und Viagra schreiben.]
Ein weiteres Mal machte mich die Deutschlehrerin zum Gespött der Klasse, als sie sich mokierte: "Im Nachhinein? Großgeschrieben? Was soll das denn? Etwa: Das Nachhinein? Hahahahaha!"
Tja, könnte ich von heute aus sagen: Ich war einfach meiner Zeit voraus. Denn tatsächlich hatte ich mir überlegt, dass auch "das Nachhinein" vergleichbar mit, sagen wir: "die Vergangenheit", etwas deutlich Nominatives an sich hat. Zumal etwas darin, nämlich im Nachhinein, stattfinden konnte. Aber: falsch, falsch, falsch. Und meiner Zeit voraus möchte ich, was die Rechtschreibung angeht, nun lieber doch nicht sein. Da lasse ich der Deutschlehrerin lieber ihren billigen Triumph. Sie wird schon wissen, was sie davon hat. Schlaflose Nächte, nämlich. Seit ich ihr damals, am Erscheinungstag, den reformierten Duden geschickt habe. Anonym. Mit dem gelben Haftnotizzettel beim Buchstaben "N". Mit dem dick markierten, großgeschriebenen im Nachhinein.
Die weiß bestimmt gar nicht mehr, wer ich bin. Aber nachts, da liegt sie da, haha, und ihr Gewissen lässt ihr keine Ruhe! "Im Nachhinein, im Nachhinein - da war doch mal was! Ich entsinne mich! Da habe ich einst jemandem bitter Unrecht getan! Ach, hätte ich doch damals gewusst, was ich heute weiß! Ach, ich muss mich grämen bis in den Tod. Aber nichts Besseres verdiene ich. Ach, ach." Oder so ähnlich.
Nun, wozu in der Vergangenheit festhängen? Nach vorne schauen sollst du! Was war, das war. Sieh, dort! Ein Treffpunkt für Jugendliche!
Ihr jungen Leut, die ihr - und euer Vorrecht ist's gewiss!
Euch noch am Morgen eines langen Lebens wähnt
Gewährt ein Viertelstündchen mir in eurer Gegenwart.
Denn auch wenn sorglos ihr am Borne weilt
Und Stund um Stunde müßig miteinander teilt
Verzeiht mir, wenn ich sage: Es wird hart.
Gar plötzlich ist man alt. Wohin die Zeit?
Wann kam der Tag, als plötzlich man bereit
Zu opfern schnöden Mammon, fahlen Schein
Im Tausche für ein kurzes Stelldichein
Der Jugend, jener längst vergangnen Zeit.
"Ey was will der, will der misch nisch respektieren oder so?"
Gewiss respektiere ich euch, junger Herr, so wie jedes Geschöpf! Gewährt mir einen Schluck des kühlen Trunkes, der hier so überreichlich strömt!
"Eyalter, der trinkt das auch noch! Krass!"
Die Bäckerkunst: Ein wahrlich ehrenwertes Handwerk! Unter dem Zeichen der Brezel Frischgebackenes verkaufen! Gegessen wird immer! Sag ich mal.
Bald, ich sag' es dir!, werden die Menschen genug haben von den Teiglingen aus Spanien, die tiefgefroren und fünfmarkstückgroß in den Heißluftofen geschoben werden, in Tankstellen, Supermärkten und Backshops. Dann stehst du bereit mit deiner Sauerteigbäckerei! Stell schon mal den Teig in den Keller, da sind noch die echten Sporen in den Wänden!
Bald, ich sag' es dir!, haben sie genug von ewiggleichem Einheitsessen. Abenteuer Gastronomie: Wer kennt denn noch Armer Ritter? Wer weiß noch, wie wohl ein Strammer Max tut? Im Herbst: wöchentlich wechselnde Kohlgerichte.
Besinne dich auf deine Stärken. Finde deine Nische. Mit Technik konntest du immer! Die Menschen wollen sich längst nicht mehr in anonymen Megamärkten von Kartonstaplern nutzlosen Nippes aufschwatzen lassen. Längst haben sie begriffen, dass auch im Plasmafernseher und im Format 16:9 kein besseres Programm läuft. Sie sehnen sich nach kompetenter Beratung, einer sinnvollen Produktauswahl und wollen die Gewissheit, dass ihre Geräte auch repariert werden können. Dann sind sie bereit, auch etwas mehr zu bezahlen! Auch Beratung und Service haben ihren Preis, das sieht doch jeder ein, sag ich mal.
Immobilien - das geht immer. Natürlich keine Traumrenditen, aber, ich sag mal, gerade in Zeiten wie diesen wollen die Leute einen reellen Urlaub machen. Man muss nicht mehr übers Wochenende nach New York. Man entdeckt das eigene Land, man wandert, man kommt mit dem PKW oder auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Ich könnte Ihnen da übrigens ein paar sehr günstige Objekte.
Sonst schreiben Sie doch erst mal einen Businessplan zu Ihrer Geschäftsidee und melden sich wieder bei uns - was hatten Sie da zu Beginn noch gleich gesagt?
Als Kind schrieb ich übrigens mal "selbstständig", da ich das logisch fand. Man steht selbst, so verstand ich das Wort, nicht aber selb; dann kam ein roter Strich drunter und ich merkte es mir als etymologisches Kuriosum. Heute hingegen, Sie wissen schon: Rechtschreibreform, darf man "selbstständig" schreiben, ja, es wird einem sogar empfohlen. Ich tue es trotzdem nicht. Nuss dagegen, das kommt mir wirklich entgegen. Ich habe mal wider besseres Wissen Nuss geschrieben, weil ich, wie ich meiner Deutschlehrerin mitteilte, fand, dass Nuß "einfach doof" aussehe.
Somit hänge ich insgesamt vermutlich einer äußerst gemäßigt reformierten Rechtschreibung an. Nach kurzem Vokal, gerade bei "dass" und "muss", erscheint mir das "ss" geradezu natürlich. Allerdings ist dadurch auch das spezielle schweizerische Dürrenmattgefühl auf immer perdü, das mich bis vor wenigen Jahren noch unweigerlich beschlich, wenn jemand so schrieb. Deutsch - und doch nicht ganz; etwas altertümlich anmutend, vielleicht ein wenig dem seltsamen Klang der Fraktur ähnelnd.
Man merkt ja recht schnell, wenn eine Neuerung sich als nützlich erweist. Und zwar daran, dass man sich kurz darauf fragt, wie man vorher die ganze Zeit darauf verzichten konnte. Erinnern Sie sich noch an die erste Maus mit Scrollrad? Man hätte das Ding doch nie vermisst und noch ewig mit dem Mauszeiger auf den senkrechten Scrollbalken herumgehakelt. Kaum aber hatte man einen Tag lang eine solche Maus verwendet, sich zu Beginn womöglich noch mokiert: "Was soll denn das Ding da? Hatten wir früher auch nicht!" - schon navigierte man wie ein junger Gott durch die grafischen Benutzeroberflächen moderner Computerprogramme.
[Hier zur Verdeutlichung des Themas noch was über Servolenkung und Viagra schreiben.]
Ein weiteres Mal machte mich die Deutschlehrerin zum Gespött der Klasse, als sie sich mokierte: "Im Nachhinein? Großgeschrieben? Was soll das denn? Etwa: Das Nachhinein? Hahahahaha!"
Tja, könnte ich von heute aus sagen: Ich war einfach meiner Zeit voraus. Denn tatsächlich hatte ich mir überlegt, dass auch "das Nachhinein" vergleichbar mit, sagen wir: "die Vergangenheit", etwas deutlich Nominatives an sich hat. Zumal etwas darin, nämlich im Nachhinein, stattfinden konnte. Aber: falsch, falsch, falsch. Und meiner Zeit voraus möchte ich, was die Rechtschreibung angeht, nun lieber doch nicht sein. Da lasse ich der Deutschlehrerin lieber ihren billigen Triumph. Sie wird schon wissen, was sie davon hat. Schlaflose Nächte, nämlich. Seit ich ihr damals, am Erscheinungstag, den reformierten Duden geschickt habe. Anonym. Mit dem gelben Haftnotizzettel beim Buchstaben "N". Mit dem dick markierten, großgeschriebenen im Nachhinein.
Die weiß bestimmt gar nicht mehr, wer ich bin. Aber nachts, da liegt sie da, haha, und ihr Gewissen lässt ihr keine Ruhe! "Im Nachhinein, im Nachhinein - da war doch mal was! Ich entsinne mich! Da habe ich einst jemandem bitter Unrecht getan! Ach, hätte ich doch damals gewusst, was ich heute weiß! Ach, ich muss mich grämen bis in den Tod. Aber nichts Besseres verdiene ich. Ach, ach." Oder so ähnlich.
Nun, wozu in der Vergangenheit festhängen? Nach vorne schauen sollst du! Was war, das war. Sieh, dort! Ein Treffpunkt für Jugendliche!
Ihr jungen Leut, die ihr - und euer Vorrecht ist's gewiss!
Euch noch am Morgen eines langen Lebens wähnt
Gewährt ein Viertelstündchen mir in eurer Gegenwart.
Denn auch wenn sorglos ihr am Borne weilt
Und Stund um Stunde müßig miteinander teilt
Verzeiht mir, wenn ich sage: Es wird hart.
Gar plötzlich ist man alt. Wohin die Zeit?
Wann kam der Tag, als plötzlich man bereit
Zu opfern schnöden Mammon, fahlen Schein
Im Tausche für ein kurzes Stelldichein
Der Jugend, jener längst vergangnen Zeit.
"Ey was will der, will der misch nisch respektieren oder so?"
Gewiss respektiere ich euch, junger Herr, so wie jedes Geschöpf! Gewährt mir einen Schluck des kühlen Trunkes, der hier so überreichlich strömt!
"Eyalter, der trinkt das auch noch! Krass!"
Die Bäckerkunst: Ein wahrlich ehrenwertes Handwerk! Unter dem Zeichen der Brezel Frischgebackenes verkaufen! Gegessen wird immer! Sag ich mal.
Bald, ich sag' es dir!, werden die Menschen genug haben von den Teiglingen aus Spanien, die tiefgefroren und fünfmarkstückgroß in den Heißluftofen geschoben werden, in Tankstellen, Supermärkten und Backshops. Dann stehst du bereit mit deiner Sauerteigbäckerei! Stell schon mal den Teig in den Keller, da sind noch die echten Sporen in den Wänden!
Bald, ich sag' es dir!, haben sie genug von ewiggleichem Einheitsessen. Abenteuer Gastronomie: Wer kennt denn noch Armer Ritter? Wer weiß noch, wie wohl ein Strammer Max tut? Im Herbst: wöchentlich wechselnde Kohlgerichte.
Besinne dich auf deine Stärken. Finde deine Nische. Mit Technik konntest du immer! Die Menschen wollen sich längst nicht mehr in anonymen Megamärkten von Kartonstaplern nutzlosen Nippes aufschwatzen lassen. Längst haben sie begriffen, dass auch im Plasmafernseher und im Format 16:9 kein besseres Programm läuft. Sie sehnen sich nach kompetenter Beratung, einer sinnvollen Produktauswahl und wollen die Gewissheit, dass ihre Geräte auch repariert werden können. Dann sind sie bereit, auch etwas mehr zu bezahlen! Auch Beratung und Service haben ihren Preis, das sieht doch jeder ein, sag ich mal.
Immobilien - das geht immer. Natürlich keine Traumrenditen, aber, ich sag mal, gerade in Zeiten wie diesen wollen die Leute einen reellen Urlaub machen. Man muss nicht mehr übers Wochenende nach New York. Man entdeckt das eigene Land, man wandert, man kommt mit dem PKW oder auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Ich könnte Ihnen da übrigens ein paar sehr günstige Objekte.
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Letzten Donnerstag, so höre ich, seien die Dächer noch weiß gewesen. Ja, ich erinnere mich dunkel. Aber gestern konnte ich die Balkontür öffnen. Draußen war der Frühling.
Bald, müssen Sie wissen, verschwinde ich wieder im dunklen Tann. Ich will nun doch mal sehen, was das Hotel so macht! Der Mann hat gesagt, fünf Riesen bar vorab, er hat da jemanden an der Hand, er ruft mich dann auf jeden Fall an, aber die haben da natürlich auch Funklöcher im Harz, und die sind ja auch total beschäftigt mit den ganzen Arbeiten, alleine schon das Dach und die Fenster, und da werde ich dann einfach mal vorbeischauen und ihnen ein paar Ostereier vorbeibringen.
Ich bereite mich auf eine solche Reise natürlich vor. Gutes Schuhwerk etwa ist im Harz unbedingt vonnöten! Was leider nicht jeder Flachländer beherzigt. Und dann siehst du sie mit ihren Sandalen am Brocken scheitern - Pech gehabt! Dumm gelaufen! Nein, ich kann leider nicht helfen! Aber nehmen sie doch die Rolltreppe! Ha! Ha! Ha! Oder soll ich dem Abdecker bescheid sagen! Ha! Ha! Ha! Also, ich muss weiter! Ich trinke dann im Gipfelrestaurant einen auf Sie!
Ich hingegen besitze ein Paar grobprofilige Wanderschuhe, die ich einst auf der Britischen Insel erstand. Und zwar kurz nach den Doc Martens (eine Erfindung des deutschen Dr. Klaus Maertens, wie ja jeder weiß), die dort vergleichsweise günstig, allerdings nur in ganzen Größen abgestuft feilgeboten wurden, weshalb ich eine fatale Fehlentscheidung traf und mich für das kleinere der beiden infragekommenden Paare entschied. Was noch kein Drama gewesen wäre - für den gepflegten Nachmittagsspaziergang in britischen Industriestädten hätt's allemal gelangt. Gleich am nächsten Tag hingegen eine ehrgeizige Wanderung darin anzutreten - das war die nächste Fehlentscheidung, und noch heute überkommt mich in jedem Schuhgeschäft beim Anprobieren allzu enganliegender Fußbekleidung die schaurige Erinnerung an das rohe Fleisch meiner wundgescheuerten Fersen.
Irgendwann, leider war es längst zu spät, stapfte ich schließlich in blutigen Socken durch die spätwinterlich-hügelige Landschaft, die schwarzen Docs an den zusammengebundenen Schnürsenkeln um den Hals baumelnd, ach, es war ein Elend. Welches aber wiederum zu einer meiner besten Kaufentscheidungen führte (denn es war nicht ratsam, auf die Dauer sockfuß durch England zu laufen, die ließen mich ja schon meiner Hosen wegen nicht ins Restaurant: "Sorry, no ripped jeans here!" - ja, auch ich war einmal jung. Sorry my ass, sucker.)
Was also lag näher, als ein Paar exzellenter und garantiert nicht zu kleiner Wanderschuhe zu erstehen? Man kann bis zu drei Paar Socken übereinander anziehen, findet trotz der zusätzlichen Notbandagierung (extrasaugfähige Papiertaschentücher) immer genug Platz und kann die exzellente Schnürung dennoch so stramm anziehen, dass der Fuß bequem und stabil darin geborgen ist. So gewappnet bezwingt man Mittelgebirge mit einem Lächeln.
Weit über eine Dekade liegt der Erwerb jener treuen Wanderstiefel nun zurück, und ich lasse ihnen, das ist nur recht und billig, regelmäßige Pflege angedeihen. Denn auch wenn Monate oder Jahre zwischen den jeweiligen Einsätzen liegen, wollen die braven Gesellen unterdessen nicht gänzlich ignoriert werden. So genügsam ihr Erscheinungsbild, so anspruchslos ihr gesamtes Wesen - man vergesse nie, was man ihnen zu verdanken hat und künftig noch verdanken wird (denn, dessen bin ich sicher, auch weitere Jahrzehnte werden sie mir treulich dienen), und fette sie also gelegentlich ein. Allzu schmerzlich wäre doch der Anblick brüchig gewordenen Leders oder ausgefranster Nähte. Und wie schmiegsam die Laschen! Wie glänzend das robuste Leder! Der ganze Schuh erblüht aufs Neue und sieht aus wie das rotwangig-glänzende Kind auf der Zwiebackpackung.
Frühling ist's! Und was ist da schon ein Stündchen bei geöffneter Balkontür, dieses opfert man doch gerne und putzt endlich mal Schuhe, war ja höchste Zeit, mach die anderen doch auch gleich.
Bald, müssen Sie wissen, verschwinde ich wieder im dunklen Tann. Ich will nun doch mal sehen, was das Hotel so macht! Der Mann hat gesagt, fünf Riesen bar vorab, er hat da jemanden an der Hand, er ruft mich dann auf jeden Fall an, aber die haben da natürlich auch Funklöcher im Harz, und die sind ja auch total beschäftigt mit den ganzen Arbeiten, alleine schon das Dach und die Fenster, und da werde ich dann einfach mal vorbeischauen und ihnen ein paar Ostereier vorbeibringen.
Ich bereite mich auf eine solche Reise natürlich vor. Gutes Schuhwerk etwa ist im Harz unbedingt vonnöten! Was leider nicht jeder Flachländer beherzigt. Und dann siehst du sie mit ihren Sandalen am Brocken scheitern - Pech gehabt! Dumm gelaufen! Nein, ich kann leider nicht helfen! Aber nehmen sie doch die Rolltreppe! Ha! Ha! Ha! Oder soll ich dem Abdecker bescheid sagen! Ha! Ha! Ha! Also, ich muss weiter! Ich trinke dann im Gipfelrestaurant einen auf Sie!
Ich hingegen besitze ein Paar grobprofilige Wanderschuhe, die ich einst auf der Britischen Insel erstand. Und zwar kurz nach den Doc Martens (eine Erfindung des deutschen Dr. Klaus Maertens, wie ja jeder weiß), die dort vergleichsweise günstig, allerdings nur in ganzen Größen abgestuft feilgeboten wurden, weshalb ich eine fatale Fehlentscheidung traf und mich für das kleinere der beiden infragekommenden Paare entschied. Was noch kein Drama gewesen wäre - für den gepflegten Nachmittagsspaziergang in britischen Industriestädten hätt's allemal gelangt. Gleich am nächsten Tag hingegen eine ehrgeizige Wanderung darin anzutreten - das war die nächste Fehlentscheidung, und noch heute überkommt mich in jedem Schuhgeschäft beim Anprobieren allzu enganliegender Fußbekleidung die schaurige Erinnerung an das rohe Fleisch meiner wundgescheuerten Fersen.
Irgendwann, leider war es längst zu spät, stapfte ich schließlich in blutigen Socken durch die spätwinterlich-hügelige Landschaft, die schwarzen Docs an den zusammengebundenen Schnürsenkeln um den Hals baumelnd, ach, es war ein Elend. Welches aber wiederum zu einer meiner besten Kaufentscheidungen führte (denn es war nicht ratsam, auf die Dauer sockfuß durch England zu laufen, die ließen mich ja schon meiner Hosen wegen nicht ins Restaurant: "Sorry, no ripped jeans here!" - ja, auch ich war einmal jung. Sorry my ass, sucker.)
Was also lag näher, als ein Paar exzellenter und garantiert nicht zu kleiner Wanderschuhe zu erstehen? Man kann bis zu drei Paar Socken übereinander anziehen, findet trotz der zusätzlichen Notbandagierung (extrasaugfähige Papiertaschentücher) immer genug Platz und kann die exzellente Schnürung dennoch so stramm anziehen, dass der Fuß bequem und stabil darin geborgen ist. So gewappnet bezwingt man Mittelgebirge mit einem Lächeln.
Weit über eine Dekade liegt der Erwerb jener treuen Wanderstiefel nun zurück, und ich lasse ihnen, das ist nur recht und billig, regelmäßige Pflege angedeihen. Denn auch wenn Monate oder Jahre zwischen den jeweiligen Einsätzen liegen, wollen die braven Gesellen unterdessen nicht gänzlich ignoriert werden. So genügsam ihr Erscheinungsbild, so anspruchslos ihr gesamtes Wesen - man vergesse nie, was man ihnen zu verdanken hat und künftig noch verdanken wird (denn, dessen bin ich sicher, auch weitere Jahrzehnte werden sie mir treulich dienen), und fette sie also gelegentlich ein. Allzu schmerzlich wäre doch der Anblick brüchig gewordenen Leders oder ausgefranster Nähte. Und wie schmiegsam die Laschen! Wie glänzend das robuste Leder! Der ganze Schuh erblüht aufs Neue und sieht aus wie das rotwangig-glänzende Kind auf der Zwiebackpackung.
Frühling ist's! Und was ist da schon ein Stündchen bei geöffneter Balkontür, dieses opfert man doch gerne und putzt endlich mal Schuhe, war ja höchste Zeit, mach die anderen doch auch gleich.
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Nicht oft betrete ich solche Läden, denn mein Lottoschein läuft im Abonnement. Was das Rauchen angeht, bin ich erstens eher Quartalsraucher und zweitens sind das höchstens so ein paar am Tag, ausgenommen die Tage, an denen es mehr werden.
Die Bewohner solcher Geschäfte passen sich an ihre Umwelt an. Sie absorbieren die Toto-Lotto-Luft, den Tabakgeruch, die Titelbilder der Knallpresse, sie sehen vergilbt und gegerbt und dehydriert aus, sie hören das ewige "Wieder mal kein Glück gehabt, na, einmal muss es ja klappen" längst nicht mehr, sie reichen den Stammkunden wortlos einmal HB und die BILD über den Tresen. Seit dreißig Jahren stehen sie da von morgens bis abends und machen einmal im Jahr zwei Wochen Urlaub.
Ähnlich wie in manchen Kneipen fühlt man sich oft fremd, wenn man einen solchen Laden betritt, man erinnert sich an Aktenzeichen XY, wenn hölzerne Darsteller einander zuraunen: "Den habe ich hier ja noch nie gesehen!", und man hofft, keinen Fehler zu machen, und man sagt "Einmal die roten Gauloises, normale Packung, bitte", dann wird man geduldet und darf bezahlen. Sagt man nur "Einmal die roten Gauloises, bitte", dann wird man angeraunzt: "Welche Größe?", und dann darf man keinen Fehler machen. (Einmal hörte ich, wie jemand einfach nur "eine Packung Gauloises" verlangte - na, das hätten Sie hören sollen!)
Ich brauchte Feuer. Ich wollte sparen. Ich wollte kein weiteres, überteuertes Einwegfeuerzeug mit Sternzeichen oder Werder-Emblem kaufen. Ich betrat den Laden mit dem Plan, eine Schachtel Streichhölzer zu kaufen.
Innerlich auf das Schlimmste gefasst, stand ich in der Schlange, fragte mich, ob man einzelne Streichholzschachteln überhaupt bekäme, was sie wohl kosteten, ob man geringschätzig angesehen würde, wenn man sonst nichts kaufte, und als ich dran war, fragte ich mit klopfendem Herzen: "Bekomme ich bei Ihnen eine Schachtel Streichhölzer?"
Mit strahlendem Lächeln bejahte die freundliche Verkäuferin und fragte: "Wollen Sie bezahlen oder nicht?"
Dies überraschte mich, und ich antwortete: "Na, Sie stellen ja Fragen! Also, wenn ich so gefragt werde, dann würde ich gerne bezahlen!"
Wieder wurde ich aufs Freundlichste angelächelt, bekam eine Schachtel Streichhölzer in die Hand gedrückt, "Geschenkt!", bedankte mich, wünschte einen schönen Tag und ging.
Die Finger habe ich mir dann richtig gerne verbrannt.
Die Bewohner solcher Geschäfte passen sich an ihre Umwelt an. Sie absorbieren die Toto-Lotto-Luft, den Tabakgeruch, die Titelbilder der Knallpresse, sie sehen vergilbt und gegerbt und dehydriert aus, sie hören das ewige "Wieder mal kein Glück gehabt, na, einmal muss es ja klappen" längst nicht mehr, sie reichen den Stammkunden wortlos einmal HB und die BILD über den Tresen. Seit dreißig Jahren stehen sie da von morgens bis abends und machen einmal im Jahr zwei Wochen Urlaub.
Ähnlich wie in manchen Kneipen fühlt man sich oft fremd, wenn man einen solchen Laden betritt, man erinnert sich an Aktenzeichen XY, wenn hölzerne Darsteller einander zuraunen: "Den habe ich hier ja noch nie gesehen!", und man hofft, keinen Fehler zu machen, und man sagt "Einmal die roten Gauloises, normale Packung, bitte", dann wird man geduldet und darf bezahlen. Sagt man nur "Einmal die roten Gauloises, bitte", dann wird man angeraunzt: "Welche Größe?", und dann darf man keinen Fehler machen. (Einmal hörte ich, wie jemand einfach nur "eine Packung Gauloises" verlangte - na, das hätten Sie hören sollen!)
Ich brauchte Feuer. Ich wollte sparen. Ich wollte kein weiteres, überteuertes Einwegfeuerzeug mit Sternzeichen oder Werder-Emblem kaufen. Ich betrat den Laden mit dem Plan, eine Schachtel Streichhölzer zu kaufen.
Innerlich auf das Schlimmste gefasst, stand ich in der Schlange, fragte mich, ob man einzelne Streichholzschachteln überhaupt bekäme, was sie wohl kosteten, ob man geringschätzig angesehen würde, wenn man sonst nichts kaufte, und als ich dran war, fragte ich mit klopfendem Herzen: "Bekomme ich bei Ihnen eine Schachtel Streichhölzer?"
Mit strahlendem Lächeln bejahte die freundliche Verkäuferin und fragte: "Wollen Sie bezahlen oder nicht?"
Dies überraschte mich, und ich antwortete: "Na, Sie stellen ja Fragen! Also, wenn ich so gefragt werde, dann würde ich gerne bezahlen!"
Wieder wurde ich aufs Freundlichste angelächelt, bekam eine Schachtel Streichhölzer in die Hand gedrückt, "Geschenkt!", bedankte mich, wünschte einen schönen Tag und ging.
Die Finger habe ich mir dann richtig gerne verbrannt.
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Morgen geh ich ins KaufhausIch war bestimmt zehn Jahre lang nicht mehr drin. Ohne Vorsatz; ich hatte es mir einfach abgewöhnt.
Und kauf mir einen Kamm
Einen schönen großen
So etwa hundert Gramm
(Die fröhlichen Insterburger)
Früher aber war es die zentrale Anlaufstelle. Als ich begann, mir die Umwelt jenseits der unmittelbaren Nachbarschaft zu erobern, insbesondere die Innenstadt kennenzulernen, war mir mein Freund A. ein kundiger Führer. Zwar hatte er mit der verbalen Vermittlung geographischer Zusammenhänge seine Schwierigkeiten; wenn er "immer geradeaus", "hinter" oder "auf der anderen Seite" sagte, war man auch nach mehrmaligen Nachfragen ("von wo aus gesehen?", "wie lange geradeaus?") nicht schlauer, da es ihm aus irgendwelchen Gründen nicht möglich war, sich in andere Menschen hineinzuversetzen. Zumindest, was solche Dinge betraf. Für ihn war seine Sicht die Welt, da gab es keinen Unterschied. Hörte man ihn beispielsweise das erste Mal von seinem Spanienurlaub erzählen und stellte eine harmlose Frage ("Kann man da am Strand auch Eis kaufen?"), dann konnte er vollkommen empört reagieren: "Nee! Da doch nicht! Wir wohnen doch in X, da gibt's doch kein Eis! Dazu muss man doch erst nach Y fahren!" und sah einen an wie jemanden, der seine Sinne nicht ganz beisammen hat.
War man jedoch mit ihm unterwegs, konnte man sicher sein, das gemeinsame Ziel schnell und oft unter Ausnutzung ungeahnter Abkürzungen (wie z.B. Durchquerung eines Ladens) zu erreichen. Und so kam es, dass ich eines Tages gemeinsam mit A. erstmalig auf eigene Faust "nach Karstadt" ging. Wir wollten Rolltreppe fahren und uns die Spielzeugabteilung ansehen.
Das Kaufhaus faszinierte mich. Die gut sichtbar angebrachten, stets offensiv und bedrohlich hin- und herschwenkenden Überwachungskameras, kreuzförmig im Viererverbund über Rolltreppen und Kleiderständern angebracht, oder das Lüftungsgitter vor dem Eingang, unter dem ein verdammt tiefer Abgrund gähnte und in den einmal der kleine Schlüssel meines Fahrradschlosses hineinfiel. Und die Rolltreppen selbst, denen ich stundenlang zusah, da ich nicht begreifen konnte, wie sie endlos weiterlaufen konnten. Irgendwann mussten diese Stufen doch einmal alle sein! Und wie gefährlich die scharfen Eisengitter blitzten, in denen sie am Ende verschwanden.
Man war ja gewarnt worden vor der Gefährlichkeit der bequemen Aufstieghilfe ("Am Ende einen großen Schritt machen! Auf die Schnürsenkel aufpassen! Und beim Handlauf aufpassen, dass die Finger nicht dazwischenkommen!"). Aber eines Tages erwischte es mich doch. Ich musste auf meine Mutter warten, die in irgendeiner Abteilung verschwunden war, und lehnte mit dem Hintern an dem Handlauf der aufsteigenden Rolltreppe. Das glatte Gummi wischte am Hosenboden entlang, ich dachte an nichts, bis ich plötzlich auf dem Handlauf saß und mich auf dem Weg nach oben befand. Das Gesäß über den Rolltreppenstufen, die Beine auf der anderen Seite, und die Decke, die mir die Oberschenkelknochen brechen würde, kam rapide näher. Zwar sprang ich schnell ab und tat, als sei nichts gewesen; doch kann ich seither keine Rolltreppe mehr benutzen, ohne an den klebrigen Kaugummifleck zu denken, der mich mitzog und in jene James-Bond-Situation brachte.
Mein Opa, der in einem sehr kleinen Ort aufgewachsen war und dort immer gelebt hatte, amüsierte sich damals sehr über mein ewiges "bei Karstadt", wenn er mich fragte, wo ich denn dieses gekauft hätte oder jenes besorgen wolle. Das war für ihn, der nichts anderes als spezialisierte Fachgeschäfte kannte, äußerst komisch. Eine Uhr, eine Hose, ein Malkasten - es war klar, wohin ich ging. Und auch in den ersten Jahren in meiner neuen Stadt war ich regelmäßiger Kaufhausgast.
Wodurch es sich geändert hat, ist mir heute noch nicht ganz klar. Manchmal fuhr ich in die großen Zentren außerhalb. Manchmal bestellte ich Dinge per Post. Aber es war, so meine ich, vor allem der Eindruck, dass man dort zuviel bezahle. Die tollen Angebote gab es dort nicht, sondern lediglich Grabbeltische mit minderwertiger Ware, daneben eine zufällige Auswahl von Markenartikeln, die man anderswo günstiger bekam.
Erst seit in den Medien über die Schwierigkeiten des Konzerns berichtet wurde, bin ich wieder hingegangen, zuerst aus reiner Neugier. Und seitdem wieder zum regelmäßigen Kunden geworden. Denn: Die Preise sind in Ordnung; die Auswahl ist gut; die Verkäufer insgesamt kompetent und freundlich (und: es gibt überhaupt welche). Und dann noch etwas: Man kann problemlos umtauschen! Was war das früher für ein inquisitorisches Verfahren ("Umtausch nur an der Sammelkasse! Was ist denn damit nicht in Ordnung! Das kann ich Ihnen so aber nicht umtauschen! Das war schon ausgepackt!"). Heute hingegen: Vorbildlich. Zum einen tauscht man in der jeweiligen Abteilung um. Zweitens gegen Bares oder Rückzahlung auf der EC-Karte. Drittens ohne Diskussionen. Und viertens: Im Notfall sogar ohne Bon, wie es mir gestern widerfuhr, ein Vorgang, der früher undenkbar war.
Bevor sie alle dichtmachen oder auch die letzten Flächen an einzelne Shops vermietet sind: Gehen Sie ruhig mal wieder hin. Suchen Sie das große Haus mit der imposanten Fassade. Laufen Sie durch die alten Abteilungen, nicht die Shop-in-Shops, nehmen Sie das Treppenhaus, in dem es noch nach 70ern riecht, sehen Sie sich die messingfarbenen Türgriffe an den schweren Metalltüren mit Glaseinsatz und die Linoleumböden noch einmal an. In ein paar Jahren gibt's das nicht mehr.
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Ich kenne diese Welt nicht. In meiner Familie war es nicht üblich, im Sportverein zu sein. Zwar habe ich mal einen kläglichen Anlauf in der D1 gestartet, wurde dann in die C2 versetzt und habe nie ein Spiel mitgemacht, sondern überhaupt nur ein paar Wochen am Training teilgenommen. Dann, denn ich war damals durchaus fußballbegeistert, spielte ich lieber wieder mit meinen Freunden auf irgendeinem Rasen. Die Vereinsfußballjungs waren viel besser. Und ich fühlte mich fremd und fehl am Platz.
Das andere waren die Kleingärtner. Auch dazu gehörten wir nicht. Ich bekam aber mit, wie die Eltern meines Freundes A. in ihrem Kleingarten viel Zeit, noch mehr allerdings im Vereinshaus verbrachten. Peter Alexander sang im Hintergrund, man saß zusammen und trank Alkohol in bedenklicher Dosierung, die Mutter meines Freundes saß am Tresen und rauchte Zigarillos, umgeben von drei Männern, die ihr um die Wette Feuer reichten, während ihr Mann still danebensaß und noch mehr trank. Irgendeinen Grund zum Feiern gab's immer, Günni hatte Geburtstag oder Achim und Hanna Hochzeitstag.
Wenn wir als Kinder mal hinkamen, fühlte ich mich einerseits abgestoßen vom Lärmen der manchmal unzurechnungsfähigen, lallenden Menschen, von ihrem Krakeelen, ihrer betrunkenen Langsamkeit, ihrem aufdringlichen Gewitzel, und zugleich auf merkwürdige Weise fasziniert von dieser doch meist fröhlichen und anscheinend auch verlässlichen und nicht zuletzt egalitären Gemeinschaft. (Da fragt dich keiner / was du hast oder bist). Sie grillten zusammen, halfen einander in den Gärten oder führten Gemeinschaftsarbeiten durch (Vereinshaus renovieren).
Mit viel Verspätung lerne ich die Vereinswelt nun kennen. Als Begleiter. Nicht als Aktiver.
Oder doch als Aktiver. Man steht beim Hallenturnier hinter einem Tresen mit Kaffee, Kuchen, Brötchen, Würstchen und macht Kasse. Man trägt Tore zu Platz 4, sieh mal nach, ob der noch abgestreut werden muss.
Man sieht sich eine ehrenhafte Heimniederlage (0:5) an, der Wind pfeift eiskalt, die Mädchen bekommen beim Abstoß den Ball nicht aus dem eigenen Strafraum, man beklatscht gelungene Spielzüge und freut sich über die glücklich und abgekämpft glänzenden Gesichter. Hätte schlimmer kommen können. Dann baut man die Tore ab, die müssen zum Schlackeplatz, und irgendwann sitzt man in der Vereinsgaststätte und wärmt sich mit einem Kaffee.
Die Menschen sehen ganz sympathisch aus.
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Sie sehen ja echt fertig aus mit ihrem Messer!Ich zerteilte gerade mit einem Brotmesser einen Apfel und zuckte ob dieser Unverblümtheit zusammen. Tatsächlich hatte ich mich etwas verhört. "Gefährlich" hatte sie gesagt, nicht "echt fertig". (Stimmte aber trotzdem.)
(Reinigungskraft in der Küche, ca. 2002)
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And in the end
The love you take
Is equal to the love
You make
(The Beatles)
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