Mumien, Analphabeten, Diebe.
Du hast's gut, du hast dein Leben noch vor dir.
Mittwoch, 17. Februar 2016
71@71:#23
nnier | 17. Februar 2016 | Topic Musiq
Im Windschatten des großen Anthology-Hypes Mitte der 90er kam McCartney 1997 mit dem Album Flaming Pie auf den Markt, auf dem sich ein paar feine Songs tummeln. Die meisten Stücke sind durch Akustikgitarren geprägt und klingen damit deutlich anders als der Poprock auf den beiden Vorgängern.

Ehrlich gesagt ist die Produktion sogar ein wenig dünn, was zwar besser ist, als wenn Jeff Lynne als Produzent hier noch den x-ten Aufguss seines ELO-Sounds (nach George Harrison, Roy Orbison, Tom Petty, den Traveling Wilburys etc.) abgeliefert hätte; aber gewundert hat es mich schon, denn auch akustische Gitarren können ganz wunderbar voll klingen.

Dieser Minnegesang hat mich damals nicht unmittelbar ergriffen: Nettes Liedchen, dachte ich, schön gezupft, dachte ich, und die Gitarre dürfte gerne präsenter klingen.

Es gab dann keine Tour zur neuen Platte, da sich privat Trauriges ereignete, und als er Jahre später doch wieder loszog, war längst ein anderes Album aktuell. Von dem wurden reichlich Titel gespielt, nicht jeder davon hätte sein müssen, und das schöne Album Flaming Pie schien in in eine Zeitfalte gerutscht und vergessen worden zu sein.

Es war mir deshalb eine besondere Freude, diesem Stück doch noch live zu begegnen, mit akustischer Bandbegleitung und wunderbarem Harmoniegesang. Mir wird 's ja schnell zu folkig, aber das hier finde ich einfach großartig sentimental, souverän unkitschig und weitaus schöner als das sparsame Original.

Statt wie üblich auf die Originalversion verweise ich also auf eine Liveaufnahme von 2002:

Platz 23: Calico Skies (1997)

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Freitag, 12. Februar 2016
71@71:#24
nnier | 12. Februar 2016 | Topic Musiq
Bei diesem Song hätte ich darauf gewettet, dass er ihn alleine aufgenommen hat: Das mäandert und klingt dabei irgendwie unscharf, so dass ich ihn vor meinem geistigen Auge mal wieder Spur für Spur vor sich hinbasteln sehe. Auch das Schlagzeug ist sparsam und typisch McCartney, da merkt man nichts von den Fähigkeiten des exzellenten Drummers, den Paul seit vielen Jahren in seiner Liveband hat: Ab und zu ein einzelner Schlag aufs Becken und ansonsten so harmlos den Takt gespielt, dass man glauben will, das könnte man doch selber.

Jedoch, es spielen tatsächlich andere Musiker mit, auch der überirdische Drummer, so behauptet zumindest das Booklet (ich bin nicht restlos überzeugt), und das Lied war die erste Single vom ansonsten ziemlich knackrockigen Album Driving Rain: Also ich mag das Liedchen ja, aber als Single bietet es sich nicht gerade an, oder?

Gefühlt müsste das eine der unterschätzten B-Seiten sein, und als solche hat es einen festen Platz in meinem Herzen, suchend, tastend, zerbrechlich gesungen: Ganz anders als das brachiale Freedom, das dann hektisch die nächste Single wurde, was sich nur als spontane Reaktion auf die schrecklichen Ereignisse des Herbstes 2001 entschuldigen lässt.

Platz 24: From a Lover to a Friend (2001)

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Montag, 8. Februar 2016
71@71:#25
nnier | 08. Februar 2016 | Topic Musiq
Piss off, eyy! Ich weiß, ihr könnt es alle kaum erwarten, deshalb geht das hier auch Schlag auf Schlag, und schon betreten wir die Top 25 dieser beliebten kleinen Serie.



Paul würde das so nie ausdrücken, der würde einfach "Piece of cake" über ein paar verstimmte Gitarrenakkorde singen, mit ebensolcher Stimme, und über seine vielen Stimmen denkt ja sowieso niemand hinreichend nach. Und was für ein abwechslungsreicher Song das hier schon wieder ist! Nicht nur durch seine Stimme, die nach Belieben im Falsett säuseln (That was your first mistake), aggressiv shouten (Too many hungry people losing weight), beinahe vergeistigt (Ooohoo-ooh, nach den ersten paar Sekunden) oder komplett weggetreten (Piece of cake) klingen kann.

Man hört so ein Lied und denkt, na ja, das läuft so geradeaus, dabei sind eine Menge kleine Rafinessen darin verborgen, das beginnt mit dem kleinen Kuchenstückvorspiel und geht weiter mit den zahlreichen Breaks, einem grandiosen E-Gitarrensolo und einem ziemlich wilden Finale.

Der Song stammt im übrigen von der einzigen Platte des berühmten Musikerduos Paul & Linda McCartney, und das ist wirklich schade, dass die nur diese eine Scheibe veröffentlicht haben, denn sie ist einer meiner liebsten.

Und was die japanischen Jungs da oben mit ihrer großen Pause anstellen, finde ich sehr löblich. Üben, Boys, dann gibt's auch ein Stück Kuchen!

Platz 25: Too Many People (1971)

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Sonntag, 7. Februar 2016
Nebenbei geschluckt
nnier | 07. Februar 2016 | Topic Gulp
- Mein Kollege hat jede Menge Hunde. Mit denen fährt er immer zur Hundeschule nach Hamburg. Der macht jetzt nebenbei einen Weinhandel für so Bio-Weine. Soll ich mal was mitbringen?

- OK.



Wenn ich mich zwischendurch frage, ob ich mir vielleicht auch ein paar Hunde anschaffen sollte und mit denen täglich rausgehen, zum Tierarzt, in die Hundeschule und zu Wettbewerben fahren, dann lautet die Antwort: Nein. Und ich werde auch niemals nebenbei einen Weinhandel betreiben, ich komme ja kaum dazu, mal einen Schluck zu trinken.

Dieser hier also aus Portugal von den Ufern des Flusses Duoro, aus eingeborenen Sorten gerührt, und er bringt ordentlich Fass mit, du hältst kaum die Nase übers Glas, schon steckt da ein Stück Holz drin. Zum Essen schmeckte der Wein gut, da kamen Frucht und Säure zupass. Solo aber überzeugt er mich nicht komplett: Ja, da sind Tannine, und die, so viel kann ich inzwischen sagen, gehören für mich auf jeden Fall dazu. Jedoch die Säure ist mir zu stark im Vordergrund, ich mag vorne im Mund gar nicht so viel schmecken, ich will, dass es mir den Rachen weitet. Frucht wiederum ist auch ganz nett, aber ich brauche das mehr vergeistigt, nicht so konkret, und das soll sich richtig schwer anfühlen, dieses hier ist noch viel zu frisch und zu nahe an der Beere.

Erklärst du das kurz deinem Weinhändlerkollegen, der wird das schon verstehen. Wie bitte? Der setzt sich dann doch lieber zum Tierarzt?



Quinta do Romeu von 2011, 13,5 %, vom Nebenbei-Weinhandel, ca. 11.- EUR. Ich sach mal: Ganz nett, aber da geht noch was, Portugal.

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Donnerstag, 4. Februar 2016
Hansefuck
nnier | 04. Februar 2016 | Topic In echt
Am meisten hasse ich meine Mitmenschen, wenn sie Sport machen. Die Sportlehrertypen, die Trillerpfeifen, die peinliche Situation in der Umkleidekabine, all das habe ich in reichlich unangenehmer Erinnerung, und gleiches gilt fürs Schwimmengehen: Da brauche ich den Chlor bloß zu riechen, schon laufen die unangenehmsten Filme ab.

Ich hätte es also wissen können, als der Arbeitgeber warb: Geht zu Hansefuck!, da wird monatlich etwas vom Gehalt abgezogen (und wir bezahlen noch was dazu!) Dann könnt ihr in dieses und jenes Fitness-Studio gehen, und aber auch ins Schwimmbad.

Vor sehr vielen Jahren dachte ich schon einmal: Gehst du halt auch mal ins Fitness-Studio, zu Eisenhower oder wie das heißt, und man kann hinterher in die Sauna. Meldete mich für ein Jahr an, zahlte monatlich, ging zweimal hin, schaute kurz in die Sauna (von außen), erschauerte innerlich und blieb für immer weg.

Schwimmen aber, oder sagen wir: Im Wasser sein, das hat mir mit den Kindern manchmal Spaß gemacht, und da ich keiner bin, der halbe Tage im Schwimmbad verbringt, sondern jemand, der nach einer Dreiviertelstunde sagt: Ist dann auch gut für heute, kam ich in den letzten Jahren gar nicht mehr auf die Idee, mal hinzugehen. Fünf Euro für einmal Reinhüpfen mag ich nicht zahlen, und dass ich "eigentlich" auch länger bleiben könnte, interessiert mich wenig, das ist exakt wie auf dem Brocken: Da wandern deine kleinen Kinder tapfer mit dir hoch, und oben willst du ein Bahnticket kaufen, um wieder herunterzufahren. Du zuckst dann bei dem Preis zusammen und sagst, ähm, wir wollen ja nur die eine Station, und die sagen dir: Wir verkaufen hier nur Netzkarten, die gelten für die ganze Harzer Schmalspurbahn, da können Sie bis nach X und nach Y mit fahren, und du sagst, bloß wenn ich jetzt nur die eine Station da wieder runter will mit meinen Kindern, und die sagen: Wie gesagt.

Wie gesagt, und da kam bei mir die anthropologische Konstante der Flatrate-Mentalität ins Spiel: Wenn du nicht fünf Euro für einmal Reinhüpfen bezahlen musst, sondern monatlich automatisch ein Betrag von deinem Gehalt abgezogen wird (und sie bezahlen was dazu!), dann kannst du da reinhüpfen und gleich wieder gehen, und das motiviert dich vielleicht, und es gibt noch diese Fitness-Studios, man sollte ja auch was für seinen Rücken tun.

Jeden Monat haben sie einen Betrag von meinem Gehalt abgezogen (und etwas dazubezahlt!), und ich sag mal, ich hätte richtig rauchen können davon. Als das Jahr fast herum war, fragte ich die Kollegen: Wie geht denn das bei Hansefuck, wo kriegt man eigentlich diese Karte her. Ganz einfach, sagten die, du gehst zu einem angeschlossenen Fitness-Studio, zahlst noch so eine Gebühr, dann geben die dir die Karte, mit der kommst du dann überall rein.

Es dauerte dann nur noch ein paar Wochen, da sagte ich eines abends: Also nicht dass ich jetzt Sport machen würde, aber ich kann ja mal die Karte abholen, dann habe ich die immerhin schon mal. Gut!, ermunterte man mich, ist doch gut!, Und dann kannst du ja vielleicht schon mal gucken, vielleicht guckst du dir das ja schon mal an.

Ich bin dann hingefahren, habe noch so eine Gebühr bezahlt (davon hätte ich richtig rauchen können), und ob ich gleich eine Einführung in das Studio haben wolle oder einen Termin dafür: Nein, nein, beeilte ich mich, ich melde mich dann, ich rufe dann an, ich wollte heute nur schon mal meine Karte holen.

Na, hat alles geklappt, wurde ich gefragt, hast du die Karte, wurde ich gefragt, und wie ist es da so.

Ich muss gleich kotzen, sagte ich, zum Kotzen ist es da, alleine schon wenn man da hinfährt, die Autos und die Menschen, und die Sporttaschen, und wie die da hingehen, und wie die da rauskommen, und wie die da sind, und wie dieser Tresen ist, und wie die Frau da ist, und wie im Hintergrund die Geräte sind, und die komischen Fahrräder, und die Schließfächer, etwas Abstoßenderes kann man sich gar nicht vorstellen, und ich würde nicht mal für Geld da hingehen, ich musste ganz schnell wieder wegfahren, ein Graus, dann konnte ich nicht weiterreden und ekelte mich vor den Menschen.

Ich muss nun bald entscheiden, ob ich den Vertrag um ein Jahr verlängere, vielleicht motiviert einen das ja, einfach mal ins Schwimmbad zu gehen, und man soll ja was für den Rücken tun, immerhin habe ich jetzt schon mal die Karte und die ziehen einem das automatisch vom Gehalt ab (und bezahlen noch etwas dazu!)

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