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nnier | 23. September 2011 | Topic Klar jewesn

[ ] Eiskratzer hier Pflicht
[ ] Nur für LKW mit großem Außenspiegel
[ ] Vorsicht! Busfahrer Horst Hrubesch trägt Hörgerät
[ ] Hier bitte nur eckige Aquarien transportieren
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Oh Schreck! Zwei Mahlzeiten waren vertauscht worden, das war uns gerade noch aufgefallen. Das im Heißluftofen hocherhitzte Seniorenessen sah von außen nämlich stets gleich aus, egal ob es sich um Gemüsesuppe, Fischfilet oder Rinderrouladen handelte: Es waren die immer gleichen Aluminiumschalen zum Aufreißen. Zwar lieferten wir nicht à la carte, doch hatten sich die Bezieher auf Diabetiker-, Voll- oder leichte Kost festgelegt, und so mussten wir penibel auf die kleinen Schildchen achten, die auf jedem Schälchen klebten.
Das Essen wurde tiefgekühlt in Fünfer-Einheiten angeliefert, weshalb es für uns eine gewisse Logistik zu betreiben galt: Blieben bspw. von einer Sorte drei Exemplare übrig, musste man diese in der Folgewoche jemand anderem liefern, man konnte dabei notfalls Diabetiker- oder leichte Kost auch mal einem Vollkost-Bezieher auf den Tisch stellen (keinesfalls aber umgekehrt!), musste aber darauf achten, dass niemand dreimal nacheinander Suppe bekam und wusste irgendwann auch, wer gerne Süßes aß (Milchreis, Blaubeerpfannkuchen) und wer einem solche Mahlzeiten am nächsten Tag unangetastet und mit vorwurfsvollem Blick unter die Nase halten würde.
Wir waren bald eingespielt und routiniert, irgendetwas ließ mich an diesem Tag aber trotzdem einmal kurz den Deckel der grünen Isolierbox anheben und den Inhalt prüfen, bevor ich Frau M. an der Tür ihre Mahlzeit in die Hand drücken würde. Diese Boxen waren ihrerseits mit Schildchen versehen, auf denen die Namen der Kunden standen, so dass Schwund gleich auffallen und einer Person zugeordnet werden können sollte. Als ich nun den Deckel herunternahm und hineinspähte, fiel mir der Fehler gleich auf: Frau M. hat Diabetikerkost, das hier aber war keine! Ich teilte dies dem verkatert im Auto sitzenden Kollegen mit, der die Schälchen an jenem Tag aus dem Ofen genommen und einsortiert hatte, und sagte: Da müssen wir noch mal umsortieren.
Er quälte sich aus dem Sitz, sah wirklich elend aus an dem Tag, wir stapelten die grünen Iso-Boxen auf der Motorhaube des zivildienstfarben umlackierten ehemaligen Postgolfs ("Pogo"), suchten und fanden schließlich eine Tauschmöglichkeit, also hob er mit spitzen Fingern eine sehr heiße Schale aus der einen, eine weitere aus der anderen Styroporbox, pustete sich über die Fingerkuppen und setzte dann mit großer Vorsicht die Schalen umgekehrt wieder ein. Ich beobachtete ihn dabei, und als er die Deckel wieder auf die Schalen gelegt hatte und mit beiden Händen wedelte, schaute er auf und blaffte mich an: Was grinst du denn so blöd!
Meistens aber waren wir in guter Stimmung zusammen unterwegs, und das muss man erst mal schaffen, zwanzig Monate lang Tag für Tag zu zweit dieselbe Tour zu fahren, zu denselben Leuten zu gehen und im Gegensatz etwa zu den coolen Krankenwagenfahrern garantiert nie etwas Aufregendes zu erleben. Vermutlich hatte unsere Dienststelle ganz anders kalkuliert, für ihr neu auf den Markt gekommenes "Essen auf Rädern" waren jedenfalls gleich zwei Zivis eingestellt worden, allerdings hatte man doch nur eine Handvoll Kunden gewonnen, so dass unser Idyll stets davon bedroht war, dass jemand käme und verkündete: Das kann ja wohl einer alleine machen!
Was definitiv stimmte, und so erfanden wir alle möglichen Begründungen dafür, dass es total sinnvoll und effektiv war, diese Tour zu zweit zu fahren: Man könne z.B. hier eine Stichfahrt machen, und während dort der eine in das Hochhaus zu Frau X gehe, fahre der andere zu Herrn Y und sammle den Kollegen dann bei Z wieder ein. Relativ lange ließ sich das auch aufrecht halten, schwierig wurde es immer dann, wenn einer von uns beiden Urlaub hatte: Dann konnte der andere ja schlecht genauso früh wieder zurückkehren wie sonst! Andererseits durften die armen alten Menschen auch nicht erst nachmittags um 16h ihr Essen bekommen. Da musste getrickst und getäuscht werden, ich fuhr dann meist im ersten Drittel nach Hause und ließ ein Stündchen vergehen, entschuldigte mich im zweiten Drittel bei den Kunden für die ungewohnt späte Lieferung, belieferte zum Schluss auf einer umständlichen Route diejenigen, bei denen es vollkommen egal war und fuhr dann erneut für ein Weilchen nach Hause, bevor ich vollkommen geschafft in die Dienststelle zurückkehrte und verkündete, wie sehr ich mich auf die Rückkehr des Kollegen freute, denn das sei doch sehr anstrengend so alleine.
Das kam mir erstaunlich leicht von den Lippen, denn auch zu zweit war die Routine dergestalt, dass wir nach unserer gemütlichen Tour in aller Ruhe die preisgekrönte Nordmensa aufsuchten und dort gigantische Mengen an Nahrung vertilgten. Nach dem zweiten Nachtisch saßen wir noch ein wenig herum, stiegen dann wieder in den Pogo, kehrten zur Dienststelle zurück und mussten erst mal ganz dringend Mittagspause machen.
Irgendwann war es doch so weit, es kam der Tag, vor dem ich mich die ganze Zeit gefürchtet hatte, es war ein Tag, an dem der Kollege nicht da war, und der unangenehme Vorgesetzte kam mit einer Stoppuhr zu mir in die Küche. Er habe sich vorgenommen, einmal genau zu protokollieren, wie viel Zeit man für die Auslieferung brauche, sprach er mit ernster Miene und notierte die Startzeit. Während das Essen im Ofen brutzelte, überlegte ich fieberhaft: Es würde ein ganzes Maßnahmenpaket geben müssen, soviel war klar, und ich begann damit, fürs Einpacken wesentlich länger zu brauchen als üblich. Im Kopf baute ich eine umständliche, aber nicht zu offenkundig falsche Route zusammen, die sich durch möglichst viele Ampeln, Staus, Einbahnstraßen usw. auszeichnen sollte. Allerdings hatte der ganze Plan einen entscheidenden Schwachpunkt: Was wäre, wenn der Kontrolleur mit zu den alten Menschen gehen und dort erfahren würde, dass wir sonst ja immer viel früher kamen?
So legte ich falsche Fährten, suggerierte dieses und unterschlug jenes, stand nach dem Abgeben des Essens noch fünf Minuten im Hausflur herum, bevor ich wieder zum Auto rannte und augenrollend erzählte, dass die Frau A. immer so viel erzähle, drückte ausdauernd haarscharf neben die Klingel und breitete verzweifelt die Arme aus, weil der Herr B. einfach nie die Klingel höre, entschuldigte mich drinnen hektisch für die ungewohnt späte Lieferzeit, aber heute sei der Chef mit dabei und da dauere alles doppelt so lange.
In diesem Moment fiel mir der Nachtisch ein: Um das triste Tiefkühlmenü ein wenig aufzupeppen, gab es ab und zu ein wenig Obst, das wir im Supermarkt kauften und dann mit dem Essen verteilten. Mit gewichtiger Miene fuhr ich einen weit abseits der Route liegenden Einkaufsmarkt an, bei dem es, so behauptete ich, das beste Obst gebe - und nicht mal teuer!, der Chef wurde neugierig, stieg zum ersten Mal mit aus und wir betraten den Laden. Wo er ausgiebig das Obst- und Gemüseangebot studierte, Preise verglich, Qualität prüfte, dann mit einer Tüte Weintrauben zur Kasse ging und bezahlte.
Dennoch konnte ich insgesamt nicht viel mehr als eine zusätzliche Stunde herausholen, und schwitzend wartete ich auf das Urteil, das ich längst zu kennen glaubte: Dass diese Arbeit künftig - und zwar in Teilzeit - von einem Mann erledigt werde, der nachmittags noch im Pflegedienst eingesetzt werden könne, wohin der andere ab sofort komplett versetzt werde.
Auf dem Hof drückte er auf seine Stoppuhr. "Und jetzt noch die Küche machen, was!?", sprach er, während ich die leeren Styroporboxen aus dem Pogo räumte und aufstapelte. "Äh, ja!", sagte ich, wir gingen die Treppe hinauf, und in der Küche verkündete er: "Da freuen Sie sich bestimmt schon, dass der Kollege wiederkommt, was! Ist ja 'ne ganz schön anstrengende Tour."
Der konnte übrigens auch bald wieder grinsen, der Kollege, als ich ihm sagte: Na ja, du hättest auch einfach nur die Deckel austauschen können.
Das Essen wurde tiefgekühlt in Fünfer-Einheiten angeliefert, weshalb es für uns eine gewisse Logistik zu betreiben galt: Blieben bspw. von einer Sorte drei Exemplare übrig, musste man diese in der Folgewoche jemand anderem liefern, man konnte dabei notfalls Diabetiker- oder leichte Kost auch mal einem Vollkost-Bezieher auf den Tisch stellen (keinesfalls aber umgekehrt!), musste aber darauf achten, dass niemand dreimal nacheinander Suppe bekam und wusste irgendwann auch, wer gerne Süßes aß (Milchreis, Blaubeerpfannkuchen) und wer einem solche Mahlzeiten am nächsten Tag unangetastet und mit vorwurfsvollem Blick unter die Nase halten würde.
Wir waren bald eingespielt und routiniert, irgendetwas ließ mich an diesem Tag aber trotzdem einmal kurz den Deckel der grünen Isolierbox anheben und den Inhalt prüfen, bevor ich Frau M. an der Tür ihre Mahlzeit in die Hand drücken würde. Diese Boxen waren ihrerseits mit Schildchen versehen, auf denen die Namen der Kunden standen, so dass Schwund gleich auffallen und einer Person zugeordnet werden können sollte. Als ich nun den Deckel herunternahm und hineinspähte, fiel mir der Fehler gleich auf: Frau M. hat Diabetikerkost, das hier aber war keine! Ich teilte dies dem verkatert im Auto sitzenden Kollegen mit, der die Schälchen an jenem Tag aus dem Ofen genommen und einsortiert hatte, und sagte: Da müssen wir noch mal umsortieren.
Er quälte sich aus dem Sitz, sah wirklich elend aus an dem Tag, wir stapelten die grünen Iso-Boxen auf der Motorhaube des zivildienstfarben umlackierten ehemaligen Postgolfs ("Pogo"), suchten und fanden schließlich eine Tauschmöglichkeit, also hob er mit spitzen Fingern eine sehr heiße Schale aus der einen, eine weitere aus der anderen Styroporbox, pustete sich über die Fingerkuppen und setzte dann mit großer Vorsicht die Schalen umgekehrt wieder ein. Ich beobachtete ihn dabei, und als er die Deckel wieder auf die Schalen gelegt hatte und mit beiden Händen wedelte, schaute er auf und blaffte mich an: Was grinst du denn so blöd!
Meistens aber waren wir in guter Stimmung zusammen unterwegs, und das muss man erst mal schaffen, zwanzig Monate lang Tag für Tag zu zweit dieselbe Tour zu fahren, zu denselben Leuten zu gehen und im Gegensatz etwa zu den coolen Krankenwagenfahrern garantiert nie etwas Aufregendes zu erleben. Vermutlich hatte unsere Dienststelle ganz anders kalkuliert, für ihr neu auf den Markt gekommenes "Essen auf Rädern" waren jedenfalls gleich zwei Zivis eingestellt worden, allerdings hatte man doch nur eine Handvoll Kunden gewonnen, so dass unser Idyll stets davon bedroht war, dass jemand käme und verkündete: Das kann ja wohl einer alleine machen!
Was definitiv stimmte, und so erfanden wir alle möglichen Begründungen dafür, dass es total sinnvoll und effektiv war, diese Tour zu zweit zu fahren: Man könne z.B. hier eine Stichfahrt machen, und während dort der eine in das Hochhaus zu Frau X gehe, fahre der andere zu Herrn Y und sammle den Kollegen dann bei Z wieder ein. Relativ lange ließ sich das auch aufrecht halten, schwierig wurde es immer dann, wenn einer von uns beiden Urlaub hatte: Dann konnte der andere ja schlecht genauso früh wieder zurückkehren wie sonst! Andererseits durften die armen alten Menschen auch nicht erst nachmittags um 16h ihr Essen bekommen. Da musste getrickst und getäuscht werden, ich fuhr dann meist im ersten Drittel nach Hause und ließ ein Stündchen vergehen, entschuldigte mich im zweiten Drittel bei den Kunden für die ungewohnt späte Lieferung, belieferte zum Schluss auf einer umständlichen Route diejenigen, bei denen es vollkommen egal war und fuhr dann erneut für ein Weilchen nach Hause, bevor ich vollkommen geschafft in die Dienststelle zurückkehrte und verkündete, wie sehr ich mich auf die Rückkehr des Kollegen freute, denn das sei doch sehr anstrengend so alleine.
Das kam mir erstaunlich leicht von den Lippen, denn auch zu zweit war die Routine dergestalt, dass wir nach unserer gemütlichen Tour in aller Ruhe die preisgekrönte Nordmensa aufsuchten und dort gigantische Mengen an Nahrung vertilgten. Nach dem zweiten Nachtisch saßen wir noch ein wenig herum, stiegen dann wieder in den Pogo, kehrten zur Dienststelle zurück und mussten erst mal ganz dringend Mittagspause machen.
Irgendwann war es doch so weit, es kam der Tag, vor dem ich mich die ganze Zeit gefürchtet hatte, es war ein Tag, an dem der Kollege nicht da war, und der unangenehme Vorgesetzte kam mit einer Stoppuhr zu mir in die Küche. Er habe sich vorgenommen, einmal genau zu protokollieren, wie viel Zeit man für die Auslieferung brauche, sprach er mit ernster Miene und notierte die Startzeit. Während das Essen im Ofen brutzelte, überlegte ich fieberhaft: Es würde ein ganzes Maßnahmenpaket geben müssen, soviel war klar, und ich begann damit, fürs Einpacken wesentlich länger zu brauchen als üblich. Im Kopf baute ich eine umständliche, aber nicht zu offenkundig falsche Route zusammen, die sich durch möglichst viele Ampeln, Staus, Einbahnstraßen usw. auszeichnen sollte. Allerdings hatte der ganze Plan einen entscheidenden Schwachpunkt: Was wäre, wenn der Kontrolleur mit zu den alten Menschen gehen und dort erfahren würde, dass wir sonst ja immer viel früher kamen?
So legte ich falsche Fährten, suggerierte dieses und unterschlug jenes, stand nach dem Abgeben des Essens noch fünf Minuten im Hausflur herum, bevor ich wieder zum Auto rannte und augenrollend erzählte, dass die Frau A. immer so viel erzähle, drückte ausdauernd haarscharf neben die Klingel und breitete verzweifelt die Arme aus, weil der Herr B. einfach nie die Klingel höre, entschuldigte mich drinnen hektisch für die ungewohnt späte Lieferzeit, aber heute sei der Chef mit dabei und da dauere alles doppelt so lange.
In diesem Moment fiel mir der Nachtisch ein: Um das triste Tiefkühlmenü ein wenig aufzupeppen, gab es ab und zu ein wenig Obst, das wir im Supermarkt kauften und dann mit dem Essen verteilten. Mit gewichtiger Miene fuhr ich einen weit abseits der Route liegenden Einkaufsmarkt an, bei dem es, so behauptete ich, das beste Obst gebe - und nicht mal teuer!, der Chef wurde neugierig, stieg zum ersten Mal mit aus und wir betraten den Laden. Wo er ausgiebig das Obst- und Gemüseangebot studierte, Preise verglich, Qualität prüfte, dann mit einer Tüte Weintrauben zur Kasse ging und bezahlte.
Dennoch konnte ich insgesamt nicht viel mehr als eine zusätzliche Stunde herausholen, und schwitzend wartete ich auf das Urteil, das ich längst zu kennen glaubte: Dass diese Arbeit künftig - und zwar in Teilzeit - von einem Mann erledigt werde, der nachmittags noch im Pflegedienst eingesetzt werden könne, wohin der andere ab sofort komplett versetzt werde.
Auf dem Hof drückte er auf seine Stoppuhr. "Und jetzt noch die Küche machen, was!?", sprach er, während ich die leeren Styroporboxen aus dem Pogo räumte und aufstapelte. "Äh, ja!", sagte ich, wir gingen die Treppe hinauf, und in der Küche verkündete er: "Da freuen Sie sich bestimmt schon, dass der Kollege wiederkommt, was! Ist ja 'ne ganz schön anstrengende Tour."
Der konnte übrigens auch bald wieder grinsen, der Kollege, als ich ihm sagte: Na ja, du hättest auch einfach nur die Deckel austauschen können.
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Der Mann lief draußen schon so komisch herum, er schien das Haus gegenüber zu beobachten, ich dachte an die GEZ und die Stasi, erinnerte mich auch sofort wieder an die unverschämte Frau von vor zehn Jahren, die vor dem Haus herumlungerte, als ich mittags nach Hause kam, die mich dann mit zusammengekniffenen Augen musterte und auf meine Frage, ob ich ihr helfen könne, sagte: Sie haben Kabelanschluss, der ist nicht angemeldet, ich sagte: Nein, will ich nicht und habe ich nicht, sie behauptete: Definitiv haben Sie Kabel, ich sagte: Nein, was wollen Sie denn, Sie meinte: Das wird Folgen haben und stieg in ihr Auto, HAU BLOSS AB, DU VERKOMMENE STASI-AGENTIN, ZEIG DICH NIE WIEDER IN MEINER STRASSE, DU SCHNÜFFLERIN, DU HÄSSLICHE HILFSFRATZE, dachte ich in durchgängiger Großschreibung, und wie mir das alles wieder einfiel, klingelte es auch schon und der Herr mit seinem Klemmbrett stand da, versuchte seriös auszusehen und sprach ganz forsch: Tag, K*bel Deutschland, wir messen gerade die Anschlüsse durch, ich müsste mal in Ihren Keller, ich sagte: Wie, bitte, was habe ich mit K*bel Deutschland zu tun, ja, wir messen da die Anschlüsse durch, Sie haben auch so was im Keller, so einen grauen Kasten, und ich blieb wieder viel zu freundlich und sagte: Ich habe kein K*bel Deutschland, was wollen Sie da in meinem Haus, nicht nur in Ihrem Haus, in der ganzen Straße!, entgegnete er, und ich sagte sehr langsam: Sie können hier nicht einfach ankommen und in meinen Keller wollen, schicken Sie mir was zu, dann weiß ich worum es geht und überlege mir das, er schrieb dann noch meinen Namen auf sein Klemmbrett und guckte unfreundlich. Als er ging, sah ich sein komisches Namensschild, "Selbstständiger Medienberater" oder so etwas stand darauf, und nächstes Mal erwische ich einen von denen mal im richtigen Moment, UND DANN SETZT ES ABER WAS!
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Wenn ich ausnahmsweise mal nach Hamburg fahre, verliere ich ja meistens eine Stoßstange, deshalb fuhr ich diesmal ganz besonders vorsichtig um die Ecken. Auf dem Weg aus der Stadt heraus war ich dann richtiggehend happy, heute mal heile durchgekommen zu sein und auch endlich das blaue Autobahnschild zu entdecken, trat also freudig aufs Gaspedal und sah den dunkelgelben Blitz ungefähr in dem Moment, als die Stimme aus dem Navigationscomputer bei dem Wort "beachten" angekommen war, denn die breite Ausfallstraße war aus unerfindlichen Gründen auf 30 km/h beschränkt. Nach kurzem Nachdenken arbeitete ich einen Witz um, den ich 1978 zum ersten Mal in dem Heft 3 X kurz gelacht! gelesen habe, und rammte meiner Beifahrerin den Ellbogen in die Seite: "Warum fahren die HSV-Spieler immer diesen Weg zum Training? Damit sie wenigstens in Flensburg Punkte kriegen, harhar!"

Das anschließende Schweigen zog sich bis auf die A261, wo ich es beendete, indem ich kurz die Geschichte des Hamburger Sportvereins von 1887 e.V. referierte, wobei der eindeutige Schwerpunkt meiner Kenntnisse (wie eigentlich bei allen Themen) in den frühen 80er Jahren lag, Branko Zebec, Ernst Happel, Hrubesch, Magath, Kaltz, und wie es in jenen Jahren in der Schule nur um eine einzige, entscheidende Frage ging: Bist du Bayern oder HSV?

Das alles spielte in einer Zeit, in welcher die Gleichung Bayern=CSU=Strauß=bäh! noch unwidersprochen galt, man brauchte bloß den Hals einzuziehen und "Jo mei!" zu rufen, musste dabei auch nicht im entferntesten das bayerische Idiom treffen, schon konnte man sich vor grölendem Gelächter und auf die Schulter krachenden Händen nicht mehr retten, und das galt gerade auch für die differenzierten und politisch wahnsinnig aufgeklärten Geister in den Kreisen, in denen ich mich bewegte. Es gab also nur eine Möglichkeit für mich - und auch wenn aus Dieter Hoeneß, Paul Breitner und Karl-Heinz Rummenigge inzwischen total verschiedene und dennoch alle gleichermaßen unerträgliche Charaktere geworden sind, auch wenn ich den Verein und seine Protagonisten seit langem nicht mehr leiden kann, so muss ich doch dazu stehen: Damals war ich Bayern. Und es mag daran liegen, dass ich bei den Raufereien zwischen den Bayern- und den HSV-Fans oft genug auf dem Boden lag, daran, dass der grinsend auf mir sitzende HSVer mir aufs Grausamste seine Fingerknöchel zwischen die Rippen grub und einfach nicht aufhörte - ich habe mich später jahrelang am Niedergang des HSV geweidet. Auch dann noch, als ich mich längst nicht mehr für Fußball interessierte, auch dann noch, als mir die Dauererfolge der arroganten Bayern nur noch auf die Nerven gingen, und auch dann noch, als es mich zufällig in eine Stadt verschlagen hatte, die mit diesem Verein eine alberne Fußballfeindschaft pflegt: So ironisch gebrochen ich den Fußball sonst auch sehe (oder gleich ganz ignoriere) - wenn es um die alberne Frage ging, wer "Die Nummer 1 im Norden" sei, konnte ich mir die Freude nicht verkneifen, da war es einfach zu schön, wenn die HSV-Fans am letzten Spieltag im eigenen Stadion das große Banner wieder einrollen mussten, weil ihr Verein doch noch von den Bremern besiegt und damit in der Tabelle überholt wurde.

Längst fuhren wir auf der A1 der Heimat entgegen, meine Stimmung hatte sich ins Nachdenkliche verschoben, die Hamburger, so sagte ich nach einem Räuspern, seien ja an sich auch ganz in Ordnung, man habe ja gerade wieder gesehen, dass die am Samstagnachmittag auch nichts anderes täten als die Bremer, sie seien womöglich, wenn sie bspw. säuerlich-frische Sommeräpfelchen einfach so zum Mitnehmen an die Straße stellten, auch nicht besser oder schlechter als andere Menschen, führte ich an, da wurden im Radio die Ergebnisse des Spieltags verlesen. Der HSV hatte gegen Mönchengladbach 0:1 verloren. "YEAH! YEAH!", schrie es aus mir, und das irritierte die Beifahrerin vermutlich mindestens so wie mich damals die Antwort eines Mitschülers, den ich gefragt hatte: Bist du Bayern oder HSV?
Seine Antwort lautete: Gladbach!
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Es gibt ja Ignoranten, die nicht mal das Lied Good Night kennen. So sprach einst jemand, als es aus meinen Lautsprechern erscholl, zu mir: Was ist das denn?, und als ich sagte: Na - das letzte Lied vom umgangssprachlich so genannten Weißen Album, das ja in Wahrheit den schlichten Titel The Beatles trägt und das einzige originäre Doppelalbum der Gruppe ist, dessen äußerliche Schlichtheit und Eleganz ja auch mit dem musikalischen Inhalt korrespondieren, ein grafischer (und eben auch musikalischer) Richtungswechsel nach den überbordend bunt-psychedelischen Jahren mit Leutnant Pfeffer, Walrössern und Erdbeerfeldern, man achte in dem Zusammenhang bloß mal auf die Vielzahl der schlichten Gitarrensongs auf dem Weißen Album - oder könne man sich Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band und Magical Mystery Tour mit WEISSEN Hüllen überhaupt nur vorstellen, und das hier diskutierte Doppelalbum dafür in Regenbogenfarben? Wie absurd! Tatsächlich hat übrigens John und nicht, wie man vermuten könnte, Paul dieses sentimentale Liedchen für Ringo geschr - He, warte!, rief ich, er aber rannte und schrie: JEDENFALLS SCHALTE ICH BEI DIESER NERVIGEN KLANGCOLLAGE IMMER AUS, DAS HÄLT JA KEIN MENSCH AUS, NUMBER NINE! NUMBER NINE! NUMBER NINE! Und jetzt lass mich in Ruhe!
Mich hat das tatsächlich erstaunt, denn immer wieder pfeife ich das von vielen so vehement abgelehnte vorletzte Stück vor mich hin, neulich erst wieder, und während man z.B. Zwetschgenkuchen backt, kann man der ihm, dem Lied, innewohnenden Dramaturgie aufs Beste folgen. Es sind ja mitnichten "einfach so" aneinandergereihte Klangfetzen, die auch, Moment, was würden die Leute sagen, genau: Ein Affe am Senderwahlknopf des Radios zustandebringen könnte. Es gibt Spannungsbögen, Höhepunkte und Auflösungen, und auch wenn man Lennon deswegen nicht gleich wieder in einen Geniestatus erheben muss und er ganz bestimmt nicht der erste Mensch war, der mit Bandschleifen experimentiert und Klangcollagen gebastelt hat (möglicherweise war er ja nicht mal der erste Beatle, der das getan hat - behauptet Paul McCartney, ich weiß bloß grad nicht, wer das seiner Ansicht nach stattdessen war), so kann man doch nicht leugnen, dass das Stück eine ausgefeilte innere Struktur hat, die eben nicht jeder zustandebringen würde, der mal ein bisschen im Studio herumspielen darf.

A propos Affe, ich habe ja kürzlich ein bisschen in der Küche herumgespielt und einen Teig ohne Rezept komponiert, der überraschend gut gelungen ist. "Voll lecker" sei der Kuchen, wurde mir von mehreren jungen Mädchen zugetragen, und der sei gar nicht zu dick, der Teig, und das seien gar nicht zu wenige Zwetschgen obendrauf, und ich murmelte etwas von American Zwetschgenkuchen (eine plumpe Pizza-Analogie, aber das können die noch nicht verstehen.) Der Nachteil an gelungenen Teigen ohne Rezept ist, dass man ihre Herstellung nicht so einfach wiederholen kann, und so beschloss ich, ein einfaches Rezept herauszusuchen und auszuprobieren, statt nach dem einmaligen Ausflug ins Experimentelle gleich wieder zum geliebten dünnen Mürbeteig zurückzukehren.
Die Zutaten:
250 g Butter
250 g Zucker
250 g Mehl
250 g Haferflocken
Vanillinzucker
Backpulver
Die Haferflocken überraschen natürlich, ich habe dann mangels Spezifikation einen Teil ganze und einen Teil blütenzarte genommen, außerdem nur mal so zum Spaß die Hälfte der Butter durch Margarine ersetzt, alles zu einem weichen Teig zusammengerührt und diesen als Klumpen aufs Backpapier befördert, wo ich ihn mit einem Teigschaber verstrichen und mit ordentlich aufgereihten Zwetschgen belegt habe.

In diesen Zeiten des Mangels musste ich allerdings bald feststellen, dass ich viel zu wenige dieser prächtigen Früchte zur Verfügung hatte, ein ungewohnter Zustand, denn normalerweise stehen die Dinger bei mir senkrecht und dichtgedrängt auf dünnem Teig, nun musste ich umgekehrt eine riesige Menge Teig mit zu wenigen Zwetschgen irgendwie abdecken, ich lichtete hier und dünnte dort aus, legte sie nahezu flach nebeneinander - und doch musste ich am Ende zu einer Alternative greifen, die zwar der Zwetschge in Form und Farbe nur entfernt ähnelt, dafür aber wesentlich mehr Kalzium enthält.

Das Ergebnis lässt sich essen und so ein Stück macht, laut mehrstimmiger Mädchenaussage, richtig satt.
A propos Stück: Inzwischen haben also auch Sie den vorletzten Titel vom Weißen Album angehört? Und wollen mehr darüber lesen?

Dann empfehle ich wie immer Herrn Pollack. Good Night!
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