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Ich muss volkstümlicher werden, dachte ich kürzlich, trank dann wesentlich mehr Bier als üblich in den letzten Tagen, habe gegrillt und beim Tippspiel mitgemacht.
Da war mal dieser Kollege, der tippte vor der Saison alle Spiele komplett durch und war ganz stolz darauf, immer nur 2:1 oder 1:2 zu tippen. Grundsätzlich und zu recht ist ja der 2:1-Tipper eine landauf, landab verhasste Figur, denn sich das statistisch häufigste Ergebnis zu schnappen und dann stumpf nach der Tabelle der Vorsaison zu tippen, also, ich bitte Sie, so etwas gehört sich nicht unter echten Menschen. Bitte, geh damit meinetwegen zu den dubiosen Sportwettbüros und hol dir dort eine Rendite von garantierten 5% (es sei denn, es ist weniger), aber bleib aus den volkstümlichen Tipprunden draußen, wo man nach Wunschdenken tippt oder Ergebnisse auswürfelt!
Was nun kommt, ist die reine Wahrheit. Nämlich, er führte die Tippertabelle bis zum 33. Spieltag souverän an (gähn!), während ich mich zuletzt immerhin auf den dritten Platz hochgearbeitet hatte. Am letzten Spieltag sah ich abends mal nach dem Endergebnis. Ich war nicht mehr Dritter, schade, aber, was war das?, da oben stand ja gar nicht sein Name, da stand ja meiner! Dann musste ich ihn doch noch auf den zweiten Platz verdrängt haben!? Aber da stand er ja gar nicht! Da war er nur noch Dritter! Und man muss die Polonäse der Schadenfrohen schon selbst miterlebt haben, ha!, ha!, du 2:1-Tipper, es war emotional ähnlich wie jener Tag, an dem Werder Bremen durch einen Auswärtssieg in München die Meisterschaft vorzeitig klarmachte. Ich bastelte gerade ganz volkstümlich am Auto herum, wechselte ein Blinkerlämpchen oder dergl., als ein seltsames Vibrieren die Stadt erfasste, es war für einen Moment ganz still, und der ältere Herr, der, ich denke mir das nicht aus!, gerade sein Garagendach flickte, kam die Leiter heruntergestiegen, sah mich an, fragte noch zweimal: "Das ist doch jetzt sicher, oder? Die können das jetzt nicht mehr verlieren, oder?", und als ich bestätigte, jawoll, Bremen ist definitiv Meister, da meinte ich, in seinem Augenwinkel eine Träne zu erkennen, und wenn einen also am Freitagabend ein netter Exkollege anruft und sagt, Mensch, mach doch trotzdem bei der Tipprunde mit, dann gehört es sich einfach, dass man sich noch in letzter Minute anmeldet und dann am ersten Spieltag auch gleich mal eine Marke setzt, oder?

(Nächste Woche: ein Bericht aus Lloret de Mar.)
Da war mal dieser Kollege, der tippte vor der Saison alle Spiele komplett durch und war ganz stolz darauf, immer nur 2:1 oder 1:2 zu tippen. Grundsätzlich und zu recht ist ja der 2:1-Tipper eine landauf, landab verhasste Figur, denn sich das statistisch häufigste Ergebnis zu schnappen und dann stumpf nach der Tabelle der Vorsaison zu tippen, also, ich bitte Sie, so etwas gehört sich nicht unter echten Menschen. Bitte, geh damit meinetwegen zu den dubiosen Sportwettbüros und hol dir dort eine Rendite von garantierten 5% (es sei denn, es ist weniger), aber bleib aus den volkstümlichen Tipprunden draußen, wo man nach Wunschdenken tippt oder Ergebnisse auswürfelt!
Was nun kommt, ist die reine Wahrheit. Nämlich, er führte die Tippertabelle bis zum 33. Spieltag souverän an (gähn!), während ich mich zuletzt immerhin auf den dritten Platz hochgearbeitet hatte. Am letzten Spieltag sah ich abends mal nach dem Endergebnis. Ich war nicht mehr Dritter, schade, aber, was war das?, da oben stand ja gar nicht sein Name, da stand ja meiner! Dann musste ich ihn doch noch auf den zweiten Platz verdrängt haben!? Aber da stand er ja gar nicht! Da war er nur noch Dritter! Und man muss die Polonäse der Schadenfrohen schon selbst miterlebt haben, ha!, ha!, du 2:1-Tipper, es war emotional ähnlich wie jener Tag, an dem Werder Bremen durch einen Auswärtssieg in München die Meisterschaft vorzeitig klarmachte. Ich bastelte gerade ganz volkstümlich am Auto herum, wechselte ein Blinkerlämpchen oder dergl., als ein seltsames Vibrieren die Stadt erfasste, es war für einen Moment ganz still, und der ältere Herr, der, ich denke mir das nicht aus!, gerade sein Garagendach flickte, kam die Leiter heruntergestiegen, sah mich an, fragte noch zweimal: "Das ist doch jetzt sicher, oder? Die können das jetzt nicht mehr verlieren, oder?", und als ich bestätigte, jawoll, Bremen ist definitiv Meister, da meinte ich, in seinem Augenwinkel eine Träne zu erkennen, und wenn einen also am Freitagabend ein netter Exkollege anruft und sagt, Mensch, mach doch trotzdem bei der Tipprunde mit, dann gehört es sich einfach, dass man sich noch in letzter Minute anmeldet und dann am ersten Spieltag auch gleich mal eine Marke setzt, oder?

(Nächste Woche: ein Bericht aus Lloret de Mar.)
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- Ich dachte, wir sind da so richtig viele Schüler in allen Kursen, aber bei dem einen sind wir nur 24, OK, zwei haben wohl gefehlt. Bei den meisten Kursen sind wir locker 30. Es sind viel zu wenige Tische und noch weniger Stühle da. Die Stühle, die da sind, wurden irgendwie vom Dachboden geholt. Die Behörde hat vergessen, Tische und Stühle zu bestellen. Die machen das jetzt aber.(In Bremen ist die Schule ist wieder losgegangen. Bericht über den ersten Tag in der Oberstufe.)
- Aber wie habt ihr denn dann, wenn da zu wenige ... ?
- Na, manche sitzen dann halt auf dem Tisch oder auf dem Boden.
Aber auch bei den jüngeren Kindern ist auf manche Dinge Verlass, dazu gehört die musikalische Untermalung bei den Auftritten des Schulzirkus oder der Dance'n'Move AG. Ich will nicht lästern. Aber muss es immer, immer der Baumwollaugenjoseph sein? Aus Schweden ist doch wahrlich genug musikalisches Unglück über die Welt gebracht worden. Und irritierend ist es auch, wenn die elfjährigen Mädchen von Rhythm & Dance lasziv die Hüften kreisen lassen und sich mit den Händen irgendwo entlangfahren, diese industrielle und stereotype Musikvideoerotik verstört mich umso mehr, wenn Kindergesichter beteiligt sind - Vorschlag, baut doch künftig gleich so eine Stange auf die Bühne, oder warum gibt's eigentlich für die neuen fünften Klassen gar keine Lapdance AG? Alles hat seine Zeit, dachte ich! Wozu muss eine Sechstklässlerin auftreten und ein altes Gospellied zersingen, mit dieser immer gleichen und plastikhaften technischen Perfektion, die man mit Sarah Connor und Céline Dion usw. verbindet - kein Millimeter Ausdruck, alles vom Reißbrett, jede scheinbar individuelle Verzögerung oder Tonhöhenschwankung tausendmal geübt, nur ist es eben eine Elf- oder Zwölfjährige, die da für hunderte offene Münder sorgt, weil sie so eine "tolle Stimme" hat, und mir jagt es nichts als einen Grusel über den Rücken.

Zum Glück gibt's auch einen Chor, in dem fröhliche Kinder schöne Lieder singen. Und weil das die gute Nachricht ist, setze ich noch einen drauf und verrate Ihnen, dass dieses schöne Lied zur Zeit in sehr guter Qualität (320 kBit/s) als Download verschenkt wird.
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... ist so ungefähr die einzige Zeile aus den leider gar nicht so wahnsinnig originellen "60 besten taz-Titeln", die mir gefällt. Und vielleicht muss man den Witz, da das nun auch schon wieder ein paar Jahre her ist, tatsächlich noch erklären, denn halbverdurstet liest man auf den letzten Metern der Klickstrecke über der betreffenden Titelseite:
Ich hab's erst vor ein paar Tagen gelesen, was Hans Pfitzinger da auf seine stille, sympathische Weise irgendwo einschiebt:
--
*Hans Pfitzinger verwendet keine Blogsoftware, so dass sich die einzelnen Einträge nicht verlinken lassen.
Den Wechsel der Perspektive, das ist in der taz eine regelmäßige Übung. Kanzler Schröder saniert Holzmann? Nein, andersherum wird ein Schuh draus.Ein merkwürdiges Deutsch, nebenbei - und "Ellie" Wiesel, ein paar Klicks davor, das merkt auch kein Mensch. Leider. Denn der, der sich täglich zuverlässig und intensiv (nicht nur) um die taz gekümmert hat, hat jetzt ganz andere Probleme.
Ich hab's erst vor ein paar Tagen gelesen, was Hans Pfitzinger da auf seine stille, sympathische Weise irgendwo einschiebt:
Vorbemerkung: Dieses Netztagebuch hat seinen Schwerpunkt etwas verändert. die tageszeitung kommt schon noch vor, aber nicht mehr so häufig wie früher. Weshalb das so ist, erfahren Sie im Eintrag vom 2. Juli 2009. Ich würde mich freuen, wenn Sie als Leser trotzdem weiterhin hier vorbeischauen.Und, wenn man den genannten Eintrag heraussucht*, steht dort:
-hp
Keiner kommt hier lebend rausEs gibt so ein paar Leutchen, die einem durch ihr Schreiben auf Anhieb sympathisch sind. Hans Pfitzinger, den ich nicht persönlich kenne, ist einer davon. Ich wünsche ihm, dass es noch lange dauert, bis er hier nicht lebend rauskommt. Und bis dahin ein gutes Leben hat.
Nur damit Sie sich, treuer tazblog-Leser, nicht irgendwelche unbegründeten Sorgen machen, weil gestern kein Eintrag und keine Anmerkungen zur taz vom Dienstag kamen: Ich lebe noch. Aber es gibt begründete Sorgen, und die Pause hängt eng damit zusammen: leben tu ich schon noch, aber vielleicht nicht mehr lange. [...]
Keiner kommt hier lebend raus. Du kriegst das Deine, ich das Meine.
In meinem Fall wird's wohl ein Abgang mit Vorwarnung: Noch ein halbes Jahr, wenn ich nichts unternehme, etwas länger, ein paar Jährchen möglicherweise, wenn ich die gängigen Therapien mitmache. Aber sicher weiß das keiner. Wenige Tage nach der Diagnose, ein paar Wochen, ein halbes Jahr, oder auch Sieg und weiterleben - sicher weiß das keiner. [...]
Keiner kommt hier lebend raus - schon recht, aber ich wäre ganz gern noch ne Weile dabei geblieben.
Ich melde mich wieder - gonna make it, baby, if we try.
--
*Hans Pfitzinger verwendet keine Blogsoftware, so dass sich die einzelnen Einträge nicht verlinken lassen.
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Man kann versuchen, einem Rasierer, dessen eingebauter Akku schlapp macht, noch eine Weile gut zuzureden ("Komm, dieses eine Mal noch, guck, hast doch wieder drei Tage lang aufladen dürfen, kommst auch gleich wieder in die Ladestation, lass mich jetzt nicht hängen ..."), der zeigt dann auch Einsatz, zeigt guten Willen, bloß sollte man sich ins Fünftagesgestrüpp halt doch keine allzublöden Schneisen schneiden, das Hitlerbärtchen, der dumme Rapperbart, der Kinnnbart wie von diesem einen Sportlehrer damals, das sind ja alles neckische Angewohnheiten, he he, erschreckst mal kurz die Frau oder so, gell, gehst dann wieder ins Bad und raspelst den Rest weg, klar, nur wenn dann der Akku leer ist und so furchtbar lange nachladen muss, dann überleg dir vorher, wo du heute noch hingehen musst und ob du so wirklich das Haus verlassen kannst. Ist nur ein Tipp.
(Als ich noch in der Studenten-WG lebte, ließ ichmorgens nach dem Aufstehen mal den Oberlippenbart übrig, der als Teil der Gesamtunrasiertheit gar nicht aufgefallen war, aber so für sich betrachtet die Mitbewohnerin zu dem Kommentar verleitete: "Ja, du hast deinen Spaß, aber du hast auch eine Verantwortung gegenüber deiner Umwelt.")
(Als ich noch in der Studenten-WG lebte, ließ ich
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Wenn einem in einiger Entfernung ein Mann entgegenkommt, der ein Kind trägt, und es nicht so richtig gut aussieht, wie der das Kind hält, und der Mann ein böses, rotes Gesicht hat, wenn er weit ausschreitet und unverständlich vor sich hinschimpft, bis er plötzlich das Kind hochhebt, es nur noch an den Fußknöcheln hält und mit aller Kraft zu Boden schleudert, dann ist es doch beruhigend, wenn man in diesem Moment erkennt, dass er genau derselbe ist, der einige Tage zuvor bei co op an der Kasse folgende Frage gestellt hat: "Haben Sie hier auch so Kühltruhen?" - "Äh." - "Na, so Kühltruhen, wo man seine Milch reinstellen kann!" - "Ach, die Milch, die finden Sie bei uns da hinten, ja, genau, in der Kühlung!", und wenn man sich erinnert, wie man dann dem Mann hinterherging und beobachtete, wie er zwei Liter Milch sowie eine Portion Hackfleisch aus seiner Umhängetasche nahm und diese ins Kühlregal legte, dass der Mann daraufhin zur Kasse ging und die Verkäuferin anstarrte, die ihr Lachen nicht gänzlich unterdrücken konnte, dass er vielleicht deshalb plötzlich so wütend wurde, jedenfalls schreiend hinaus- und ohne Rücksicht über die befahrene Straße rannte, wo ihm allerlei Dinge in kleinen Plastiktüten aus den Jackentaschen fielen, Autos hupten und bremsten, der Mann noch einmal kehrtmachte, seine Sachen einsammelte und dann endgültig wegrannte.
co op, der Laden mit dem faszinierenden Logo, denn es funktionierte in zweierlei Leserichtungen, war ein Laden mit einer für heutige Verhältnisse geradezu unglaublich kleinen Grundfläche (und dennoch Vollsortimenter!), wurde von großen Teilen der Bevölkerung Der Konsum genannt, mit Betonung auf der ersten Silbe. Es gab die Dinge des täglichen Bedarfs, Obst und Gemüse, Konserven, Getränke, Putzmittel, einen schmierigen Inhaber sowie eine Fleisch- und Wurstabteilung. Hier wurde man von einer Frau bedient, offenbar gab es auf so kleinem Raum also tatsächlich auch noch eine Angestellte, die auf eine penetrante und vor allem stereotype Art und Weise nach dem Abwiegen und Verpacken jeder Bestellposition fragte, ob man "SONST NOCH EINEN WUNSCH" habe:
Die Tage der Wurstfrau waren gezählt, irgendwann war sie samt Fleischtresen verschwunden, in der Nähe eröffnete Plus, und bevor der Laden wenige Jahre darauf dichtmachte, wurde man an der Kasse immer seltener vom öligen Inhaber, sondern meist von wechselnden "jungen Dingern" bedient. Eine davon war es, die sich an jenem Tag das Lachen ebenso verbeißen musste wie mein Freund und ich. Wir zahlten, überquerten die Straße genau dort, wo der Mann seine Sachen verloren hatte, fanden noch eine seiner kleinen Tüten und nahmen diese an uns. Sie enthielt etwa zehn goldglänzende Patronen. Dann kauften wir beim Kiosk Fußballbilder.
Ach, das Kind, das war übrigens eine lebensgroße Plastikpuppe, puh.
co op, der Laden mit dem faszinierenden Logo, denn es funktionierte in zweierlei Leserichtungen, war ein Laden mit einer für heutige Verhältnisse geradezu unglaublich kleinen Grundfläche (und dennoch Vollsortimenter!), wurde von großen Teilen der Bevölkerung Der Konsum genannt, mit Betonung auf der ersten Silbe. Es gab die Dinge des täglichen Bedarfs, Obst und Gemüse, Konserven, Getränke, Putzmittel, einen schmierigen Inhaber sowie eine Fleisch- und Wurstabteilung. Hier wurde man von einer Frau bedient, offenbar gab es auf so kleinem Raum also tatsächlich auch noch eine Angestellte, die auf eine penetrante und vor allem stereotype Art und Weise nach dem Abwiegen und Verpacken jeder Bestellposition fragte, ob man "SONST NOCH EINEN WUNSCH" habe:
- Hundert Gramm SalamiIn Kombination mit der Margarinefrisur, dem fleckigen weißen Kittel und der penetranten Keifstimme half auch das zuckersüße Lächeln, welches sie Kindern gegenüber anknipste, nicht gegen den Grusel, der sich schon auf dem Hinweg zum Laden untergründig einstellte, beim Betreten desselben manifestierte und auf dem Weg zum Fleischtresen noch steigerte, bis einem das gefürchtete "BITTESCHÖN?" entgegenschallte, man musste das auch erst mal innerlich verarbeiten, auch als Kind möchte man ja die Contenance wahren und nicht plötzlich losschreien ("Nur einen einzigen. DARF ES SONST NOCH ETWAS SEIN! WAS DARF ICH IHNEN NOCH ANBIETEN! AUSSERDEM! HABEN SIE NOCH WEITERE WÜNSCHE! ABER NIE WIEDER 'SONST NOCH EINEN WUNSCH'", Krankenwagen, schreiend ab), und dass der Inhaber an der Kasse mit seiner Margarinefrisur und dem fleckigen, weißen Kittel einem auf öligste Weise nach dem Bezahlen stets noch einen "wunderschönen Tag" wünschte, stellte endgültig sicher, dass man den dann garantiert nicht hatte.
- SONST NOCH EINEN WUNSCH?
- Und hundert Gramm Mortadella
- SONST NOCH EINEN WUNSCH?
- Hundert Gramm Kalbsleberwurst
- SONST NOCH EINEN WUNSCH?
Die Tage der Wurstfrau waren gezählt, irgendwann war sie samt Fleischtresen verschwunden, in der Nähe eröffnete Plus, und bevor der Laden wenige Jahre darauf dichtmachte, wurde man an der Kasse immer seltener vom öligen Inhaber, sondern meist von wechselnden "jungen Dingern" bedient. Eine davon war es, die sich an jenem Tag das Lachen ebenso verbeißen musste wie mein Freund und ich. Wir zahlten, überquerten die Straße genau dort, wo der Mann seine Sachen verloren hatte, fanden noch eine seiner kleinen Tüten und nahmen diese an uns. Sie enthielt etwa zehn goldglänzende Patronen. Dann kauften wir beim Kiosk Fußballbilder.
Ach, das Kind, das war übrigens eine lebensgroße Plastikpuppe, puh.
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Entfernen wir uns zur Abwechslung mal von den ewigen phänomenologischen Schwebereien und kratzen stattdessen an der Oberfläche eines Themas, das auch den Durchschnittsverbraucher interessiert. So begibt es sich, dass man in Bremen eine sogenannte Umweltzone eingerichtet hat. Bis ich das überhaupt mitbekomme, denn ich spare ja Geld und verzichte auf den Bezug einer Tageszeitung, trudeln zunächst zwei kostenpflichtige Verwarnungen kurz nacheinander ins Haus, man berappt also 128.- EUR inkl. Gebühren und kassiert dafür Gegenzug zwei Punkte in fuckin' Flensburg, bis man kapiert, dass ein simples, grünes Kleberchen, für 5.- EUR in ebensovielen Minuten aus der Werkstatt geholt, eben dieses verhindert hätte. Weil nämlich: Das Auto ist das gleiche, die Abgase sind die gleichen, und sowieso dürfte man sogar mit einem roten Bapperl in die Innenstadt fahren, bloß halt nicht ohne das Ding, und da muss man schon ordentlich mit dem Verwarnungshammer draufhauen und Punkte verteilen wie sonst nur fürs Überfahren roter Lichtzeichenanlagen. Nächstes Mal dran denken, Digga!
Nun ergibt sich da gerade was, das ist zu langweilig zum hier Ausbreiten (ich flechte gelegentlich dialektale Anflüge hier ein, denken Sie sich bitte nichts dabei), hat mit Diesel zum tun "und aber auch" (Berti Vogts, 2001) mit diesen Plaketten. Stellen wir uns also vor, man könnte ein grünes, aber das tut nichts zur Sache, Dieselfahrzeug bekommen, in dem sich derzeit ein rotes Bapperl befindet. Und der Nachrichtensprecher so: Rußfilter jetzt mit 330.- gefördert. Forscht man dann einen Abend lang im Internet nach, sagt dieses: Mit einem Rußfilter für viel Geld könnte das Fahrzeug ein gelbes Dingens bekommen - dürfte aber, laut Internet, in seinem jetzigen Zustand gar keines haben. Will man so etwas wissen?
Weiter: 2009 darf man in Bremen mit Rot, Gelb und Grün in die "Umweltzone". 2010 nur noch mit Gelb und Grün. Und 2011, richtig geraten, nur noch mit Grün.

Die Sache ist nun die. Nur, um ein Jahr länger in diese Umweltzone hineinfahren zu dürfen, lohnt sich das mit dem Rußfilter eh nicht. Finanziell. Aber wir sind ja durchaus ein Freund der Umwelt und nicht nur auf unseren eigenen, kurzfristigen, finanziellen Vorteil bedacht. Nun wird es aber interessant, denn, wenn man mal ein wenig nachforscht, und am Anfang meint man ja, gut, OK, da gibt's jetzt was, das macht die Abgase sauber, dann allerdings erfährt man, dass die Rußfilter oft gar nicht tun, wofür sie da sind, denn es wurden eingestandenermaßen zigtausende verbaut, die nicht funktionieren, und die anderen funktionieren nur bei langen Strecken und haben einen eher lächerlichen Wirkungsgrad, außerdem wird der Verbrauch erhöht, zwischendurch wird regelmäßig auf höchst zweifelhafte Weise der gefilterte Ruß verbrannt (zu polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen sowie "unter Umständen" zu Dioxinen und Furanen), die Serviceintervalle der Autos verkürzen sich, weil das so eine komplizierte Technik ist, und dann noch was: Wer nicht durch die Umweltzone darf, der fährt halt umständlich außenrum - und bläst umso mehr Abgase in die Luft.
Und da kann man schon auf die Idee kommen, dass es hier nicht nur um die Umwelt geht, sondern dass die Autobranche weiter gepäppelt wird, denn die Leute rüsten kostspielig auf oder leisten sich wiederum früher ein neues Auto.
So weit jedenfalls die unausgegorenen Gedanken Ihres
Hans J. Volk
Nun ergibt sich da gerade was, das ist zu langweilig zum hier Ausbreiten (ich flechte gelegentlich dialektale Anflüge hier ein, denken Sie sich bitte nichts dabei), hat mit Diesel zum tun "und aber auch" (Berti Vogts, 2001) mit diesen Plaketten. Stellen wir uns also vor, man könnte ein grünes, aber das tut nichts zur Sache, Dieselfahrzeug bekommen, in dem sich derzeit ein rotes Bapperl befindet. Und der Nachrichtensprecher so: Rußfilter jetzt mit 330.- gefördert. Forscht man dann einen Abend lang im Internet nach, sagt dieses: Mit einem Rußfilter für viel Geld könnte das Fahrzeug ein gelbes Dingens bekommen - dürfte aber, laut Internet, in seinem jetzigen Zustand gar keines haben. Will man so etwas wissen?
Weiter: 2009 darf man in Bremen mit Rot, Gelb und Grün in die "Umweltzone". 2010 nur noch mit Gelb und Grün. Und 2011, richtig geraten, nur noch mit Grün.

Die Sache ist nun die. Nur, um ein Jahr länger in diese Umweltzone hineinfahren zu dürfen, lohnt sich das mit dem Rußfilter eh nicht. Finanziell. Aber wir sind ja durchaus ein Freund der Umwelt und nicht nur auf unseren eigenen, kurzfristigen, finanziellen Vorteil bedacht. Nun wird es aber interessant, denn, wenn man mal ein wenig nachforscht, und am Anfang meint man ja, gut, OK, da gibt's jetzt was, das macht die Abgase sauber, dann allerdings erfährt man, dass die Rußfilter oft gar nicht tun, wofür sie da sind, denn es wurden eingestandenermaßen zigtausende verbaut, die nicht funktionieren, und die anderen funktionieren nur bei langen Strecken und haben einen eher lächerlichen Wirkungsgrad, außerdem wird der Verbrauch erhöht, zwischendurch wird regelmäßig auf höchst zweifelhafte Weise der gefilterte Ruß verbrannt (zu polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen sowie "unter Umständen" zu Dioxinen und Furanen), die Serviceintervalle der Autos verkürzen sich, weil das so eine komplizierte Technik ist, und dann noch was: Wer nicht durch die Umweltzone darf, der fährt halt umständlich außenrum - und bläst umso mehr Abgase in die Luft.
Und da kann man schon auf die Idee kommen, dass es hier nicht nur um die Umwelt geht, sondern dass die Autobranche weiter gepäppelt wird, denn die Leute rüsten kostspielig auf oder leisten sich wiederum früher ein neues Auto.
So weit jedenfalls die unausgegorenen Gedanken Ihres
Hans J. Volk
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Damit Ihnen solches nicht widerfährt, habe ich Ihnen ein paar Alpenblumen mitgebracht, die ich in nächster Zeit übrigens auch dann unters Volk streuen werde, wenn selbiges mal wieder nasebohrend und mit zu knapp unter der Schädeldecke sitzenden Augen fragt: "Was hat denn das mit dem Thema des Beitrags zu tun?"
"Gar nix", antworte ich dann souverän lächelnd, evtl. sogar maliziös, ich weiß nur gerade nicht, was das genau heißt, "das ist einfach eine kostenlose Dreingabe, take it or leave it."
Ich fand es immer toll, wenn einem kostenlos etwas dreingegeben wurde. Einmal, beim Kiosk, als ich für meinen Vater wieder mal die Packung Camel holte, gab es z.B. einen Werbeartikel dazu, evtl. eine Schirmmütze; der Rucksack war es jedenfalls nicht, den bekam mein Vater später höchstpersönlich in die Hand gedrückt. Und Freund A., der bei jenem Kiosk zu meinem Entsetzen nahezu täglich 1.- DM (eine ganze Mark!) in eine Dose der klebrigsüßen Dr. Pepper investierte, bekam irgendwann, vermutlich anlässlich der fünfhundertsten Dose, ein Käppi mit der Aufschrift Dr. Pepper geschenkt. Geschenkt!
Meine Schwester wiederum kaufte einmal etwa dreißig flache Lutscher von Hitschler, ein Name übrigens, der mich schon als Kind untergründig irritierte, um diese anlässlich ihres Geburtstags in der Klasse zu verteilen. Und der Mann vom Kiosk gab ihr umsonst einen abgebrochenen dazu!
Mich braucht niemand zu fragen, ob ich Treuepunkte sammle. Kein Payback, keine Deutschlandcard (schon der Name macht Würgen), nein, danke!, ich verhökere meine Daten nicht, ich bin einer der letzten Barzahler, schon um nicht für jeden Liter Milch eine Datenspur zu hinterlassen: "Ah, heut' ist er in Ljubljana, kauft Damenbinden und Fruchtzwerge, ergo mit Frau und minderjährigem Kind", Sie kennen das ja. Sollen die Leute sich wenigstens die Mühe machen und meinen Müll durchsuchen. Auch wenn man durch die Barzahlerei angeblich, so ein welterfahrener Exkollege von mir, in den USA schon schiefe Blicke auf sich zieht, Blicke, die sagen: "Ei, Geselle, du hast also Drogen verkauft und musst nun sehen, wie du die Scheinchen wieder loswirst!"
Eines aber tat ich doch ganz gerne in all den Jahren: Die Sammelpunktkarte meiner Bäckerei stempeln lassen. Sie ist nicht personalisiert, einfach ein Stück Pappe, auf dem steht, dass man für jeweils neun Stempel ein paar Brötchen geschenkt bekommt. Dieses Kärtchen trug durchaus zur Kundenbindung bei, denn wenn ich mich fragte, ob ich die 4,30 für das Kilo Dinkelbrot hier oder dort ausgeben solle, dann flüsterte das Kärtchen in meinem Portemonnaie leise, doch unüberhörbar: "Gehe zum Bäcker T., dort werde ich gestempelt - und wenn du dieses nur oft genug tust, dann verwandele ich mich in ein paar knusprige Brötchen, die du deinen Lieben am nächsten Sonntag lächelnd auf den Frühstückstisch stellen kannst!"
Dessentwegen ist mir ein Rätsel, weshalb es neuerdings in rabiatem Ton heißt: "Wir stempeln nur noch die vorhandenen Karten voll, neue geben wir keine mehr aus."
Nach solcher Auskunft fragt man sich natürlich tagelang, was dahinterstecken möge. Denn, Hand aufs Herz, kaufe ich z.B. neunmal ein Dinkelbrot, dann trage ich knapp 40.- EUR in die Bäckerei. Sind dann fünf Brötchen, deren Herstellungskosten mutmaßlich im Bereich von ein paar Cent liegen, nicht ein angemessenes Dankeschön? Ist das Verhältnis nicht ein ähnliches wie jenes zwischen einem Frisbee und den Unmengen teurer Medikamentenpackungen, deren Rezepte ich als Kind immer treu in der Apotheke nahe der Kinderarztpraxis einlöste und deren, also der Apotheke, Inhaber mir dann eines Tages die orangefarbene Flugscheibe in die Hand drückte, nicht ohne mir verschwörerisch zuzuraunen, dass er "sowas" ja eigentlich nicht machen dürfe?
Nun ist mir durchaus nicht entgangen, dass es Menschen gibt, die auch beim Kauf eines einzigen Krossen, d.h. eines normalen Brötchens / einer Schrippe / eines Rundstücks die Karte zum Stempeln geben, ohne mit der Wimper zu zucken. In diesem Fall wäre das Verhältnis von 10 gekauften Krossen, Preis insgesamt unter 3.- EUR, zu den fünf geschenkten, die eben auch höherwertig sein dürfen, sagen wir: Mohnbrötchen, für die Bäckerei eher ungünstig, das sehe ich schon ein. Oder, ich wage es kaum zu denken, sollte es gar Menschen geben, die den Stempel mit dem "T" kaltblütig fälschen?

Da es sich natürlich um einen großen Filialbetrieb handelt, weiß ich die Antwort ohnehin, die mir gegeben werden wird, wenn ich demnächst mal nach den Gründen frage: "Uns sagen die nichts, das kommt von ganz oben."
Als Unternehmensberater sage ich: Falsch, ganz falsch. Zum einen muss immer positiv geantwortet werden ("Ihre Meinung ist sehr wichtig für uns, ich freue mich sehr darüber, dass ich diese an unsere Marktforscher weitergeben darf, denn wir nehmen den Dialog mit unseren Kunden sehr ernst!"), zum anderen gibt es da ja durchaus Möglichkeiten: Stempel nur ab Kaufsumme X, z.B.!
Aber auf mich hört ja keiner. Da erzähle ich Ihnen lieber noch schnell von einer schönen Filmszene aus Karniggels, lang ist's her, aber die ging so: Der immer etwas gehemmt wirkende Polizist, gespielt vom manchmal ganz tollen Bernd Michael Lade, ist dienstlich zu Gast im großbürgerlichen Hause der von ihm privat verehrten Inga Busch, einer Frau, die mich übrigens regelmäßig in Appetenz-Aversions-Konflikte stürzt, und wie er da so steht und verlegen schweigt und schwitzt, bemerkt er den Brötchenkorb auf dem Tisch und sagt triumphierend zur Mutter: "Mohnbrötchen! Mal ist wenig Mohn drauf, mal viel - und man zahlt dafür!"
- Aber das ist ja gar keine Alpenblume!
- Das war ja auch nur im übertragenen Sinne, mein Gott!
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