Mumien, Analphabeten, Diebe.
Du hast's gut, du hast dein Leben noch vor dir.
Samstag, 4. Juli 2009
Oma Rock im Sarg (1*2^3)
nnier | 04. Juli 2009 | Topic In echt
(1, 2, 3, 4, 5, 6, 7)

Gerne gebe ich zu, dass die Zeit nach meiner schließlich doch noch überwundenen Unpässlichkeit in meinem Kopf zu einem kompakten Klumpen korrodiert ist, der sich trotz aufrichtigen Bemühens nur schwer zerbröseln lässt. Ein Kamelritt blitzt da hervor und diese eine Familie, der wir immer wieder, und zwar an den abgelegensten Orten, begegneten, die zwei Nepper vor dem großen Hotel, in dem wir eigentlich nächtigen wollten und die uns mit "moins cher, moins cher" ein viel billigeres und ganz nahegelegenes, schönes Domizil antrugen - wir fuhren dann eine halbe Stunde immer weiter in die Pampa und waren zu müde, angesichts der engen, schmutzigen Betten in irgendeinem Privathaus noch zu diskutieren oder gar wieder umzudrehen, sondern nahmen unser Schicksal demütig an und sahen ja auch erst am nächsten Morgen, als es hell wurde, worin wir da geschlafen hatten. Wussten Sie übrigens, dass erst mit der Erfindung der Glasscheibe und dem Einbau von Fenstern in die Häuser die ganze, ewige Putzerei losging? Vorher hat man den Dreck einfach nicht so gesehen.

Irgendwann nahm ich offensichtlich wieder feste Nahrung zu mir, erinnere mich jedenfalls an schmackhaft Geschmortes aus der Tagine (Lamm und Kartoffeln waren wohl dabei), den immer schön aromatisch-süßen Pfefferminztee aus ganzen Blättern sowie massig Trockenobst, vor allem Datteln. Was mich, bitte verzeihen Sie, aber dieser Klumpen will nicht so wie ich, an einen Satz aus einem Hörspiel erinnert, das ich vor 25 bis 30 Jahren hörte. Er ging ungefähr so: "... wie der alte [Name], der auch dem gedörrten Obst noch Saft auszulutschen vermag." und hat mich so beeindruckt, dass ich hier mal in die Runde fragen möchte: Hat jemand eine Idee, woher das stammen könnte?

Ich muss dann offensichtlich wieder so weit dienstfähig gewesen sein, dass ich meine Amtsgeschäfte als Dolmetscher und geschäftlicher Vertreter familiärer Angelegenheiten wiederaufnehmen konnte. Zumindest standen wir eines Tages bei brütender Hitze im Staub eines gigantischen Parkplatzes vor dem Anleger der Fähre, die uns zurück nach Europa bringen sollte. Man wurde doch recht aufdringlich belagert, offenbar war es ein äußerst lohnendes Geschäft, zurückreisende Touristen um die verbleibenden Dirhams anzugehen, "Betteln" konnte man das jedenfalls nicht mehr nennen, und somit war der Weg zu der kleinen, hölzernen Bude, in der die Reisepässe gestempelt und die Billets für die Überfahrt ausgestellt wurden, ein anstrengender, und sich dann zwischen die drängelnden Massen zu stürzen, denn es ging natürlich vollkommen ungeregelt zu, war auch kein Vergnügen.

Mir ging das wider die Natur, und als es plötzlich hieß, dass der Schalter gleich schließe und man morgen wiederkommen solle, sank meine Laune in die Gegend von – 273,15 °C. Hier, zwischen diesen Wahnsinnigen, bei Bruthitze den Rest des Tages und dann eine Nacht zu viert im engen VW-Bus zu verbringen, das musste doch zu vermeiden sein, und an diesem Tag warf ich meine moralischen Standards über Bord und erwarb mir meinen zweiten Vornamen. Während die Fähre anlegte, legte ich große Dirham-Scheine in jeden der vier Reisepässe, ließ diese gut sichtbar herausschauen, drängelte mich zwischen den schreienden Arabern zum Schalter und wedelte mit den Pässen vor der Nase des Beamten, der zwar nicht aufsah, die Pässe aber entgegen- und die Scheine souverän herausnahm, sie mit einer Hand in die Hemdtasche steckte und mit der anderen in irrer Geschwindigkeit vier Stempel in die Pässe knallte, diese wieder herausstreckte, als ich sie ihm schon aus der Hand riss, mit meinem Vater zum Auto rannte, während die letzten Autos auf die Fähre gewinkt wurden, die Tür des VW-Busses aufriss und hektisch auf Mutter und Schwester einschrie, dass wir sofort losmüssten, mein Vater schon losfuhr, die auf dem Gaskocher frisch zubereitete Kanne Kaffee umfiel und wir die praktisch schon ablegende Fähre doch noch erreichten.

Dort empfing uns ein freundlicher, älterer Zollbeamter mit Schäferhund. Er hätte diese Familie vielleicht schneller passieren lassen, hätte es nicht im ganzen Auto so auffällig und übertrieben nach Kaffee gerochen. Kaffee, dessen Aroma natürlich das Erschnuppern geschmuggelter Güter erschweren sollte. Sehr gründlich nahmen also Tier und Mensch unser Gefährt unter die Lupe, fanden aber tatsächlich nichts - es geht doch nichts über die richtigen Verstecke - und ein paar Stunden darauf waren wir wieder in Europa.

Wo dann auch noch irgendwas passierte, was war das doch gleich.

[Weiter]

Link zu diesem Beitrag (7 Kommentare)  | Kommentieren [?]   





Donnerstag, 2. Juli 2009
Stampfige Streichfettgedanken
nnier | 02. Juli 2009 | Topic In echt
Eine der ungelöstesten Fragen überhaupt ist ja die mit der Butter, dachte ich heute früh während dieser angenehmen Stunde, in der man eigentlich aufstehen muss und sich noch mal eben umdreht.

Im Kühlschrank aufbewahrt, hält sie sich erstaunlich lange. So ein Glück! Hmm, und was man damit alles machen kann! Beispiel: In den Kartoffelbrei damit! Den ich übrigens seit neuestem nicht mehr mit dem Handrührgerät herstelle, sondern - Revolution! - mit einem Kartoffelstampfer. Dermaßen retro, dass es schon wieder avantgardistisch ist, oder, wie es jemand mal wesentlich schöner ausdrückte: "I go back so far / I'm in front of me."

Schon länger hatte sich dieser Stampfgedanke in meinem Kopf geformt. Einerseits bin ich ohnehin ein Freund der groben Stückigkeit, das gilt auch für Kartoffelpuffer, bei deren Herstellung ich immer einen Teil der Knollen mit der ganz groben Reibe zerkleinere, und dann beim Draufbeißen, die reine Freude!, oder auch beim Bananenquark, der eben nicht komplett homogen sein darf, sondern noch spürbare Konsistenzdifferenzen aufweisen muss, so dass es sich geradezu aufdrängte, die weichgekochten Tüften einmal nicht elektrisch zu pürieren, sondern sie nach alter Väter Sitte manuell zu stampfen. Und man erspart sich ja auch die stärkehaltigen Flecken an der Küchenwand (nicht was Sie jetzt denken), denn auch nach jahrelanger Übung mit dem kleinen Handmixer ist es praktisch unmöglich zu verhindern, dass kleine Kartoffelstückchen durch zentrifugale Effekte dazu verleitet werden, das ihnen zugewiesene Reservat der Schüssel zu verlassen und sich dort niederzulassen, wohin vorzudringen kein Wischlappen jemals auch nur den Hauch einer Chance hat, also in Ritzen, Fugen und Steckdosenlöchern. Na, jedenfalls, die Butter, die macht den Kartoffelbrei ja erst genießbar. Milch ist auch wichtig, sicher, aber die Butter - mjam! Was täte ich ohne sie! Habe ich übrigens schon erwähnt, dass man mir mal ein T-Shirt schenkte mit der Aufschrift Schwarzbrot mit ganz dick Butter drauf? Das schockt heute natürlich keinen mehr, aber damals, da war ich echt der Hingucker auf der Love Parade!

Wenn's Sommer wird, wird's dann immer schwierig. Direkt aus dem Kühlschrank ist sie nicht streichfähig und auch nicht aromatisch. Außerhalb des Kühlschranks kann man sie aber auch nicht lange aufbewahren, sie soll ja lediglich streichzart sein und nicht flüssig und ranzig. Man muss findig und clever sein, das gilt übrigens generell, und mein Tipp lautet, man nehme dann nur so ein halbes Päckchen und lege es auf einen kleinen Teller, abgedeckt von einer umgestülpten kleinen Schüssel, und bis das richtig geschmolzen ist, ist es auch schon alle, oder man macht abends dann wieder Kartoffelbrei. Dann musste ich aber echt aufstehen.

Link zu diesem Beitrag (5 Kommentare)  | Kommentieren [?]   





Dienstag, 30. Juni 2009
Rezessiv naiv im Seven Dollar House
nnier | 30. Juni 2009 | Topic In echt
Ich gehörte dann doch nicht zu den ersten Besuchern des neuesten Star Trek-Films, aber immerhin zu den letzten. In jenem Kino, das sich mal One Dollar House untertitelte, als der Dollar noch was wert war; man kann dort Filme sehen, die ein paar Wochen oder Monate vorher durch die Projektoren der "richtigen" Kinos gezogen wurden. Man nutzt die schmale Verwertungslücke zwischen Kino- und DVD-oder-wie-das-derzeit-aktuelle-Medium-halt-heißt-Vermarktung, um noch ein paar Sparfüchse oder Nachzügler wie mich (beides trifft ja zu) anzulocken. Wobei das mit dem Sparfuchs so 'ne Sache ist, denn ich nehme trotz der Verbotsschilder zwar manchmal ein Getränk oder etwas zum Knabbern von zu Hause mit hinein, aber für die 5.- EUR Eintritt, die dort inzwischen genommen werden, nach heutigem Wechselkurs also 7,25 USD, kommt man an bestimmten Wochentagen auch in die A-Kinos. In denen sitzt man dann nicht unbedingt nach hinten abschüssig und muss beim Betreten des Saals auch nicht lachen, weil man vorher gerade noch gesagt hat, bei einem solchen Film sei es einem halt wichtig, ihn auf der großen Leinwand zu sehen - "großen", chrr-hrr-hrr!, denkt man dann und überlegt, ob die Plasmafernseher in den ganzen dubiosen, angeblichen Sportwettbüros, die als Nachmieter all der aufgegebenen, alteingesessenen Geschäfte heftig mit den zahlreichen Nagelstudios konkurrieren, nicht mindestens ebensogroß sind. Aber dort würde man ja nun auch nicht gerne sitzen, zwischen den breitbeinigen Typen mit ihren Badelatschen. Dann schon lieber in diesem Kino, dessen Saal 3 möglicherweise ja auch der kleinste ist, man stellt sich ungefähr so jedenfalls die privaten Vorführräume alternder Hollywoodstars vor, in denen sich jene längst vergessenen und totgeglaubten, von der Menschheit enttäuschten und deshalb weltabgewandten ehemaligen Berühmtheiten allabendlich ihre alten Stummfilme vorführen lassen von Mortimer, dem treuen Butler und verschwiegenen Faktotum. Dass man insgesamt etwa zu zehnt in der Freitagabendvorführung sitzt, sorgt einerseits dafür, dass klaustrophobische Gefühle zuverlässig draußenbleiben und man keinerlei Berechnungen über die verbleibenden Sauerstoffvorräte anstellen muss, beweist aber zum anderen, dass auch in fast leeren Kinos mit freier Platzwahl kurz nach Beginn des Hauptfilms immer ein Sitzriese zu spät kommt und dann zielstrebig den einzigen Platz, den er nicht nehmen dürfte, belegt. Solche Leute haben es allerdings auch schwer, sie müssen z.B. längere Betten kaufen und stoßen sich in älteren Häusern an jedem Türrahmen den Kopf; irgendwo müssen sie ja hin mit ihren Aggressionen - und bevor sie dann Amok laufen, bitte, es ist ja genug Platz, setzt man sich eben um, genau vor die Leute, die so penetrant reden, dann kann man denen auch gleich bescheid sagen, aber die setzen sich dann plötzlich auch woandershin und sehen übrigens ganz schön klein aus.

Einmal war ich fast alleine in einem Kino mit gut und gerne 400 Plätzen. Ganz vorne saß eine Frau, ich hinten in der Mitte. Es lief ein Film, für den ich mit einer jungen Frau verabredet war, die ich [bla bla bla gerade erst kennengelernt bla bla bla] und die dann urplötzlich nicht konnte und der es dann total schlecht ging und die mich aber leider nicht erreichen konnte. Dachte ich zwanzig Jahre lang, ehe mir gerade eben klar wurde, dass das eine ganz billige Notlüge gewesen sein muss, denn sie hatte wohl etwas voreilig zugesagt, wir kannten uns ja nur [bla bla bla Mitfahrzentrale bla bla bla], und da stehe ich ewig vor dem Kino und gehe irgendwann zur Telefonzelle und die Mutter geht dran und sagt, ach, ja, also, äh, der geht's ganz schlecht und die hat dich nicht erreicht. Gott, war ich naiv!

Was mir beim neuen Star Trek wirklich aufgefallen ist, ist die Tatsache, dass die Macher von Genetik einfach keine Ahnung haben. Was ist da schon der vielbelächelte Anschlussfehler im ersten Film, wenn sich Spocks Frisur mal eben verändert? Was der Schnitzer im zweiten, in dem ausgerechnet Chekov das Schiff Botany Bay erkennt, obwohl er noch gar nicht an Bord der Enterprise war, als man Ricardo Montalbán damals aussetzte?

Es gibt Menschen mit freien und solche mit angewachsenen Ohrläppchen. Dieses Merkmal wird, wie ja jeder weiß, dominant-rezessiv vererbt, "Angewachsen" ist rezessiv. Können zwei Menschen mit angewachsenen Ohrläppchen demnach ein Kind mit freien Ohrläppchen zeugen? Denken Sie darüber nach und schauen Sie sich die Sache bei der nächsten Familienfeier mal genau an, das kann interessant werden. Dies nur nebenbei; und eines ist klar: Einen Spock mit angewachsenen Ohrläppchen glaube ich euch nie, alternative Zeitlinie hin oder her.

Link zu diesem Beitrag (13 Kommentare)  | Kommentieren [?]   





Montag, 29. Juni 2009
Der King of Ost ist tot
nnier | 29. Juni 2009 | Topic Sprak
Sie wissen doch. Polizeiruf 110. Sächsisch. Dieser Blonde.



Wenn man mit heißer Nadel Nachrufe stricken muss und selbst noch ganz erschüttert ist, klar, das geht nicht immer gut. Ist aber menschlich verständlich. Bei der ganz großen "Zeitung" haben sie sogar zu dreizehnt daran geschrieben und sind trotzdem nicht unfallfrei durchgekommen.



Das muss dem Mann bei der faz wirklich nahe gegangen sein.

Link zu diesem Beitrag (17 Kommentare)  | Kommentieren [?]   





Samstag, 27. Juni 2009
Wofür man so
nnier | 27. Juni 2009 | Topic In echt
Man kann 4,30 EUR beim konventionellen Bäcker für ein Kilo Dinkelbrot bezahlen. Ganz schön happig. Oder nehmen wir das Bio-Rinderhack von Plus, Kilo knapp 10.- EUR. Im Bioladen dann: 18.- EUR. Wenn man sich mal was Feines gönnen will, kann man in Greetsiel frische Seezunge kaufen, hmm, lecker, kein billiges Vergnügen, aber für 30.- oder 35.- EUR / Kilo ein wahrer Gaumenschmaus.

Diese Schokoladen von Hachez, hier aus Bremen: Echt gut! Kosten mit fast 20.- EUR / kg natürlich auch mehr als doppelt soviel wie die bekannten, einfachen Markenschokoladen. Na, und dann Lindt, so ähnlich eigentlich.

Der Spargel ist ja auch so ein edles Gemüse, hmm, man muss ja nicht den billigsten nehmen, und der kostet dann auch mal seine 8.- oder 9.- EUR pro Kilo, wenn die beste Zeit vorbei ist, so wie die Erdbeeren halt in ihren Schälchen.

Man kann ein Kilo Kaffee für 6.- EUR bekommen, oder man nimmt besseren, oder sogar besseren und fair gehandelten, dann ist man auch mal bei 15.- EUR für ein Kilo. Der ganz besonders gute Espresso kostet knapp 18.- für 1000g.

Steht man an der Käsetheke, dann ist neben dem Angebotsgouda für 5.- EUR auch so ein alter Edelkäse, der zwischen 30.- und 40.- EUR pro Kilo kostet. Davon gönnt man sich an besonderen Tagen auch mal ein Stückchen.

Tja-ja, das sind dann aber auch Preise, Junge, Junge, da erwartet man dann auch das Besondere, wenn man wirklich mal soviel ausgibt. Ich meine, man gönnt sich eben auch mal was, sagen wir: einen alten, gut gereiften Käse oder luftgetrockneten Schinken, darin steckt ja auch viel Arbeit und Können und es werden nur die besten Ausgangsprodukte verwendet.

Wobei - irgendwo ist dann auch Sense! Wenn man so in die Region von 40.-, 50.-, 60.- EUR / Kilo kommt, das ist dann irgendwo auch nicht mehr zu rechtfertigen; bei feinen Pralinen vielleicht, und natürlich bei einem Produkt, das aus Fischabfällen, Insekten und Algen zusammengepresst wird, klar.



Link zu diesem Beitrag (20 Kommentare)  | Kommentieren [?]   





... hier geht's zu den --> älteren Einträgen *
* Ausgereift und gut abgehangen, blättern Sie zurück!

Letzte Kommentare
Kalender
Juni 2025
Mo
Di
Mi
Do
Fr
Sa
So
 
 
 
 
 
 
 1 
 2 
 3 
 4 
 5 
 6 
 7 
 8 
 9 
10
12
13
14
15
16
17
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
 
 
 
 
 
 
 
 
Über
Who dis?
Erstgespräch