Mumien, Analphabeten, Diebe.
Du hast's gut, du hast dein Leben noch vor dir.
Mittwoch, 22. Oktober 2008
Nutten sind die Neger Bulgariens
nnier | 22. Oktober 2008 | Topic Tanztee
Es hat etwas Irritierendes an sich, wenn in einer Straße, zu deren Bewohnern man selbst, und sei es auch nicht sehr lange und schon vor einer ganzen Zeit gewesen, mal zählte, sich eine Veranstaltungsstätte befindet, von deren Vorhandensein man nichts ahnte. Gut, seit ich auf der rich anderen Weserseite wohne, verschlägt's mich nur noch recht selten in die Neustadt, und gerade im Buntentor habe ich tatsächlich äußerst selten zu tun; dennoch war ich, nachdem ich erfahren hatte, dass die gestrige Veranstaltung kurzfristig aus der Überseestadt in die mir bis dato unbekannte "Schwankhalle" verlegt worden war und dann nach deren Standort geschaut hatte, äußerst verwundert darüber, dass dieser sich sogar unweit meiner ehemaligen Wohnstätte befindet. Nun laufe ich sicher manchmal mit verklebten Augen durch die Gegend; dass ich aber gleich ein ganzes Jahr lang nahe eines Kulturtempels gelebt haben sollte, ohne mir dessen bewusst zu sein, befremdete mich dann doch genug, um heute mal Wikipedia aufzuschlagen:
Ehemals das Gelände der Remmer-Brauerei [...]. 1992 begann die schrittweise Sanierung, durch die bereits erste Künstler einen Ausstellungs- und Präsentationsort fanden. Nach Abschluss der Sanierung finden hier seit dem Herbst 2003 Theater-, Tanz- und Musikveranstaltungen statt.
- Hast du das da eben gelesen?
- Ja, und?
- Wie, und? Ist dir da eben nichts aufgefallen?
- Nein. Was denn?
- Ich will hier über Heinz Strunk schreiben, dass der gestern ganz charmant und wohlgelaunt aufgetreten ist, nachdem ich ihn auch schon mit übler Stirnfalte erlebt habe, und dass die Passagen, die er aus seinem neuen Buch vorgelesen hat, so gut ausgewählt waren, dass ich mein verhaltenes Urteil über Die Zunge Europas eventuell noch etwas ins Positive nachjustieren werde, dass andererseits diese Textstellen eben auch eindeutig durch die Art des Vortrags dazugewonnen haben, und dass die Stühle im Saal aber wirklich gar zu eng gestellt waren, so dass man ständig "Ryanair" und "Landshut" denken musste, und dass es mich sehr traurig stimmt, wenn Herr Strunk in den Interviews zum Buch so nebenbei verkündet, er werde keine Kurzhörspiele mehr machen, und dann steht da bei Wikipedia plötzlich "schrittweise Sanierung"! Das bringt mich total ins Stolpern!
- Warum denn?
- Es gibt keine schrittweise Sanierung!



(Der Titel dieses Beitrags ist ein Zitat aus dem Buch, und ich frage mich, ob Herr Strunk die Idee wohl diesem Songtitel verdankt?)

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Montag, 20. Oktober 2008
Antipodistinnen
nnier | 20. Oktober 2008 | Topic Tanztee


Es ist über 25 Jahre her, dass ich zuletzt in diesem Zirkus war.



(Wahrscheinlich war ich danach auch in keinem anderen mehr.)



Schade eigentlich! Denn das hat einfach Spaß gemacht, da, am Freitagabend in Hamburg. (Und was die Zwillingsschwestern aus Minsk Unfassbares mit ihren Händen, Füßen und ein paar Tüchern anstellen, ist in einem so geschmackvollen Zirkusprogramm doch wesentlich schöner anzusehen als im Filmchen).

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Mittwoch, 15. Oktober 2008
Herrenhandtaschen
nnier | 15. Oktober 2008 | Topic In echt
Nebenbei könnte man natürlich lässig einfließen lassen, dass Charlotte Roche einen so richtig nett angelächelt hat, als man beim Bierholen an ihr vorbeigegangen ist, und dass man, nachdem man sich etwas Mut angetrunken hat, Heinz Strunk eine Frage zu seinem Werk, die einen schon länger beschäftigt hatte, stellte, damals an diesem Hochsommerabend nach der Penislesung, als beide noch lange an den Biertischen draußen saßen, so mitten unter dem Volk, aber das wäre ja bloßes Namedropping und hätte mit dem Thema dieses Beitrags rein gar nichts zu tun.

Extrem heiß war's vor der Veranstaltung vor dem Veranstaltungsort, schweißtreibend geradezu, und dass in der Stadthalle nebenan, die "AWD-Dome" zu nennen ich mich nach wie vor weigere, ja, auskunftsbegehrenden Ortsfremden auf Ihre Frage: "Wissen Sie, wo der AWD-Dome ist?", stets antworte: "Nein, leider nicht, ich kann Ihnen aber gerne den Weg zur Stadthalle erklären", denn, mal ganz im Ernst, "Dome" heißt ja nichts anderes als "Kuppel", und eine Kuppel sucht man dort nun wirklich vergebens, und der Dom wiederum ist noch mal ganz woanders, außerdem habe ich was gegen die feindliche Übernahme öffentlicher Einrichtungen, und sei es nur der Name, der durch dubiose "Finanzdienstleister" oder ähnliche Gesellschaften der Gesellschaft weg- und dreist in Besitz genommen wird, denn das ist ja nun beileibe nicht "nur Sprache" oder "nur ein Name", dass also an jenem Abend in der Stadthalle Peter Maffay aufspielte und deshalb reger Publikumsverkehr auf der Bürgerweide herrschte, tut eigentlich auch nur insofern etwas zur Sache, als ich inmitten der dort entlangströmenden kurzbehosten und -behemdeten jungen und nicht mehr ganz jungen Menschen plötzlich Freund M. erblickte, auf den ich dort wartete und angesichts dessen dicker Lederjacke ich wohl doch leicht erstaunt geguckt haben muss.

Achselzuckend und ungefragt erklärte mir M., dass Mobiltelefon, Geldbörse und Schlüsselbund ja wohl "irgendwo hin müssen", oder, so fragte er mich, wohin ich "als Mann von Welt" diese Utensilien wohl verschwinden ließe? Wenn ich mich recht erinnere, antwortete ich etwa so: "Geld in Scheinen lose in der Hosentasche, Schlüsselbund vorne rechts, Handy vorne links". Wir unterhielten uns dann noch über die modischen Vor- und Nachteile von Herrenhandtaschen, ausgebeulten Buxen, dicken Arsch- (Geldbeutel!) oder ausgebeulten Hemdtaschen (Handy!) samt der in Kauf zu nehmenden Risiken bezüglich eines etwa beim Bücken herausfallenden (Hemdtasche) oder mechanisch überbeanspruchten (Hosentasche) Mobiltelefons und kamen insgesamt zu keinem recht brauchbaren Ergebnis. So hatte z.B. meine Idee, das Portemonnaie an jenem Abend zu Hause zu lassen und nur Bares einzustecken zur Folge, dass ich nicht in der Lage war, dem Zigarettenautomat gegenüber meine Volljährigkeit nachzuweisen (was einem menschlichen Gegenüber gegenüber per Gesichtskontrolle gerade zu dieser Tageszeit durchaus möglich gewesen wäre), so dass ich auf das Wohlwollen und Verständnis zweier betrunkener Frauen vertrauen bzw. auch hinarbeiten musste, von denen eine mir dann tatsächlich ("nur mal eben kurz!") ihre Kontokarte zwecks Altersnachweis zur Verfügung stellte.

Was ich aber immer dabeihabe und dabeihaben muss, ist mein Schlüsselbund. Er besteht aus mehreren, miteinander verketteten Schlüsselringen, beherbergt vier oder fünf Schlüssel sowie einen sog. Dongle*, mit dem ich mir Zutritt zur Anstalt verschaffe, einen ovalen Anhänger aus Metall mit Zeit-Emblem auf der einen und einer individuellen, eingeprägten Nummer auf der anderen Seite, auf der der potentielle Finder des potentiell zu verlierenden Schlüsselbundes freundlich gebeten wird, das Gefundene in seiner Gesamtheit unverpackt in den nächsten Briefkasten zu werfen, auf dass der Key-Refinder-Service das tue, wozu er da ist, nämlich anhand der eingeprägten Nummer den Schlüssel seinem Besitzer zuzuordnen und ihn ihm zuzustellen, eine, wie ich fand, ganz sinnvolle Aboprämie des Wochenblatts, und seit einigen Wochen einen USB-Stick, auch dieser übrigens eine Aboprämie, ich kann manchmal nicht aus meiner Haut und bestelle eine vollkommen unlesbare und grottenschlechte Zeitschrift wie tomorrow nicht etwa aus dem Grund, dass es für dreineunzig oder vierachtzig ein paar Probehefte gibt, die lege ich sofort zum Altpapier, sondern weil ich finde, dass dreineunzig oder vierachtzig für einen USB-Stick sehr günstig sind, zumal wenn dieser USB-Stick über eine Öse verfügt, mit der man ihn an einem Schlüsselbund befestigen kann, so etwas fehlte den Dingern bisher, und es sage bitte niemand, dass man so etwas nicht brauche, einen USB-Stick am Schlüsselbund, denn ich habe darauf immer das sehr schöne, poetische Stück Teilebahn von Heinz Strunks CD Trittschall im Kriechkeller, so etwas kann man manchmal wirklich dringend -
oh, einen Moment bitte!

- Scha-hatz, was machst du denn?
- Ich blogge!
- Was bloggst du denn?
- Ach, nur, dass ich meinen Schlüsselbund heute mitgewaschen habe!
- Was hast du?
- Ich habe den mitgewaschen! Und der USB-Stick funktioniert trotzdem noch!
- Und über so was bloggst du? Interessiert das denn jemanden?
- Weiß nicht.

--
* Wikipedia: An sich ist das Wort 'Dongle' ein englischer Begriff für etwas Unbenanntes (wie auch doodad, gadget oder whatchamacallit), der in den 1970er Jahren benutzt wurde.

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Dienstag, 14. Oktober 2008
Keine Neue Bremer Zeitung
nnier | 14. Oktober 2008 | Topic Klar jewesn
Vier Jahre Planung
Zwei Ausgaben
Aus.

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Sonntag, 12. Oktober 2008
Offene Türen
nnier | 12. Oktober 2008 | Topic Musiq
Manchmal sind die Türen, die man einrennen will, längst offen. Sieht man sich im Internet ein wenig um, dann stellt man nämlich fest, dass Christian Bruhn durchaus einiges an Wertschätzung entgegengebracht wird.

Christian wer? Wer den Namen nicht kennt, kennt vermutlich trotzdem seine Werke. Lassen wir die ganze Schlagerkiste mal zu (neben ganz vielen anderen Liedern komponierte er z.B. für Siw Malmkwist: Liebeskummer lohnt sich nicht; Conny Froboess: Zwei kleine Italiener; Marion Maerz: Er ist wieder da*; Roberto Blanco: Ein bißchen Spaß muß sein; Drafi Deutscher: Marmor, Stein und Eisen bricht; Katja Ebstein: Wunder gibt es immer wieder, Mireille Mathieu: Hinter den Kulissen von Paris, France Gall: Der Computer Nr. 3), denn in welchem Ausmaß er auch hier gewirkt hat, ist mir erst bei der Recherche klargeworden.

Nein, mir geht's um etwas anderes: Die grandiosen Titelmelodien, die er fürs Fernsehen geschrieben hat. Als Kind in den 70ern und frühen 80ern kam man um gewisse Zeichentrickserien ja z.B. gar nicht herum. Wer schrieb die Titelmelodien zu Wickie? Heidi? Sindbad? Captain Future? Christian Bruhn! Weiter: Die Rote Zora? Timm Thaler? Manni, der Libero? Ja, richtig, die alle (und noch viele mehr) hat er mit den einprägsamsten, schönsten und vor allem immer zur Stimmung der jeweiligen Serie passenden Titelmelodien versehen!

Und es geht noch weiter; es gibt ja nicht nur die Titelmelodien, sondern auch die Hintergrundmusik in den Serien. Als ich kürzlich, über 25 Jahre nach dem ersten und bis dahin auch einzigen Mal, die Serie Timm Thaler (eines meiner ganz einschneidenden Fernseherlebnisse) angesehen habe, habe ich festgestellt: Jeder Ton aus den einzelnen Melodien war mir noch exakt im Gedächtnis, und jede Melodie passt perfekt zur Stimmung / Szene / Figur. Ich besitze noch die 7"-Vinyl-Single mit der traurigen Titelmelodie, und auf der Rückseite sind mit "Aravanadi / Der Baron" zwei weitere, sehr gut gemachte Stücke.

Natürlich hat der Herr Bruhn gewusst, wie man sich inspirieren lässt: Als ich neulich Shine on You Crazy Diamond von Pink Floyd anhörte, kam ein kleines Mädchen, das ich gut kenne, angelaufen und rief: "Das klingt ja wie Timm Thaler!" (Das gleiche Mädchen läuft auch seit ein paar Wochen herum und summt die Melodien aus der Serie, seit wir sie zusammen angesehen haben). Und der Knaller Captain Future wäre wohl so auch nicht zustandegekommen, hätte nicht zur Titelmelodie einer Science-Fiction-Fernsehserie der späten 60er eine hohe Frauenstimme so etwas wie "Ooo-hooooooo- ooo-hooo-hooo-hooo-hooo"** gesungen. Aber, solange es keine dreisten Plagiate sind, lasse ich gerade bei Gebrauchsmusik, wie es Fernsehtitelmelodien nun mal sind, gerne gelten, was Rudi Carrell mal über seine Showkonzepte sagte: Besser gut geklaut als schlecht selber gemacht.

Wobei ich das bei Bruhn nicht ernsthaft "geklaut" nennen würde, denn es sind weniger Melodien als vielmehr bestimmte, etablierte Sounds, die er aufgegriffen und eingesetzt hat. Und die erwähnte hohe Frauenstimme***, die er da über seinen Discofetzer gelegt hat, war nun mal seit Raumschiff Enterprise eine Soundchiffre für Science-Fiction. (Gerade im Fall von Captain Future überschlagen sich die Fans übrigens vor Begeisterung, was man u.a. in den Rezensionen zur Soundtrack-CD beim großen Buch- und Medienversender nachlesen kann).

Disco ist auch beim Sindbad-Titellied ein Thema, und ich finde es wirklich beeindruckend, wie Bruhn es schafft, mit ganz kleinen, aber wirkungsvollen Tricks ("durch die glühe-he-hende Saha-ra") sofort eine in den Orient weisende Assoziation hervorzurufen. Der Mann beherrscht sein Handwerk, und dass er auch -zig Werbejingles komponiert hat, die sich seit Kindertagen in meinem Geist festgesetzt haben, sei ihm hiermit verziehen.

(Zum Weiterlesen: Manuskript einer Radiosendung von 2007; Interview 1; Interview 2)

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* Mein Anspieltipp!
** This text is in English
*** Übrigens gehört diese Stimme derselben Erika, die als Teil des Duos Gitti & Erika das sehr erfolgreiche Heidi gesungen hat

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