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Mit John Lennons Solowerk konnte ich nie sonderlich viel anfangen. Mir ist Imagine zu kitschig, ich bin beim Hören von Mother nicht weiter berührt, halte God trotz der eindringlichen "I don't believe in ..." - Zeilen für insgesamt fade, und es ist sicher ungerecht und viel zu grob, wenn ich sage, dass da sonst nicht viel Bemerkenswertes war, allein: Es hat mich nie groß gepackt, das hingerotzte Instant Karma hin und das ebenso eilig dahingeschluderte Give Peace a Chance her. Manchmal wäre etwas Bedenk- und Probezeit und auch ein wenig mehr Mühe bei der Produktion schon angebracht gewesen.
Die 70er waren aus meiner Sicht auch für McCartney kein gutes Jahrzehnt, auch wenn bei ihm eher das Gegenteil der Fall war: Da überdeckte oft eine glatte Produktion den Mangel an Kreativität, Ausnahmen natürlich ausgenommen - das erste Soloalbum war ein geradezu primitives Heimstudiowerk - und ich kann vielen der keyboard- und streicherlastigen Wings-Stücke, aber auch den meisten der gewollt rockig und verzerrt daherkommenden E-Gitarren-Stücke nur wenig abgewinnen. "They tend to overplay", las ich mal irgendwo und kann mich dem nur anschließen.
Als herausragendes Werk seiner Solokarriere wird auch heute noch das 1973er Album Band on the Run genannt, in einer dürren Dreierbesetzung* unter widrigen Umständen in Lagos aufgenommen. Drei Stücke aus diesem Album waren eigentlich auf jedem Konzert vertreten, inzwischen sind es fünf, was damit zu tun haben mag, dass eine klangtechnisch aufgemöbelte Version des Albums angekündigt war (und inzwischen erschienen ist).
Es ist kein schlechtes Album, die Lobpreisungen allerdings kann ich auch nicht ganz nachvollziehen; es handelt sich, um mal einen Ausdruck weiter abzunutzen, um eingängige Popsongs, die für mich in der Studioversion trotzdem nicht umwerfend gut sind. Live dagegen ist vor allem Jet für mich immer wieder der Moment, bei dem das Konzert erst richtig losgeht, und auch Mrs. Vandebilt und Nineteen Hundred and Eighty-Five entfalten im Konzert ungeahnte Qualitäten und bringen sogar manchen Verweser in Schwung.
Ein weniger bekannter Song aus dem Album heißt Let me Roll it. Zu Zeiten der Kämpfchen und Nachtretereien entstanden (How Do You Sleep?) kann man wohl auch dieses Stück mit seinem harmlosen Text als Stichelei in eine gewisse Richtung deuten, wenngleich es heute schon eher wie eine Hommage klingt: Der Gesangsstil samt Echo-Effekt entspricht jedenfalls ziemlich genau dem Lennons zu jener Zeit, und wenn man ganz zum Schluss ein kurzes "Oh-oh-ohhh" hört, muss ich nicht nur regelmäßig lächeln, sondern natürlich an Lennons seelengepeinigte Ur- und sonstige Schreie denken.
Was mich zurück zu jenem führt, der 1980 nach jahrelangem Rückzug das Album Double Fantasy veröffentlichte, das letzte zu Lebzeiten, das übrigens in den Hitparaden zwar freundlich aufgenommen worden, aber auch schon wieder am Sinken war, bevor Lennons Tod es für Wochen wieder an die Spitzen beförderte. Ich besitze dieses Album nicht einmal, kenne aber natürlich die Lieder**: Das triefende Woman und das schon ganz flotte (Just Like) Starting Over vorneweg, mit denen er zeigte, dass er sein Handwerk noch beherrschte - nicht mehr und nicht weniger. Es hat mich oft der überproduzierte, glatte 80er-Jahre-Klang gestört, die massiven "Doo-bee-doo"-Chöre mag ich auch nicht immer, vor allem aber habe ich stets bedauert, wie sehr seine Stimme mit Echo verfremdet und gedoppelt wurde. Und nun gibt es dieses Album in einer "Stripped-Down"-Version, und ich habe ein Problem damit.
Irgendwo in der unüberschaubaren Beatles-Bibliothek stand zu lesen, dass Lennon ab einem gewissen Zeitpunkt, schon zu Beatles-Zeiten, seine Stimme nicht mehr "pur" aufnehmen mochte, und wenn man sich durch den späten Katalog hört, fällte einem tatsächlich auf, dass sein Gesang bei so gut wie allen Stücken doppelt aufgenommen (bzw. künstlich gedoppelt) und/oder mit Hall/Echo versetzt wurde. Auch was meine (lückenhaften) Kenntnisse seines Solowerks angeht, erinnere ich mich an kaum ein Stück, bei dem das nicht der Fall wäre.
Und nun das "Stripped Down"-Album: Ich müsste lügen, würde ich nicht zugeben, dass ich ein archäologisches Interesse an allen Einzelheiten der Beatles- und vieler Solostücke hätte. Gäbe es das Rohmaterial, also alle vorhandenen Einzelspuren, zu kaufen, wäre ich der erste, der sie sich besorgen, einzeln anhören und dann mit einem Mischpult fröhlich herumspielen würde. Dass die Klangeffekte und Doo-Wop-Spuren herausgenommen wurden, macht die Aufnahmen sozusagen wissenschaftlich interessant für mich. Und schlecht klingen tut's sicherlich nicht.
Andererseits beschleichen mich komische Gefühle. Ich werde den Eindruck nicht los, dass hier etwas gegen den Willen eines Künstlers getan wurde, der sich nicht mehr wehren kann. Und während ich der nackten und plötzlich viel verletzlicher klingenden Stimme lausche, singe ich (zur Melodie von "Doo Bee Doo Wah") den Hintergrundchorus: Leichenfledderei.
--
* Davon zwei Musiker. Sorry, Linda.
** Jedenfalls die von John. Sorry, Yoko.
Die 70er waren aus meiner Sicht auch für McCartney kein gutes Jahrzehnt, auch wenn bei ihm eher das Gegenteil der Fall war: Da überdeckte oft eine glatte Produktion den Mangel an Kreativität, Ausnahmen natürlich ausgenommen - das erste Soloalbum war ein geradezu primitives Heimstudiowerk - und ich kann vielen der keyboard- und streicherlastigen Wings-Stücke, aber auch den meisten der gewollt rockig und verzerrt daherkommenden E-Gitarren-Stücke nur wenig abgewinnen. "They tend to overplay", las ich mal irgendwo und kann mich dem nur anschließen.
Als herausragendes Werk seiner Solokarriere wird auch heute noch das 1973er Album Band on the Run genannt, in einer dürren Dreierbesetzung* unter widrigen Umständen in Lagos aufgenommen. Drei Stücke aus diesem Album waren eigentlich auf jedem Konzert vertreten, inzwischen sind es fünf, was damit zu tun haben mag, dass eine klangtechnisch aufgemöbelte Version des Albums angekündigt war (und inzwischen erschienen ist).
Es ist kein schlechtes Album, die Lobpreisungen allerdings kann ich auch nicht ganz nachvollziehen; es handelt sich, um mal einen Ausdruck weiter abzunutzen, um eingängige Popsongs, die für mich in der Studioversion trotzdem nicht umwerfend gut sind. Live dagegen ist vor allem Jet für mich immer wieder der Moment, bei dem das Konzert erst richtig losgeht, und auch Mrs. Vandebilt und Nineteen Hundred and Eighty-Five entfalten im Konzert ungeahnte Qualitäten und bringen sogar manchen Verweser in Schwung.
Ein weniger bekannter Song aus dem Album heißt Let me Roll it. Zu Zeiten der Kämpfchen und Nachtretereien entstanden (How Do You Sleep?) kann man wohl auch dieses Stück mit seinem harmlosen Text als Stichelei in eine gewisse Richtung deuten, wenngleich es heute schon eher wie eine Hommage klingt: Der Gesangsstil samt Echo-Effekt entspricht jedenfalls ziemlich genau dem Lennons zu jener Zeit, und wenn man ganz zum Schluss ein kurzes "Oh-oh-ohhh" hört, muss ich nicht nur regelmäßig lächeln, sondern natürlich an Lennons seelengepeinigte Ur- und sonstige Schreie denken.
Was mich zurück zu jenem führt, der 1980 nach jahrelangem Rückzug das Album Double Fantasy veröffentlichte, das letzte zu Lebzeiten, das übrigens in den Hitparaden zwar freundlich aufgenommen worden, aber auch schon wieder am Sinken war, bevor Lennons Tod es für Wochen wieder an die Spitzen beförderte. Ich besitze dieses Album nicht einmal, kenne aber natürlich die Lieder**: Das triefende Woman und das schon ganz flotte (Just Like) Starting Over vorneweg, mit denen er zeigte, dass er sein Handwerk noch beherrschte - nicht mehr und nicht weniger. Es hat mich oft der überproduzierte, glatte 80er-Jahre-Klang gestört, die massiven "Doo-bee-doo"-Chöre mag ich auch nicht immer, vor allem aber habe ich stets bedauert, wie sehr seine Stimme mit Echo verfremdet und gedoppelt wurde. Und nun gibt es dieses Album in einer "Stripped-Down"-Version, und ich habe ein Problem damit.
Irgendwo in der unüberschaubaren Beatles-Bibliothek stand zu lesen, dass Lennon ab einem gewissen Zeitpunkt, schon zu Beatles-Zeiten, seine Stimme nicht mehr "pur" aufnehmen mochte, und wenn man sich durch den späten Katalog hört, fällte einem tatsächlich auf, dass sein Gesang bei so gut wie allen Stücken doppelt aufgenommen (bzw. künstlich gedoppelt) und/oder mit Hall/Echo versetzt wurde. Auch was meine (lückenhaften) Kenntnisse seines Solowerks angeht, erinnere ich mich an kaum ein Stück, bei dem das nicht der Fall wäre.
Und nun das "Stripped Down"-Album: Ich müsste lügen, würde ich nicht zugeben, dass ich ein archäologisches Interesse an allen Einzelheiten der Beatles- und vieler Solostücke hätte. Gäbe es das Rohmaterial, also alle vorhandenen Einzelspuren, zu kaufen, wäre ich der erste, der sie sich besorgen, einzeln anhören und dann mit einem Mischpult fröhlich herumspielen würde. Dass die Klangeffekte und Doo-Wop-Spuren herausgenommen wurden, macht die Aufnahmen sozusagen wissenschaftlich interessant für mich. Und schlecht klingen tut's sicherlich nicht.
Andererseits beschleichen mich komische Gefühle. Ich werde den Eindruck nicht los, dass hier etwas gegen den Willen eines Künstlers getan wurde, der sich nicht mehr wehren kann. Und während ich der nackten und plötzlich viel verletzlicher klingenden Stimme lausche, singe ich (zur Melodie von "Doo Bee Doo Wah") den Hintergrundchorus: Leichenfledderei.
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* Davon zwei Musiker. Sorry, Linda.
** Jedenfalls die von John. Sorry, Yoko.
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