nnier | 15. Mai 2015 | Topic Todesbiest
In den 80ern sah ich bei fliegenden Händlern in Italien genau die Sporttaschen und Trainingsanzüge, die ich unbedingt haben wollte, die aber meist zu teuer waren. Hier lag das Zeug zu Spottpreisen am Straßenrand, und qualitativ war kein wirklicher Unterschied auszumachen. Bloß dass ein Buchstabe fehlte.
Also kaufte ich nichts - zu unerquicklich die Aussicht, als Träger billiger Fälschungen verspottet zu werden, zumal mir selber schon die ersten Witze eingefallen waren: "Hallo ndreas, was geht b" und so weiter, "Ich kaufe ein a", war klar jewesn.
Aber was heißt hier Fälschungen, es kann einem ja keiner verbieten, seine Sportartikel mit dem Aufdruck "didas" zu versehen, oder? (Und wenn man die Tasche im Klassenraum geschickt plaziert hätte - einen Teil der Tasche hinter dem Tischbein - was könnte man dafür, dass die menschliche Wahrnehmung diesen fatalen Hang zur Mustervervollständigung hat?)
Es hält sich hartnäckig das Gerücht, dass die Firma Aseikon einen ähnlichen Weg gegangen ist. Stellen Sie sich also vor, der Sekundenzeiger wäre gerade über dem A und der Stundenzeiger über dem N - manche munkeln sogar, diese beiden Buchstaben seien mit einer besonders leicht ablösbaren Farbe aufgedruckt worden - aber wahrscheinlich ist das bloß ein Zufall, man überlegte halt: Wie kann denn unsere neue Uhrenmarke heißen, vielleicht Acitizenn oder Akienzlen oder Arolexn, hm, klingt alles nicht schlecht, aber was haltet ihr von Aseikon.
Man findet nicht viel über diese Marke im Internet. Einerseits heißt es, das sei eine Marke aus Hong Kong gewesen, die Billigwerke verschiedenster Hersteller verbaut habe. Dann wieder las ich irgendwo, dass Aseikon eine der zahllosen Exportmarken der DDR gewesen sei, und zumindest die grüne und die blassblaue wirken auf mich durchaus so: Das langsame Ticken erinnert an die Standardwerke der Ruhla-Uhren, und bestimmte Ausdrücke wie "Colombo Style", "Shocktested" etc. klingen mir nach genau jener irgendwie-englischen Fantasiesprache, die zu weniger anglisierten Zeiten in Deutschland verwendet wurde.
Der Hammer aber ist das sinnlose "DAY | DAT" auf den Zifferblättern, denn es wird ja nur der Tag im Monat (Date) angezeigt, nicht der Wochentag (Day). Aber das musste man im Planungsbüro für Ersatzwirtschaft und Devisenbeschaffung vermutlich nicht wissen.
Cool aussehen tun sie durchaus, finde ich, wobei die eine zu schnell rennt und die andere gerne mal stehenbleibt. Für meine erste, die grüne, habe ich auf jeden Fall zu viel bezahlt. Aber irgendwie gönne ich das dem Schalck-Golodkowski.
Also kaufte ich nichts - zu unerquicklich die Aussicht, als Träger billiger Fälschungen verspottet zu werden, zumal mir selber schon die ersten Witze eingefallen waren: "Hallo ndreas, was geht b" und so weiter, "Ich kaufe ein a", war klar jewesn.
Aber was heißt hier Fälschungen, es kann einem ja keiner verbieten, seine Sportartikel mit dem Aufdruck "didas" zu versehen, oder? (Und wenn man die Tasche im Klassenraum geschickt plaziert hätte - einen Teil der Tasche hinter dem Tischbein - was könnte man dafür, dass die menschliche Wahrnehmung diesen fatalen Hang zur Mustervervollständigung hat?)
Es hält sich hartnäckig das Gerücht, dass die Firma Aseikon einen ähnlichen Weg gegangen ist. Stellen Sie sich also vor, der Sekundenzeiger wäre gerade über dem A und der Stundenzeiger über dem N - manche munkeln sogar, diese beiden Buchstaben seien mit einer besonders leicht ablösbaren Farbe aufgedruckt worden - aber wahrscheinlich ist das bloß ein Zufall, man überlegte halt: Wie kann denn unsere neue Uhrenmarke heißen, vielleicht Acitizenn oder Akienzlen oder Arolexn, hm, klingt alles nicht schlecht, aber was haltet ihr von Aseikon.
Man findet nicht viel über diese Marke im Internet. Einerseits heißt es, das sei eine Marke aus Hong Kong gewesen, die Billigwerke verschiedenster Hersteller verbaut habe. Dann wieder las ich irgendwo, dass Aseikon eine der zahllosen Exportmarken der DDR gewesen sei, und zumindest die grüne und die blassblaue wirken auf mich durchaus so: Das langsame Ticken erinnert an die Standardwerke der Ruhla-Uhren, und bestimmte Ausdrücke wie "Colombo Style", "Shocktested" etc. klingen mir nach genau jener irgendwie-englischen Fantasiesprache, die zu weniger anglisierten Zeiten in Deutschland verwendet wurde.
Der Hammer aber ist das sinnlose "DAY | DAT" auf den Zifferblättern, denn es wird ja nur der Tag im Monat (Date) angezeigt, nicht der Wochentag (Day). Aber das musste man im Planungsbüro für Ersatzwirtschaft und Devisenbeschaffung vermutlich nicht wissen.
Cool aussehen tun sie durchaus, finde ich, wobei die eine zu schnell rennt und die andere gerne mal stehenbleibt. Für meine erste, die grüne, habe ich auf jeden Fall zu viel bezahlt. Aber irgendwie gönne ich das dem Schalck-Golodkowski.
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nnier | 07. Mai 2015 | Topic Todesbiest
Ich sehe schon, ich muss einfach mal was zeigen, aber erst mal Musik an.
Dieses Ding soll in den 70ern bei Tchibo verkauft worden sein. Muss man sich mal vorstellen: Quarzkrise, die Japaner kommen, und plötzlich sind all die mechanischen Wunderwerke out - was soll man denn da tun als Schweizer Uhrenhersteller?
Heute verkaufen alle alles, aber ich erinnere mich noch sehr gut an das leicht anrüchige Image dieses Kaffeehändlers. Irgendwann gab's plötzlich sogar Fahrräder, da haben die Fahrradläden in meiner Stadt ein paar Wochen lang Kaffee verkauft. Was als Protest gedacht war, endete natürlich als Gratis-PR für den Kaffeegemischtwarenvertrieb. Und bei so einem Uhren kaufen? Bzw.: Bei so einem Uhren verkaufen, denn wir sind ja ein respektabler Schweizer Hersteller mit Absatzproblemen. Aber es muss wohl sein.
Der Herstellername taucht nicht auf, wirkt ja viel zu bieder, ich meine: Buler, was nehmen wir denn mal - mein Sohn war gerade im Kino, Science Fiction, was haltet ihr von ASTROMASTER? Guet, bauen wir ein einfaches Stiftankerwerk in ein Bullaugengehäuse. Und gfälschti Schruubeköpf.
Das Gehäuse ist aus Metall und wirkt hochwertig, sie wiegt richtig was, und es ist schon schade, wie alles verschleudert werden musste. Es ging den Bach runter, bis die hässlichen Plastikuhren von Swatch irgendwie zur Rettung der Schweizer Uhrenindustrie führten. Die längst wieder völlig elitär rüberkommt mit ihren unerschwinglichen Nobelhobeln.
Da lobe ich mir Butterbrotuhren wie diese. Ich habe übrigens keine Ahnung von Uhrentechnik, aber einen Begriff wie "einfaches Stiftankerwerk" können Sie sich ruhig merken und bei Gelegenheit fallen lassen. Es sind wohl recht simple, aber robust und zuverlässig arbeitende Werke, die man u.a. am lauten Ticken erkennt. Und für seine knapp 40 Jahre läuft das Ding unheimlich stur geradeaus. Das klapprige Metallband habe ich durch ein schwarzes aus Kunstleder ersetzt und trage die Uhr richtig gerne.
Wenn auch nicht jeden Tag - man hat ja auch mal Geschäftstermine oder es ist plötzlich Weihnachten, aber schauen Sie, da habe ich durchaus Alternativen, hier z.B. etwas aus der Schweiz,
wo wollen Sie denn hin, warten Sie, ich wollte doch Enterprise mit Ihnen spielen, darf ich Jim sein?
Dieses Ding soll in den 70ern bei Tchibo verkauft worden sein. Muss man sich mal vorstellen: Quarzkrise, die Japaner kommen, und plötzlich sind all die mechanischen Wunderwerke out - was soll man denn da tun als Schweizer Uhrenhersteller?
Heute verkaufen alle alles, aber ich erinnere mich noch sehr gut an das leicht anrüchige Image dieses Kaffeehändlers. Irgendwann gab's plötzlich sogar Fahrräder, da haben die Fahrradläden in meiner Stadt ein paar Wochen lang Kaffee verkauft. Was als Protest gedacht war, endete natürlich als Gratis-PR für den Kaffeegemischtwarenvertrieb. Und bei so einem Uhren kaufen? Bzw.: Bei so einem Uhren verkaufen, denn wir sind ja ein respektabler Schweizer Hersteller mit Absatzproblemen. Aber es muss wohl sein.
Der Herstellername taucht nicht auf, wirkt ja viel zu bieder, ich meine: Buler, was nehmen wir denn mal - mein Sohn war gerade im Kino, Science Fiction, was haltet ihr von ASTROMASTER? Guet, bauen wir ein einfaches Stiftankerwerk in ein Bullaugengehäuse. Und gfälschti Schruubeköpf.
Das Gehäuse ist aus Metall und wirkt hochwertig, sie wiegt richtig was, und es ist schon schade, wie alles verschleudert werden musste. Es ging den Bach runter, bis die hässlichen Plastikuhren von Swatch irgendwie zur Rettung der Schweizer Uhrenindustrie führten. Die längst wieder völlig elitär rüberkommt mit ihren unerschwinglichen Nobelhobeln.
Da lobe ich mir Butterbrotuhren wie diese. Ich habe übrigens keine Ahnung von Uhrentechnik, aber einen Begriff wie "einfaches Stiftankerwerk" können Sie sich ruhig merken und bei Gelegenheit fallen lassen. Es sind wohl recht simple, aber robust und zuverlässig arbeitende Werke, die man u.a. am lauten Ticken erkennt. Und für seine knapp 40 Jahre läuft das Ding unheimlich stur geradeaus. Das klapprige Metallband habe ich durch ein schwarzes aus Kunstleder ersetzt und trage die Uhr richtig gerne.
Wenn auch nicht jeden Tag - man hat ja auch mal Geschäftstermine oder es ist plötzlich Weihnachten, aber schauen Sie, da habe ich durchaus Alternativen, hier z.B. etwas aus der Schweiz,
wo wollen Sie denn hin, warten Sie, ich wollte doch Enterprise mit Ihnen spielen, darf ich Jim sein?
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nnier | 08. April 2015 | Topic Todesbiest
2014
2015
Und es gibt doch noch Veränderungen. Ich weiß nicht, ob der Unterschied auffällt, aber ich trug den Großteil meines Lebens nichts am Arm. Etwa vor einem Jahr wachte ich nachts plötzlich auf und gab den Namen eines japanischen Uhrenherstellers in die Suchmaschine ein. Bis heute weiß ich nicht, woher der Impuls kam.
Ich stieß auf die Abbildung einer etwa 40 Jahre alten, wunderschönen Automatikuhr und spürte: Die musst du haben.
Es sind dann einige Uhren gekommen und auch wieder gegangen, erst nur des betreffenden Herstellers, dann andere Japaner, später auch Schweizer und Russen sowie Ost- und Westdeutsche. Hatte ich zu Anfang noch keine klare Präferenz und deshalb durchaus Quarzuhren dazwischen, so sind davon nur vereinzelte Exemplare übrig für den seltenen Fall, dass es mal auf die genaue Uhrzeit ankommt.
Denn der Rest ist Spaß an der Freude. Zwar habe ich noch keinerlei Ahnung von Uhrwerken, Stiftankern, Zeigerreibung und gebläuten Schrauben. Ich bin auch nicht sicher, wie tief ich da einsteigen will. Aber wenn es ein Muster gibt: Es soll ticken, es darf gerne 30 oder 40 Jahre alt sein, und ich will es tragen, nicht in einer Vitrine rumstehen haben.
Ich kaufe deshalb nichts Teures, sondern nehme gerne eine typische Alltagsuhr wie die da oben, einen unspektakulären Handaufzügler, den's vermutlich mal im Kaufhaus gab. Keine Uhr, auf die ich besonderen Wert lege, einfach die letzte, die zu mir gefunden und die übliche Routine durchlaufen hat: Altes Band abnehmen, Uhr reinigen und hübsch machen, einfaches Durchzugband montieren und ab zu den anderen.
Nennt mich albern, aber das macht mir Spaß. Rauchen ist teurer, jeden Morgen suche ich mir eine aus, und vielleicht zeige ich hier ab und zu mal was.
Bloß diese eine, die 40 Jahre alte, wunderschöne Automatik, die habe ich noch nicht.
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nnier | 20. Mai 2014 | Topic Todesbiest
Ja, nee, danke, alles OK - bloß ich hab jetzt ein Hobby, nicht, früher habe ich ja manchmal gebloggt, sowas ist inzwischen natürlich schwierig.
Es ist ja nicht so, dass man einen Haufen Geld in die Hand nimmt und sagt, ich kauf mir jetzt mal n paar Uhren, ne, und dann bin ich fertig. Man fängt ganz langsam an und sagt sich, die da ist ganz hübsch und der Preis ist OK, und ich kann sie ja jederzeit weiterverkaufen. Und die da auch und die da auch. Und man verkauft dann wirklich auch mal eine weiter und macht sogar n kleinen Gewinn damit, dann denkt man: Läuft!, Ich hab's raus!, Ich kaufe und verkaufe und finanziere mir so die Sammlung!
Dann kauft man allen möglichen Quatsch, auch mal ne Damenuhr, auch mal eine, wo man schon sagt, nee, Gold ist nicht mein Ding, aber der Preis ist gut, und probier sie einfach aus, sonst verkaufst du sie einfach wieder.
Dann brauchst du bestimmtes Material und ne Ladung Batterien auf Vorrat. Kaufst dazu ein Konvolut altes Uhrmacherwerkzeug, das sind z.T. ja wirklich schöne Feinwerkzeuge, aber vieles kennst du gar nicht und verstehst nicht, wofür man es benutzt - aber sehr schön anzusehen teilweise, muss ich schon sagen.
Klar, es geht nicht immer alles glatt, du musst natürlich ehrlich rechnen, also wenn du kaufst: Brutto mit allen Versandkosten, wenn du verkaufst: Netto abzüglich aller Gebühren. Und du verschätzt dich auch mal, denkst erst noch: Die habe ich so richtig günstig bekommen und noch supergründlich gereinigt und alles, jetzt mache ich mal ein paar tolle Fotos und schreibe einen schönen Text dazu, das wird ein Reibach, und dann geht sie mit Verlust weg. Da denkst du, wie jetzt, jetzt habe ich mich richtig vertan.
Also ich reinige die immer zuerst, ne, ich mach erst mal das Armband ab, hab auch so n Ultraschallreiniger besorgt, schrubbe dann das Armband und lege es ein paar Mal in dieses Gerät: Was da rauskommt! Other people's gunk nannte das einer in so einem amerikanischen Uhrenforum, und der Begriff passt absolut. Übrigens das ist auch so eine Sache, da kann man sich wirklich stundenlang festlesen in diesen Foren.
Ich kann inzwischen Gehäuse öffnen, ne Batterie wechseln sowieso, aber hab neulich auch mal ne Krone gezogen und so ein kleines Uhrwerk vorsichtig rausgeholt: Das Glas ließ sich ganz einfach rausdrücken, aber da war auch noch so ein Ring, da muss ich erst noch rauskriegen, wofür der ist und wohin er gehört, und wie herum man ihn einsetzt. Aber zuerst muss ich mir ein Einpresswerkzeug besorgen, denn man kann so ein Glas nicht einfach mit dem Daumen wieder reindrücken.
Dann saß ich natürlich ein paar Stunden im Polizeireivier, denn sowas geht mir doch auf den Sack: Geld überweisen und nix bekommen. Der Typ hat sich noch ganz schlau gefühlt und was von "im Krankenhaus" erzählt, und dass er deshalb nicht antworten und nichts verschicken kann. Bloß dass er auf Anfragen zu seinen anderen Kleinanzeigen innerhalb von Minuten geantwortet hat. Da dachte ich: Mit mir nicht, Freundchen. Ich meine, das Geld ist eh weg, das hat mir auch der Polizist gesagt, das ist momentan die Masche, und ich noch so: Aber mit einer Überweisung, da kommt man doch an die Person ran, das ist ja nicht Western Union oder so ein anonymer Dienst! Und er so, ja, das denken alle, und es klappt auch zehnmal, aber das elfte Mal kommt halt auch, und dann ist man sein Geld los. Und da hat er recht gehabt, denn das war auch ungefähr das elfte Mal. Jedenfalls meinte er, trotzdem ist die Anzeige richtig, sonst wird das denen immer noch leichter gemacht, wenn nie was kommt.
Ich habe alles in Excel eingetragen und bin zusammengezuckt. Dann dieses gebeugte Sitzen da und das ewige Gefummel, der Frust, wenn sich das Schnäppchen als Schrott entpuppt, die Dreistigkeit mancher Verkäufer: Wie gesagt, ich habe jetzt ein Hobby.
Es ist ja nicht so, dass man einen Haufen Geld in die Hand nimmt und sagt, ich kauf mir jetzt mal n paar Uhren, ne, und dann bin ich fertig. Man fängt ganz langsam an und sagt sich, die da ist ganz hübsch und der Preis ist OK, und ich kann sie ja jederzeit weiterverkaufen. Und die da auch und die da auch. Und man verkauft dann wirklich auch mal eine weiter und macht sogar n kleinen Gewinn damit, dann denkt man: Läuft!, Ich hab's raus!, Ich kaufe und verkaufe und finanziere mir so die Sammlung!
Dann kauft man allen möglichen Quatsch, auch mal ne Damenuhr, auch mal eine, wo man schon sagt, nee, Gold ist nicht mein Ding, aber der Preis ist gut, und probier sie einfach aus, sonst verkaufst du sie einfach wieder.
Dann brauchst du bestimmtes Material und ne Ladung Batterien auf Vorrat. Kaufst dazu ein Konvolut altes Uhrmacherwerkzeug, das sind z.T. ja wirklich schöne Feinwerkzeuge, aber vieles kennst du gar nicht und verstehst nicht, wofür man es benutzt - aber sehr schön anzusehen teilweise, muss ich schon sagen.
Klar, es geht nicht immer alles glatt, du musst natürlich ehrlich rechnen, also wenn du kaufst: Brutto mit allen Versandkosten, wenn du verkaufst: Netto abzüglich aller Gebühren. Und du verschätzt dich auch mal, denkst erst noch: Die habe ich so richtig günstig bekommen und noch supergründlich gereinigt und alles, jetzt mache ich mal ein paar tolle Fotos und schreibe einen schönen Text dazu, das wird ein Reibach, und dann geht sie mit Verlust weg. Da denkst du, wie jetzt, jetzt habe ich mich richtig vertan.
Also ich reinige die immer zuerst, ne, ich mach erst mal das Armband ab, hab auch so n Ultraschallreiniger besorgt, schrubbe dann das Armband und lege es ein paar Mal in dieses Gerät: Was da rauskommt! Other people's gunk nannte das einer in so einem amerikanischen Uhrenforum, und der Begriff passt absolut. Übrigens das ist auch so eine Sache, da kann man sich wirklich stundenlang festlesen in diesen Foren.
Ich kann inzwischen Gehäuse öffnen, ne Batterie wechseln sowieso, aber hab neulich auch mal ne Krone gezogen und so ein kleines Uhrwerk vorsichtig rausgeholt: Das Glas ließ sich ganz einfach rausdrücken, aber da war auch noch so ein Ring, da muss ich erst noch rauskriegen, wofür der ist und wohin er gehört, und wie herum man ihn einsetzt. Aber zuerst muss ich mir ein Einpresswerkzeug besorgen, denn man kann so ein Glas nicht einfach mit dem Daumen wieder reindrücken.
Dann saß ich natürlich ein paar Stunden im Polizeireivier, denn sowas geht mir doch auf den Sack: Geld überweisen und nix bekommen. Der Typ hat sich noch ganz schlau gefühlt und was von "im Krankenhaus" erzählt, und dass er deshalb nicht antworten und nichts verschicken kann. Bloß dass er auf Anfragen zu seinen anderen Kleinanzeigen innerhalb von Minuten geantwortet hat. Da dachte ich: Mit mir nicht, Freundchen. Ich meine, das Geld ist eh weg, das hat mir auch der Polizist gesagt, das ist momentan die Masche, und ich noch so: Aber mit einer Überweisung, da kommt man doch an die Person ran, das ist ja nicht Western Union oder so ein anonymer Dienst! Und er so, ja, das denken alle, und es klappt auch zehnmal, aber das elfte Mal kommt halt auch, und dann ist man sein Geld los. Und da hat er recht gehabt, denn das war auch ungefähr das elfte Mal. Jedenfalls meinte er, trotzdem ist die Anzeige richtig, sonst wird das denen immer noch leichter gemacht, wenn nie was kommt.
Ich habe alles in Excel eingetragen und bin zusammengezuckt. Dann dieses gebeugte Sitzen da und das ewige Gefummel, der Frust, wenn sich das Schnäppchen als Schrott entpuppt, die Dreistigkeit mancher Verkäufer: Wie gesagt, ich habe jetzt ein Hobby.
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nnier | 29. März 2014 | Topic Todesbiest
Wenn einer seinen runden Geburtstag feiern will, macht man Platz und Urlaub in der eigenen Stadt. Sturm frei, und dass man ganz nah am Fluss lebt, vergisst man viel zu oft! Abends ist es schön am Ufer, und fremde Betten können sehr gemütlich sein. An all die Scherze (öffentliche Facebook-Einladung) erinnert man sich erst wieder kurz vor der Rückkehr aus der Pension, bringt fröhlich Pizzaboxen und leere Flaschen weg und freut sich, dass es ist, wie es ist.
Zwei Päckchen liegen da, und man hätte ahnen können: Diese Kronjuwelen glänzen viel zu dick. Meine erste Fälschung! Das Ding hatte mich interessiert, weil es ungewöhnlich aussah: Nun weiß ich, warum. Verkäufer sieht "sorry keinen Handlungsbedarf" - ich finde das lustig und werde sie nur an besonderen Tagen anlegen. Psst: Dann kann mir niemand über den Weg trauen, nicht mal Sie!
Ganz anders dieses Schätzchen mit seiner eingebauten Lupe. Es verfügt über drei unabhängige Schrittmotoren, die mit den Zeigern wirklich lustige Dinge veranstalten! Stellen Sie bspw. mal auf Stoppuhr: Schon rennen alle zur 12, schon mutiert der Minuten- zum Sekunden- und der Stunden- zum Minutenzeiger, da sehen Sie mal, wie das Leben verfliegt! Der Sekundenzeiger übrigens zählt die Zehntel, dazu rennt er innerhalb einer Sekunde von der 12 bis zur 2, fliegt zurück auf die 12 und zehntelt erneut drauflos. Man mag gar nicht wegschauen bei dieser meditativ-rudernden Scherenbewegung!
Läuft man dagegen wieder mal durch sein Leben und murmelt: Neunundzwanzigster, neunundzwanzigster - schön und gut! Aber welcher Monat, verdammt!?, dann stellt man kurz auf "Date" - schon weisen die Zeiger, und zwar vereint, auf die entsprechende Stunde: Um drei Uhr ist März, da hätte man drauf kommen können!
Und das alles ist ja erst der Anfang. Auch bei dem, der da gefeiert hat.
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nnier | 23. März 2014 | Topic Todesbiest
Ach dis - du, dis is so Werkzeug, so n Sortiment, falls man mal ne Batterie wechseln müsste oder so.
Ach dis - du, dis is ne ganz einfache Quarzuhr, mal sehen, wis ich mit der mache.
Ach dis - ja, du, dis is auch so ne simple Quarzuhr, nichts Besonderes, wa, Batterie leer wie bei der andern: Gut, diss ich dis Werkzeug habe, wis!?
Ach dis - dis is auch so ne janz unscheinbare, nü, bloß diss dis n janz intressantes Konzept is, dis is ne Automätic Dscheneräschn Süstem, dis warn kwasi die ersten, die sich mit so nem kleinen Generator elektrüsch uffladen. Nee - dis funktioniert momentan nisch, aber man kann den kleinen Akku gegen einen aktuellen austauschen, dis is ne Bastelei, aber gut, diss ich dis Werkzeug habe, wis!?
Ach dis! Du, dis is praktisch dis Nachfolgeprinzip, auch so elektronisch mit selber aufladen, und kucke, die kinn min rumliegen lissen und dinn bleiben die Zeiger stehen zim Energiesparen und winn min sie wieder bewegt, dinn flitzen die Zeiger los und laufen genau zur aktuellen Zeit, kucke!
Ach dis! Ja, dis is jetzt mal ne alte, so was wollte ich ja eigentlich von Anfang an, und die Kratzer auf dem Glas kommen auch sehr schön zur Geltung, also ich find Mechanik ja eigentlich schöner und dis is schon so die Richtung, in die ich eigentlich gehen wollte.
Ach dis - du, die finde ich bis jetzt eigentlich am besten, dis is auch so was Altes, dis erinnert mich irgendwie an früher.
Ach dis - du, dis is bloß, dis is weil, dis is, da bin ich ginstig ringikimmen ind willte, weil ich dachte, diss ich dis bistimmt mil irgindwifier
WIE MEINST DU DAS: Pseudoberlinern? Ich? Wie: Zähne nicht auseinander? Hä? Immer wenn ich ... was? Mich ertappt fühle? Hä? Wozu stehe ich nicht? Du, dis is n ganz normalis Hobby, dis intressiert mich schon immer, dis habe ich nur nie irwihnt!
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nnier | 11. März 2014 | Topic Todesbiest
Wer keine Uhr trägt, klärte mich mal ein Psychologe auf, der lebt nach der großen Mutter. Den Verdacht hatte ich schon immer, und es hat in meinem Leben bislang nur wenige gegeben, also Uhren: Die erste, zu Grundschulzeiten, hatte ein blaues Zifferblatt und ein ebensolches Lederarmband. Später kam irgendwoher ein besonders großes Modell, schwarzes Plastik, optisch an einen Tacho angelehnt, mit kühnem, rotem Sekundenzeiger.
Ich trug die Uhren fast nie. Der letzte Anlauf war in den frühen 80ern, da bebte mein Herz kurz und heftig für eine silberne Digitaluhr von Quelle, die einen Teil der schönen Greensleeves-Melodie piepsen konnte, aber auch das ging vorüber.
Dann lebte ich nach der großen Mondmutter.
Nicht im entferntesten habe ich eine Uhr am Handgelenk vermisst.
Ich habe keine Ahnung, woher der Impuls kam. Manchmal, wenn mir langweilig ist, gebe ich Begriffe bei Wikipedia ein, z.B. Blinddarm oder Seil oder Wurst. Man kann da interessante Dinge erfahren oder sich Appetit holen: Bratwurst! Brühwurst! Rohwurst! Rotwurst!
Diesmal gab ich den Namen einer bestimmten Uhrenmarke ein. Ich sah ein paar Abbildungen, wurde neugierig, besuchte Foren, klapperte Kleinanzeigen und Auktionen ab: Was, verdammt, ist das denn jetzt!? Wieso bestelle ich gleich mehrere Uhren bei verschiedenen Leuten? Wieso nicht erst mal eine, hm, und vielleicht erst mal im Laden anprobieren, hm, und erst mal schauen, ob das auch was ist? Hm? Wieso hast du denn dein Leben lang keine getragen und meinst jetzt, Uhren haben zu wollen?
Weil du die "schön" findest, na klasse, und dann gefällt dir doch eigentlich dieses eine, spezielle Modell, aber du bestellst "erst mal" ein paar andere, und so alte Dinger, dabei sollte man vielleicht ein wenig Ahnung von so was haben, und so große, dabei weißt du nicht mal, wie das aussieht an deinen schmalen Handgelenken, wie sich das anfühlt, vielleicht wäre eine Damenuhr für dich viel passender, nee ohne Scheiß jetzt.
Und was erzählst du eigentlich von "Vintage": Das ist doch was Neues! Ach - die fandest du auch "schön"? Und hast sie auch gleich gekauft? Heute mittag? Zum Warten? Weil die anderen noch nicht da sind!?
Uhren? Jetzt mal ernsthaft: Uhren? Ich fürchte, es geht zu Ende. Große Mutter, hilf.
Ich trug die Uhren fast nie. Der letzte Anlauf war in den frühen 80ern, da bebte mein Herz kurz und heftig für eine silberne Digitaluhr von Quelle, die einen Teil der schönen Greensleeves-Melodie piepsen konnte, aber auch das ging vorüber.
Dann lebte ich nach der großen Mondmutter.
Nicht im entferntesten habe ich eine Uhr am Handgelenk vermisst.
Ich habe keine Ahnung, woher der Impuls kam. Manchmal, wenn mir langweilig ist, gebe ich Begriffe bei Wikipedia ein, z.B. Blinddarm oder Seil oder Wurst. Man kann da interessante Dinge erfahren oder sich Appetit holen: Bratwurst! Brühwurst! Rohwurst! Rotwurst!
Diesmal gab ich den Namen einer bestimmten Uhrenmarke ein. Ich sah ein paar Abbildungen, wurde neugierig, besuchte Foren, klapperte Kleinanzeigen und Auktionen ab: Was, verdammt, ist das denn jetzt!? Wieso bestelle ich gleich mehrere Uhren bei verschiedenen Leuten? Wieso nicht erst mal eine, hm, und vielleicht erst mal im Laden anprobieren, hm, und erst mal schauen, ob das auch was ist? Hm? Wieso hast du denn dein Leben lang keine getragen und meinst jetzt, Uhren haben zu wollen?
Weil du die "schön" findest, na klasse, und dann gefällt dir doch eigentlich dieses eine, spezielle Modell, aber du bestellst "erst mal" ein paar andere, und so alte Dinger, dabei sollte man vielleicht ein wenig Ahnung von so was haben, und so große, dabei weißt du nicht mal, wie das aussieht an deinen schmalen Handgelenken, wie sich das anfühlt, vielleicht wäre eine Damenuhr für dich viel passender, nee ohne Scheiß jetzt.
Und was erzählst du eigentlich von "Vintage": Das ist doch was Neues! Ach - die fandest du auch "schön"? Und hast sie auch gleich gekauft? Heute mittag? Zum Warten? Weil die anderen noch nicht da sind!?
Uhren? Jetzt mal ernsthaft: Uhren? Ich fürchte, es geht zu Ende. Große Mutter, hilf.
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