Als Kind wusste ich gar nicht, was wir in Deutschland für ein Glück hatten: Gewöhnliche Comic-Hefte wie Micky Maus wurden hier ganz selbstverständlich auf gutem Papier im aufwendigen Kupfertiefdruckverfahren hergestellt. Das macht einen ganz erheblichen Unterschied zu dem grobgerasterten und farbverschobenen Erscheinungsbild der US-Comics auf ihrem schlichten Zeitungspapier, und obwohl ich die Amerikaner oft um ihre reiche Comic-Kultur beneidet habe, bin ich damals, was Farbbrillanz und Konturschärfe angeht, ordentlich verwöhnt worden.
Es sind ganz frühkindliche, intensive Eindrücke, an die ich mich da erinnere, die klaren Linien, die schönen Grundfarben, dazu die lustigen Figuren mit ihren Kindchenschemagesichtern: Diese Hefte waren ein Schatz, und ich las sie immer wieder. Fix und Foxi konnten bieder und nervig sein, aber noch heute erinnere ich mich an das wunderschön kolorierte Schlussbild einer Geschichte, die an Weihnachten spielte: Alle Fuxholzener stehen in einer abendlich sonnenbeschienenen Schneelandschaft und singen "Stihille Nacht", während am Bildrand eine kleine Maus genervt die Ohren zuhält und so etwas sagt wie "Von wegen stille Nacht", was ich mit sechs oder sieben Jahren wirklich witzig fand.
Was man Ligne Claire nennt, war hingegen nie mein Fall: Von Tim und Struppi bekam ich zuverlässig Kopfschmerzen, da hilft mir der comicgeschichtliche Stellenwert dieser Reihe rein gar nichts, und auch Superhelden und Abenteuerzeug las ich nur, wenn wirklich nichts anderes in Reichweite war. Aber sonst hatte ich sie alle, Asterix, Lucky Luke, Kauka, vor allem aber Disney: Micky Maus, Mickyvision, Donald Duck Sonderheft, Donald Duck Taschenbuch, Lustiges Taschenbuch, das konnte nicht genug sein und artete manchmal richtig in Stress aus.
Eines Tages stand ich im Kiosk, und wieder war es ein bunter, visueller Eindruck, der so stark war, dass ich etwas anderes als geplant kaufte: Das da war mein erstes MAD-Heft, und ich finde den Gag immer noch gut, außer dass ich geschworen hätte, aus der Rakete wäre noch eine kleine Sprechblase gekommen: "Würg!"
Das deutsche MAD hatte damals enorm gute Titelbilder, führte mich aber insofern vom Weg ab, als es im Inneren aus schnöden Graustufen bestand. Und so ist es kein Wunder, dass ich schließlich bei den schwarz-weißen Underground-Comics von (vor allem) Robert Crumb landete, die mich jahrelang beschäftigten und begeisterten: Das waren plötzlich ganz andere Inhalte, Sex, Neurosen, Autobiographisches, meisterhaft gezeichnet von einem, der, das spürte man, seine Kindheit in alten Comic-Heften verbracht und die guten Sachen intensiv studiert hatte.
Irgendwann war ich auch damit durch. Und es folgte nichts nach. Natürlich gibt es gute "Graphic Novels", gelegentlich lese ich auch mal eine, aber dass mich etwas ganz direkt und unmittelbar anspricht, so dass ich es unbedingt haben und lesen will, ist mir seither nicht mehr passiert.
Bis ich neulich auf einer Quatschseite einen Link zu Joan Cornellà fand: Nanu, was ist denn das!? Gibt's das auch als Buch? (Ja, und ich muss das unbedingt haben.)
Das sind absurde, surrealistische, grausame und saukomische Comics, die ihr euch am besten alle der Reihe nach anguckt: Ich finde die richtig gut, diese klaren Linien und schönen Grundfarben!
Es sind ganz frühkindliche, intensive Eindrücke, an die ich mich da erinnere, die klaren Linien, die schönen Grundfarben, dazu die lustigen Figuren mit ihren Kindchenschemagesichtern: Diese Hefte waren ein Schatz, und ich las sie immer wieder. Fix und Foxi konnten bieder und nervig sein, aber noch heute erinnere ich mich an das wunderschön kolorierte Schlussbild einer Geschichte, die an Weihnachten spielte: Alle Fuxholzener stehen in einer abendlich sonnenbeschienenen Schneelandschaft und singen "Stihille Nacht", während am Bildrand eine kleine Maus genervt die Ohren zuhält und so etwas sagt wie "Von wegen stille Nacht", was ich mit sechs oder sieben Jahren wirklich witzig fand.
Was man Ligne Claire nennt, war hingegen nie mein Fall: Von Tim und Struppi bekam ich zuverlässig Kopfschmerzen, da hilft mir der comicgeschichtliche Stellenwert dieser Reihe rein gar nichts, und auch Superhelden und Abenteuerzeug las ich nur, wenn wirklich nichts anderes in Reichweite war. Aber sonst hatte ich sie alle, Asterix, Lucky Luke, Kauka, vor allem aber Disney: Micky Maus, Mickyvision, Donald Duck Sonderheft, Donald Duck Taschenbuch, Lustiges Taschenbuch, das konnte nicht genug sein und artete manchmal richtig in Stress aus.
Eines Tages stand ich im Kiosk, und wieder war es ein bunter, visueller Eindruck, der so stark war, dass ich etwas anderes als geplant kaufte: Das da war mein erstes MAD-Heft, und ich finde den Gag immer noch gut, außer dass ich geschworen hätte, aus der Rakete wäre noch eine kleine Sprechblase gekommen: "Würg!"
Das deutsche MAD hatte damals enorm gute Titelbilder, führte mich aber insofern vom Weg ab, als es im Inneren aus schnöden Graustufen bestand. Und so ist es kein Wunder, dass ich schließlich bei den schwarz-weißen Underground-Comics von (vor allem) Robert Crumb landete, die mich jahrelang beschäftigten und begeisterten: Das waren plötzlich ganz andere Inhalte, Sex, Neurosen, Autobiographisches, meisterhaft gezeichnet von einem, der, das spürte man, seine Kindheit in alten Comic-Heften verbracht und die guten Sachen intensiv studiert hatte.
Irgendwann war ich auch damit durch. Und es folgte nichts nach. Natürlich gibt es gute "Graphic Novels", gelegentlich lese ich auch mal eine, aber dass mich etwas ganz direkt und unmittelbar anspricht, so dass ich es unbedingt haben und lesen will, ist mir seither nicht mehr passiert.
Bis ich neulich auf einer Quatschseite einen Link zu Joan Cornellà fand: Nanu, was ist denn das!? Gibt's das auch als Buch? (Ja, und ich muss das unbedingt haben.)
Das sind absurde, surrealistische, grausame und saukomische Comics, die ihr euch am besten alle der Reihe nach anguckt: Ich finde die richtig gut, diese klaren Linien und schönen Grundfarben!
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Sammeln hat nichts Heroisches an sich. In Filmen ist der Held nie ein Sammler. Sammler sind die pickeligen Typen, die daheim ihre Fundstücke bestaunen, während die anderen Jungs sich mit den Mädchen amüsieren. Aber egal: Jemand muss es machen! Ich habe oft das Gefühl: Ich rettete die Musikkultur, die auf diesen Schellacks bewahrt ist, vor dem Untergang. Damit leiste ich der Gesellschaft einen Dienst. Auf der anderen Seite erlebe ich das Sammeln als sehr selbstsüchtige Angelegenheit, die die niedersten Instinkte in mir zum Vorschein bringt: Neid, Gier! Ich verwandle mich in einen machiavellischen Schurken, wenn ich darüber nachdenke, wie ich an eine bestimmte Platte kommen könnte, von der ich weiss, dass sie jemand anderes besitzt. Ich überlege dann irgendeinen komplizierten Tausch, den ich demjenigen aufschwatzen könnte, nur um diese Scheibe in meinen Besitz zu bringen – ekelhaft!(Robert Crumb in einem interessanten Interview.)
Seit Jahren liegt meine Crumb-Sammlung auf dem Dachboden herum, bananenkistenweise. Ich kann deshalb gar nicht so schnell nachschauen, ob mich meine Erinnerung trügt: Denn ich meine, genau so ein Buch mit von ihm gestalteten Plattencovern gebe es seit langem. Vielleicht handelt es sich ja um eine erweiterte Neuausgabe?
Meine wahnsinnigen Sammeljahre sind längst vorbei, siehe Bananenkisten - wenn ich allerdings diese Zeichnungen sehe und ihn über Musik und Kultur reden höre, freue ich mich nach wie vor. Deshalb hier ausnahmsweise mal so etwas wie Werbung - ein Klick startet Bild und Ton:
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When the silk tube turns
And the light bulb burns
My spirit just never learns
(Genesis, In The Cage)
Ja was bringt denn da die Post!?
Richtiges Licht! Auf Jahre hinaus! Haaa haaaaaa haaaaaaaaa haaaaaaaa haaaaaaaaaaaaaa!
Ja was hängt denn da an der Wand!?
Richtig! Die Bilder! Die hatte ich schon ganz vergessen. In diesem schönen, hellen Licht sieht man sie wieder, die drei netten Herrschaften. Und zwar hängen sie da auch ganz gut, andere dagegen liegen seit Jahren im Schrank und wollen auch gehängt werden, da ist nur ein Problem: Die Rahmen. Ich habe diese drei schon gerahmt gekauft, es handelt sich um metallene Rahmen, leicht gebürstet und genau so, wie ich sie mag, und im Gegensatz zu früher, als ich buntes Petersburg an den Wänden hatte, nahm ich mir vor, mich um genau solche Rahmen für die anderen Bilder zu kümmern. Vor ein paar Jahren.
Ich sah mich in geeigneten Geschäften um, schilderte mein Anliegen, erschrak ob der Preise und ging von dannen, zumal das Metall eben nicht ganz so aussah, wie ich es gerne hätte, es war zu schmal, zu glatt, zu blank oder an den Kanten abgerundet. Einmal kontaktierte ich einen Metallarbeiter, ob er mir nicht solche Rahmen schweißen könne, auch das verlief sich im Sande.
So lebte ich mit diesen dreien an der Wand vor mich hin und dachte nur selten an die anderen, die doch auch mal gehängt werden wollten, es sind ein paar schöne dabei, auch wenn ich nie verwinden werde, dass ich dieses Bild damals nicht bekommen habe.
Im hellen Licht kommt einem plötzlich ein Gedanke: Da war doch ein Aufkleber hintendrauf, und da gibt es doch dieses Internet, suchen wir doch mal! Ach, wie schade, diese Leute fertigen zwar individuelle Rahmen an, bestimmt schön, leider auch teuer, und soll man sich so etwas tatsächlich aus den USA schicken lassen!? Lieber nicht!
Oh!? Was sehen wir da!? Was ist da hinten ins Metall gestanzt!?
Justus zupfte an seiner Unterlippe, ein untrügliches Zeichen dafür, dass sein Denkapparat auf Hochtouren lief. "Nielsen USA 97"! Nun war alles ein Kinderspiel! German? Florentine? Dickblick's got the answers! Und eine deutsche Bezugsquelle wird sich auch noch finden.
(Ach ja, und ich habe das wirklich immer so gehört! Aber es heißt wohl: "But my cynic soon returns / And the lifeboat burns", auch kein schlechter Text.)
And the light bulb burns
My spirit just never learns
(Genesis, In The Cage)
Ja was bringt denn da die Post!?
Richtiges Licht! Auf Jahre hinaus! Haaa haaaaaa haaaaaaaaa haaaaaaaa haaaaaaaaaaaaaa!
Ja was hängt denn da an der Wand!?
Richtig! Die Bilder! Die hatte ich schon ganz vergessen. In diesem schönen, hellen Licht sieht man sie wieder, die drei netten Herrschaften. Und zwar hängen sie da auch ganz gut, andere dagegen liegen seit Jahren im Schrank und wollen auch gehängt werden, da ist nur ein Problem: Die Rahmen. Ich habe diese drei schon gerahmt gekauft, es handelt sich um metallene Rahmen, leicht gebürstet und genau so, wie ich sie mag, und im Gegensatz zu früher, als ich buntes Petersburg an den Wänden hatte, nahm ich mir vor, mich um genau solche Rahmen für die anderen Bilder zu kümmern. Vor ein paar Jahren.
Ich sah mich in geeigneten Geschäften um, schilderte mein Anliegen, erschrak ob der Preise und ging von dannen, zumal das Metall eben nicht ganz so aussah, wie ich es gerne hätte, es war zu schmal, zu glatt, zu blank oder an den Kanten abgerundet. Einmal kontaktierte ich einen Metallarbeiter, ob er mir nicht solche Rahmen schweißen könne, auch das verlief sich im Sande.
So lebte ich mit diesen dreien an der Wand vor mich hin und dachte nur selten an die anderen, die doch auch mal gehängt werden wollten, es sind ein paar schöne dabei, auch wenn ich nie verwinden werde, dass ich dieses Bild damals nicht bekommen habe.
Im hellen Licht kommt einem plötzlich ein Gedanke: Da war doch ein Aufkleber hintendrauf, und da gibt es doch dieses Internet, suchen wir doch mal! Ach, wie schade, diese Leute fertigen zwar individuelle Rahmen an, bestimmt schön, leider auch teuer, und soll man sich so etwas tatsächlich aus den USA schicken lassen!? Lieber nicht!
Oh!? Was sehen wir da!? Was ist da hinten ins Metall gestanzt!?
Justus zupfte an seiner Unterlippe, ein untrügliches Zeichen dafür, dass sein Denkapparat auf Hochtouren lief. "Nielsen USA 97"! Nun war alles ein Kinderspiel! German? Florentine? Dickblick's got the answers! Und eine deutsche Bezugsquelle wird sich auch noch finden.
(Ach ja, und ich habe das wirklich immer so gehört! Aber es heißt wohl: "But my cynic soon returns / And the lifeboat burns", auch kein schlechter Text.)
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Gerade gefunden: Ein schönes Animationsfilmchen des hierzulande wenig bekannten Comic-Künstlers Kim Deitch, dessen grandiosen Werken ich erstmals in Robert Crumbs Weirdo-Magazin begegnete. Knapp hinter den nostalgischen Bildern lauert der Wahnsinn. Aber das Filmchen ist ganz milde und soll euch angenehm ins Wochenende geleiten. Ton und Film ab!
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Maybe there's something wrong with me. Sometimes I really think there's ... that I have some sort of deep genetic defect or something ... some kind of mutation ... I didn't turn out normal ... that's why I have all this resentment and contempt and ... everything like that ... but ... self-hatred is a strong motivating force in my work.Haben Sie mal eine Stunde Zeit? Ich bin daran ja noch gar nicht gewöhnt - aber in diesem Internet, da findet man ja alles Mögliche!
Also: Wenn mal wieder nichts im Fernsehen kommt, wenn Sie amerikanisches (Protagonist) und britisches Englisch (BBC-Sprecherin) ertragen, oder wenn Sie's machen wollen wie mein Freund A., der bei den Comics immer nur die Bilder angesehen hat; wenn Sie den Bohneneffekt am lebenden weiblichen Modell präsentiert bekommen wollen, etwas über Sexismus und Schuldgefühle, katholische Erziehung, Gurus und LSD-Trips erfahren und dabei auch noch ständig Beispiele für ganz große Comic-Kunst gezeigt bekommen wollen, dann sehen Sie sich diesen Film an, der 1987 für die BBC produziert wurde: The Confessions of Robert Crumb.
(Alternativer Link)
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Manche Dinge ändern sich nie!
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"Ach, Fritz the Cat!", rufen die Leute und verwechseln den Kiffkater dann noch mit Felix oder Garfield. Dann bereut man wieder, den bereits 1972 an einem Eispickel Verstorbenen überhaupt erwähnt zu haben. Es sind ja ganz lustige Geschichtchen; aber doch so ziemlich gar nichts gegen das, was der Mann eigentlich kann.
Was natürlich schon durchkommt in den Fritz-Geschichten, die ja einige Jahre vor Crumbs Durchbruch mit den Underground-Comics (Zap 1 erschien 1968) entstanden sind, ist seine große Ambivalenz. Fritz ist eben nicht nur der lustige Hippie-Kiffer, sondern auch ein ausgemachtes Arschloch, es gibt da z.B. eine reichlich verstörende Szene, in der er sich auf einer Party an einer Vergewaltigung beteiligt. So etwas hätte es bei den Freak Brothers nicht gegeben. Und als dann Jahre später Ralph Bakshi seinen wirklich nicht guten Fritz-the-Cat-Film fabrizierte, fand Crumb das Resultat so schrecklich, dass er seinen Namen aus den Credits entfernen ließ und den Kater in einem letzten Comic als unsympathischen, vom Erfolg korrumpierten Filmstar zeigte, der dann eben zum Schluss von der Straußendame um die Ecke gebracht wird.
Nicht unsympathisch, so etwas, schließlich hätte Fritz, wie Robert Gernhardt einst schrieb, dem Künstler "bei entsprechender Pflege den Lebensabend vergoldet".
Statt dessen schlug sich Crumb in den 70ern ausgebrannt und pleite mit den amerikanischen Steuerbehörden herum und bot sogar einmal seine gesamte Habe zum Preis von 30 000 Dollar zum Verkauf (so hoch waren zu dem Zeitpunkt seine Schulden). Denn obwohl seine Comics wie Mr. Natural, Zap usw. hunderttausendfach nachgedruckt und einzelne Zeichnungen (speziell Keep on Truckin') auf alle möglichen Produkte aufgedruckt worden waren, hatte Crumb sich um Finanzen und Urheberrechte nie gekümmert.
Es ist deshalb nicht hoch genug einzuschätzen, dass er sich nicht spätestens nach dieser Erfahrung aufs Absichern und Geldscheffeln verlegt hat. Ein paar lustige "Fritz"-Geschichtchen hier, der typische Lizenzramsch da, so hätte sich's bequem auskommen lassen. Statt dessen produziert Crumb in den 80ern seine künstlerisch stärksten, kommerziell aber zunächst wenig erfolgreichen Werke. Man kann es einfach nicht fassen, wenn man einen Stapel Weirdo in die Hand nimmt oder die entsprechenden Jahre aus der sowieso unverzichtbaren Reihe Complete Crumb Comics durchblättert. Das ist nicht nur zeichnerisch vom Allerfeinsten. Es ist die Hinwendung zum Autobiografischen, Introspektiven (wie z.B. My Troubles With Women), die sein Werk auf eine völlig neue Ebene hebt. Mal davon abgesehen, dass er auch noch Passagen aus der Psychopathia Sexualis aufs Allerschönste zeichnerisch umsetzt, sich mit Schriftsteller- (The Religious Experience of Philip K. Dick) und Musikerbiografien (Jelly Roll Morton's Voodoo Curse) beschäftigt und überhaupt noch ganz viele großartige Comics zeichnet.
Genau in dieser Zeit lernte ich übrigens Crumbs Sachen erst kennen, denn ich bestellte mir beim Zweitausendeins-Versand das schön gemachte Buch Endzeit-Comics, in dem viele der genannten Werke aus der ersten Hälfte der 80er versammelt sind.
Obwohl er auf diesem hohen Niveau weitermachte, dauerte es noch viele Jahre, bis ihm ab 1994/95 (als der Film Crumb in die Kinos kam) wieder mehr Aufmerksamkeit zuteil wurde.
Inzwischen war er schon aus Amerika nach Südfrankreich gezogen, wo er heute noch lebt. Und auch wenn die öffentliche Aufmerksamkeit seit dem Film wieder gesunken ist, die Preise für seine Originale sind es nicht. Sie haben schwindelnde Höhen erreicht, Crumb wird als Künstler geschätzt, Museen stellen seine Werke aus.
Derzeit arbeitet er an einer Umsetzung des ersten Buchs des Alten Testaments (R. Crumb's Book of Genesis), auf die ich sehr gespannt bin.
Und auch wenn ich in den letzten Jahren seltener ins Regal greife, auch wenn die verrückten Sammeljahre, in denen ich auch noch die schwedische Ausgabe von X und die seltene Erstauflage von Y kaufen "musste", zum Glück hinter mir liegen: Crumb ist und bleibt für mich ein Riese. Morgen wird er 65 Jahre alt.
Was natürlich schon durchkommt in den Fritz-Geschichten, die ja einige Jahre vor Crumbs Durchbruch mit den Underground-Comics (Zap 1 erschien 1968) entstanden sind, ist seine große Ambivalenz. Fritz ist eben nicht nur der lustige Hippie-Kiffer, sondern auch ein ausgemachtes Arschloch, es gibt da z.B. eine reichlich verstörende Szene, in der er sich auf einer Party an einer Vergewaltigung beteiligt. So etwas hätte es bei den Freak Brothers nicht gegeben. Und als dann Jahre später Ralph Bakshi seinen wirklich nicht guten Fritz-the-Cat-Film fabrizierte, fand Crumb das Resultat so schrecklich, dass er seinen Namen aus den Credits entfernen ließ und den Kater in einem letzten Comic als unsympathischen, vom Erfolg korrumpierten Filmstar zeigte, der dann eben zum Schluss von der Straußendame um die Ecke gebracht wird.
Nicht unsympathisch, so etwas, schließlich hätte Fritz, wie Robert Gernhardt einst schrieb, dem Künstler "bei entsprechender Pflege den Lebensabend vergoldet".
Statt dessen schlug sich Crumb in den 70ern ausgebrannt und pleite mit den amerikanischen Steuerbehörden herum und bot sogar einmal seine gesamte Habe zum Preis von 30 000 Dollar zum Verkauf (so hoch waren zu dem Zeitpunkt seine Schulden). Denn obwohl seine Comics wie Mr. Natural, Zap usw. hunderttausendfach nachgedruckt und einzelne Zeichnungen (speziell Keep on Truckin') auf alle möglichen Produkte aufgedruckt worden waren, hatte Crumb sich um Finanzen und Urheberrechte nie gekümmert.
Es ist deshalb nicht hoch genug einzuschätzen, dass er sich nicht spätestens nach dieser Erfahrung aufs Absichern und Geldscheffeln verlegt hat. Ein paar lustige "Fritz"-Geschichtchen hier, der typische Lizenzramsch da, so hätte sich's bequem auskommen lassen. Statt dessen produziert Crumb in den 80ern seine künstlerisch stärksten, kommerziell aber zunächst wenig erfolgreichen Werke. Man kann es einfach nicht fassen, wenn man einen Stapel Weirdo in die Hand nimmt oder die entsprechenden Jahre aus der sowieso unverzichtbaren Reihe Complete Crumb Comics durchblättert. Das ist nicht nur zeichnerisch vom Allerfeinsten. Es ist die Hinwendung zum Autobiografischen, Introspektiven (wie z.B. My Troubles With Women), die sein Werk auf eine völlig neue Ebene hebt. Mal davon abgesehen, dass er auch noch Passagen aus der Psychopathia Sexualis aufs Allerschönste zeichnerisch umsetzt, sich mit Schriftsteller- (The Religious Experience of Philip K. Dick) und Musikerbiografien (Jelly Roll Morton's Voodoo Curse) beschäftigt und überhaupt noch ganz viele großartige Comics zeichnet.
Genau in dieser Zeit lernte ich übrigens Crumbs Sachen erst kennen, denn ich bestellte mir beim Zweitausendeins-Versand das schön gemachte Buch Endzeit-Comics, in dem viele der genannten Werke aus der ersten Hälfte der 80er versammelt sind.
Obwohl er auf diesem hohen Niveau weitermachte, dauerte es noch viele Jahre, bis ihm ab 1994/95 (als der Film Crumb in die Kinos kam) wieder mehr Aufmerksamkeit zuteil wurde.
Inzwischen war er schon aus Amerika nach Südfrankreich gezogen, wo er heute noch lebt. Und auch wenn die öffentliche Aufmerksamkeit seit dem Film wieder gesunken ist, die Preise für seine Originale sind es nicht. Sie haben schwindelnde Höhen erreicht, Crumb wird als Künstler geschätzt, Museen stellen seine Werke aus.
Derzeit arbeitet er an einer Umsetzung des ersten Buchs des Alten Testaments (R. Crumb's Book of Genesis), auf die ich sehr gespannt bin.
Und auch wenn ich in den letzten Jahren seltener ins Regal greife, auch wenn die verrückten Sammeljahre, in denen ich auch noch die schwedische Ausgabe von X und die seltene Erstauflage von Y kaufen "musste", zum Glück hinter mir liegen: Crumb ist und bleibt für mich ein Riese. Morgen wird er 65 Jahre alt.
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Dazu bin ich noch gar nicht gekommen, den Künstler Maxon Crumb hier angemessen zu würdigen. Das steht noch aus. Deshalb nur mal so:
Als signierter Druck nach dem mal wieder irre detailreichen Ölgemälde von 2007, im Format 51 mal 51 cm, Mensch, bei dem aktuellen Dollarkurs sind $425 + s/h doch gar nicht so teuer ... und das sieht gerahmt an meiner Wand bestimmt großartig aus ... hach.
Als signierter Druck nach dem mal wieder irre detailreichen Ölgemälde von 2007, im Format 51 mal 51 cm, Mensch, bei dem aktuellen Dollarkurs sind $425 + s/h doch gar nicht so teuer ... und das sieht gerahmt an meiner Wand bestimmt großartig aus ... hach.
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