Mumien, Analphabeten, Diebe.
Du hast's gut, du hast dein Leben noch vor dir.
It's all too much
nnier | 07. Juni 2010 | Topic Brainphuq
Der Spieler zieht den Stein
Und Gott zieht den Spieler
Welcher Gott von welchem Gotte
Fing mit dieser Scheiße an?
Am Samstag habe ich eindeutig zu viel Sonne abbekommen. Vielleicht hätte ich auch das 13:0 nicht so ausgiebig begießen dürfen - seit Samstagabend jedenfalls fiebriere ich so vor mich hin. Die innere Begleitmusik dazu besteht aus zwei übereinandergelegten Liedern.

Um das Jahr 1980 herum schenkte mir meine Schwester zum Geburtstag das Album Yellow Submarine, die Beatles-Scheibe also, die laut dem so angenehm zurückhaltenden George Martin über die von allen am wenigsten gespielte B-Seite verfügt* - und die nach Ansicht der Chronisten der einzige Fall ist, in dem die Beatles ihren Fans minderwertige Ware andrehten.

Man muss diese Einschätzung aus dem Kontext heraus verstehen, dass sie mit ganz wenigen Ausnahmen (... with Love Me Do and 12 other songs) nicht ihre Singles auf ihre Langspielplatten packten oder umgekehrt welche "auskoppelten", wie es ja spätestens in den 80ern Usus wurde: Die Hit-Single zieht das ganze Album mit hoch und aus erfolgreichen Alben kann man prima Singles verkaufen - aus Michael Jacksons Thriller wurde dann ja auch so ziemlich jedes einzelne Lied als Single veröffentlicht. Und als Maxi. Und noch mal mit einer anderen B-Seite. (Eventuelle Leser aus der Plattenindustrie nehmen jetzt bitte eine kalte Dusche.)

Auch wenn natürlich mit den Beatles sehr viel Geld gemacht wurde und immer noch mehr gemacht wird - die Aussage, man habe damals die Fans nicht für das gleiche Material mehrfach zur Kasse bitten wollen, war mir nicht nur sympathisch, sondern auch glaubhaft. Wie anders wäre zu erklären, dass bedeutende Singles wie Lady Madonna, Strawberry Fields Forever oder als frühes Beispiel She Loves You erst viel später auf Kompilationen wie etwa den berühmten Roten und Blauen Alben erschienen sind? Umgekehrt: Lieder wie Yesterday oder Eleanor Rigby einfach nicht als Single zu veröffentlichen - wer käme auf die Idee? Man muss sich so etwas natürlich leisten können, in jedem Fall ist es aber sympathisch, wie wenig sich die Inhalte überschnitten, so dass man ja auch heute noch problemlos den Werkskern mit den 13 Originalalben plus zwei Past Masters-Scheiben, welche eben im wesentlichen die Singles umfassen, erschlagen kann.

Versucht man, die 13 Alben aufzuzählen, ist das eigentlich kein Problem - außer, dass man meist nur bis zur 12 kommt, da man das Album Yellow Submarine vergisst, denn es passt dann doch nicht ganz in die Reihe mit Revolver, Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band und Abbey Road. 1969 im Zusammenhang mit diesem Zeichentrickfilm erschienen, chronologisch also nach dem Weißen Album und vor Abbey Road einzuordnen, sind gerade mal sechs Beatles-Stücke darauf, von denen das U-Boot-Lied ja bereits drei Jahre früher auf Revolver erschienen und All You need Is Love 1967 als Single veröffentlicht worden war. Die restlichen vier Lieder werden oft als, nun ja, Reste bezeichnet: Ein (weiterer) nölender Northern Song von George, bereits zu Pepper-Zeiten aufgenommen und liegengelassen, ein (weiteres) Kinderlied von Paul, ein Standardrocker von John, ein langgezogenes und zielloses Lied von George, das war's. Ich muss auch zugeben, dass ich diese Platte nicht so furchtbar oft gehört habe.

Nun habe ich mir doch auch die Stereo-Box gekauft, und so ergab es sich, dass ich nach langer Zeit wieder Yellow Submarine einlegte. Und seither das Piano-Riff aus Hey Bulldog nicht mehr loswerde, höchstens dann, wenn sich das Gitarrenriff aus It's all too much darüberlegt.

Ebenfalls um 1980 herum sah ich im Spätprogramm, vermutlich auf dem Dritten, mit meiner Mutter einen Film, der mich sehr beeindruckt hat. Bruno Ganz gibt einen Schachspieler, der schon als Junge obsessiv und gut Schach spielt, allerdings bei Niederlagen schon mal seinen Gegner erwürgen will, so dass man ihm, dem offenbar der Wahnsinn droht, lieber das Brett wegnimmt. Später, er spielt halt doch wieder, kommt es zum Schachduell mit einem Russen, den er mit Psychospielchen terrorisiert. Eine Glasmurmel spielt dabei eine entscheidende Rolle, die der Spieler während der Partie zwischen seinen Fingern rollt, so dass der Russe sich nicht mehr konzentrieren kann und schließlich aufgibt.

Besonders gesund lebt er allerdings immer noch nicht, sondern verhält sich immer öfter antisozial, verprellt Freunde und Förderer, verdächtigt seine Frau, ihn vergiften zu wollen etc., bis er nach einem besonders nervenaufreibenden Schachspiel einen Zusammenbruch erleidet und in eine Klinik eingeliefert wird. Wo er, wenn ich mich nicht täusche, am Ende dann doch wieder heimlich zu spielen beginnt.

Ich habe diesen Film nie wieder gesehen, aber wenn ich mich nicht ganz täusche, wird vor dem Abspann etwa folgende Frage eingeblendet:
Der Spieler zieht den Stein
Und Gott zieht den Spieler
Welcher Gott von welchem Gotte
Fing mit diesem Spiele an?
Eine gute Frage, finde ich, über die ich noch ein Weilchen nachdenken werde, während ich die Glaskugel zwischen den Fingern rolle und es innerlich "toooo much, toooo much, toooo much, toooo much" tönt.

--
*George Martin, Produzent der Beatles, schrieb den "Score" fürs Orchester, und die zweite Seite der Platte enthält diese instrumentale Filmmusik.

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venice_wolf, Dienstag, 8. Juni 2010, 14:28
Danke, den Hey Bulldog-Riff auch in meine RAM übertragen haben, sodass es im Loop gar nicht aufhören will. Ich habe es am Klavier/Keyboard seinerzeit einstudiert (also herumgedrückt dass es ungefähr so rauskam) und die poetische Kraft ist umwerfend....

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nnier, Dienstag, 8. Juni 2010, 18:42
Du als Musiker hast ja wenigstens die Möglichkeit, es aus deinem System wieder herauszubekommen, indem du auf die Tasten drischst. Was aber soll ich tun? Ich versuche schon die ganze Zeit dieses Hundegebell vom Schluss, immerhin hat so etwas auch mal gegen das sich steigernde "come on - come on - comeon - cmon -cmoncmoncmoncmon- aaaaaah!" geholfen, als das Lied mit dem Affen nicht mehr gehen wollte.

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venice_wolf, Donnerstag, 10. Juni 2010, 11:45
Musiker... haha
wahrhaftig ist es aber ab und zu nützlich, Melodien oder Geräusche "zu Boden" zu bringen, auch wenn's nur so dahintingelt.
Das regt ab und manche Gedanken sind weg.
Wie wenn man mit einem Streichholz eine Stunde lang herumspielt um das mentale Defrag anzuzeigen.

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txxx666, Dienstag, 8. Juni 2010, 19:12
Schwarz und weiß wie Tage und Nächte - immerhin von Wolle Petersen und mit Mucke von Klausi "Goldfinger" Doldinger...

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nnier, Mittwoch, 9. Juni 2010, 01:16
Ah, kennen Sie den Film? Dass der von Petersen ist, hätte ich nicht gedacht. Er wirkte wie fürs Dritte Programm spätabends gemacht, vergrübelt, künstlerisch. Aber meine Eindrücke sind auch uralt.

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txxx666, Mittwoch, 9. Juni 2010, 21:52
Wurde laut Wikipedia ja auch für WDR und ÖRF gedreht - zum Blockbuster wurde WP ja erst drei Jahre später mit dem "Boot".

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