Mumien, Analphabeten, Diebe.
Du hast's gut, du hast dein Leben noch vor dir.
Laminiert mich
nnier | 30. Juni 2010 | Topic Brainphuq
Wir besitzen seit kurzem ein wirklich riesengroßes Haus. Es ist ein Flachbau von fußballfeldähnlichen Ausmaßen, außenrum schön verglast, da kann mir dann auch gerne jeder beim Bolzen zuschauen - bitteschön! Allerdings ist der Bau erst kürzlich fertiggestellt worden, man sieht noch den blanken Estrich und riecht den Zement, und auch wenn ich schon mal erfolgreich Laminat verlegt habe, schrecke ich vor diesen Ausmaßen dann doch zurück, Klick[TM]-Verfahren hin oder her. Ich weiß ja noch, wie ich mich letztes Mal danach gefühlt habe! "Frau", spreche ich deshalb voller Überzeugung, "Frau, wir werden dieses nicht selber machen, wir werden das machen lassen, und ich weiß auch schon von wem."

Das dunkle Laminat ist sehr hässlich und gefällt mir ausgesprochen gut. Ein osteuropäischer Schwarzarbeiter rückt mit drei Mann Verstärkung an; mitgebracht haben sie eine beeindruckende Maschine ähnlich jenen, die man manchmal beim Autobahnbau sieht, breit und riesengroß, sie passt glücklicherweise exakt in unser neues Haus, und schon sehe ich die behelmten Arbeiter stapelweise Laminatpakete in die Maschine schieben, die sich langsam vorwärts bewegt und, zack!, zack!, perfekt zugesägte Abschnitte ausspuckt, wobei sie diese auch gleich richtig auf dem Boden positioniert. Ich freue mich über diesen Anblick, beglückwünsche mich zu meiner guten Entscheidung und spreche: "Frau, ist dies nicht ein herrlicher Anblick. Wir hätten Wochen gebraucht, Wochen!"

Die Arbeiter müssen jetzt nur noch die einzelnen Laminatbahnen ineinanderklicken, das ist ein Klacks, ich gehe beglückt hinaus und kehre erst zur Einweihungsfeier zurück, zu der ich meinen Vater mitbringe, dem ich von meiner klugen Idee mit den Schwarzarbeitern erzähle: "Klar - das ist eine Stange Geld! Aber wir hätten sonst Wochen gebraucht, Wochen!", spreche ich und sehe dem Gewusel zwischen den zahllosen Stehtischen zerstreut zu, denn plötzlich entdecke ich eine Lücke im Laminat, das eigentlich gar kein Laminat ist, es sind dicke, schwarze Bodendielen mit grober Maserung, und sie laufen nicht richtig parallel, sondern ich entdecke breite Fugen dort, wo die einzelnen Bahnen miteinander verbunden sein sollten, ja, teilweise berühren sich die Dielen nicht einmal, sondern der Zwischenraum erweitert sich V-förmig immer mehr, so dass man hineinfallen kann, und während ich den Ballbesuchern angestrengt zulächle, wird mir bewusst, dass es eine Scheißidee war, Schwarzarbeiter zu nehmen, denn nun kann ich keinerlei Forderungen an irgendjemanden stellen, ja, ich weiß eigentlich nicht mal, wie die heißen und wo man sie findet, und außerdem würden sie eh alles abstreiten. Das Geld ist weg! Und wir werden das alles wieder rausreißen müssen!

Inzwischen hat jemand im Keller unseres alten Hauses aufgeräumt, das sieht schön ordentlich aus, "Frau", spreche ich, "das sieht aber schön aus, wo hast du denn die Sachen vom alten Puppenhaus hingetan", sie spricht: "Weggeworfen habe ich die", und ich könnte verzweifeln, weil das so kleine Steh- und Deckenlampen waren, die man mit richtigen kleinen Steckern im Puppenhaus an richtige kleine Steckdosen anschließen und leuchten lassen konnte. Probleme, Probleme, ich meine: Da wacht man doch gerne auf und kann es eigentlich kaum mehr erwarten, die Tage und die Kilometer endlich hinter sich zu bringen, bis man da sein darf, wo alles gut ist.

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kid37, Mittwoch, 30. Juni 2010, 15:07
Frauen immer mit ihrer Entrümpelungsmanie! Ich heirate nur noch einen Schwarzarbeiter, der entwischt mir dann auch nicht so leicht. (Soll es richtig werden, mach es selbst. Der Spruch wird einfach nicht falsch.)

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venice_wolf, Mittwoch, 30. Juni 2010, 16:26
Schwarzarbeiter heiraten! Das ist DIE IDEE!
Dann kann man selber entrümplen und Ordnung machen und nimmt bestimmt nicht die dringend notwendige Landkarte vom Auto "weil ich eben im Hanschuhfach Ordnung gemacht habe" usw und so fort.
Beim Laminat braucht man schon etwas Glück, dass die Fugen, wenn schon, eventuell unter einem Möbelstück erscheinen und nicht in der Zimmermitte wo ALLE genau sehen dass da kein Profi an der Arbeit war.
Heiraten, heiraten. Vor genau 5 jahren war das, ich kann mich noch genau erinnern, die Kutsche, die Kuhfladen, die Blasmusik die leise und gemütlich im verschlafenen Nachmittag im ganzen Tal su hören war, die Seifenblasen, die Sonne, die Brettljause, der Ziehharmonika Spieler der spontan zum Tanz anregte, die Gäste die sich am Brunnen erfrischten, das kühle Bier...

[Edit nnier: Passendes Bild nachträglich per Mail erhalten]


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nnier, Mittwoch, 30. Juni 2010, 20:55
Wer möchte da nicht aus dem Stand heiraten!? (Auf die Brettljause freue ich mich übrigens fast so wie auf die Kuhfladen und das Gebimmel, herrje!, besäße ich doch so eine tolle Wunschtuba, das Jahr wäre nicht so lang gewesen.) (Und das ist ein ganz tolles Bild, übrigens!)

Herr kid: Man unterscheidet angeblich Heimwerkerpfusch von Handwerkerpfusch, also jenen, der aus Gründen mangelnder Kenntnisse oder Übung entsteht von jenem, der aus "Mir-doch-egal-merkt-eh-keiner" entsteht; bei Interesse verfüge ich über reichhaltiges Anschauungsmaterial für beide Pfusche.

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jean stubenzweig, Mittwoch, 30. Juni 2010, 16:29
Was war denn das?! Ein Alp-, ein Wachalptraum? Es schüttelt mich. Unser Mittelster zieht gerade ein ins neue Haus. Bin ich froh, daß ich meine handwerklichen Unfähigkeiten immer so gepflegt habe.

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nnier, Mittwoch, 30. Juni 2010, 21:13
Vom Alptraum zum Alpenraum ist es zum Glück nur ein kleiner Schritt, ich bin eigentlich auch gar nicht richtig da - also, hier - und werde schon bald für ein Weilchen stromlos bloggen, dort, wo die Bodendielen mit Fug über Fugen verfügen. Und sich die Frage von Tag oder Traum kaum stellt.

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