Mumien, Analphabeten, Diebe.
Du hast's gut, du hast dein Leben noch vor dir.
Dienstag, 22. Oktober 2013
71@71:#57
nnier | 22. Oktober 2013 | Topic Musiq
If I only had one love
Yours would be the one I'd choose




"So I called up a bunch of friends and family and we just got on and did it", daran musste ich mich erst mal gewöhnen nach den durchproduzierten 80er-Jahre-Alben und dem 93er Off The Ground, das im vollen Band-Sound eingespielt worden war. 1997 war ein schwieriges Jahr für mich, und ich weiß noch, wie ich ziemlich zerfleddert mit jemandem im Café saß und mich beim Abschied aufmunterte: Immerhin ist heute das neue McCartney-Album rausgekommen, das hole ich mir gleich noch. (Normalerweise bin ich nicht so).

(Obwohl diese Musik für mich immer etwas Tröstliches hat). (Mal drüber nachdenken, ob es das ist). (Das fängt ja schon mit der Stimme an). (Vielleicht erwarte ich deshalb auch gar nichts umwerfend Neues von ihm). (Einfach, dass er noch da ist.) (Mal drüber nachdenken.)

Dann legte ich die CD ein und war irritiert: Das war so ein Gitarrenalbum, im Klang eher flach, nichts obendraufproduziert, kaum Keyboards, kein Synth. Es klingt nach Ferien, und das müssen auch traurige Ferien gewesen sein, denn Linda war schon schwer krank und starb im folgenden Jahr. Aber das wusste ich damals nicht und wunderte mich: Ohne Band, ohne anschließende Tour, dabei ist es doch ein so feines Album!

Dieses unscheinbare Lied hat es mir angetan, es ist eines von denen, die langsam wachsen. Die einfachen Harmonien, der schöne Gesang im hohen Register, besonders aber das Zwiegespräch der beiden Gitarren im instrumentalen Mittelteil und noch einmal zum Schluss: Ganz groß, wie Papa die juvenil davonpreschende James-Gitarre (Bunch of friends and family) mit alterweisen Akkorden auf der Akustischen begleitet. Ermutigend, zuversichtlich und entspannt, friedvoll wie der Himmel an einem Sonntag. Es ging dann auch irgendwie weiter.

Platz 57: Heaven On a Sunday (1997)

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Montag, 21. Oktober 2013
Nachschlag mit Linden
nnier | 21. Oktober 2013 | Topic Fernseh
All die tollen Serien, und nie glotze ich, bekomme alles nur sekundär mit: Die neue Staffel von Serie X ist sogar noch toller und so weiter, aber ich kann mich einfach nicht aufraffen. Mein letzter Anflug liegt schon so weit zurück wie Life on Mars, doch auch die habe ich nicht bis zum Ende verfolgt. Aus irgendeinem Grund wurde ich dann vor einigen Monaten eingeladen, eine Folge der Serie The Killing mit anzuschauen, das sei ein Remake der Serie Kommissarin Lund, was sich für mich so anhört wie eine Mischung aus dem typischen ZDF-Schwedenkrimi und irgendwas von Rosamunde Pilcher oder Inga Lindström. Gemütlicher Schlunz, dachte ich, warum nicht, und hatte mich komplett getäuscht.

Who killed Rosie Larsen, das weckt Erinnerungen, und auch wenn alles vollkommen frei von surrealistischen Übersteigerungen und übersinnlichen Erscheinungen vonstatten geht, lag für mich von Anbeginn eine gewisse Twin-Peaks-Haftigkeit über der Geschichte. Natürlich ist es hier wie dort völlig egal, wer sich am Ende als Täter entpuppt, sind es auch in The Killing die Geheimnisse der einzelnen Figuren, die die Geschichte vorantreiben und überraschende Wendungen nehmen lassen. Die eigentliche Auflösung des Falls ist, wie soll es anders sein, auch wenig überzeugend, doch zum Glück ist das ganz egal.

Lange habe ich nicht mehr so gerne zwei Menschen bei der Arbeit zugesehen wie der bleichen Kommissarin Sarah Linden (Mireille Enos), unter deren hyperkontrollierter Oberfläche der Wahnsinn puckert, und ihrem Kollegen Holder (Joel Kinnaman). Der schlurft und trant mit Hängerhose durch die Gegend, ist aber in Wahrheit (psst!) ein ganz Cleverer. Wobei ich allerdings warnen möchte vor der emotionalen Belastung, die so eine Geschichte mit sich bringt, denn ein nicht unerheblicher Erzählstrang behandelt das Weiterleben der Familie des ermordeten Mädchens und war für mich teilweise schwer auszuhalten.

Mehr mag ich gar nicht verraten, außer dass ich die Serie mit deutschen Untertiteln ansehen musste. Die nölige und fast durchweg affektverminderte Konversation der beiden bereitet mir zwar großes Hörvergnügen, da wird genuschelt und geslangt, dass es eine Freude ist, die ich mir durch eine deutsche Synchronisation nicht hätte nehmen lassen wollen: Bloß dass ich dann doch zu viel nicht verstehe. Zwar wären es die toll gefilmten Bilder auch wert, einfach nur zuzuschauen: Aber manche Andeutung und manche entscheidende Information wäre mir zwischen dem Möhrengekaue einfach durchgerutscht.

Bleibt noch die hypnotische Musik in der sowieso ganz toll gemachten Titelsequenz zu erwähnen, und dass natürlich die Serie ständig von der Schließung bedroht war, man kennt das ja bei den guten Sachen. Immerhin haben sie ihre zwei Staffeln mit der Hauptgeschichte unter Dach und Fach, und nach dem üblichen Hin und Her wurde tatsächlich eine dritte und diesmal aber definitiv letzte produziert, in der man sich wohl auch stärker von der skandinavischen Vorlage (die ich nicht kenne) löst. Und auch wenn sich nach den ersten Folgen schon sagen lässt, dass die emotionale Tiefe des ersten großen Handlungsbogens nicht erreicht wird, ist das nach wie vor feine Fernsehkost.

Hat mich gefreut, Dectectives.

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Freitag, 18. Oktober 2013
Stimmt so
nnier | 18. Oktober 2013 | Topic In echt
Zu den letzten Irrationalitäten unserer durchökonomisierten Schnäppchenwelt gehört das Trinkgeldgeben auf Reisen: Man kommt schließlich i.d.R. nicht wieder, könnte also problemlos in der Fremde geizen und lieber zu Hause öfter mal aufrunden. Aber man will natürlich gerade im Urlaub nicht knickerig erscheinen, ist sowieso gerade beim Geldausgeben, und wenn man Glück hat, schmeckt der Kaffee geradezu unglaublich gut, so dass man den geringen Preis einfach nicht akzeptieren mag, verglichen mit der Plörre, die man zu Hause viel teurer bezahlt.



Un cafe doble con leche por favor, das ist ein Göttergetränk und kostet selbst am teuren Touristenstrand akzeptable 3,50. Geht man in die Bar, bleibt man unter 2.- EUR, genauso wie für den cortado, der einem nachmittags noch mal richtig auf die Sprünge hilft. Bloß eines irritiert da in Catalunya.



Beim ersten Mal, unterwegs an der Straße, erschrak ich noch geradezu über den niedrigen Betrag, den der Barmann für drei Getränke einforderte. Ich rundete verbal auf den übernächsten Euro und sprach die Zahl so deutlich, wie es mein Spanisch zulässt. Man reagierte nicht und gab mir auf den Cent genau heraus. Hat der das nicht verstanden, fragte ich mich, ließ also einige Münzen auf den Tresen fallen und verabschiedete mich. Man reagierte nicht, das Geld blieb liegen, der Barmann wandte sich anderen Gästen zu.



Was war das denn, sprach ich im Auto, ist das vielleicht der Besitzer, nimmt der kein Trinkgeld für sich selber an oder was.

Am Urlaubsort aber wiederholte sich die Erfahrung exakt. Nun kam ich ins Grübeln, die Leute waren immer freundlich, ich war es auch, bloß mein Trinkgeld wurde komplett ignoriert.

Die in manchen Ländern übliche 10-Prozent-Regel wird von den Spaniern als eher übertrieben hoch empfunden, las ich lieber mal im Reiseführer nach, man lässt sich exakt herausgeben und lässt je nach Zufriedenheit einen Betrag auf dem Teller zurück. Also das war es, ich machte einen technischen Fehler!



Freudig orderte ich den nächsten Kaffee, ließ mir beim Bezahlen exakt herausgeben und legte hernach einen Euro aufs Tellerchen. Der Teller blieb stehen, es kam keine Reaktion. Tagelang ging das so weiter und verunsicherte mich mehr und mehr.

Ist das hier doch zu wenig, fragte ich mich, und eigentlich würdest du für so einen tollen Kaffee ja auch mehr bezahlen, also erhöhte ich schließlich und gab am letzten Tag zwei Euro dazu, wohlgemerkt immer in Relation zu einem oder zwei preisgünstigen Getränken, nicht zu einem teuren Abendessen.



Aber ich sollte es nicht erfahren.

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Montag, 7. Oktober 2013
Voll im S-tress
nnier | 07. Oktober 2013 | Topic In echt


"Das finden wir nicht so gut, dass Sie sich hier hins-tellen." - "Wie, äh, was, bin ja extra im Auto sitzengeblieben, kann ja jederzeit wegfahren, wenn Sie Ihren Platz brauchen." - "Darum geht es nicht." - "Und worum geht's? Ums Prinzip?" - "Die Platten setzen sich. Das bezahlt uns kein Mensch. Das Schild hängt da nicht umsonst, nicht."



Da muss sie natürlich angerannt kommen, wartet wahrscheinlich den ganzen Tag drauf, dass sich jemand fünf Minuten da hins-tellt auf ihre Gehwegplatten. Nach einer Woche Arbeit jedenfalls ist die ganze Ents-pannung schon wieder futsch, deshalb ab in den Urlaub, also wenn sich in den nächsten Tagen bei Ihnen die S-teinplatten absenken, lassen Sie sich gesagt sein: Ich war es nicht.



Dieser S-tress! Koffer packen, Ausweise suchen, Unterkunft buchen, vor allem aber: Marmelade kochen, denn das wäre dann doch zu schade um die schönen Zwetschgen. Gläser auskochen, Gelierzucker kaufen, Zwetschgen entkernen, aufkochen, abschmecken, ab ins Glas.



Schön grob und s-tückig diesmal, bloß bei der Menge habe ich mich verschätzt: Gerade mal vier Gläschen sind es geworden. Jetzt schnell den Wecker s-tellen, es geht ja schon bald los. Adiós.

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71@71:#59&58
nnier | 07. Oktober 2013 | Topic Musiq
Oooo-eee-ooooh!

1982, das erste Album nach Johns Ermordung, das erste mit Legende George Martin als Produzent. Der große Hit darauf heißt Ebony and Ivory und ist überhaupt nicht mein Fall, war es schon damals nicht, zuviel Reißbrett und Konsens auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner: Haaach, die Tasten auf meinem Klavier können harmonisch Seit an Seite leben, warum bloß tun wir das nicht, schnief. Ich kann Stevie Wonders Stimme in diesem Stück nichts abgewinnen, mag den slicken Sound nicht, finde die Melodie schwach, na gut, diese Version hier ist noch ganz OK, aber warum wird so etwas ein Hit und nicht die guten Lieder? Schon auf der 1989er Tour klang das Lied so schlecht gealtert wie kein anderes.

Überhaupt wurde das Album damals ein wenig zu sehr gelobt. Das ist zum Teil ganz anständige Popmusik, kein Meisterwerk und kein Fehlschlag, glatt produziert und angereichert mit dummerweise gleich zwei Stevie-Wonder-Kollaborationen sowie einem Duett mit Carl Perkins. Der hat eine ähnliche Stimme wie Dr. McCoy von Star Trek und müht sich zusammen mit Paul durch ein mattes Pseudo-Country-Stückchen ("Once I had a little Spanish Guitar ..."), das man schon während des Hörens wieder vergisst.

Paul hat im Studio einen Witz erzählt, heißt es in den Büchern, und Carl hat gelacht. Er lacht in das nächste Stück hinein, und da wird es gegen Ende der Platte plötzlich doch noch interessant: Was für ein seltsamer Übergang, Oooooh, the one you wanted to be is now the one you see, ooooh. Und dann? Würde man die ganze Pastiche am liebsten vom Platz fegen, das ist Disco nach der Disco, das macht Spaß, das ist selbstbewusster Pop und da gehört auch die Spanische Gitarre hin: What's the point of changing / When I'm happy as I am!

Bloß dass danach noch Ebony and Ivory kommt.

Platz 59+58: Be What You See (Link) / Dress me Up As A Robber (1982)

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Dienstag, 1. Oktober 2013
Bergmensch Nachsaison
nnier | 01. Oktober 2013 | Topic In echt


Es hat schon etwas Gewalttätiges an sich, die weite Strecke für ein paar Tage, und doch war es wieder so: Oben hätte ich losschreien können, die Luft, das Licht, die Stille, Feuer machen, Wasser holen, eben warst du noch auf der Strecke, hast mobil gelesen und ins Telefon geschaut, jetzt stehst du vor der Hütte und die Sonne geht unter, bezieh noch schnell das Bett, atme ein, schneid ein Stück Dauerwurst ab, beiß in das würzige Brot, trink von dem kräftigen Tee, der Ofen knistert schon, hör die irrsinnige Stille, geh noch mal raus, das kannst du doch nicht fassen, das ist ja voller Sterne da oben! Hör den Bach ganz leise plätschern da hinten! Paar dünne Wolken rasen vorbei, heller Mond. Hinten Milchstraße.

Abtrieb war ja schon. Sonst, wenn sie frühmorgens zum Melken getrieben werden, lächelst du kurz im Schlaf und drehst dich glücklich um. Später, in dieser unwirklichen Zugabenzeit, klöppelt nichts mehr und die Ruhe haut dich um. Du lächelst sowieso nur noch. Riech das Holz. Das Knacksen. Das Plätschern. Das Licht unwirklich und grell. Abends diese Farben, das kannst du kaum verkraften, sitzt da und willst nur schauen. Du hast das Brot geschnitten und etwas in der Pfanne gebrutzelt. Du sitzt da und isst und starrst mit blödsinnigem Ausdruck, draußen Farbkonzert und du schöpfst Wasser in den Kessel, schaust schnell wieder raus, stellst die dampfende Tasse neben das Bett, schlupfst unter die Deck. Liest noch kurz was mit deiner Stirnlampe, rekelst dich, lauschst, richtest dich noch mal auf, drehst dich ins Kissen. Redest leise mit dir selbst.







Ich bin kein Kletterer, bin kein Bergsteiger, habe keine Kniebundhosen, keinen Karabinerhaken. Ich bin einfach gerne da oben. Gibt schöne Städte. Gibt das Meer. Dann sage ich: Schöne Stadt. Schau an, das Meer! Aber da oben, da sage ich gar nichts, höchstens beim Ankommen so etwas wie: Aargh.

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