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Nehmen wir das mit der Fanta: Da entdeckte ich eines Tages, wie unglaublich gut mir diese süße Orangenlimonade aus der braungeringelten Glasflasche schmeckte, schon phantasierte ich davon, in meinem Kinderzimmer drei Wasserhähne zu haben: Einen für Fanta, einen für Cola, einen für Sprite. Ich quatschte begeistert drauflos und erzählte in allen Einzelheiten, wie ich mir das vorstellte. In der folgenden Nacht hatte ich einen intensiven Traum: Ich saß in einem (meinem?) Zimmer, das bis zur Decke mit Fanta gefüllt war, konnte hemmungslos trinken und pinkeln und dabei friedlich durch die orangefarbene Unterwasserwelt gleiten.

Die elektrische Eisenbahn fuhr in meiner Phantasie nicht auf dem Fußboden im Kreis herum. Sie schraubte sich in einer Ecke meines Zimmers in Wendelschleifen bis knapp unter die Decke, wo schmale Regalbretter an der Wand befestigt waren, auf denen die Bahn entlangratterte bis zur nächsten Ecke, dort spiralig wieder herunter bis auf den Schreibtisch, wo sie ein paar Kurven nahm, um dann über den Kleiderschrank und unter dem Bett hindurch mein Zimmer durch einen (noch zu schlagenden) Durchbruch in der Wand zu verlassen und im Flur über die Bücherregale hin zum Sockel der Treppe und von dort in die andere Etage weiterzufahren, wo das Ganze erst richtig losgehen sollte.

Vor langer Zeit betrat ich das Haus eines Herrn, der per Annonce irgendwelches Aquarienzubehör angeboten hatte. In seinem Wohnzimmer stand ein riesiges Becken, bestückt mit aufwendigster Technik und voller Schmetterlingsbuntbarsche, die sich in einem riesigen, durchlöcherten Stein verbargen und hervorgeschossen kamen, als es Futter gab. In anderen Teilen der Wohnung gab es weitere Becken, ich zählte insgeamt sechs Stück und fragte nach Kosten und Arbeitsaufwand. "Das ist nun mal mein Hobby, ich find's einfach total geil, und jetzt zeig ich dir mal was", meinte der Herr, führte mich zum Badezimmer und wies auf eine achteckige Spezialanfertigung direkt neben dem WC, ein hohes, schlankes Becken, in dem exotische Fische durch eine bemerkenswert algenfreie Pflanzenwelt glitten.

Einen Hang zur Übertreibung kann ich nicht ganz leugnen, es ging ja so weiter: Wenn mir etwas gefiel, z.B. die Musik einer Band, konnte ich mich ziemlich schwer beherrschen. Da überspielte ich mir natürlich keine Platten auf Cassette, sondern kaufte alle LPs und danach die Singles und dann die ausländischen Pressungen und dann die Kompilation, auf der kein einziges neues Lied war.

Und noch heute, wenn ich im Urlaub bin, ruft es in mir: Hier will ich auch eine Hütte haben! Und dann für immer hierbleiben! Alles andere will ich gar nicht mehr haben! Ich würde das sofort alles eintauschen!

Es gibt inzwischen eine zweite Bewusstseinsschicht in mir, die sich gelegentlich meldet und sagt: Man muss nicht alles gleich haben. Sei doch froh, dass du ab und zu hinfahren kannst. Schau, du musst dich um nichts kümmern, kein Dach abdichten, keinen Zaun herrichten, dir nicht einmal Gedanken darum machen - du bist hier ein Fremder und nur Gast, das hat auch große Vorteile, denn es erwartet niemand etwas von dir. Wer hier wem etwas gönnt oder übelnimmt oder mit wem warum verfeindet ist, bekommst du gar nicht mit und muss dich auch nicht interessieren, denn du bist ein Fremder und bald wieder weg.

Ich lese ab und zu die begeisterten Berichte der Hobbyisten: Ganze Häuser werden da statisch an ihre Grenzen gebracht, es fließen minütlich hunderte Liter Wasser durch irgendwelche Rohre, sie werden von der Zentralheizung mit erwärmt, all das ist völlig ausgeklügelt, und irgendwo ist ein ganzes Zimmer mit dicken Plexiglaswänden abgedichtet, darin schwimmen ein paar Fische.

So gesehen kann ich froh sein, dass ich nicht als junger Facharbeiter über Tarif bezahlt worden bin, sonst hätte ich vielleicht einen Golf GTI mit einer High-End-Anlage ausgestattet und den Motorraum von innen verchromt.

Oder ein eigenes Fantazimmer.

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Manchmal stelle ich mir das noch so wie früher vor - zum Beispiel, wenn man mit der Bahn fahren will: Man befragt eine (meinetwegen elektronische) Auskunft, bekommt die passenden Angebote angezeigt, wählt eines aus und bezahlt. Falls man im Besitz einer Bahncard ist, zahlt man entsprechend weniger.
Hahahahaha! Es ist natürlich ganz anders. Man wird nämlich zuerst gefragt, ob man so eine Bahncard hat, und dann zeigt einem das System nur die Angebote, die es einem zeigen möchte. Hat sich jemand überlegt: Ich fahre viel mit der Bahn, leiste mir eine Bahncard 50 und muss also für jede Fahrt nur die Hälfte zahlen - dann kann es sein, dass ihm bestimmte Angebote vorenthalten werden. Irgendwo spielt ein Algorithmus mit hinein, der sagt: Lass den mal seine 50% vom Normalpreis zahlen, wenn er übernächste Woche von Flensburg nach Freiburg fahren will, und zeige ihm nicht das Kontingent an Sparpreistickets für genau diesen Zug! Die bietest du nur anderen Leuten an.
Ein erfahrener Bahnkunde berichtete mir davon, dass er dieses ausgiebig durchgetestet habe. In seinen Kreisen ist man derzeit der Ansicht, dass eine bestimmte Bahncard ("25er, 1. Klasse") momentan die besten Ergebnisse erbringe. Und natürlich sind wir immernoch in einer frühen, eher primitiven Phase der Realitätsdifferenzierung.
Mein Informant jedenfalls musste lediglich mehrmals dieselbe Verbindung abfragen, bezüglich der Bahncard gab er dabei einmal dieses, einmal jenes an - und bekam reproduzierbar die unterschiedlichen Angebotslisten. Die Filterblase ist demnach noch sehr undicht und kann mit simplen Tricks getestet (und bei genügend Wissen auch überlistet) werden. Dennoch merke ich immer wieder, dass ich noch zu oft in dieser naiven, längst überholten "Auskunft"-Metapher denke: Als liefere eine Suchmaschine wie g**gle auf dieselbe Anfrage von Person A und Person B ein identisches Ergebnis!
Gibt man bei der Suche nach Flügen, so las ich kürzlich irgendwo, einen unscharfen Zeitraum ein, so geht die dahinterliegende Logik davon aus, dass man ein flexibler Reisender ist, dem der genaue Termin nicht so wichtig ist. Man muss ihm folglich günstige Preise bieten, damit er nicht woanders bucht (oder ein anderes Reiseziel wählt) und zeigt also bestimmte, günstige Flüge an. Sucht jemand dagegen exakt einen dieser Flüge, wird dieser für einen wesentlich höheren Preis angeboten: Der Suchende ist ja offenbar auf die Verbindung angewiesen und kann entsprechend besser abgemolken werden.
Wie gesagt sind das noch Anfänge. Yieldmanger und andere Gehirnmanipulatoren bekommen aber heute schon Erektionen, wenn sie sich die künftigen Möglichkeiten bewusst machen: Da brauchen wir gar nicht erst von den Eintrittskarten für Konzerte zu sprechen, die so verkauft werden sollen, dass der beinharte Fan so viel wie möglich zahlt, während zur selben Zeit Tickets bei Gr*upon verramscht werden. Das alles findet ja längst statt.
Aber man muss ja nicht jedem dieselbe Information in seine erweiterte Realität einblenden, da lotsen die Navigationssysteme in der Windschutzscheibe mal so und mal anders, da wissen sie längst, wie du tickst und wo deine Grenze verläuft, und wenn du meinst, dass du nur ein neues Browsertab öffnen und etwas anderes eingeben musst, erkennen sie dich und schmunzeln: Netter Versuch! Gleich nimmt er das Handy seiner Freundin und probiert's noch mal, wetten? Ah, da isser schon.
Dich aber kann keiner austricksen. Du weißt, dass sie dich am Rhythmus deiner Tastatureingaben erkennen, du unterläufst die Stimmerkennung mit Helium und suchst regelmäßig nach zufälligen Begriffen aus dem Wörterbuch. Sehr gut! Und dir ist völlig klar, dass nur dir dieser Beitrag angezeigt wird. Die anderen lesen gerade was über den "Teint", da dachte der nnier früher immer, das sei ein Körperteil: "Sie hatte einen wunderschönen Teint", und er wusste damit nichts anzufangen, davon erzählt er gerade, und wie sein Freund A. mal was vom "Teng" gesagt hat. Das übliche Blabla halt. Du musst dir dieses Blog mal mit einem Android-Smartphone aus dem D2-Netz angucken, wenn du nicht bei Faceb**k eingeloggt bist - du glaubst nicht, was da für ein Zeug steht manchmal!
Hahahahaha! Es ist natürlich ganz anders. Man wird nämlich zuerst gefragt, ob man so eine Bahncard hat, und dann zeigt einem das System nur die Angebote, die es einem zeigen möchte. Hat sich jemand überlegt: Ich fahre viel mit der Bahn, leiste mir eine Bahncard 50 und muss also für jede Fahrt nur die Hälfte zahlen - dann kann es sein, dass ihm bestimmte Angebote vorenthalten werden. Irgendwo spielt ein Algorithmus mit hinein, der sagt: Lass den mal seine 50% vom Normalpreis zahlen, wenn er übernächste Woche von Flensburg nach Freiburg fahren will, und zeige ihm nicht das Kontingent an Sparpreistickets für genau diesen Zug! Die bietest du nur anderen Leuten an.
Ein erfahrener Bahnkunde berichtete mir davon, dass er dieses ausgiebig durchgetestet habe. In seinen Kreisen ist man derzeit der Ansicht, dass eine bestimmte Bahncard ("25er, 1. Klasse") momentan die besten Ergebnisse erbringe. Und natürlich sind wir immernoch in einer frühen, eher primitiven Phase der Realitätsdifferenzierung.
Mein Informant jedenfalls musste lediglich mehrmals dieselbe Verbindung abfragen, bezüglich der Bahncard gab er dabei einmal dieses, einmal jenes an - und bekam reproduzierbar die unterschiedlichen Angebotslisten. Die Filterblase ist demnach noch sehr undicht und kann mit simplen Tricks getestet (und bei genügend Wissen auch überlistet) werden. Dennoch merke ich immer wieder, dass ich noch zu oft in dieser naiven, längst überholten "Auskunft"-Metapher denke: Als liefere eine Suchmaschine wie g**gle auf dieselbe Anfrage von Person A und Person B ein identisches Ergebnis!
Gibt man bei der Suche nach Flügen, so las ich kürzlich irgendwo, einen unscharfen Zeitraum ein, so geht die dahinterliegende Logik davon aus, dass man ein flexibler Reisender ist, dem der genaue Termin nicht so wichtig ist. Man muss ihm folglich günstige Preise bieten, damit er nicht woanders bucht (oder ein anderes Reiseziel wählt) und zeigt also bestimmte, günstige Flüge an. Sucht jemand dagegen exakt einen dieser Flüge, wird dieser für einen wesentlich höheren Preis angeboten: Der Suchende ist ja offenbar auf die Verbindung angewiesen und kann entsprechend besser abgemolken werden.
Wie gesagt sind das noch Anfänge. Yieldmanger und andere Gehirnmanipulatoren bekommen aber heute schon Erektionen, wenn sie sich die künftigen Möglichkeiten bewusst machen: Da brauchen wir gar nicht erst von den Eintrittskarten für Konzerte zu sprechen, die so verkauft werden sollen, dass der beinharte Fan so viel wie möglich zahlt, während zur selben Zeit Tickets bei Gr*upon verramscht werden. Das alles findet ja längst statt.
Aber man muss ja nicht jedem dieselbe Information in seine erweiterte Realität einblenden, da lotsen die Navigationssysteme in der Windschutzscheibe mal so und mal anders, da wissen sie längst, wie du tickst und wo deine Grenze verläuft, und wenn du meinst, dass du nur ein neues Browsertab öffnen und etwas anderes eingeben musst, erkennen sie dich und schmunzeln: Netter Versuch! Gleich nimmt er das Handy seiner Freundin und probiert's noch mal, wetten? Ah, da isser schon.
Dich aber kann keiner austricksen. Du weißt, dass sie dich am Rhythmus deiner Tastatureingaben erkennen, du unterläufst die Stimmerkennung mit Helium und suchst regelmäßig nach zufälligen Begriffen aus dem Wörterbuch. Sehr gut! Und dir ist völlig klar, dass nur dir dieser Beitrag angezeigt wird. Die anderen lesen gerade was über den "Teint", da dachte der nnier früher immer, das sei ein Körperteil: "Sie hatte einen wunderschönen Teint", und er wusste damit nichts anzufangen, davon erzählt er gerade, und wie sein Freund A. mal was vom "Teng" gesagt hat. Das übliche Blabla halt. Du musst dir dieses Blog mal mit einem Android-Smartphone aus dem D2-Netz angucken, wenn du nicht bei Faceb**k eingeloggt bist - du glaubst nicht, was da für ein Zeug steht manchmal!
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Da in Bochum über die Frage wann der nächste Bundesvorstand gewählt werden soll, ist es notwendig mit offenen Karten zu spielen. [Q]Was sich für manch einen lesen mag wie ein achtlos dahingeworfener Verbalbrocken, offenbart seine Schönheit bei genauerer Betrachtung der inneren Struktur:
Da in Bochum
/über die Frage
/wann der nächste
/Bundesvorstand gewählt werden
/soll ist es
/notwendig mit offenen
/Karten zu spielen
Da die Verfasserin so souverän mit Umlautpünktchen (man beachte die Schreibung des Dokumentennamens im verlinkten pdf!), ist es notwendig, mit offenen Ohren zu lauschen:
Da in Bobo
/ über Fafa
/ wanne nänä
/ Buvo wäh wäh
/ solle isse
/ note offe
/ Karte spiele
Ich stehe auf sowas. Man nennt es: Latente Sinnstruktur. Ihr langweiligen Spießer!
So, und um gleich noch dem naheliegenden Vorwurf zu begegnen, das gehe in dieser dehumanisierten Bürokratensprache aber völlig unter: Schaut doch einfach mal genau hin!
Dass jedoch jeden Tag mehr die Anpassung meines Denkens und Handelns an eine alte Politikervorstellung notwendig zu werden scheint, die ich ablehne und nicht bereit bin zu vollziehen, ist ein Umstand, dem ich mich nicht länger aussetzen möchte. [Q]Das ist nichts anderes als ein fulminantes Protestgedicht:
ablehne alte
/ an Anpasung aussetzen
/ bereit bin, dass dem Denkens
/ die die ein eine
/ Handelns ich ich ist
/ jeden jedoch länger
/ mehr meines mich
/ möchte nicht nicht
/ notwendig Politikervorstellung scheint
/ Tag Umstand und und
/ vollziehen werden
/ zu zu
Morgen gehe ich "Klick mich" kaufen, hoffentlich haben die noch ein Exemplar da.
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Zum Glück kann ich auf jahrelange Roadie-Erfahrung zurückgreifen.

Solche CDs hört man ja doch nie an, das ist wie bei Wein- oder Whiskyproben: An dem Abend super, also kauft man begeistert eine Flasche dies und eine Kiste das. Später, zu Hause, ist es doch nur irgendein Getränk.
Oder fangen wir anders an: Wahrscheinlich gibt es mehr Musik als Wein, jedenfalls als Whisky, und ich bleibe ja doch bei denselben 10, 20 Alben, die ich höre, seit ich mit zwölf Jahren in meiner Entwicklung steckengeblieben bin. Die werden ja gar nicht erst weggeräumt, die rotieren im Abspielgerät, bis der Laserstrahl die Metallschicht irgendwann weggedampft hat.

Bloß dass es manchmal einfach nicht reicht, ein paar Euro in einen Hut zu schmeißen, ich meine: Auch wenn keiner herumgeizt, kommen bei so einem Wohnzimmerkonzert keine Reichtümer zusammen, da habe ich damals für eine Nacht als Roadie vermutlich mehr bekommen. Also lässt einen die momentane Freude über den gelungenen Abend generös die Scheinchen zücken, wenn die Begleitung sagt: Wollen wir nicht noch CDs kaufen.
Meinst du wirklich, hörst du die denn jemals an, will man erst noch sagen, vergisst es aber aber gleich wieder, denn man muss auch an die Freude und den Motivationsschub für die Künstler denken, die das mehr als verdient haben.

Inzwischen ist man ja daran gewöhnt, junge Angelsachsen vorm Haus zu treffen, diesmal ist es ein überaus höflicher Herr der ruhigeren Töne, der sich, I'm Ben from Australia, per Handschlag vorstellt, Hi, I'm nnier from next door, sagt man noch schnell und dann beginnt der erste Teil des Konzerts. Ich finde ja, in der Studio-Aufnahme klingt das zu clean, live war es sehr schön.
Wenn die Leute bitte mal der Leistung eines Künstlers in einem halben Meter Abstand mit dem entsprechenden Respekt begegnen: Man schmeißt natürlich mal eine Bierflasche auf dem Holzfußboden um, aber mitten in einem Lied einfach rauszugehen oder an einer leisen Stelle plötzlich rumzupalavern finde ich nicht so toll, da mache ich irgendwann nicht nur den Roadie, sondern den Kinski.

Diesmal konnte ich keine Live-Fotos machen, deshalb illustriere ich mit den Blätterteigteilchen, die ich mitbrachte und von denen alle das Rezept wollten. Aber ich behielt es für mich, ich kann ja schlecht den Musikern die Schau stehlen an so einem Abend! Außerdem musste ich mich auf meine Arbeit als Roadie konzentrieren.

Mir war das zu ruhig, sagte die eine noch in der Pause vor der Tür, dann bekam sie aber! Und zwar.
In so einem Wohnzimmer muss sich der Schlagzeuger mit den Blättern des Ficus Benjamini arrangieren und die Musiker checken nicht nur den Sound, sondern vor allem, wie sie sich mit einem Drittel des regulären Equipments positionieren können, ohne sich allzusehr ins Gehege zu kommen.
Das klappt erstaunlich gut, selbst das Brett mit den Effektpedalen findet noch irgendwie Platz, bloß beim ohnehin reduzierten Schlagzeug reicht es nur für die Snare oder die große Handtrommel.

Dann fetzen sie schön drauflos, Bass-Gitarre-Schlagzeug ist einfach eine tolle Besetzung, und zum Glück verfüge ich über jahrelange Roadie-Erfahrung.
Noch während nach den Stücken begeistert applaudiert wird nämlich reicht mir der Drummer die eine Trommel herüber, welche ich lässig vor mir abstelle, und bekommt von mir die andere im Tausch. Wir entwickeln bald Routine, verständigen uns mit sparsamen Gesten, eigentlich bin ich selber ja auch Musiker, jedenfalls im Herzen, und im Schlussapplaus kann ich mich nur mühsam zurückhalten, selber kurz aufzustehen und mich zu verbeugen.

Es wäre aber auch zu früh gewesen, denn natürlich werden Zugaben verlangt, und ganz zum Schluss kommt der ruhige Ben dazu und geht in einem grandiosen Jam komplett aus sich heraus. Das war super, und das wird auf den CDs nie rüberkommen.
--
http://www.myspace.com/ben.riddle
http://www.willeandthebandits.com/
--
(OK. Sie sind jetzt neugierig. Gut gefallen hat mir z.B. das folgende Stück - die kleine Holzbox, auf der da herumgeklöppelt wird, und der verfremdete Wah-Wah-Teil gegen Ende. Aber live war es noch viel besser, ehrlich!)

Solche CDs hört man ja doch nie an, das ist wie bei Wein- oder Whiskyproben: An dem Abend super, also kauft man begeistert eine Flasche dies und eine Kiste das. Später, zu Hause, ist es doch nur irgendein Getränk.
Oder fangen wir anders an: Wahrscheinlich gibt es mehr Musik als Wein, jedenfalls als Whisky, und ich bleibe ja doch bei denselben 10, 20 Alben, die ich höre, seit ich mit zwölf Jahren in meiner Entwicklung steckengeblieben bin. Die werden ja gar nicht erst weggeräumt, die rotieren im Abspielgerät, bis der Laserstrahl die Metallschicht irgendwann weggedampft hat.

Bloß dass es manchmal einfach nicht reicht, ein paar Euro in einen Hut zu schmeißen, ich meine: Auch wenn keiner herumgeizt, kommen bei so einem Wohnzimmerkonzert keine Reichtümer zusammen, da habe ich damals für eine Nacht als Roadie vermutlich mehr bekommen. Also lässt einen die momentane Freude über den gelungenen Abend generös die Scheinchen zücken, wenn die Begleitung sagt: Wollen wir nicht noch CDs kaufen.
Meinst du wirklich, hörst du die denn jemals an, will man erst noch sagen, vergisst es aber aber gleich wieder, denn man muss auch an die Freude und den Motivationsschub für die Künstler denken, die das mehr als verdient haben.

Inzwischen ist man ja daran gewöhnt, junge Angelsachsen vorm Haus zu treffen, diesmal ist es ein überaus höflicher Herr der ruhigeren Töne, der sich, I'm Ben from Australia, per Handschlag vorstellt, Hi, I'm nnier from next door, sagt man noch schnell und dann beginnt der erste Teil des Konzerts. Ich finde ja, in der Studio-Aufnahme klingt das zu clean, live war es sehr schön.
Wenn die Leute bitte mal der Leistung eines Künstlers in einem halben Meter Abstand mit dem entsprechenden Respekt begegnen: Man schmeißt natürlich mal eine Bierflasche auf dem Holzfußboden um, aber mitten in einem Lied einfach rauszugehen oder an einer leisen Stelle plötzlich rumzupalavern finde ich nicht so toll, da mache ich irgendwann nicht nur den Roadie, sondern den Kinski.

Diesmal konnte ich keine Live-Fotos machen, deshalb illustriere ich mit den Blätterteigteilchen, die ich mitbrachte und von denen alle das Rezept wollten. Aber ich behielt es für mich, ich kann ja schlecht den Musikern die Schau stehlen an so einem Abend! Außerdem musste ich mich auf meine Arbeit als Roadie konzentrieren.

Mir war das zu ruhig, sagte die eine noch in der Pause vor der Tür, dann bekam sie aber! Und zwar.
In so einem Wohnzimmer muss sich der Schlagzeuger mit den Blättern des Ficus Benjamini arrangieren und die Musiker checken nicht nur den Sound, sondern vor allem, wie sie sich mit einem Drittel des regulären Equipments positionieren können, ohne sich allzusehr ins Gehege zu kommen.
Das klappt erstaunlich gut, selbst das Brett mit den Effektpedalen findet noch irgendwie Platz, bloß beim ohnehin reduzierten Schlagzeug reicht es nur für die Snare oder die große Handtrommel.

Dann fetzen sie schön drauflos, Bass-Gitarre-Schlagzeug ist einfach eine tolle Besetzung, und zum Glück verfüge ich über jahrelange Roadie-Erfahrung.
Noch während nach den Stücken begeistert applaudiert wird nämlich reicht mir der Drummer die eine Trommel herüber, welche ich lässig vor mir abstelle, und bekommt von mir die andere im Tausch. Wir entwickeln bald Routine, verständigen uns mit sparsamen Gesten, eigentlich bin ich selber ja auch Musiker, jedenfalls im Herzen, und im Schlussapplaus kann ich mich nur mühsam zurückhalten, selber kurz aufzustehen und mich zu verbeugen.

Es wäre aber auch zu früh gewesen, denn natürlich werden Zugaben verlangt, und ganz zum Schluss kommt der ruhige Ben dazu und geht in einem grandiosen Jam komplett aus sich heraus. Das war super, und das wird auf den CDs nie rüberkommen.
--
http://www.myspace.com/ben.riddle
http://www.willeandthebandits.com/
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(OK. Sie sind jetzt neugierig. Gut gefallen hat mir z.B. das folgende Stück - die kleine Holzbox, auf der da herumgeklöppelt wird, und der verfremdete Wah-Wah-Teil gegen Ende. Aber live war es noch viel besser, ehrlich!)
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Eins ist mal wieder typisch: Erst ist es so - dann ist es wieder anders!
Als Kind merkte man recht schnell, wenn jemand aus südsprachlichen Gefilden wie Bayern oder Österreich kam. Völlig unabhängig von dem lustigen, gesprochenen Dialekt, den eh keiner vernünftig nachmachen konnte, gab es ein untrügliches Kennzeichen: Den Artikel vor dem Namen. Sagte man standarddeutsch: Da kommt Sabine, da hinten geht Herr Krause, ich soll dich von Onkel Richard grüßen, so hieß es ab einer gewissen Sprachgrenze: Da kommt die Sabine, da hinten geht der Herr Krause, ich soll dich vom Onkel Richard grüßen. Ich hatte ein Kinderbuch (ich meine, es war der Gurkenkönig von Christine Nöstlinger), in dem das nebenbei thematisiert wurde: Da schreibt der Erzähler, ein österreichischer Junge, über die Mutti und die Gabi, seine Schwester, die ihm dann regelmäßig sagt, dass das aber Dialekt sei.
Irgendwann hört man sich in so etwas rein, dann wird es umgekehrt komisch, dann fühlt es sich auf einmal falsch und nackt an, wenn man sagt: "Daniela hat mir erzählt" oder "Ich rufe Tante Waltraud an". Natürlich nicht im standarddeutschen Raum, das wäre ja peinlich und albern, wenn man plötzlich in einer norddeutschen Hansestadt anfinge, seinem Kind zu erzählen, dass man jetzt "zum" Joachim gehen werde. Und auch in der schönsten Kuhglockenumgebung vermeide ich es, die ganzen Regionalismen nachzuplappern (auch wenn ich meine stille Freude an ihnen habe). Es käme es mir andererseits jedoch seltsam vor, zu sagen, ich ginge jetzt "zu" Hansi ins Wirthaus, und ich ertappe mich dabei, dass ich wie selbstverständlich sage: Ich bin der nnier. Hoffentlich ist das nicht so eine Anbiederei, wie wenn jemand mal ein Wochenende in der Schweiz ist und gleich mit Grüezi anfängt!
Den Wolf Haas kannte ich noch nicht. Für einen kurzen Moment überfiel mich panische Angst, es könne am Ende dieser unerträgliche "Verstehen-Sie-Haas"-Schreiber von Spiegel Online sein, aber, puh, er ist es nicht. Und ich weiß auch schon nicht mehr, wie ich auf Das Wetter vor 15 Jahren aufmerksam wurde. Die kurze Inhaltsangabe jedenfalls klang interessant - dass jemand vor 15 Jahren als Jugendlicher zum letzten Mal in seinen österreichischen Urlaubsort gefahren ist und seither die dortigen Wetterdaten jedes Tages auswendig weiß. Dass es um eine unglückliche Ferienliebe geht, stand wahrscheinlich auch dabei, mein Interesse war geweckt, das Buch bestellt, doch es kam zu spät und ich musste ohne es in meinen österreichischen Urlaubsort fahren.
An mir war das tatsächlich vorbeigegangen. Zwar erinnere ich mich daran, dass jemand mir die Brenner-Kriminalromane sehr ans Herz gelegt hatte, die, wie ich jetzt kapiere, eben auch der Wolf Haas geschrieben hat - aber ich lese Krimis nur noch sehr gelegentlich, da bin ich inzwischen etwas wählerischer oder vielleicht hat sich auch nur mein Geschmack verändert. Vor15 25 sehr vielen Jahren als Jugendlicher am österreichischen Urlaubsort dagegen las ich meine erste Handvoll Jerry Cotton und war für die nächsten Jahre damit beschäftigt, hunderte von diesen Heften zu beschaffen und zu lesen.
Diesmal lagen keine Schundkrimis in der Hütte, und so blätterte ich abends mit meiner Stirnlampe in abgelegten Bildbänden wie "Traumstraßen Europas" und "Das waren die 80er Jahre", worin übrigens der Peter Scholl-Latour in kurzen Zwischenkapiteln vor sich hindräut wie eh und je. Bloß dass es lustig ist, wenn so ein Dekadenbuch rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft in den Läden liegen soll, Redaktionsschluss also vermutlich irgendwann im Sommer ist und dann während des Drucks weltgeschichtliche Umwälzungen stattfinden, die das aufwendige Werk schneller in den Ramsch befördern, als man "Makulatur" sagen kann.

Andererseits ist es eine interessante Erfahrung, noch mal die westdeutsche Perspektive von kurz davor einzunehmen: Man hätte ja wirklich nie gedacht!
Und doch war auf einmal alles anders. Genau wie jetzt wieder in Österreich! Da sagen plötzlich Leute zu einem: Ich bin Fritz. Und das ist Lisa.
Ich habe dann erst zu Hause das Buch vom Wolf Haas lesen können. Der erste Versuch endete nach ein paar Seiten damit, dass ich es genervt weglegte: Was sollte das denn? Dann aber, und das müssen Sie mir einfach glauben, musste ich mich innerlich nur ein wenig neu justieren. Ich fing noch mal von vorne an - und hatte so viel Freude wie seit langem an keinem Lesestück.
Als Kind merkte man recht schnell, wenn jemand aus südsprachlichen Gefilden wie Bayern oder Österreich kam. Völlig unabhängig von dem lustigen, gesprochenen Dialekt, den eh keiner vernünftig nachmachen konnte, gab es ein untrügliches Kennzeichen: Den Artikel vor dem Namen. Sagte man standarddeutsch: Da kommt Sabine, da hinten geht Herr Krause, ich soll dich von Onkel Richard grüßen, so hieß es ab einer gewissen Sprachgrenze: Da kommt die Sabine, da hinten geht der Herr Krause, ich soll dich vom Onkel Richard grüßen. Ich hatte ein Kinderbuch (ich meine, es war der Gurkenkönig von Christine Nöstlinger), in dem das nebenbei thematisiert wurde: Da schreibt der Erzähler, ein österreichischer Junge, über die Mutti und die Gabi, seine Schwester, die ihm dann regelmäßig sagt, dass das aber Dialekt sei.

Irgendwann hört man sich in so etwas rein, dann wird es umgekehrt komisch, dann fühlt es sich auf einmal falsch und nackt an, wenn man sagt: "Daniela hat mir erzählt" oder "Ich rufe Tante Waltraud an". Natürlich nicht im standarddeutschen Raum, das wäre ja peinlich und albern, wenn man plötzlich in einer norddeutschen Hansestadt anfinge, seinem Kind zu erzählen, dass man jetzt "zum" Joachim gehen werde. Und auch in der schönsten Kuhglockenumgebung vermeide ich es, die ganzen Regionalismen nachzuplappern (auch wenn ich meine stille Freude an ihnen habe). Es käme es mir andererseits jedoch seltsam vor, zu sagen, ich ginge jetzt "zu" Hansi ins Wirthaus, und ich ertappe mich dabei, dass ich wie selbstverständlich sage: Ich bin der nnier. Hoffentlich ist das nicht so eine Anbiederei, wie wenn jemand mal ein Wochenende in der Schweiz ist und gleich mit Grüezi anfängt!

Den Wolf Haas kannte ich noch nicht. Für einen kurzen Moment überfiel mich panische Angst, es könne am Ende dieser unerträgliche "Verstehen-Sie-Haas"-Schreiber von Spiegel Online sein, aber, puh, er ist es nicht. Und ich weiß auch schon nicht mehr, wie ich auf Das Wetter vor 15 Jahren aufmerksam wurde. Die kurze Inhaltsangabe jedenfalls klang interessant - dass jemand vor 15 Jahren als Jugendlicher zum letzten Mal in seinen österreichischen Urlaubsort gefahren ist und seither die dortigen Wetterdaten jedes Tages auswendig weiß. Dass es um eine unglückliche Ferienliebe geht, stand wahrscheinlich auch dabei, mein Interesse war geweckt, das Buch bestellt, doch es kam zu spät und ich musste ohne es in meinen österreichischen Urlaubsort fahren.

An mir war das tatsächlich vorbeigegangen. Zwar erinnere ich mich daran, dass jemand mir die Brenner-Kriminalromane sehr ans Herz gelegt hatte, die, wie ich jetzt kapiere, eben auch der Wolf Haas geschrieben hat - aber ich lese Krimis nur noch sehr gelegentlich, da bin ich inzwischen etwas wählerischer oder vielleicht hat sich auch nur mein Geschmack verändert. Vor
Diesmal lagen keine Schundkrimis in der Hütte, und so blätterte ich abends mit meiner Stirnlampe in abgelegten Bildbänden wie "Traumstraßen Europas" und "Das waren die 80er Jahre", worin übrigens der Peter Scholl-Latour in kurzen Zwischenkapiteln vor sich hindräut wie eh und je. Bloß dass es lustig ist, wenn so ein Dekadenbuch rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft in den Läden liegen soll, Redaktionsschluss also vermutlich irgendwann im Sommer ist und dann während des Drucks weltgeschichtliche Umwälzungen stattfinden, die das aufwendige Werk schneller in den Ramsch befördern, als man "Makulatur" sagen kann.

Andererseits ist es eine interessante Erfahrung, noch mal die westdeutsche Perspektive von kurz davor einzunehmen: Man hätte ja wirklich nie gedacht!
Und doch war auf einmal alles anders. Genau wie jetzt wieder in Österreich! Da sagen plötzlich Leute zu einem: Ich bin Fritz. Und das ist Lisa.
Ich habe dann erst zu Hause das Buch vom Wolf Haas lesen können. Der erste Versuch endete nach ein paar Seiten damit, dass ich es genervt weglegte: Was sollte das denn? Dann aber, und das müssen Sie mir einfach glauben, musste ich mich innerlich nur ein wenig neu justieren. Ich fing noch mal von vorne an - und hatte so viel Freude wie seit langem an keinem Lesestück.
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