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The opening vocal strains of "Eleanor Rigby" greet the listener at point-blank-range, the "ah"s aren't soothing, they're aching, and the sudden drop in the cellos after the first line sinks the heart along with it.Tim Riley: Tell Me Why. New York, 1988, S. 184.
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"Heimleiter Du / den das Spardiktat zwingt / die Reinigungskraft / schon um 5 30 Uhr..." "Ist gut, Herr Grass, hier ist Ihre Schnabeltasse." [Q, via]Dieser Twitterwitz ist handwerklich gut gemacht und bringt einiges, das an GG nerven kann, auf den Punkt. Da lasse ich die etwas billig altersdiskriminierende Schnabeltasse mal schön im Schrank.
Für denselben Witz braucht Volker Weidermann in der FAZ erheblich länger. Ich muss sagen, dass ich die Überzeile "Noch'n Gedicht" ganz lustig fand, als sie mir das erste Mal begegnete, denn aus der Kombination Heinz Erhard und Günter Grass kann ich mir durchaus zwei, drei innere Schmunzler basteln, ralla fidili!, bloß liegt dieser Witz so nahe, dass ihn inzwischen jeder gebracht hat, so dass ich bei Herrn Weidermann nicht mehr lachen musste. Dann las ich seinen Artikel und stolperte über den Gegensatz zwischen Teaser ("... das Satiremagazin 'Titanic' hätte die Persiflage eines Grass-Gedichts auch nicht besser hinbekommen") und Artikel ("Dem Satiremagazin 'Titanic' ist es gelungen, ein Gedicht unter dem Namen 'Günter Grass' im Feuilleton der 'Süddeutschen Zeitung' zu platzieren.")
Im Artikel selbst kotzt sich Weidermann dann in erwartbarer Weise über Grass und die Süddeutsche aus, walzt den Scherz in die Länge ("... dass die 'SZ' dieses besonders alberne und unglaubwürdig schlechte Gedicht unter der Überschrift 'Europas Schande' als echtes Grass-Gedicht in ihrer Samstagsausgabe publizieren würde ...") und in die Breite ("... und in aller Eile alles zusammengeschrieben, was Google zu den Suchbegriffen Griechen, Antike und Europa so hergibt, haben dann jeweils die Satzstellung leicht verschoben, die unsinnigsten Genitivkonstruktionen aneinandergereiht und fertig") und trägt so dick auf, dass es der Titanic mit Sicherheit peinlich wäre. (Nebenbei würde mich interessieren, ob die eigentlich gefragt wurden, wie sie es finden, wenn sich jemand so lustig gemein machen will: "Ich glaube, viel mehr wollte die 'Titanic' mit ihrer lustigen Aktion gar nicht zeigen. Und das ist ihr gelungen." Nein, es ist Herr Weidermann, der da etwas zeigen will und meint, dass ihm das gelungen sei.)
Vielleicht experimentiert man bei der FAZ gerade mit unterlaufenen Leseerwartungen, zumindest war ich bei diesem Stück über den sympathischen Radfahrer mit der hübschen Freundin auch ein wenig irritiert ob der verwendeten Zeitform - normalerweise werden solche neckischen Impressionen ja im Präsens verarbeitet, jede Spiegel-Reportage fängt so an, aber, nein: "In den Gärten der Nachbarn blühten die Rhododendren. Nur manchmal schlich ein Auto vorbei. Frank Hanebuth stand im Tor", als sei das alles lange her und nicht die Szenerie, in der der Journalist auf das Objekt seines Interesses trifft. Aber das nur am Rande, vielleicht wollen sie ja das versuchen, was schon bei der taz nie funktioniert hat, die Vermischung von Ressorts, Reportage und Persiflage.
Bei Twitter kräht jemand los, ha ha!, die Titanic wieder!, und alle krähen mit, der Spiegel hängt sich dran und spricht ganz nebenbei von "dürren Zeilen", die die Süddeutsche mal wieder abgedruckt habe, und wenn Weidermann behauptet: "Günter Grass wird es immer weiter treiben mit der Absurdität seiner Selbstgewissheit und das ist dann genauso lustig, wie wenn es die 'Titanic' schreibt" [Q], dann muss ich sagen: Nein, die Titanic ist lustiger, und ob aus dem Griechenland-Gedicht tatsächlich (nur) "absurde Selbstgewissheit" spricht, darüber bin ich mindestens so unsicher wie bei der Suche nach den "absurden Genitivkonstruktionen", über die sich Weidermann mit seiner Titanic-Sockenpuppe so amüsiert.
Lustig dann manche Kommentare zum FAZ-Artikel:
Verlässt man sich nur drauf, dass ein kunstvoll gedrechseltes, krampfhaft sinnbeladenes Geschwurbel nur von ihm sein könnte? Diese Geschichte bezeugt nach meinem Empfinden gleich mehreres: Nachlässige Quellenkontrolle beim SZ-Feuilleton und schlechte Qualität von Grass' Geschreibsel, welches offenbar ruckzuck imitiert werden kann. Sehr geil, Taitännick! Bravo!und
Es erfüllt mich mit großer Freude, dass die "Titanic" sich geoutet hat. Hatte ich doch für einen kleinen Augenblick die Befürchtung, dass Grass jetzt vollends den Verstand verloren hat.bzw.
Die gute Nachricht zuerst: niemand ist gezwungen, diese neuen merkwürdigen Gedichte von Grass zu lesenJa: Lachen wir mal alles weg, der alte Sack nervt, er nu wieder, und diese "Dichter" mit ihrem "Geschwurbel", ha! ha!, kann ich auch, einfach untereinanderschreiben.
Die schlechte: keiner kann's ihm verbieten....
Mich widert das nicht weniger an als ein selbstgewisser Starrkopf, der gerne moralische Noten verteilt.
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"Drive My Car" has the smooth bravado of a Jack Nicholson performance, grinning on the surface with wheels spinning like mad underneath.Tim Riley: Tell Me Why. New York, 1988, S. 156.
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nnier | 26. Mai 2012
Good Morning, Good Morning, and how do you do?
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Gesellschaften brauchen offenbar Seismografen für Verkrustungen.Es ist ganz interessant, das Gespräch mit di Lorenzo und Schirrmacher in der aktuellen "Zeit". Einmal geht es darum, dass es von Größe zeugt, mal etwas nicht zu machen, auch wenn es Aufmerksamkeit (bzw. Auflage) bringt, wie z.B. ein bestimmtes Gedicht von Günter Grass abzudrucken. Von der Titelseite schaut einen unterdessen Thilo Sarrazin an. Den hat wahrscheinlich das Leserbarometer dahingespült.
(Giovanni di Lorenzo)*
Odo Marquard hat das mal "Inkompetenzkompensationskompetenz" genannt.
(Frank Schirrmacher)*
"Sie haben neulich an einer Online-Umfrage zur Qualität der X-Zeitung teilgenommen." - "Nein." - "Spreche ich denn nicht mit Herrn nnier?" - "Doch." - "Ja, aber dann haben Sie neulich an unserer Umfrage im Internet teilgenommen." - "Ne-hein!" - "Aber Sie interessieren sich für die X-Zeitung!?" - "Ich will nicht drüber sprechen."
Die Post ist da. "Sehr geehrter Herr [Vorname], Ihre Entscheidung für die Xtra Card der Telekom ist eine gute Wahl!", steht in dem Brief. Darin liegt eine SIM-Karte ("Ihre Xtra Card"), die ich jetzt "einfach aktivieren" soll. Ich habe eine solche Entscheidung aber gar nicht getroffen, das würde ich jetzt gerne jemandem erzählen, doch eine Telefonnummer steht nicht in dem Anschreiben.
Ich wüsste zu gerne, ihr Schweinepriester von der Telekom, wie ihr dazu kommt, mir unaufgefordert eine SIM-Karte zuzuschicken. Wirklich! Ist das ein Massenmailing, läuft das über eine Datenbank, gehöre ich zur Zielgruppe der Naiven und Treudoofen, mit denen man's mal versuchen kann? Lohnt sich so eine Omabescheißerei, gibt es vielleicht genügend Leute, die den Überblick über ihre Handyverträge nicht haben und dann einfach mal eine neue SIM-Karte "aktivieren"? SPINNT IHR EIGENTLICH, HABT IHR KEINERLEI HEMMUNGEN MEHR, SEID IHR JETZT AUF DEM NIVEAU VON HEIZDECKENVERKÄUFERN AUF DER KAFFEEFAHRT ANGEKOMMEN?
Oh, Shit! Mein Verkrustungsseismograph schlägt aus.
Gut möglich, dass ich bestraft werde, denn ich habe gesündigt. Sie wissen das ja schon, dass Groupon ein ganz übler Laden ist, und ich hätte es mir sicher denken können, hatte aber bis vor kurzem meinen Blick mehr auf das absurde Geschäftsmodell gerichtet - und aus einer perversen Faszination heraus immer öfter hingeschaut und dann auch manchmal etwas bestellt.
Selbst schuld!, mögen Sie nun denken, das kann ja gar nicht anders sein, Wer billig kauft, kauft zweimal etc., danke, bitte, ich will hier auch kein Mitleid, ich will bloß, dass Sie noch rechtzeitig Ihre Aktien verkaufen, denn das kann einfach nicht mehr lange gutgehen. Ich habe ja neulich schon berichtet, dass hinter den Kulissen etwas nicht stimmt, wenn der Putzmann anruft und sagt: Tut mir leid, ich komme nicht, wir zahlen dabei noch drauf. Überlegen Sie mal: Das quält den Kunden und den Putzmann, während der Schweineladen die Verträge sicherlich so gestaltet hat, dass er sich am Putzmann schadlos halten kann, auch wenn der Kunde das Geld zurückbekommt. Trotzdem: Das ist Heuschrecke pur, das hinterlässt Schneisen der Verwüstung, das zeugt von hohem Verkaufsdruck und schlechter Beratung der Geschäftspartner, die offenbar gnadenlos ausgenommen werden, egal was morgen ist.
Wenn ich allerdings Versandprodukte gesehen habe, dachte ich bislang: So ein Putzmann, der schätzt das womöglich falsch ein, oder eine Friseurin, die plötzlich 300 ungeduldige Schnäppchenkunden da stehen hat, aber bitteschön: Versandartikel, das klappt schon.
Bei den Fotobüchern stimmte das auch - mehr oder weniger. Dann bestellte ich zwei Dingse. Das ist fast vier Monate her.
Ich bekomme keine Lieferung, ich bekomme vom Anbieter keinerlei Reaktion, ich bekomme von Groupon irgendwann folgende Antwort:
Selbstverständlich haben Sie auch die Möglichkeit vom Kauf des Gutscheins zurückzutreten. Da dieser jedoch bereits eingelöst wurde, benötigen wir von Ihnen hierzu eine Stornierungsbestätigung Ihrer Bestellung von unserem Kooperationspartner in Kopiewas total prima ist, da dieser sich wie gesagt totstellt, und werde auf erneute Nachfrage folgendermaßen abgekanzelt:
Aufgrund der großen Nachfrage kann der Vorgang bei 2Waction bedauerlicherweise längere Zeit in Anspruch nehmen. Leider haben wir keinen Einfluss darauf, wie viel Zeit dieser Vorgang in Anspruch nehmen kann.Ich will Sie nicht mit den kleinen Ärgernissen meines Alltags langweilen. Ich erzähle das, damit Sie wissen, worauf man sich einlässt: Einen Laden, der unseriöse oder schlicht überforderte Klitschen als "Kooperationspartner" anwirbt, von den Kunden vorab das Geld kassiert und sich dann darauf zurückzieht, "keinen Einfluss" darauf zu haben, ob und wann die Leistung erbracht wird. Und zwar systematisch. Das sollte man sich klarmachen.
Hallo!? Wo sind Sie? Ach - Sie wollen schnell noch Ihre Aktien verkaufen! Oh, keine Ursache. Danken Sie nicht mir. Danken Sie meiner Inkompetenzkompensationskompetenz.
--
*"Die Zeit" No. 22 vom 24.5.2012, Dossier Am Medienpranger, S. 15-17.
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Zuletzt habe ich gar nicht mehr darauf geachtet, ob das noch so ist, aber es gab eine Zeit, in der die Einkaufswagen Zug um Zug mit Werbeschildern aus Hartplastik versehen wurden. Oder, fangen wir anders an: Ich habe als Kind mal ein Brausestäbchen im Wert von 5 Pfennig entwendet, das war in einem Ladengeschäft, das über Mittag geschlossen hatte, und ich konnte aus privaten Gründen durch das Treppenhaus hinein und sah mich um und es war niemand da und alles war voller toller Sachen und ich war noch ganz klein und ich hatte ein starkes Unrechtsgefühl aber dann auch wieder nicht weil die mir ja manchmal auch eine Kleinigkeit geschenkt hatten und die würden mir so ein Brausestäbchen jetzt bestimmt auch schenken aber leider ist gerade keiner da also was solls he he. Lassen Sie sich gewarnt sein: Der Preis ist viel zu hoch. Noch heute peinigt mich die Vorstellung, ich wäre damals beobachtet worden, von außen durchs Schaufenster oder von jemandem, der mir im Treppenhaus leise gefolgt war. DA SCHAU HER, WEN HABEN WIR DENN DA, DEINE ELTERN WERDEN STOLZ AUF DICH SEIN, GERADE VON DIR HÄTTEN WIR DAS NICHT GEDACHT und dann wache ich schweißgebadet auf. Das andere Mal war so ein Plättchen, das man einer Playmobilfigur unter die Füße klemmte, damit sie besser stehen konnte. Eine Kindergartenfreundin hatte die Figur zum Geburtstag geschenkt bekommen, die gönnte ich ihr auch von Herzen, aber diese Platte, die fand ich so attraktiv, die fand ich so toll, die MUSSTE ich einfach haben, die nahm ich mit, auch dafür habe ich jahrelang gebüßt, denn obgleich ich annehmen konnte, dass sie diese Platte nicht sonderlich interessieren, dass sie ihr Fehlen womöglich nicht mal bemerken würde, war mir natürlich klar, dass ich mein antisoziales und schlimm vertrauenbrechendes Handeln damit nur schönredete. Bald kam sie zu Besuch und ich fühlte den Irrsinn aufsteigen wie bei Poe, wenn die Polizisten nichts gefunden haben und schon wieder gehen wollen, aber der Drang einfach übermächtig wird und man sie mit in den Keller schleift und stolz die massiven Wände zeigt und noch demonstrativ dagegenklopft, bis die Katze in der Wand heult, und dann sagt man: Lass uns doch mit Playmobil spielen, schau, hier, siehst du, ich spiele ja am liebsten mit dieser Stehplatte, und die ganze Zeit beobachtet man die Spielkameradin, ob sich da Spuren der Irritation zeigen, aber auch wenn da keine zu sehen sind, ganz im Gegenteil zu den Schweißperlen auf der eigenen Stirn, findet man doch nie wieder seinen Frieden, bleibt da immer ein nagender Zweifel, und das ist es, was die Opfer den Tätern immer voraushaben werden. Was wollte ich noch gleich erzählen.
Das mit dem Einkaufswagen! Aber zuerst vielleicht noch die Dosen. Sie müssen sich vorstellen, was so eine Cola- oder Fantadose bedeuten kann. Sie ist viel zu teuer. Es gibt einen Automaten in der Schule, da kostet die Dose 80 Pfennig. Die Dosen kommen eisgekühlt heraus. Wenn man sie sich nach einer durchgeschwitzten Fußballmittagspause im Hochsommer auf dem Weg zum Klassenraum an die Stirn hält, zischt es. Dann muss man sie wieder hergeben, denn der Besitzer will sie trinken. Er reißt den Verschluss ab, das Geräusch ist für die Götter, dann hört man dieses Gluck! Gluck! Gluck! Gluck! Gluck!, und wenn man fragt: Darf ich einen Schluck, sagen sie: Ich lass dir was drin, und dann bekommt man einen winzigen, abgestandenen, lauwarmen Rest. Ich spiele mit meinem Freund Fußball. Eine Frau kommt langsam an. Sie ist schon älter. Sie trägt in jeder Hand einen Stoffbeutel mit Äpfeln. Sie fragt: Könnt ihr mir die nach Hause tragen, ich schaffe das nicht. Wir zögern. Es ist ziemlich weit. Sie sagt: Ihr kriegt auch jeder eine Mark. Dann machen wir's. Hinterher schäme ich mich. Die Cola will nicht schmecken. Wir verabreden uns abends an der Schule zum Fußballspielen. Wir sind nur zu zweit. Der Ball fliegt ins Gebüsch. Beim Suchen finde ich ZWEI PALETTEN COLA-/FANTA-/SPRITE-/LIFT-BÜCHSEN. Mein Herz schlägt bis zum Hals. Ich hole meinen Freund. Wir diskutieren hektisch. Dann spielen wir zur Tarnung weiter Fußball. Hoffentlich wird es bald dunkel. Absichtlich schießen wir den Ball ins Gebüsch. Bestimmt werden wir beobachtet. Heimlich stellen wir die Paletten an den Rand, nahe an den Weg. Wir holen unsere Fahrräder. Ob Verbrecher ihr Lager in den Büschen haben? Jeder klemmt eine Palette auf seinen Gepäckträger, dann rasen wir weg, jeder für sich, zu Hause bringe ich die Dosen in den Keller und hole sie nachts hoch, schiebe sie ganz weit nach hinten, ganz unten im Jugendzimmerschrank, und manchmal, lange nach dem Zähneputzen, wenn ich es nicht aushalte, trinke ich so eine Dose, damit sie endlich weg ist, viel zu warm, aber in den Kühlschrank kann ich sie nicht stellen. Ich sage es lieber noch mal: Lassen Sie es. Das ist es nicht wert.
Die Einkaufswagen. Dazu muss ich Sie kurz in die nächtliche Parallelwelt der überladenen Kleintransporter einführen. Stellen Sie sich eine subunternehmerische Mischkalkulation aus den Bereichen Zeitungen, Zeitschriften, Medikamente, Fotoarbeiten vor, bei der Sie von Ihren Auftraggebern vollkommen abhängig sind, so dass Sie mit den geleasten Fahrzeugen die Schwankungen der Benzinpreise selber ausgleichen müssen, selber am meisten arbeiten, ein paar junge Halodris beschäftigen, die dauernd Unfälle bauen und denen Sie nicht allzuviel Geld zahlen können. Am Ende gehen Sie natürlich trotzdem in Konkurs, aber das tut jetzt nichts zur Sache. Manche von Ihren Mitarbeitern tauschen vielleicht ein paar Extra-Zeitungen beim Dorfbäcker gegen eine Tüte Brötchen. Manche behalten die eine oder andere Remittende ("Wird doch sowieso vernichtet") zurück. Einer aber erzählt ganz stolz: Ich lasse mir meine Fotos umsonst entwickeln. Und ich muss zugeben, dass mir sein ausgeklügeltes System Bewunderung abrang: Er holte sich leere, unbenutzte Fototaschen in einem bestimmten Supermarkt, befüllte sie mit seinen Filmpatronen, schrieb Phantasienamen und -adressen drauf und mischte sie unter die anderen, eingesammelten Tüten. Einige Tage darauf, wenn die entwickelten Fotoarbeiten ausgeliefert wurden, durchsuchte er diejenigen, die an diesen speziellen Supermarkt gingen: "Wie hieß ich noch gleich - ah, ja!", zog die Fototasche heraus und sah sich zufrieden seine Vergrößerungen an. Das perfekte Verbrechen!, dachte ich bewundernd.
Die Einkaufswagen. "Ich habe mir da nicht irgendeinen Laden ausgesucht", sprach er, "wenn der nämlich zu klein ist und kriegt nur zwei Tüten am Tag, dann fällt die Differenz sofort auf. Aber zu viele dürfen's auch nicht sein, sonst muss ich ewig mein Tütchen da raussuchen! Der X ist genau richtig, ob der 52 oder 53 Tüten kriegt, merkt keine Sau. Aber weißt du, was bei dem auch total gut ist?", fuhr er fort, "Die haben jetzt diese Kunststoffschilder an ihren Einkaufswagen. Von beiden Seiten. Und dazwischen ist so eine Lücke, einen guten halben Zentimeter dick. Rate mal, was da wie angegossen reinpasst: CDs! Das klappt perfekt. Ich weiß schon gar nicht mehr, welche ich noch mitnehmen soll."
Für mich war das nichts und ist das nichts. Ich höre immer noch das Brausestäbchen knacksen. Lachen muss ich trotzdem.
Das mit dem Einkaufswagen! Aber zuerst vielleicht noch die Dosen. Sie müssen sich vorstellen, was so eine Cola- oder Fantadose bedeuten kann. Sie ist viel zu teuer. Es gibt einen Automaten in der Schule, da kostet die Dose 80 Pfennig. Die Dosen kommen eisgekühlt heraus. Wenn man sie sich nach einer durchgeschwitzten Fußballmittagspause im Hochsommer auf dem Weg zum Klassenraum an die Stirn hält, zischt es. Dann muss man sie wieder hergeben, denn der Besitzer will sie trinken. Er reißt den Verschluss ab, das Geräusch ist für die Götter, dann hört man dieses Gluck! Gluck! Gluck! Gluck! Gluck!, und wenn man fragt: Darf ich einen Schluck, sagen sie: Ich lass dir was drin, und dann bekommt man einen winzigen, abgestandenen, lauwarmen Rest. Ich spiele mit meinem Freund Fußball. Eine Frau kommt langsam an. Sie ist schon älter. Sie trägt in jeder Hand einen Stoffbeutel mit Äpfeln. Sie fragt: Könnt ihr mir die nach Hause tragen, ich schaffe das nicht. Wir zögern. Es ist ziemlich weit. Sie sagt: Ihr kriegt auch jeder eine Mark. Dann machen wir's. Hinterher schäme ich mich. Die Cola will nicht schmecken. Wir verabreden uns abends an der Schule zum Fußballspielen. Wir sind nur zu zweit. Der Ball fliegt ins Gebüsch. Beim Suchen finde ich ZWEI PALETTEN COLA-/FANTA-/SPRITE-/LIFT-BÜCHSEN. Mein Herz schlägt bis zum Hals. Ich hole meinen Freund. Wir diskutieren hektisch. Dann spielen wir zur Tarnung weiter Fußball. Hoffentlich wird es bald dunkel. Absichtlich schießen wir den Ball ins Gebüsch. Bestimmt werden wir beobachtet. Heimlich stellen wir die Paletten an den Rand, nahe an den Weg. Wir holen unsere Fahrräder. Ob Verbrecher ihr Lager in den Büschen haben? Jeder klemmt eine Palette auf seinen Gepäckträger, dann rasen wir weg, jeder für sich, zu Hause bringe ich die Dosen in den Keller und hole sie nachts hoch, schiebe sie ganz weit nach hinten, ganz unten im Jugendzimmerschrank, und manchmal, lange nach dem Zähneputzen, wenn ich es nicht aushalte, trinke ich so eine Dose, damit sie endlich weg ist, viel zu warm, aber in den Kühlschrank kann ich sie nicht stellen. Ich sage es lieber noch mal: Lassen Sie es. Das ist es nicht wert.
Die Einkaufswagen. Dazu muss ich Sie kurz in die nächtliche Parallelwelt der überladenen Kleintransporter einführen. Stellen Sie sich eine subunternehmerische Mischkalkulation aus den Bereichen Zeitungen, Zeitschriften, Medikamente, Fotoarbeiten vor, bei der Sie von Ihren Auftraggebern vollkommen abhängig sind, so dass Sie mit den geleasten Fahrzeugen die Schwankungen der Benzinpreise selber ausgleichen müssen, selber am meisten arbeiten, ein paar junge Halodris beschäftigen, die dauernd Unfälle bauen und denen Sie nicht allzuviel Geld zahlen können. Am Ende gehen Sie natürlich trotzdem in Konkurs, aber das tut jetzt nichts zur Sache. Manche von Ihren Mitarbeitern tauschen vielleicht ein paar Extra-Zeitungen beim Dorfbäcker gegen eine Tüte Brötchen. Manche behalten die eine oder andere Remittende ("Wird doch sowieso vernichtet") zurück. Einer aber erzählt ganz stolz: Ich lasse mir meine Fotos umsonst entwickeln. Und ich muss zugeben, dass mir sein ausgeklügeltes System Bewunderung abrang: Er holte sich leere, unbenutzte Fototaschen in einem bestimmten Supermarkt, befüllte sie mit seinen Filmpatronen, schrieb Phantasienamen und -adressen drauf und mischte sie unter die anderen, eingesammelten Tüten. Einige Tage darauf, wenn die entwickelten Fotoarbeiten ausgeliefert wurden, durchsuchte er diejenigen, die an diesen speziellen Supermarkt gingen: "Wie hieß ich noch gleich - ah, ja!", zog die Fototasche heraus und sah sich zufrieden seine Vergrößerungen an. Das perfekte Verbrechen!, dachte ich bewundernd.
Die Einkaufswagen. "Ich habe mir da nicht irgendeinen Laden ausgesucht", sprach er, "wenn der nämlich zu klein ist und kriegt nur zwei Tüten am Tag, dann fällt die Differenz sofort auf. Aber zu viele dürfen's auch nicht sein, sonst muss ich ewig mein Tütchen da raussuchen! Der X ist genau richtig, ob der 52 oder 53 Tüten kriegt, merkt keine Sau. Aber weißt du, was bei dem auch total gut ist?", fuhr er fort, "Die haben jetzt diese Kunststoffschilder an ihren Einkaufswagen. Von beiden Seiten. Und dazwischen ist so eine Lücke, einen guten halben Zentimeter dick. Rate mal, was da wie angegossen reinpasst: CDs! Das klappt perfekt. Ich weiß schon gar nicht mehr, welche ich noch mitnehmen soll."
Für mich war das nichts und ist das nichts. Ich höre immer noch das Brausestäbchen knacksen. Lachen muss ich trotzdem.
Ein millionenschwerer Software-Manager zahlte womöglich für Spielzeug bewusst zu wenig: Eine US-Handelskette beschuldigt ihn, mit gefälschten Barcodes die Preise von Lego-Baukästen manipuliert zu haben. In seinem Haus fanden Ermittler Tausende davon. [Q]
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