Wir als verkümmerte Büromenschen müssen wieder sublimieren, da werden dann halt Praktikanten zur Sau gemacht oder Büroklammern mitgenommen, schlimm nur: Diese innere Kälte bleibt und bleibt, man denkt schon über elektrische Heizteppiche nach, ein weiteres Surrogat, Sauce Hollandaise aus Pulver, flachbrüstige MP3s, pixeliges Soziopathengeficke.
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Aber fangen wir vorne an, beim letztmaligen Besteigen der Leiter für dieses Jahr, beim Herumkraxeln auf dem Flachdach, beim Pflücken der verbliebenen Zwetschgen, nach denen man sich erstens ganz schön strecken muss und die zweitens zum größten Teil schon runzlig sind. Für ein Blech Kuchen soll's noch reichen, bitteschön, dafür gehen wir auch ganz nah an den Rand und ziehen die Zweige vom Nachbargrundstück herüber, hoppla, festhalten.
Schmuckstücke sind es nur noch wenige, ein paar suchen wir heraus und legen sie in eine Schale, wir nehmen dafür natürlich nur die Früchte mit Stiel, um Drosophila gegenüber gleich Flagge zu zeigen - bisher haben wir ja sorgfältig jede Zwetschge samt Stiel vom Baum gezupft, es mag ein Aberglaube sein, aber bei den Johannisbeeren soll man ja auch die gesamte Rispe abzwicken und nicht bloß die Beeren herunterstreifen, auf dass es auch im kommenden Jahr eine reiche Beerenernte gebe. Und schließlich ist so eine Zwetschge durch den Stiel gleichsam fest verschlossen, man zupft ihn erst direkt vor dem Verzehr heraus und hat keine unappetitlich matschige oder eben drosophilabevölkerte Stelle an der Frucht, die man, solchermaßen entkorkt, mit geübtem Fingerdruck aufplatzen lässt und entkernt.
Bei den heutigen Streckübungen auf dem Dach allerdings, es herrschte ja Endzeitstimmung, ging es nur noch um Masse, wenigstens ein Dreivierteleimer sollte doch noch zusammenkommen und auch direkt zu Kuchenbelag verarbeitet werden, und so griff ich mühsam nach den weit entfernten Früchten und riss sie irgendwie herunter, Stiel hin, Stiel her.
Den Eimer nicht ganz gefüllt hieß es also die Leiter hinabsteigen, routiniert die Früchte waschen, eine Zeitung ausbreiten und mit einem scharfen Messer das Steinobst öffnen, entkernen und je Hälfte mit dem zusätzlichen kleinen Längsschnitt versehen, der den ambitionierten Zwetschgenkuchenbäcker vom Husch-Husch-halbe-gehen-doch-auch-Halodri trennt.
Auch in der letzten Ladung dieses Jahres, und bitte glauben Sie mir: Auch im neuen Zeit-Magazin, diesem dicken Jubiläumsheft, das mit 40 verschiedenen Claudia-Schiffer-Titelbildern ankommen zu müssen glaubt, die langweiliger und überflüssiger nicht sein könnten, in dem aber die kleine Abbildung eines ganz großartigen frühen Titelbildes zu sehen ist, das von Tomi Ungerer gezeichnet wurde und das ich verrückterweise im Internet nicht finde, auch in diesem Heft steht irgendwo wieder "seit Beginn diesen Jahres", was für ein Unsinn, auch in der letzten Ladung Zwetschgen dieses Jahres jedenfalls fand sich buchstäblich und wortwörtlich kein einziger Wurm. Es irritert mich vor allem, weil ich in anderen Jahren schon ganze Eimer wegwerfen musste, eine Zwetschge nach der anderen war erst gepflückt und später dann hoffnungsfroh aufgeschnitten und auseinandergezogen worden, einmal war dann wirklich jede einzelne Frucht vom störenden Parasiten befallen, dieses Jahr hingegen nicht eine.
Das mit dem Mürbeteig muss ich nächstes Jahr noch weiter üben, ich mag ja das Rezept und das Ergebnis, man mischt das Mehl schon mit dem Zucker und dem Backpulver, dann schneidet man Butter in kleine Stückchen und bröselt diese hinein, gibt ein paar Eier und etwas Milch hinzu und soll alles zusammen kurz mit den Händen zu einem Teig verkneten. An dieser Stelle bin ich schon regelmäßig gescheitert, heute allerdings war es bisher am ärgsten: Ich stand ziemlich genau so da und bekam die Masse dann auf eher archaische Weise aufs Blech, wo ich sie auf ebenso archaische Weise auch nur leidlich in Form brachte.
Kaum zwei Stunden waren also vergangen, da war das belegte Blech in den Ofen geschoben und ich konnte mich mit diesem wirklich wunderschönen Quiz vergnügen, und auch Sie sollten meiner Meinung nach nicht darauf verzichten, diese vom Leitmayr Franz gelesenen akustischen Zuckerstücke gelegentlich in Ihren Sonntagskaffee plumpsen zu lassen. (Disclosure: Einer meiner ersten Kinofilme war dieser). Zwischendurch piepte die Uhr vom Ofen, der Kuchen war fertig, ich stellte das Piepen ab und ging meiner Wege. Die mich zum Glück eine Viertelstunde später noch einmal in die Küche führten.
Es war sehr, sehr knapp. Ich habe gerade probiert.
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[...] niggemeier könnte texte in fantasiesprache in die rinde einer eiche bei leipzig einritzen, seine stumpfen fans würden begeistert hinpilgern [...] das würde ja sogar noch im blog von mspro als unangenehm verschwurbelte metapher auffallen, der sein zusammengeklautes twitterbuch natürlich nicht kostenlos zum download anbietet, obwohl er doch so gegen das urheberrecht ist.Aber da wichsen bloß ein paar Durchblicker im Kreis, hauen sich meta-meta-selbstironisch auf die Schultern, brüllen "LOL!" und "Rant des Jahres!", und diese rumsende Viralbegleitung zum Buchflop riecht schon wieder so unangenehm, dass man besser mal die Musik einschaltet* [Update: **] und sich anderen Dingen zuwendet, dem Fußboden zum Beispiel, dem man, obwohl er wirklich nicht schlimm aussieht, zwischendurch doch mal eine kleine Wedelei mit dem Wischmopp gönnen kann, jetzt, wo man Zeit für sich hat und machen kann, was man will.
[Quelle]
Wussten Sie übrigens, dass die schwarzen Buchstaben auf den Seiten Ihrer Sommerlektüre am Badesee tausendmal heller strahlen als das weiße Papier, auf dem sie gedruckt sind, wenn Sie das Buch abends bei künstlichem Licht weiterlesen? Dass also Schwarz durchaus um ein Vielfaches heller sein kann als Weiß? Und zwar objektiv und physikalisch nachweisbar, nur wie das bei E-Books ist, kann ich jetzt nicht sagen, aber dafür kann man denen Fragen stellen, ja toll:
- Lieber Franz Kafka, ist die Sache mit dem Käfer irgendwie autobiographisch? LG nnierWie aber kommt es, fragt man sich, während man den Wischmopp auswringt und wieder eintaucht, dass Schwarz manchmal heller als Weiß ist und dabei doch so unzweifelhaft schwarz aussieht - dabei braucht man sich bloß mal daran zurückzuerinnern, wie es so war als einziger Normaler in einer Klasse voller Wunderkinder, oder waren Sie der einzige Normale unter lauter Vollcretins, na, Sie wissen jedenfalls, was ich meine: auch Schwarz ist nur relativ, und das Interessante daran ist, dass es solche Phänomene schon auf Wahrnehmungsebene gibt, da hat das Bewusstsein keine Chance, wenn die Synapse feuert. Angeblich haben grausame Wissenschaftler mal Katzenbabys in einer optisch reduzierten Welt aufwachsen lassen, in der es nur vertikale Strukturen zu sehen gab. Die kleinen Schnurrbartputzer liefen dann später gegen jeden Waagerechten Balken - sie haben die offenbar schlicht nicht gesehen. Diese Wissenschaftler beraten inzwischen RTL 2.
- @nnier: Nee, aber die mit dem #Proceß! Gibts übrigens bald auch als App mit ein paar Mega Features ;))
Schwarz ist also niemals absolut, überlegte ich, während ich den Wischer erneut in den Eimer tunkte, und auch im dunkelsten Keller findet sich ja stets das eine oder andere Photon, wenn man nur lange genug wartet und seine Wahrnehmung adaptiert. Dann schüttete ich das Wischwasser in die Toilette.
Ich hatte mich geirrt.
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** Huch! "Als attackierend gemeldete Website!", sagt mein Browser plötzlich beim Klick auf den ursprünglichen MP3-Link. Ich glaube zwar, dass das mit dieser Datei nichts zu tun hat, aber da ich nicht viral tätig werden möchte, geht's nun doch zur großen Plattform.
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Doch, gut, wirklich! Prima! Und auch mal erholsam, für beide. Man kann dann auch einfach mal abschalten, ganz für sich sein, oder wie früher die Puppen tanzen lassen. Was kost' die Welt, eh! Gestern z.B. war's nach 23h - gut, das geht dann auch nicht jeden Tag, aber war mal eine Abwechslung. Wer weiß, vielleicht gehe ich sogar mal ins Kino!
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Kurz darauf saß ich mit meiner Oma am Tisch, sie hatte eine Zeitschrift aufgeschlagen. "Was sieht man da", "Was macht der Mann", so wurde ich befragt, "Ein großes Haus", "Der gräbt ein Loch", antwortete ich, und es wurde weitergeblättert zu einer ganzseitigen Vierfarbanzeige, in der man, vielleicht hatte Frau Sommer persönlich eingedeckt, Menschen an einer festlichen Kaffeetafel sitzen sah. "Was machen die da", lautete die Frage, und das wusste ich nun ganz genau: "Die arbeiten!"
Zwar ging ich, besonders am Anfang, gerne zur Schule, dennoch hielt ich die Zeit der Schulpflicht lediglich für eine wenn auch lang dauernde, irgendwann aber definitiv endende Unterbrechung des paradiesischen Urzustands. Mit zunehmender Irritation lauschte ich deshalb in der achten oder neunten Klasse den Antworten meiner Mitschüler auf die Frage, was sie denn "nach der Schule" zu tun gedächten. Diese Ausbildung, jenes Studium, gab es da zu hören, und als die Reihe an mir war, sprach ich: "Na, erst mal gar nichts, erst mal in Ruhe gar nichts!"
Zum Glück kam dann erst mal der Zivildienst.
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* Ausgereift und gut abgehangen, blättern Sie zurück!