Mumien, Analphabeten, Diebe.
Du hast's gut, du hast dein Leben noch vor dir.
Schweiz auf Warß
nnier | 15. Oktober 2010 | Topic Gelesn
Für einen kurzen Moment überlegte ich, ob Sascha Lobo etwa doch ganz unterhaltsam schreiben kann und begann mich zu fragen, warum er das in seinem Buch nicht getan hat:
[...] niggemeier könnte texte in fantasiesprache in die rinde einer eiche bei leipzig einritzen, seine stumpfen fans würden begeistert hinpilgern [...] das würde ja sogar noch im blog von mspro als unangenehm verschwurbelte metapher auffallen, der sein zusammengeklautes twitterbuch natürlich nicht kostenlos zum download anbietet, obwohl er doch so gegen das urheberrecht ist.
[Quelle]
Aber da wichsen bloß ein paar Durchblicker im Kreis, hauen sich meta-meta-selbstironisch auf die Schultern, brüllen "LOL!" und "Rant des Jahres!", und diese rumsende Viralbegleitung zum Buchflop riecht schon wieder so unangenehm, dass man besser mal die Musik einschaltet* [Update: **] und sich anderen Dingen zuwendet, dem Fußboden zum Beispiel, dem man, obwohl er wirklich nicht schlimm aussieht, zwischendurch doch mal eine kleine Wedelei mit dem Wischmopp gönnen kann, jetzt, wo man Zeit für sich hat und machen kann, was man will.

Wussten Sie übrigens, dass die schwarzen Buchstaben auf den Seiten Ihrer Sommerlektüre am Badesee tausendmal heller strahlen als das weiße Papier, auf dem sie gedruckt sind, wenn Sie das Buch abends bei künstlichem Licht weiterlesen? Dass also Schwarz durchaus um ein Vielfaches heller sein kann als Weiß? Und zwar objektiv und physikalisch nachweisbar, nur wie das bei E-Books ist, kann ich jetzt nicht sagen, aber dafür kann man denen Fragen stellen, ja toll:
- Lieber Franz Kafka, ist die Sache mit dem Käfer irgendwie autobiographisch? LG nnier
- @nnier: Nee, aber die mit dem #Proceß! Gibts übrigens bald auch als App mit ein paar Mega Features ;))
Wie aber kommt es, fragt man sich, während man den Wischmopp auswringt und wieder eintaucht, dass Schwarz manchmal heller als Weiß ist und dabei doch so unzweifelhaft schwarz aussieht - dabei braucht man sich bloß mal daran zurückzuerinnern, wie es so war als einziger Normaler in einer Klasse voller Wunderkinder, oder waren Sie der einzige Normale unter lauter Vollcretins, na, Sie wissen jedenfalls, was ich meine: auch Schwarz ist nur relativ, und das Interessante daran ist, dass es solche Phänomene schon auf Wahrnehmungsebene gibt, da hat das Bewusstsein keine Chance, wenn die Synapse feuert. Angeblich haben grausame Wissenschaftler mal Katzenbabys in einer optisch reduzierten Welt aufwachsen lassen, in der es nur vertikale Strukturen zu sehen gab. Die kleinen Schnurrbartputzer liefen dann später gegen jeden Waagerechten Balken - sie haben die offenbar schlicht nicht gesehen. Diese Wissenschaftler beraten inzwischen RTL 2.

Schwarz ist also niemals absolut, überlegte ich, während ich den Wischer erneut in den Eimer tunkte, und auch im dunkelsten Keller findet sich ja stets das eine oder andere Photon, wenn man nur lange genug wartet und seine Wahrnehmung adaptiert. Dann schüttete ich das Wischwasser in die Toilette.

Ich hatte mich geirrt.

--
*Scheint ein legaler, kostenfreier Download zu sein, also runter damit!
** Huch! "Als attackierend gemeldete Website!", sagt mein Browser plötzlich beim Klick auf den ursprünglichen MP3-Link. Ich glaube zwar, dass das mit dieser Datei nichts zu tun hat, aber da ich nicht viral tätig werden möchte, geht's nun doch zur großen Plattform.

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lukeman, Freitag, 15. Oktober 2010, 17:21
Also das mit den Farben, das ist wahrlich ein Fass ohne Boden, und ich habe die Faszination für dieses Thema in der Philosophie (Russell!!) nie nachvollziehen können.

So sehr es mich stört, und so sehr das Ganze auch Marketing-Krams ist: Das ist wirklich ein unterhaltsamer Text von Sascha Lobo, dem ich auch inhaltlich einiges abgewinnen kann. Trotz einiger Lobo-Lächerlichkeiten, die einen dann doch wieder abstoßen.

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nnier, Samstag, 16. Oktober 2010, 11:37
Von Philosophenseite wird das auch behandelt, ja, und auch Goethe hatte da seine (wohl wenig überzeugende) Farbenlehre - über beides weiß ich kaum etwas. Interessant allerdings finde ich das Thema durchaus - einerseits der enormen Adaptationsfähigkeit unserer Wahrnehmung wegen, denn wir sehen im Sonnenlicht wie bei Kerzenschein nun mal Schwarz auf Weiß und nicht etwa Weiß auf Superweiß bzw. Dunkelschwarz auf Schwarz, wie es physikalisch nun mal zutreffender heißen müsste. Und dass aus Rot und Grün Gelb wird. Und immer, wenn ich gefragt werden, warum Silber und Gold angeblich keine Farben sein sollen, denke ich, dass ich doch mal ein wenig mehr darüber lesen sollte.

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dings, Samstag, 16. Oktober 2010, 20:40
Kehlmann lässt seinen Gauß bei einem Theaterbesuch den Verfasser der Farbenlehre einerseits ganz richtig einen "Esel" nennen.
Andererseits wird dieses "authentische", street-credibility verbürgende ad-hominem-Rumpubertieren (in Kultur und Internet (Nachtrag)) immer mehr zum Standard. Rumposen statt Argumentieren. Ist halt auch ein Zweck.

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mark793, Freitag, 15. Oktober 2010, 18:15
Ja, Ringelwichs mit Anfassen, mehr ist halt doch nicht dahinter. Aber ich gestehe, dass ich mir beim Lesen von Lobos Lästerarie ein paar Schmunzler nicht verkneifen konnte.

Mir ist diese Clique, wenn sie versucht, Spaß zu machen, dann doch lieber als wenn sie versucht, ernst und bedeutungsschwer (um nicht zu sagen: neo-nietzscheanisch oder post-post-baudrillardesk) dahertönt. Zum radikalen Recht des Anderen und der angeblich krebsheilenden Wirkung von irrelevantem Datenjunk wollte ich bei Gelegenheit noch was schreiben, aber ich komme aufgrund anderer Verpflichtungen grad zu nichts. Ist vielleicht auch besser so...

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lukeman, Freitag, 15. Oktober 2010, 19:22
Komme auch gerade zu nix trotz langer Themenliste - ob's besser ist?

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nnier, Samstag, 16. Oktober 2010, 11:09
Auch wenn mir die Hälfte der genannten Namen nichts sagt, schmunzeln musste ich an Stellen wie den oben zitierten auch, und das ließ gegen Ende des Textes nach, als mir klar wurde, dass es sich um eine Inszenierung handelt. Immerhin, es war ein gewisser Schreibschwung erkennbar, den ich in den langen Buchleseproben und anderswo eben komplett vermisst habe - wir hatten das Thema ja neulich.

Man kann das nun so sehen oder anders - außerhalb dieses speziellen Teils der "Blogosphäre" kommt davon vermutlich ohnehin nichts an, weswegen ich darin auch weniger eine Buch-Promo-Nummer sehe als ein generelles Lebenszeichen, der Bully auf dem Schulhof also mal eben alle anrempelt, die lieber zu seiner Clique gehören wollen und deshalb auch ganz schnell "LOL!" rufen.

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