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Bestattungen / FuhrunternehmenIch bin mir der Gefahr durchaus bewusst, einen Riss im Raum-Zeit-Kontinuum zu verursachen. Das Licht von der Sonne braucht, so meine ich, immerhin acht Minuten, bis es die Erde erreicht hat. Die ja nicht, so wie Sie sich das vorstellen, schön gleichmäßig eingereiht nach Merkur und Venus, vor Mars und Jupiter sowie den noch entfernteren Mitgliedern der hiesigen Planetengemeinde um das Zentralgestirn kreist, jedes Planetchen schön brav etwas weiter weg als das vorige, der eine mal etwas kleiner und der andere mal etwas größer - nein, da liegen Sie leider völlig falsch. Was mir mal die Augen öffnete, war folgender Vergleich: Wäre die Sonne eine Orange, dann wäre unser Heimatplanet eine Erbse, die sich um die lebensspendende Zitrusfrucht dreht - in elf Metern Abstand. Und nach außen wachsen die Abstände noch drastischer! Leider fehlen mir als derzeit von Internet und Literatur (Ausnahme: Die aktuelle HörZu) abgeschnittener Mensch jegliche Recherchemöglichkeiten, deshalb nageln Sie mich bitte nicht fest. Aber ungefähr ist es so, dass schon die Gasriesen sehr weit entfernt sind, und dann ist es noch mal ein echter Fußmarsch bis zum Uranus – dann denkt man so, puh!, jetzt bin ich zum Glück fast da, ich habe immerhin schon acht von den neun Planeten erwandert, doch da täuschen Sie sich mal besser nicht! Von dort bis zum Pluto läuft man sich echt noch mal die Sohlen ab. Wenn Sie ihn überhaupt antreffen. Denn er ist ja im Verhältnis kleiner als eine Fruchtfliege (Drosophila Melanogaster, das Lieblingstier der Genetiker) – und vor allem: Wer sagt denn, dass die alle schön auf einer Linie liegen? Sie beschreiben auf ihrer Reise ja elliptische Bahnen, in deren Zentrum die Apfelsine pulst! Und da kann es schon mal vorkommen, wenn du bspw. in Richtung Alpha Centauri loswanderst, dass du den einen auch in dieser Richtung antriffst, und der andere aber so: Nee, ich bin gerade genau auf der anderen Seite - komm doch in 4000 Jahren noch mal vorbei.
(Werbeschild, das ich leider nicht fotografieren konnte)
Acht Minuten also, so alt ist das Sonnenlicht, wenn wir es sehen, und wenn dann mal was ist, kann man sagen: Ein irrer Effekt, diese Eruption da oben, Wahnsinn! Schade nur, dass das nicht live ist, das macht es irgendwie ... unauthentisch. So wie damals, als die Griechen Europameister wurden. Da ging das nämlich los mit dem DVBT, und während ich die Flanke noch in Richtung Strafraum segeln sah, brüllten sie bei Mykonos schon wie die Wahnsinnigen. Ich gönnte das den Hellenen ja von Herzen, denn auch wenn ich schon lange kein Bifteki mehr gegessen habe, lecker ist es doch, und den Weißkrautsalat können sie einfach wirklich gut, und wir grüßen uns immer freundlich, zudem fand ich es einfach schön, dass Otto Rehhagel, nachdem er schon mit Kaiserslautern im ersten Saisonspiel (als Aufsteiger! Auswärts!) bei den Bayern, die ihn zuvor geschasst hatten, gewonnen hatte und dann (als Aufsteiger!) Meister geworden war, nun auch noch mit den Griechen die Europameisterschaft holen sollte mit seiner antiquierten Spielweise, und mit seinen Allüren muss man da einfach leben – nur, dachte ich, was jubelt ihr denn, der ist doch noch gar nicht drin!
An diesem Tag begriff ich, wie fragmentiert die Welt ist, und dass jeder in seiner eigenen Realität lebt. Denn während mein DVBT-Receiver noch die Signale des MPEG-Streams entschlüsselte*, konnten die Griechen bereits den Siegtreffer des heute erfolglos beim 1. FC Nürnberg kickenden und damaligen Werder-Spielers Angelos Charisteas bejubeln. Noch krasser ist das natürlich für die Marsbewohner, wenn die total aufgeregt ankommen: "Ey, wisst ihr was?? Die Sonne ist gerade explodiert!" Und wir dann so: "Gähn, das wissen wir längst! Aber erzähl’s denen vom Jupiter, denen verkaufen wir übrigens auch immer unsere alten Zeitungen."
Ich muss sagen, dass man an den Hanseaten in der Hansestadt durchaus mögen kann, dass die so hanseatisch-zurückhaltend sind. In München z.B., oder Dortmund, Gelsenkirchen, Köln, da wäre so etwas doch gar nicht denkbar. In Bremen dagegen: kein Problem. Thomas Schaaf hat nach der Meisterschaft von 2004 erst mal mit der Korbballmannschaft seiner Tochter Korbball gespielt, Eltern gegen Korbballerinnen, und niemand hat hysterisch gekreischt. Ich saß an dem Tag im Bürgerpark, da lief Klaus Allofs spazieren und wurde auch nicht belästigt. Eine Zeitlang konnte man Andreas Herzog und andere Werderspieler mittags in einem ganz normalen Restaurant antreffen, wo sie genauso in Ruhe gelassen wurden wie Herr Rehhagel, der dort gerne die Zeitung las. Später, in München, half ihm nicht mal mehr das falsche Klingelschild ("Rubens") gegen die investigativen Klatschreporter. In Bremen hingegen, als er mal an einer Tankstelle neben der Waschanlage stand und auf seinen Sportwagen wartete, der dort gerade gereinigt wurde, hätte ihm fast mal jemand seinen Autoschlüssel in die Hand gedrückt mit den Worten: "Einmal das volle Programm, Meister, und bitte mit 1-A-Felgenreinigung!" Ich habe mich dann aber doch nicht getraut.
Das mit dem Riss im Raum-Zeit-usw. wollte ich ja noch erklären. Es handelt sich um folgendes. Was Sie jetzt lesen, werde ich längst geschrieben haben. Anders gesagt: Was ich "jetzt" schreibe, findet für Sie erst in der Zukunft statt – die Sie aber subjektiv als "Gegenwart" erleben. Erleben werden.
Ich kann mir vorstellen, dass das auf sie befremdlich wirkt. Wirken wird. Lassen Sie es mich ganz einfach ausdrücken: Neben mir steht ein Funkwecker, gesteuert durch das Signal der atomphysiologischen Quartzgesellschaft in Braunschweig, deren absolut zuverlässiges Signal maximal 1 Sekunde auf 1 mio. Jahre von der wirklichen** Zeit abweicht. Gut, höre ich Sie sagen (werde ich Sie sagen hören), das läppert sich auch irgendwann, aber darum geht es jetzt gar nicht. Soll ich Ihnen sagen, was der gerade anzeigt:
Dienstag, 29. September 2009, 22:01:43
. Und nun schauen Sie mal auf das Veröffentlichungsdatum dieses Beitrags.
--
*Was für ein entsetzlicher Satz.
**Hö hö.
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Hö. Hö. Da fährt man extra in einen Vulkankrater. Und dann vergisst man die Digitalkamera. Hö. Hö.
Hö. Hö. Da nimmt man extra den Laptop mit, um in Ruhe bloggen zu können. Und dann ist das WLAN "gerade kaputt." Hö. Hö.
Hö. Hö. Da fragt man, wie das eigentlich ist. Da sagen sie: Das kostet 7,95 EUR. Pro Tag. Aber funktioniert sowieso gerade nicht. Hö. Hö.
Hö. Hö. Dann gehe ich eben was essen. Hier wollen auch noch andere an den Lobbycomputer. Hö. Hö.
Hö. Hö. Kann sein, Sie hören erst mal nichts mehr von mir. Die in der Schlange hinter mir gucken schon so komisch. Hö. Hö.
Hö. Hö. Da nimmt man extra den Laptop mit, um in Ruhe bloggen zu können. Und dann ist das WLAN "gerade kaputt." Hö. Hö.
Hö. Hö. Da fragt man, wie das eigentlich ist. Da sagen sie: Das kostet 7,95 EUR. Pro Tag. Aber funktioniert sowieso gerade nicht. Hö. Hö.
Hö. Hö. Dann gehe ich eben was essen. Hier wollen auch noch andere an den Lobbycomputer. Hö. Hö.
Hö. Hö. Kann sein, Sie hören erst mal nichts mehr von mir. Die in der Schlange hinter mir gucken schon so komisch. Hö. Hö.
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Jonas? Jonas! Meine Batterie ist alle!Wie die das mit den Elektroautos hinkriegen wollen, ist mir ja schleierhaft, denn erfahrungsgemäß muss man nach anderthalb Jahren, wenn der alte hinüber ist, für einen Ersatzakku mehr hinlegen, als das Altgerät zu dem Zeitpunkt noch wert ist. Darauf kann sich die Autoindustrie schon freuen: "Ach, das lohnt sich nicht mehr, da nehme ich gleich ein neues Auto."
(Frank Zander, Der Ur-Ur-Enkel von Frankenstein)
Es ist ein Elend mit den schlappmachenden Akkus. Nicht nur er hier hat mich viel zu früh im Stich gelassen. Besonders ärgerlich aber ist das Thema, wenn es um Laptops geht.
Man weiß ja inzwischen, wie schädlich das andauernde Aufladen für den Akku ist, der Normalzustand also, den man täglich überall sieht: Laptop ständig am Stromnetz, Akku 100% voll. Man hat ja gelesen, dass ein Akku am besten mit 70% Ladestand im Kühlschrank aufbewahrt wird. Dann hält er länger. Und riecht nach Leberwurst. Aber was nützt er einem noch?
Innerhalb weniger Monate lässt sich bei jedem neuen Laptop wieder verfolgen, was geschieht: Am Anfang hält der Akku knapp zwei Stunden, etwas später freut man sich, wenn es noch eine halbe ist, und irgendwann reicht die Leistung nicht mal mehr aus, um den eingeschalteten Rechner von einer Steckdose in eine andere umzustöpseln. Und was mache ich also? Ich baue tatsächlich den Akku aus. (Im Kühlschrank liegt er nicht, aber im Regal.)
Was nun kommt, ahnen Sie bereits: Oh! Hoppla! Das war der Stecker! Der kleine, runde, der so leicht aus dem Laptopgehäuse flutscht! Und die Meldung, dass das Betriebssystem "beim letzten Mal nicht ordnungsgemäß heruntergefahren" wurde, kennt man bald besser als den normalen Startbildschirm.
Laptophersteller! Seid ihr so blöd, oder tut ihr nur so!? Mit zwei absoluten Kleinigkeiten wäre dem gemeinen Nutzer besser gedient als mit allen bescheuerten Fingerabdrucksensoren der Welt:
1) Ein Schalter, der den Akku elektrisch vom Rechner trennt. So, als wäre er ausgebaut, aber man hat ihn gar nicht ausgebaut, gelle? Dann muss der nämlich gar nicht immer geladen werden! Dann ist er aber da, wenn man ihn mal braucht! Und liegt nicht im Kühlschrank! Und riecht nicht nach Leberwurst!
2) Und solange ihr euch noch staunend am Kopf kratzt, gleich noch was: Die Buchse für den Netztstrom, die muss gar nicht so flutschen wie ein gecremtes Zäpfchen! Man benutzt den Laptop nämlich manchmal mobil! Ja! Das kann man! Und dann ist das blöd, wenn der Stecker sofort herausgezogen wird, nur weil man den Rechner mal bewegt! Da kann man doch eine kleine Arretierung bauen, hm? Oder g**gelt wenigstens mal nach "Klinkenstecker", weil nämlich, bei den ganzen tragbaren Musikabspielgeräten, da flutscht auch nicht einfach so der Kopfhörerstecker raus!
Aber da kann man ja genausogut das Fenster aufmachen und rufen: "Das Wetter soll besser werden!"
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Es geht um nicht weniger als die Zukunft unseres Landes. Mit der Erststimme wählen Sie irgendwas. Mit der Zweitstimme auch. Und am Ende entscheidet sich, ob Angela Merkel Bundestrainerin bleibt.
Darüber wird jetzt im TV natürlich heiß diskutiert! Leider habe ich es verpasst. Aber das macht nichts, denn dafür gibt es Zeitungen.
Wie steht es eigentlich um Ihre politische Bildung? Von wem stammen die folgenden Aussagen?
1) "Ich glaube, dass vielleicht es uns nicht ganz gelungen ist, deutlich zu machen, dass die große Koalition, die ja eine leider mögliche Alternative ist zu Schwarz-Gelb, ein hohes Maß an Unsicherheit bietet, denn eine Koalition würde mit Sicherheit bei weitem nicht so stabil und bei weitem nicht zuende geführt werden."
a) Berti Vogts
b) Uli Hoeness
c) Peer Steinbrück
d) Edmund Stoiber
2) Aber wichtiger sei doch, dass die Wirtschaft wieder funktioniere. Auch wegen des kleinen Mannes, damit der "was zu essen" habe.
a) Berti Vogts
b) Uli Hoeness
c) Peer Steinbrück
d) Edmund Stoiber
3) Wer "gerierte sich fortan als personifizierte Geißel gieriger Manager: Bei diesen Boni gehe ihm 'in der Tasche das Messer auf."
a) Berti Vogts
b) Uli Hoeness
c) Peer Steinbrück
d) Edmund Stoiber
4) Er zahle auch gerne fünf Prozent mehr, aber deshalb gehe es "dem kleinen Mann kein Stück besser."
a) Berti Vogts
b) Uli Hoeness
c) Peer Steinbrück
d) Edmund Stoiber
5) Millionäre könnten das zwar wirtschaftlich tragen: "Aber wie kommen Sie darauf, dass sie das emotional und moralisch tragen können respektive tragen wollen?"
a) Berti Vogts
b) Uli Hoeness
c) Boris Becker
d) Michael Stich
[Auflösung heute abend]
Darüber wird jetzt im TV natürlich heiß diskutiert! Leider habe ich es verpasst. Aber das macht nichts, denn dafür gibt es Zeitungen.
Wie steht es eigentlich um Ihre politische Bildung? Von wem stammen die folgenden Aussagen?
1) "Ich glaube, dass vielleicht es uns nicht ganz gelungen ist, deutlich zu machen, dass die große Koalition, die ja eine leider mögliche Alternative ist zu Schwarz-Gelb, ein hohes Maß an Unsicherheit bietet, denn eine Koalition würde mit Sicherheit bei weitem nicht so stabil und bei weitem nicht zuende geführt werden."
a) Berti Vogts
b) Uli Hoeness
c) Peer Steinbrück
d) Edmund Stoiber
2) Aber wichtiger sei doch, dass die Wirtschaft wieder funktioniere. Auch wegen des kleinen Mannes, damit der "was zu essen" habe.
a) Berti Vogts
b) Uli Hoeness
c) Peer Steinbrück
d) Edmund Stoiber
3) Wer "gerierte sich fortan als personifizierte Geißel gieriger Manager: Bei diesen Boni gehe ihm 'in der Tasche das Messer auf."
a) Berti Vogts
b) Uli Hoeness
c) Peer Steinbrück
d) Edmund Stoiber
4) Er zahle auch gerne fünf Prozent mehr, aber deshalb gehe es "dem kleinen Mann kein Stück besser."
a) Berti Vogts
b) Uli Hoeness
c) Peer Steinbrück
d) Edmund Stoiber
5) Millionäre könnten das zwar wirtschaftlich tragen: "Aber wie kommen Sie darauf, dass sie das emotional und moralisch tragen können respektive tragen wollen?"
a) Berti Vogts
b) Uli Hoeness
c) Boris Becker
d) Michael Stich
[Auflösung heute abend]
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There you go, Gesundheitssystem.
Beim Dienstantritt wurde mir sehr vehement vorgeschrieben, zu welchem Arzt ich zu gehen hätte, um die obligatorische Erstuntersuchung vornehmen zu lassen. Auch für eventuell folgende Krankheitsfälle sei dieser Arzt der vorgeschriebene erste Ansprechpartner, der einen nur bei Bedarf zu einem Spezialisten überweisen werde. Dies erschien mir nicht ganz rechtens, da ich schon damals ein Freund der freien Arztwahl war und auch seit Jahren zu einem anderen Hausarzt ging, doch wollte ich nicht schon zu Dienstbeginn den Querulanten geben und fügte mich, denn, so meinte ich, die Erstuntersuchung sei ja vermutlich eine reine Formalität. So fuhr ich also eines Tages relativ weit aus der Stadt heraus in jenes Dorf, welches die Praxis des Vertrauensarztes meines Dienstherrn beherbergte, und da sich die Fahrt dahinzog, machte ich mir ein paar Gedanken.
Den Vertrauensarzt stellte ich mir etwa von jenem Typus vor, der im Kreiswehrersatzamt einige Monate zuvor die Musterung vorgenommen hatte: "Stellen Sie sich nicht so an", "Was heißt hier: Ich hab's im Rücken", sein Misstrauen war recht unverhüllt zutagegetreten, bis er komplett unvermittelt, nachdem er mich hatte kräftig husten lassen*, fragte, ob ich gerne sänge, denn das Musikkorps suche immer Nachwuchs.
Nun ist ja das Misstrauen der Musterungsärzte nicht ganz unbegründet, und auch beim Zivildienst, so überlegte ich, könnte es natürlich sein, dass der Dienstherr da so seine Erfahrungen hat mit jungen Männern, die aussehen wie das blühende Leben und sich dauernd krank melden, weshalb also aus Dienststellensicht ein dahingehend zuverlässiger Arzt durchaus einen Unterschied machen könne, denn es war eine große Dienststelle mit gut 20 Zivis, die damals übrigens auch jeder 20 Monate ableisten mussten.
Ich hatte die Arztpraxis erreicht. Vorne im Haus eine große Apotheke, hinten der Eingang, der zu einer beeindruckende Praxis mit ebensolchen Angestellten führte. Als ich ins Behandlungszimmer gerufen wurde, gab mir der Doktor die Hand, sah in meinen Hals, fragte, ob "sonst alles OK" sei, wusch sich die Hände, geleitete mich zur Tür und verabschiedete mich mit den Worten: "Und wenn du mal Urlaub brauchst." Das ganze hatte etwa zwei Minuten gedauert.
Der Same war gepflanzt. Zwar war ich zwischen innerer Belustigung ("Wenn die wüssten, wen sie sich da ausgesucht haben!") und Empörung ("Und dafür bekommt der Geld!") hin- und hergerissen, aber eigentlich** fest entschlossen, diesem unmoralischen Angebot nicht nachzugehen. Wenn das jeder machen würde!
Allerdings gab es dann doch diesen Tag. Ich war mit dem neuen, übereifrigen Zivildienstkollegen unterwegs. Wir hatten ein unförmiges, altes Metallbett mit diversen Anbauten an einen bedürftigen Patienten auszuliefern, und schon am Mittag, als wir es aus dem Lager herausgetragen und auf den Anhänger des Autos gewuchtet hatten, hatte ich mir halb die Wirbelsäule verbogen. Nun fuhren wir in eine enge Innenstadtstraße, stiegen durch das ebenso enge Treppenhaus in den dritten Stock, sahen den armen Mann in seinem Bett liegen und ließen uns von seiner Tochter ankeifen, dass das ja nun höchste Zeit werde.
Ich sah mir das vorhandene Bett an, das dem im Anhänger verdächtig ähnelte. Ja, keifte die Frau, aber da könne man dieses und jenes nicht verstellen. Und während ich noch verstehen wollte, ob das denn bei dem angelieferten Bett tatsächlich anders sei, griff der übereifrige Kollege schon unter den Beinen des Patienten hindurch, nötigte mich dadurch, mit anzufassen, wir trugen den alten Herrn zum Sofa, und während Kollege die Patiententochter anstrahlte und versicherte, das sei alles kein Problem, begann er, das Bett zur Tür zu ziehen, so dass mir nichts anderes übrig blieb als zuzugreifen und das offensichtlich gusseiserne, jedenfalls unglaublich schwere, Ungetüm durchs Treppenhaus zu tragen, begleitet vom unfreundlichen "Vorsicht! Passt doch auf!" der skeptisch zusehenden Weibsperson. Selbstverständlich war ich der untere Träger, mithin lastete das Tonnengewicht des Gestells, das wir aufgrund der extremen Enge fast senkrecht tragen mussten, zum überwiegenden Teil auf mir.
Unten angekommen stellten wir das Bett neben den Anhänger, ich wagte es kaum hinzusehen, und tatsächlich: die Modelle waren identisch. "Guck dir das doch an!", herrschte ich den Kollegen an, der dümmlich grinste und meinte, bestimmt gebe es da trotzdem einen Unterschied, und wir sollten nun einfach das neue Bett hinaufbringen, das sei "doch nicht so schlimm."
Voller Wut schleppte ich das andere Bett mit ihm nach oben, natürlich ging ich dabei wieder unten, inzwischen wäre Dienstschluss gewesen, wir mussten umständlich rangieren und hatten das Stahldings eine halbe Stunde später endlich dort plaziert, wo zuvor das Zwillingsmodell gestanden hatte. Nun hieß es noch, die Matratze und den Patienten wieder unter töchterlichem Gezeter aufs Bett zu befördern. Als ich endlich durchatmen wollte und meine ruinierten Schultern zu massieren begann, wurde das Gezeter noch lauter: "Das geht ja noch schlechter als das alte Bett!"
Bis dahin hatte ich noch an mich gehalten. Als aber der Dumpfbackenkollege umgehend versprach, man werde nach dem Wochenende ein neues, besseres Bett besorgen und als Frau Tochter meinte, gut, bis dahin wolle sie aber das alte Bett wiederhaben, als Kollega mich daraufhin dümmlich lächelnd ansah und meinte, das sei "ja auch nicht so schlimm", wusste ich, dass das hier kein gutes Ende mehr nehmen würde. Dennoch verbiss ich mir die Wut noch, nicht zuletzt aus Rücksicht auf den armen alten Mann, der in dem frisch angelieferten Bett tatsächlich schlechter zu liegen schien als zuvor. Wir tauschten die Betten wieder aus, es war längst dunkel, ich hasste meinen Kollegen, sprach auf der Rückfahrt kein Wort, lud schweigend das Bett vom Anhänger ab und wollte in der Dienststelle noch schnell den Autoschlüssel abgeben, als der Vorgesetzte zu uns trat und sprach: Die Frau habe angerufen, sie sei nicht zufrieden mit uns gewesen, wir seien wohl "zu schwach" zum Tragen, und nach dem Wochenende werde ein ganz neues Bett angeliefert. Fassungslos rang ich nach Luft und Worten, der Kollege jedoch krähte drauflos, dass wir das am Montagvormittag ja gut erledigen könnten und das sei "ja nicht so schlimm."
Ich fuhr aufs Dorf. In der Praxis war noch Licht. "Was willst du denn haben", fragte der Arzt. Ich zuckte die Schultern. "Angina", schlug er vor. "Da muss ich dir aber was verschreiben. Hol dir das vorne in der Apotheke."
Dass die Apotheke seiner Frau gehörte, erfuhr ich erst später - war aber klar, oder?
--
*Frauen: Ihr habt ja keine Ahnung.
**Wenn schon einer "eigentlich" schreibt!
Beim Dienstantritt wurde mir sehr vehement vorgeschrieben, zu welchem Arzt ich zu gehen hätte, um die obligatorische Erstuntersuchung vornehmen zu lassen. Auch für eventuell folgende Krankheitsfälle sei dieser Arzt der vorgeschriebene erste Ansprechpartner, der einen nur bei Bedarf zu einem Spezialisten überweisen werde. Dies erschien mir nicht ganz rechtens, da ich schon damals ein Freund der freien Arztwahl war und auch seit Jahren zu einem anderen Hausarzt ging, doch wollte ich nicht schon zu Dienstbeginn den Querulanten geben und fügte mich, denn, so meinte ich, die Erstuntersuchung sei ja vermutlich eine reine Formalität. So fuhr ich also eines Tages relativ weit aus der Stadt heraus in jenes Dorf, welches die Praxis des Vertrauensarztes meines Dienstherrn beherbergte, und da sich die Fahrt dahinzog, machte ich mir ein paar Gedanken.
Den Vertrauensarzt stellte ich mir etwa von jenem Typus vor, der im Kreiswehrersatzamt einige Monate zuvor die Musterung vorgenommen hatte: "Stellen Sie sich nicht so an", "Was heißt hier: Ich hab's im Rücken", sein Misstrauen war recht unverhüllt zutagegetreten, bis er komplett unvermittelt, nachdem er mich hatte kräftig husten lassen*, fragte, ob ich gerne sänge, denn das Musikkorps suche immer Nachwuchs.
Nun ist ja das Misstrauen der Musterungsärzte nicht ganz unbegründet, und auch beim Zivildienst, so überlegte ich, könnte es natürlich sein, dass der Dienstherr da so seine Erfahrungen hat mit jungen Männern, die aussehen wie das blühende Leben und sich dauernd krank melden, weshalb also aus Dienststellensicht ein dahingehend zuverlässiger Arzt durchaus einen Unterschied machen könne, denn es war eine große Dienststelle mit gut 20 Zivis, die damals übrigens auch jeder 20 Monate ableisten mussten.
Ich hatte die Arztpraxis erreicht. Vorne im Haus eine große Apotheke, hinten der Eingang, der zu einer beeindruckende Praxis mit ebensolchen Angestellten führte. Als ich ins Behandlungszimmer gerufen wurde, gab mir der Doktor die Hand, sah in meinen Hals, fragte, ob "sonst alles OK" sei, wusch sich die Hände, geleitete mich zur Tür und verabschiedete mich mit den Worten: "Und wenn du mal Urlaub brauchst." Das ganze hatte etwa zwei Minuten gedauert.
Der Same war gepflanzt. Zwar war ich zwischen innerer Belustigung ("Wenn die wüssten, wen sie sich da ausgesucht haben!") und Empörung ("Und dafür bekommt der Geld!") hin- und hergerissen, aber eigentlich** fest entschlossen, diesem unmoralischen Angebot nicht nachzugehen. Wenn das jeder machen würde!
Allerdings gab es dann doch diesen Tag. Ich war mit dem neuen, übereifrigen Zivildienstkollegen unterwegs. Wir hatten ein unförmiges, altes Metallbett mit diversen Anbauten an einen bedürftigen Patienten auszuliefern, und schon am Mittag, als wir es aus dem Lager herausgetragen und auf den Anhänger des Autos gewuchtet hatten, hatte ich mir halb die Wirbelsäule verbogen. Nun fuhren wir in eine enge Innenstadtstraße, stiegen durch das ebenso enge Treppenhaus in den dritten Stock, sahen den armen Mann in seinem Bett liegen und ließen uns von seiner Tochter ankeifen, dass das ja nun höchste Zeit werde.
Ich sah mir das vorhandene Bett an, das dem im Anhänger verdächtig ähnelte. Ja, keifte die Frau, aber da könne man dieses und jenes nicht verstellen. Und während ich noch verstehen wollte, ob das denn bei dem angelieferten Bett tatsächlich anders sei, griff der übereifrige Kollege schon unter den Beinen des Patienten hindurch, nötigte mich dadurch, mit anzufassen, wir trugen den alten Herrn zum Sofa, und während Kollege die Patiententochter anstrahlte und versicherte, das sei alles kein Problem, begann er, das Bett zur Tür zu ziehen, so dass mir nichts anderes übrig blieb als zuzugreifen und das offensichtlich gusseiserne, jedenfalls unglaublich schwere, Ungetüm durchs Treppenhaus zu tragen, begleitet vom unfreundlichen "Vorsicht! Passt doch auf!" der skeptisch zusehenden Weibsperson. Selbstverständlich war ich der untere Träger, mithin lastete das Tonnengewicht des Gestells, das wir aufgrund der extremen Enge fast senkrecht tragen mussten, zum überwiegenden Teil auf mir.
Unten angekommen stellten wir das Bett neben den Anhänger, ich wagte es kaum hinzusehen, und tatsächlich: die Modelle waren identisch. "Guck dir das doch an!", herrschte ich den Kollegen an, der dümmlich grinste und meinte, bestimmt gebe es da trotzdem einen Unterschied, und wir sollten nun einfach das neue Bett hinaufbringen, das sei "doch nicht so schlimm."
Voller Wut schleppte ich das andere Bett mit ihm nach oben, natürlich ging ich dabei wieder unten, inzwischen wäre Dienstschluss gewesen, wir mussten umständlich rangieren und hatten das Stahldings eine halbe Stunde später endlich dort plaziert, wo zuvor das Zwillingsmodell gestanden hatte. Nun hieß es noch, die Matratze und den Patienten wieder unter töchterlichem Gezeter aufs Bett zu befördern. Als ich endlich durchatmen wollte und meine ruinierten Schultern zu massieren begann, wurde das Gezeter noch lauter: "Das geht ja noch schlechter als das alte Bett!"
Bis dahin hatte ich noch an mich gehalten. Als aber der Dumpfbackenkollege umgehend versprach, man werde nach dem Wochenende ein neues, besseres Bett besorgen und als Frau Tochter meinte, gut, bis dahin wolle sie aber das alte Bett wiederhaben, als Kollega mich daraufhin dümmlich lächelnd ansah und meinte, das sei "ja auch nicht so schlimm", wusste ich, dass das hier kein gutes Ende mehr nehmen würde. Dennoch verbiss ich mir die Wut noch, nicht zuletzt aus Rücksicht auf den armen alten Mann, der in dem frisch angelieferten Bett tatsächlich schlechter zu liegen schien als zuvor. Wir tauschten die Betten wieder aus, es war längst dunkel, ich hasste meinen Kollegen, sprach auf der Rückfahrt kein Wort, lud schweigend das Bett vom Anhänger ab und wollte in der Dienststelle noch schnell den Autoschlüssel abgeben, als der Vorgesetzte zu uns trat und sprach: Die Frau habe angerufen, sie sei nicht zufrieden mit uns gewesen, wir seien wohl "zu schwach" zum Tragen, und nach dem Wochenende werde ein ganz neues Bett angeliefert. Fassungslos rang ich nach Luft und Worten, der Kollege jedoch krähte drauflos, dass wir das am Montagvormittag ja gut erledigen könnten und das sei "ja nicht so schlimm."
Ich fuhr aufs Dorf. In der Praxis war noch Licht. "Was willst du denn haben", fragte der Arzt. Ich zuckte die Schultern. "Angina", schlug er vor. "Da muss ich dir aber was verschreiben. Hol dir das vorne in der Apotheke."
Dass die Apotheke seiner Frau gehörte, erfuhr ich erst später - war aber klar, oder?
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*Frauen: Ihr habt ja keine Ahnung.
**Wenn schon einer "eigentlich" schreibt!
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