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Wo ist eigentlich Wolfsburg? Niedersachsen, gut, das weiß man nicht nur wegen des Themenkreises VW-Gesetz / Peter Hartz / Christian Wulff, sondern auch, weil sie in der Oberliga Nord spielten, die sie in der Saison 1990/91 nach Belieben beherrschten, zu Hause hatten sie keinen einzigen Punkt abgegeben. Göttingen 05 war irgendwie Zweiter geworden und nahm deshalb ebenfalls an der Aufstiegsrunde zur Zweiten Bundesliga teil. Diese ließ sich in den ersten Spieltagen für den gebeutelten norddeutschen Traditionsverein sogar einigermaßen an, man lernte nebenbei Orte wie Remscheid oder Verl kennen, und den Trip nach Wolfsburg, wo immer das ist, ließ man sich auch nicht nehmen, natürlich würde das ein Debakel werden, aber wann gibt es schon mal eine Aufstiegsrunde und die Hoffnung auf Zweitligafußball, da müssen dann auch die sicheren Niederlagen in Kauf genommen werden, die Wolfsburger Heimstärke war ja phänomenal, und hoffentlich gibt es keine gar zu arge Klatsche.
Von dem Spiel ist mir wenig in direkter Erinnerung, der respektable Halbzeitstand von 0:0, die aufkeimende Hoffnung, hier ein Unentschieden zu ertrotzen, die feiste Siegesgewissheit der Wolfsburger Zuschauer im großen Stadion, tief in der zweiten Halbzeit stand es immer noch 0:0, es wurde unruhig, das erfolgsverwöhnte Publikum murrte, alles lief auf ein torloses Unentschieden hinaus, womit wir mehr als zufrieden waren, und kurz vor Spielende beschlossen wir, uns schon einmal in Richtung Ausgang zu orientieren, schlängelten uns durch die frustrierten Wolfsburger, als ein Göttinger Spieler den Ball bekam und aufs Tor zulief und ihn reinmachte. Wir brüllten wie von Sinnen los, jubelten und herzten uns ausgiebig, bis uns die relative Stille um uns herum bewusst wurde. Die Blicke der Umstehenden waren auf uns gerichtet und wirkten insgesamt eher freudlos.
Nullfünf gewann das Spiel, stieg natürlich trotzdem nicht auf, nicht mal gegen Verl hat's gereicht, und heutzutage gibt's den Verein nicht mehr, aber das habe ich ja schon mal angerissen und er hier erzählt die ganze Geschichte. Die anderen sind, so hört man, heute Deutscher Meister geworden.
Aber, Wolfsburger, ich habe in eurer Stadt einen ekstatischen Moment erlebt, den kann mir niemand nehmen, und wo Wolfsburg überhaupt ist, das weiß ich nicht, und ich gucke auch nicht nach.
Von dem Spiel ist mir wenig in direkter Erinnerung, der respektable Halbzeitstand von 0:0, die aufkeimende Hoffnung, hier ein Unentschieden zu ertrotzen, die feiste Siegesgewissheit der Wolfsburger Zuschauer im großen Stadion, tief in der zweiten Halbzeit stand es immer noch 0:0, es wurde unruhig, das erfolgsverwöhnte Publikum murrte, alles lief auf ein torloses Unentschieden hinaus, womit wir mehr als zufrieden waren, und kurz vor Spielende beschlossen wir, uns schon einmal in Richtung Ausgang zu orientieren, schlängelten uns durch die frustrierten Wolfsburger, als ein Göttinger Spieler den Ball bekam und aufs Tor zulief und ihn reinmachte. Wir brüllten wie von Sinnen los, jubelten und herzten uns ausgiebig, bis uns die relative Stille um uns herum bewusst wurde. Die Blicke der Umstehenden waren auf uns gerichtet und wirkten insgesamt eher freudlos.
Nullfünf gewann das Spiel, stieg natürlich trotzdem nicht auf, nicht mal gegen Verl hat's gereicht, und heutzutage gibt's den Verein nicht mehr, aber das habe ich ja schon mal angerissen und er hier erzählt die ganze Geschichte. Die anderen sind, so hört man, heute Deutscher Meister geworden.
Aber, Wolfsburger, ich habe in eurer Stadt einen ekstatischen Moment erlebt, den kann mir niemand nehmen, und wo Wolfsburg überhaupt ist, das weiß ich nicht, und ich gucke auch nicht nach.
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Du sitzt in deinem Wohnklo wie auf einer InselNoch reichlich jung war ich, und, man kann es sich heute nicht mehr vorstellen, noch nicht zu Tode gespielt der Hit, der Hit der Gruppe mit dem seltsamen Namen Geier Sturzflug, denn schon wenige Wochen darauf konnte man es nicht mehr hören, dieses von leichtem Echo und aufdringlichem Händeklatschen unterlegte "Wenn - früh - am - Morgen - die - Werkssirene dröhnt", es war einer dieser unvermeidlichen Ohrwürmer, Gegenwehr zwecklos, man ertappte sich selbst dauernd beim tumben Klatschen, und dann wurde es auch noch sofort und unwidersprochen als (affirmativer) Soundtrack zur Wende umgedeutet und vereinnahmt, Dieter "Thomas" Heck bediente sich seiner genau wie sein wirklich unsympathischer Wiedergänger in der Gestalt einer Zehn- oder Zwölfjährigen Kurzzeitberühmtheit, die an irgendeinem Kindertag im ZDF eine große Abendshow moderieren durfte und dabei so routiniert ZDF-ig herüberkam, wie andere es nach dreißig öffentlich-rechtlichen Jahren nicht schaffen, man konnte sich das eigentlich nur mit einer dieser Körpertauschgeschichten erklären, bei denen jemand in die Steckdose fasst und dann tauschen Vater und Sohn den Geist, der erwachsene Schauspieler muss dann etwa 75 min lang "cool" und "wow!" sagen und das junge Schauspieltalent muss ganz ernst gucken und keine Ahnung von "angesagten" "Stars" haben und sich in der Schule "voll" "blamieren", und am Ende verstehen die beiden sich dann voll gut und haben des anderen Probleme alle-alle gelöst und so weiter, Dieter "Thomas" Heck stand also im Körper dieses bedauernswerten Jungen im Saal und rief: "Wenn ich an die deutsche Wirtschaft denke, dann fällt mir neuerdings immer nur eine Handbewegung ein", legte das Mikrophon zur Seite, rotzte sich (trocken) in die Hände, rieb diese aneinander, sah sich beifallheischend um und erntete dann auch einen Rie-sen-Applaus, der nur noch von jener Extase übertroffen ward, die das Erscheinen der Ruhrpottband und ihrer heilbringenden Botschaft auslöste: "Wenn - früh - am - Morgen - die - Werkssirene dröhnt", aber das alles sollte ja erst noch kommen, noch reichlich jung war ich jedenfalls, als ich in Begleitung meines Schulkameraden D. und seiner Mutter einem Konzert dieser Band beiwohnte, das in der Göttinger Uni-Mensa stattfand.
Einsam abgeschnitten von der Welt
Keine Illusionen und keine guten Karten
Kein Ofen brennt so heiß dat er die Kälte von dir hält
(Geier Sturzflug)
Einer meiner unverwirklichten Träume: Ein Plattenladen. Wird eh nichts, dachte ich immer, und wäre es wohl auch nicht geworden, denn ich sah sie kommen und gehen. So auch Fantastico, den "gemütlichen Plattenladen Ecke Angerstr. / Gartenstr.", für den D. und ich eine Zeitlang Werbezettel verteilten. Anständige sieben Mark für die Stunde gab's, und wir verteilten die Zettel gewissenhaft in Briefkästen, klemmten sie hinter die Scheibenwischer parkender Autos und hielten sie in der Fußgängerzone Passanten entgegen, die sie nicht nahmen. Im tiefen Winter standen wir bibbernd am Markt und wärmten uns gelegentlich in der Hamburger Farm auf, wenn die Finger nicht mehr reagieren wollten. Beobachtetet wurden wir dabei von einer alten Frau, die irgendwann zu uns trat und verschwörerisch leise sprach: "Besorgt euch Petroleum. Ihr müsst Fingerhandschuhe nehmen und Petroleum hineingießen. Lasst das dann eine Stunde einwirken. Davon geht die Frostschicht ab. Wir haben früher auch so gefroren. Wenn wir im Winter draußen arbeiten mussten und geweint haben, weil die Finger so wehtaten, gab uns unsere Mutter Petroleum. Wenn man das oft genug macht, geht die Frostschicht für immer ab. Das müsst ihr machen!"
Das erarbeitete Geld zahlte der Inhaber des "gemütlichen Plattenladens" bar aus, bot uns aber auch an, in Schallplatten zu bezahlen, deren Verkaufspreis dann auch ruhig etwas höher liegen durfte - klar, dachte ich, sein Einkaufspreis liegt ja deutlich darunter, das kommt ihn insgesamt also günstiger, und für uns ist es auch gut. Doch gar so schnell konnte ich mich nicht entscheiden, nahm das Geld, "Ihr könnt's euch ja noch überlegen", sagte er, und wir freuten uns aufs nächste Mal. Allerdings gab es nur selten noch Zettel zu verteilen, egal, wie oft wir anriefen und nachfragten, bei unseren Besuchen war der Laden stets leer, einmal ging ich hin und wollte meiner Mutter die Platte "Heiße Zeiten" von Geier Sturzflug zum Geburtstag kaufen, "Ich hab's mir überlegt, ich nehme jetzt doch diese Platte", sagte ich, und er tippte den regulären Verkaufspreis in seine Kasse, ich traute mich nicht, ihn an sein Angebot zu erinnern, zahlte und fragte nach einem neuen Termin zum Verteilen, "Nur einmal noch, nächste Woche", das fand ich schade, war er vielleicht nicht zufrieden mit uns, und warum sah der eigentlich so traurig aus, und die Zettel, die wir dann verteilten, die letzten, waren mit "Räumungsverkauf" überschrieben.
Die Oma kam dann wieder vorbei, sie betrachtete unsere dunkelroten Finger und sprach mit ihrem rätselhaften Lächeln: "Ihr müsst Petroleum nehmen! Das macht die Frostschicht ab!"
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Zehn Jahre danach, und es waren zehn verlorene Jahre, nahm er sein zweites Heimstudioalbum auf.
Es sollte mit den Wings auf Tour nach Japan gehen, aber dann kam etwas im Gewicht von 225g dazwischen.
Nach neun Tagen im Knast musste er die blöde Tour mit den Wings nicht mehr machen und konnte sich darum kümmern, sein neues, im Alleingang aufgenommenes Soloalbum zu veröffentlichen.
Darauf dudelt er mit Synthesizern herum, die dünn klingen, das Schlagzeug hört man kaum, der Gesang klingt fern und fremd, manches geht daneben, ein Instrumentaltitel heißt Frozen Jap, reiner Zufall, gegen Japaner hat er nichts, I'd like to say sorry about the mistake there and er ... hope we can come back some time and not disappoint you next time, und I don't really mean it bad und Over here, in Europe, it's not too bad, it's not like that bad a word.
Der Eröffnungstitel, Coming Up*, soll übrigens dazu beigetragen haben, dass John Lennon 1980 nach jahrelanger Pause wieder ins Studio ging, denn: Wenn Paul wieder gute Musik macht ...
Ich mag das Album McCartney II sehr. "Ach, bei nnier wird wieder geputzt", schmunzeln die Passanten und sehen zum geöffneten Fenster hoch, "duckt euch, gleich kommt Temporary Secretary!"
Und wenn der Boden blitzt und die Toilette strahlt, dann ist die Zeit für den vorletzten Titel gekommen: Darkroom. Nicht nachdenken; einfach mitfreuen. Und das mit der Kopfstimme, das schaffen Sie auch!
--
*Man beachte die ausgefuchste Tricktechnik des Videos
Es sollte mit den Wings auf Tour nach Japan gehen, aber dann kam etwas im Gewicht von 225g dazwischen.
<Kaugummi>
I'd like to see it de-criminalized. Cause I don' think, in the privacy of my own room, I was doing anyone any harm whatsoever.
</Kaugummi>
Nach neun Tagen im Knast musste er die blöde Tour mit den Wings nicht mehr machen und konnte sich darum kümmern, sein neues, im Alleingang aufgenommenes Soloalbum zu veröffentlichen.
Darauf dudelt er mit Synthesizern herum, die dünn klingen, das Schlagzeug hört man kaum, der Gesang klingt fern und fremd, manches geht daneben, ein Instrumentaltitel heißt Frozen Jap, reiner Zufall, gegen Japaner hat er nichts, I'd like to say sorry about the mistake there and er ... hope we can come back some time and not disappoint you next time, und I don't really mean it bad und Over here, in Europe, it's not too bad, it's not like that bad a word.
Der Eröffnungstitel, Coming Up*, soll übrigens dazu beigetragen haben, dass John Lennon 1980 nach jahrelanger Pause wieder ins Studio ging, denn: Wenn Paul wieder gute Musik macht ...
Ich mag das Album McCartney II sehr. "Ach, bei nnier wird wieder geputzt", schmunzeln die Passanten und sehen zum geöffneten Fenster hoch, "duckt euch, gleich kommt Temporary Secretary!"
Und wenn der Boden blitzt und die Toilette strahlt, dann ist die Zeit für den vorletzten Titel gekommen: Darkroom. Nicht nachdenken; einfach mitfreuen. Und das mit der Kopfstimme, das schaffen Sie auch!
--
*Man beachte die ausgefuchste Tricktechnik des Videos
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nnier | 18. Mai 2009 | Topic 'umor & more
... ohne diesen Spitzenwitz aus dem kleinen, hellgrünen Büchlein über einen fiktiven Wiener Adligen, das bei meinen Großeltern im Regal stand.
Graf Bobby: "Mucki, was ist das: Vorne ist es ein Vogel, hinten ein Militärfahrzeug, und beides zusammen ist ein berühmter Schriftsteller."
Baron Mucki: "Hm ... ich komme nicht drauf!"
Graf Bobby: "Na, ganz einfach: Grillpanzer!"
Baron Mucki: "Na, aber hör mal, Bobby - der heißt doch Grillparzer!"
Graf Bobby: "Ja und? 'Grill' ist ja auch kein Vogel!"
Graf Bobby: "Mucki, was ist das: Vorne ist es ein Vogel, hinten ein Militärfahrzeug, und beides zusammen ist ein berühmter Schriftsteller."
Baron Mucki: "Hm ... ich komme nicht drauf!"
Graf Bobby: "Na, ganz einfach: Grillpanzer!"
Baron Mucki: "Na, aber hör mal, Bobby - der heißt doch Grillparzer!"
Graf Bobby: "Ja und? 'Grill' ist ja auch kein Vogel!"
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Aus - gottlob! - harmlosem Anlass, wie sich am Ende herausstellte, suchte ich kürzlich in jugendlicher Begleitung die Notaufnahme eines städtischen Krankenhauses auf und staunte: Alles ist so supermodern und neu! "Einmal ganz außenrum ums Gelände und dann hier lang und dann da lang", hatte die Informationsdame beim Einlass des zunächst aufgesuchten, aber das ist eigentlich zu langweilig, jedenfalls wies sie darauf hin: "Da ist ja alles neu, da sind noch keine Schilder, aber 'Haupteingang' steht drüber!"
Nun, neu war das alles tatsächlich, und in der behäbig rotierenden Haupteingangsdrehtür wies ein Plakat darauf hin, dass das Klinikum "im Jahr 2004 Wasser gespart" habe, nämlich "20 Millionen Liter" - was mich etwas überraschte, denn sogleich erblickte man neben jeder erdenklichen Sitzgelegenheit stapelweise durchsichtige Plastikbecher, gebrauchte und ungebrauchte fröhlich durchmischt, sowie Flaschen einer nicht ganz billigen Mineralwassersorte, die dort offensichtlich zum freien Gebrauch herumstanden.
Man kam aber nicht dazu, sich lange zu wundern, denn in so einem modernen und jugendlichen Krankenhaus, da gibt's nicht so etwas wie eine Notaufnahme, nein, die haben sich mit den Leuten von der PR-Agentur in Workshops zusammengesetzt, deshalb heißt das jetzt "Kompetenz-Zentrum Notfallbehandlung". Zum Glück beherrsche ich diese Sprache! Stellen Sie sich mal vor, Sie wären ein älterer Mensch, der zur Notaufnahme will - tsss!
Wer nun denkt, dass man nach der Anmeldung in einem Wartezimmer sitzt, in dem man langsam zermürbt wird, bis man irgendwann aus schierer Verzweiflung eine zerlesene Apotheken Umschau oder eine Freundin von 2004 von vorne bis hinten durchliest, der war noch nie in so einem modernen Krankenhaus. Dort gibt es nämlich keine Zeitschriften.
Zermürbt, und zwar weitaus effektiver als mit konventionellen Mitteln, wird man dort von einem Fernseher, in dem Pro7 läuft, und vom parallel aus Deckenlautsprechern tönenden Radiosender NDR 2, welcher einem ungewollte Begegnungen mit Tina Turner, U2, Nena, dem Taxi nach Paris und mit dieser einen ekligen, unerträglich knödeligen Stimme, aber Xavier Naidoo ist es nicht, beschert.
Die Musik und das dümmlich-heitere Moderatorengeschwätz sind überdies von dem enervierenden hohen Pfeifton aus dem Fernsehgerät unterlegt, den viele Erwachsene nicht hören, da die 15625 Hz Zeilenfrequenz ihr Hörvermögen übersteigen, der aber Kinder wie mich erheblich belästigt.
Fast wie bei McDonald's also fühlt man sich und ist froh, kein Notfallpatient zu sein - stellen Sie sich mal vor, Sie hätten Kopfschmerzen oder so etwas - bis man dann nach einigen Stunden aus der Wartezone ins eigentliche "Kompetenz-Zentrum Notfallbehandlung" gerufen wird. Diese himmlische Ruhe plötzlich! Man möchte sich direkt in eines der Betten legen, die dort bereitstehen, lediglich die Plastikfolie mit der Aufschrift "REIN" hält einen davon ab.
Und dann wieder dieser Wahnsinn, die existenzielle Not zerschundener Menschen, man hört jemanden von "Fingerkuppenamputation" sprechen, der Hubschrauber landet zweimal, das Schäkern der Rettungsdienstler mit den Schwestern, die Ärztinnen gehen zwischendrin eine rauchen, man schnappt Gesprächsfetzen auf, die man lieber nicht gehört hätte, es ist wie bei anderen Jobs auch, man witzelt herum, statt des Paketboten kommt hier eben der Rettungsdienst vorbei, und als Begleiter eines eigentlich gar nicht so schlimmen Notfalls steht man stundenlang dazwischen und muss ewig warten und ist doch vor allem froh, dass man nur warten muss und dann einfach so nach Hause gehen kann.


Nun, neu war das alles tatsächlich, und in der behäbig rotierenden Haupteingangsdrehtür wies ein Plakat darauf hin, dass das Klinikum "im Jahr 2004 Wasser gespart" habe, nämlich "20 Millionen Liter" - was mich etwas überraschte, denn sogleich erblickte man neben jeder erdenklichen Sitzgelegenheit stapelweise durchsichtige Plastikbecher, gebrauchte und ungebrauchte fröhlich durchmischt, sowie Flaschen einer nicht ganz billigen Mineralwassersorte, die dort offensichtlich zum freien Gebrauch herumstanden.

Man kam aber nicht dazu, sich lange zu wundern, denn in so einem modernen und jugendlichen Krankenhaus, da gibt's nicht so etwas wie eine Notaufnahme, nein, die haben sich mit den Leuten von der PR-Agentur in Workshops zusammengesetzt, deshalb heißt das jetzt "Kompetenz-Zentrum Notfallbehandlung". Zum Glück beherrsche ich diese Sprache! Stellen Sie sich mal vor, Sie wären ein älterer Mensch, der zur Notaufnahme will - tsss!

Wer nun denkt, dass man nach der Anmeldung in einem Wartezimmer sitzt, in dem man langsam zermürbt wird, bis man irgendwann aus schierer Verzweiflung eine zerlesene Apotheken Umschau oder eine Freundin von 2004 von vorne bis hinten durchliest, der war noch nie in so einem modernen Krankenhaus. Dort gibt es nämlich keine Zeitschriften.

Zermürbt, und zwar weitaus effektiver als mit konventionellen Mitteln, wird man dort von einem Fernseher, in dem Pro7 läuft, und vom parallel aus Deckenlautsprechern tönenden Radiosender NDR 2, welcher einem ungewollte Begegnungen mit Tina Turner, U2, Nena, dem Taxi nach Paris und mit dieser einen ekligen, unerträglich knödeligen Stimme, aber Xavier Naidoo ist es nicht, beschert.

Die Musik und das dümmlich-heitere Moderatorengeschwätz sind überdies von dem enervierenden hohen Pfeifton aus dem Fernsehgerät unterlegt, den viele Erwachsene nicht hören, da die 15625 Hz Zeilenfrequenz ihr Hörvermögen übersteigen, der aber Kinder wie mich erheblich belästigt.

Fast wie bei McDonald's also fühlt man sich und ist froh, kein Notfallpatient zu sein - stellen Sie sich mal vor, Sie hätten Kopfschmerzen oder so etwas - bis man dann nach einigen Stunden aus der Wartezone ins eigentliche "Kompetenz-Zentrum Notfallbehandlung" gerufen wird. Diese himmlische Ruhe plötzlich! Man möchte sich direkt in eines der Betten legen, die dort bereitstehen, lediglich die Plastikfolie mit der Aufschrift "REIN" hält einen davon ab.

Und dann wieder dieser Wahnsinn, die existenzielle Not zerschundener Menschen, man hört jemanden von "Fingerkuppenamputation" sprechen, der Hubschrauber landet zweimal, das Schäkern der Rettungsdienstler mit den Schwestern, die Ärztinnen gehen zwischendrin eine rauchen, man schnappt Gesprächsfetzen auf, die man lieber nicht gehört hätte, es ist wie bei anderen Jobs auch, man witzelt herum, statt des Paketboten kommt hier eben der Rettungsdienst vorbei, und als Begleiter eines eigentlich gar nicht so schlimmen Notfalls steht man stundenlang dazwischen und muss ewig warten und ist doch vor allem froh, dass man nur warten muss und dann einfach so nach Hause gehen kann.

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Im Fernsehen werden Bauern verkuppelt und Busen vergrößert, Därme gespiegelt und Euter gefressen, Frauen getauscht und Hilflose vorgeführt, das weiß ich wohl, und jetzt verleihen sie Babys.
Ich brauche übrigens gar keinen Fernseher, denn ich empfange die Funkwellen mit der Füllung meines hinteren rechten Backenzahns (aber bitte sagen Sie der GEZ nichts) - hören wir doch mal rein!
Die gute Nachricht: Sie müssen das gar nicht gucken! Sie können statt dessen z.B. faszinierende Aufnahmen über unterirdische Ameisenbauten ansehen:
(Hier gesehen)
Wahnsinn, oder? Und den Backenzahn lasse ich mir demnächst mal ziehen.
Ich brauche übrigens gar keinen Fernseher, denn ich empfange die Funkwellen mit der Füllung meines hinteren rechten Backenzahns (aber bitte sagen Sie der GEZ nichts) - hören wir doch mal rein!
Sprecher: Tanja legt den kleinen Carlo direkt neben die Mikrowelle - ob die Mama das so gut findet?
Mama: Also wie die Tanja den Carlo da so neben die Mikrowelle gelegt hat, also da war mir schon so, puh, so, ne, da dacht ich schon so, mein Kleiner so da neben diesem Gerät und sie spielt da so mit ihrem Handy, ich meine, halloooo?
Sprecher: Bange Momente für die Mama - aber dem kleinen Carlo gefällt's, der lacht sogar. Ob er weiß, in welcher Gefahr er schwebt? Wissenschaftler der Universität Princeton haben da jedenfalls irgendwas herausgefunden.
Wissenschaftler: Ja, da sind so Hirnstromwellen.
Sprecher: Der Professor will's ganz exakt wissen und überprüft seine Hypothese im Tierversuch.
Wissenschaftler: Von diesen Ratten haben sich manche so und manche anders verhalten. So je nach dem, kann man eigentlich sagen.
Sprecher: Beeindruckende Erkenntnisse. Aber zurück nach Deutschland. Hier ist die junge Versuchsmama ganz schön im Stress!
Tanja: Was soll ich jetzt machen, Mann, mach du doch, ey, jetzt kuck mal, der pinkelt da auf die Pizza, ey, ich krieg gleich 'n Anfall!
Sprecher: Nun muss der potentielle Papa ran. Hat Torsten genug Mumm in den starken Oberarmen?
Torsten: Ey der hat voll den Penis, hey, guck mal!
Mama: Also das fand ich schon so, hey, ich meine, der liegt da und pinkelt und die diskutieren da über seinen Pipimann rum, ich sag mal, das war schon so, ich meine, hallooo, geht's noch?
Sprecher: Tanja und Torsten vertun wertvolle Zeit. Das Kind beginnt sich unwohl zu fühlen, sagen auch unsere Psychologen.
Psychologin: In dieser Situation merkt man dem Carlo schon deutlich an, dass er gestresst ist. Das Urinieren, oder ich sag's mal auf Deutsch, "Pinkeln" steht ja auch für etwas. Hier hätte man sich irgendwo möglicherweise ein früheres und ich sag mal entschlosseneres Handeln der in Anführungsstrichen Eltern gewünscht.
Die gute Nachricht: Sie müssen das gar nicht gucken! Sie können statt dessen z.B. faszinierende Aufnahmen über unterirdische Ameisenbauten ansehen:
(Hier gesehen)
Wahnsinn, oder? Und den Backenzahn lasse ich mir demnächst mal ziehen.
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nnier | 15. Mai 2009 | Topic 'umor & more
Ohne Witz jetzt: Erst gestern, als ich abends auf der Treppe vorm Haus saß, fiel mir nicht nur das Geflacker aus dem Fenster gegenüber auf. Da sitzt nämlich seit etwa einem Jahr ein junger Mann Tag für Tag und Nacht für Nacht an seinem Computer, man sieht eigentlich nur die Baseballkappe und die grellen Reflektionen der Zimmerwände, BUMM!, BUMM!, scheint's da die ganze Zeit zu machen, und manchmal zuckt die Baseballkappe, dann scheint er zu erschrecken oder sich zu ducken. Ich fragte mich, ob ich, bei Wahrung der Anonymität, ein Fünfminutenfilmchen dieses flackernden Fensters drehen könnte, allerdings befürchtete ich, dass die Lichtstärke meiner kleinen Digitalkamera dazu nicht ausreichen würde. Während ich da saß, fiel mir der rege Flugverkehr auf, der über mir herrschte: Amseln, Spatzen und fette Tauben flogen von hier nach dort, Elstern waren unterwegs, und ich stellte mir vor, wie diese sich über die Begrenztheit der merkwürdigen Erdenbewohner wundern und amüsieren würden. "Stellt euch vor", riefen sie einander zu, "man könnte sich nur in zwei Dimensionen bewegen! Wie armselig!" - "Ja, ich käme mir total behindert vor!" - "Wahrscheinlich merken die das nicht mal, ich meine, wenn man nichts anderes kennt ... " - "Trotzdem, mich gruselt's, wenn ich die da so rumlaufen sehe. Brrr. Wie mit amputierten Flügeln." - "Hör auf, ich kann sowas gar nicht hören. Na, ich muss weiter, man sieht sich!" - "Tschö!"
Und heute früh sehe ich dann das da. Und so armselig SPAM insgesamt ist - die Denkblase ganz rechts finde ich auch sehr lustig.
Und heute früh sehe ich dann das da. Und so armselig SPAM insgesamt ist - die Denkblase ganz rechts finde ich auch sehr lustig.
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