Mumien, Analphabeten, Diebe.
Du hast's gut, du hast dein Leben noch vor dir.
Freitag, 27. Februar 2009
Schlüsselanhänger, Louis Vuitton, 81 Euro.
nnier | 27. Februar 2009 | Topic Gelesn
Ich gehe drei- bis viermal die Woche shoppen. Mode ist mir sehr wichtig, weil man damit seine Persönlichkeit ausdrücken kann.
(M. F. S., 14, Schüler)
Ich musste mit der Bahn fahren. Ich hatte das Zeit Magazin dabei. Es war eines dieser nervigen "Modehefte". Und darin liest man einen solchen Schmonzens.
Diese Menschen lassen sich von der Krise nicht die Kauflaune verderben. Wir haben sie um einen Blick auf ihre Einkäufe gebeten - vor Kaufhäusern und Luxusläden.
Außer den ganz normalen 14-jährigen, die dreiviermal die Woche Schlüsselanhänger für 81 Euro kaufen, treffen wir auch eine 49-jährige Unternehmerin:
Uhr, Chanel, 3800 Euro. "Ich brauchte keine neue Uhr, aber die gefiel mir einfach. Ich gehe einmal die Woche shoppen - jetzt in der Krise werde ich das etwas reduzieren."
Und einen pensionierten Beamten:
Graue Tod's, bei Budapester Schuhe, 330 Euro. "Meine Frau und ich haben die Rollen getauscht: Ich bin der Schuh-Fan und kaufe mir dreimal im Monat ein neues Paar."
Man kann das allerdings auch als Aufklärung verstehen. Vielleicht sollte ich das Heft bei der Rückfahrt im Zug liegen lassen?

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Donnerstag, 26. Februar 2009
Barfuß zum Nordpol: Macchia
nnier | 26. Februar 2009 | Topic In echt
[Fortsetzung]
Tres conejos
En un arbol
Tocando
El tambor.
Que si
Que no
Que si.
Lo he visto yo.
(Aus Paul McCartney's Liverpool Oratorio)
Man darf sich das durchaus angenehm vorstellen. Drei Wochen Spanien, das war bezahlbares Essengehen im Nachbardorf, Kaninchen mit Knoblauch und Thymian und Rosmarin, herrlich, auch der Rotwein aus der Kooperative und die Fortuna-Zigaretten waren erschwinglich, man spielte Schach oder Doppelkopf, lernte ein wenig Spanisch, gut, und dass ich den Gastgeber und Spanischlaiendozenten auf Basis meiner kümmerlichen Schulkenntnisse gelegentlich korrigieren musste, schien er mir prinzipiell verzeihen zu können. Mir hätt's ja egal sein können, ich hätte ja still sein können und nichts zu riskieren brauchen, bittschön, dann lernt eben was Falsches, aber, wenn reflexive Verben ausgerechnet am Beispiel von me gusta, te gusta etc. erklärt werden, dann kann ich meinen Mund eben doch nicht halten und muss diskret räuspernd und in Frageform vorsichtig meine Bedenken äußern, gustar, das sei doch gar kein reflexives ... doch, das konnte er akzeptieren, war auch insgesamt ein fairer und angenehmer Gastgeber, lediglich zu früher Morgenstund, also bis zum Mittagessen, wortkarg, missgelaunt, dünnhäutig, und wenn man über seine endlos dahingegrummelten Motzereien zum Thema Margarine, die schmecke ja "beschissen", die sei ja "eklig", wer denn die gekauft habe, die schmecke ja "wie aus Erdöl gemacht", irgendwann lachen musste, blickten einen zwei reichlich humorlose Augen sehr durchdringend an. Oder wenn er einem ausführlich den Weg zu einem ungenutzten Acker erklärt hatte, auf dem es überreichlich Macchia gebe, die man sehr gut als Feuerholz nutzen könne, man dann mit dem Auftrag hingefahren war, nicht mehr als einen Kofferraum voll zu holen, dann zwei Stunden lang vereinzelte dürre und grüne Zweiglein aufgesammelt hatte und doch nur mit wenig mehr als einem Arm voll Holz wiedergekommen war, dann verfinsterten sich Miene und Stimmung ziemlich drastisch; wobei auch andere Menschen ihre Eigenheiten hatten, der eine wollte früh schlafen und der andere lange feiern, der eine im Morgengrauen aufstehen und der andere unter der Mittagssonne frühstücken, das Übliche halt, kleine Psychosen und große Neurosen gaben sich das mir aus Gemeinschaftsurlauben bereits vertraute Stelldichein, Futterneid, Eifersucht, man kennt das ja alles, und auch ich begann eines Morgens beim Abwaschen, welches mir durch Druckbeschallung mit Iron Maidens Run to the Hills wesentlich leichter von der Hand zu gehen schien, angesichts der missgelaunt herüberschauenden Gesichter, vor allem aber des dramatisch verringerten Messerbestandes im Besteckkasten, mich zu fragen, ob man sich für die letzten Tage evtl. bewaffnen solle. Außerdem ließ sich das Thema der Rückreise langsam nicht mehr verdrängen, denn nach wie vor standen für zwei Personen keine Plätze in den Autos zur Verfügung, und während ich mich mit dem Gedanken anzufreunden versuchte, entgegen aller Schwüre evtl. doch wieder per Anhalter zu reisen, stand für mich fest: Keinen Fuß auf französischen Boden.

Eine der Reiseteilnehmerinnen, und zufällig die, die mir, sagen wir, sympathisch war (Aua! Da kannte ich dich doch noch gar nicht!), war entschlossen, sich auf folgenden Plan einzulassen: Wir stellen uns zu zweit an den Grenzübergang, wir warten gezielt auf Autos mit deutschen Kennzeichen, wir bleiben bis Deutschland zusammen, wir denken nicht mal darüber nach, irgendwo in Frankreich auszusteigen, wir fragen nach einem durchgängigen Lift bis auf deutschen Boden - ganz oder gar nicht, das war unser Motto.

Meine Tramper-Erfahrung hatte mich ja gelehrt, dass es gewisse geschlechtsspezifische, statistisch signifikante Unterschiede bei der Frage gibt, ob und wie schnell man mitgenommen wird. Nicht nur einmal hatte ich erlebt, wie nach stundenlangem Herumstehen eine vorzugsweise blonde Tramperkollegin erschien und den Daumen noch nicht ganz in der Luft hatte, bevor drei Autos quietschend bremsten und die Fahrer sich um den potentiellen Fahrgast stritten. Während man sich vorsichtig heranpirschte, wurden alle drei Türen wieder zugeknallt, die Autos fuhren weg - und aus einem winkte die Tramperin einem lächelnd zu. Ich konnte also durchaus realistisch annehmen, angesichts der Haarfarbe und insgesamt angenehmen Erscheinung meiner Mitreisenden (Aua! Wirklich, das war, bevor wir uns kannten!) auf eine erhöhte Mitnahmebereitschaft zu treffen. Und in der Tat hupten und grinsten in den ersten Stunden an der Grenze schätzungsweise zwanzig LKW-Fahrer, zeigten auf die, die sie gerne mitgenommen hätten, hielten manchmal auch an, sahen dann missmutig und enttäuscht zu mir herüber, versuchten wortreich zu erklären, wie gerne sie zwar, aber zwei Mitreisende, das ginge nicht, und fuhren dann alleine weiter.

[Bald ist Schluss]

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Montag, 23. Februar 2009
Du bist hoffentlich so heiß wie ein Vulkan
nnier | 23. Februar 2009 | Topic In echt
Meinen Kaffee trinke ich am liebsten ganz heiß. Genauer gesagt: Ich trinke ihn nur in Momenten größter Not anders.



Nichts stört mich mehr, als wenn der Kaffe nur warm ist. Das kommt gelegentlich vor - zum Beispiel, wenn man ihn in normalem Tempo trinkt. Dann kühlt er unweigerlich in der Tasse ab. Meistens lasse ich darum etwas übrig. Oder ich stürze das Zeug in mich hinein. Beides ist nicht sehr gesellschaftsfähig.



Manchmal habe ich die noch fast volle, aber schon zwei Minuten alte Tasse zum Aufheizen ins Mikrowellengerät gestellt. Was denn? Das ist immer noch besser als Kaffee, der nur warm ist! Dampfen muss der!



Man kann vorher heißes Wasser in die Tasse geben, dann nimmt sie schon mal etwas Wärme auf. Das ist besser als nichts.

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Lange Leitern
nnier | 23. Februar 2009 | Topic Brainphuq
Wenn's um Universen geht, um Atome oder Finanzkrisen, kommen die ganz großen Zahlen ins Spiel. Und wenn man einem lieben Kind aus einem interessanten Buch* vorliest, dann steht da zum Beispiel:
Ein Proton ist ein kleiner Bestandteil des Atomkerns. Protonen sind so klein, dass auf einem Klecks Druckerschwärze, etwa einem i-Punkt, rund 2.000.000.000.000.000.000.000.000.000.000.000.000 von ihnen Platz haben.
"Wie heißt die Zahl?", wird man da gefragt, und man tastet sich voran, zählt Dreiergruppen und antwortet: "Zwei Sixtillionen, mein Kind!"

Dies wiederum, aber auch gewisse Meldungen im Zusammenhang mit dem hedgefondsbörsianischen staatsbürgschaftsgeschehen an den explo-implodierenden Blubberblasenmärkten, die man nicht versteht, man versucht ja immer, sich das vorzustellen, dass jemand z.B. einen Zehnmilliardenkredit aufnimmt, um eine Firma zu kaufen, die elf Milliarden Schulden hat, aber das geht nicht, und ebensowenig kann ich mir vorstellen, dass das Universum
In nur einer Millionstel Millionstel Millionstel Millionstel Millionstel Sekunde [...] von etwas Kleinem, das man in der Hand halten konnte, zu etwas mindestens 10.000.000.000.000.000.000.000.000 Mal Größerem
wurde, also in einer, wenn ich richtig liege, quintillionstel Sekunde zu etwas zehn Quadrillionen Mal Größerem als etwas, das man in der Hand halten kann, diese Zahlen jedenfalls bringen einen dann doch dazu, sich zu fragen, woher eigentlich diese interkulturellen Differenzen stammen, wenn etwa von Billionen die Rede ist. Denn seit ich im Fernsehen einmal Helmut Schmidt, damals gerade noch oder gerade schon nicht mehr Kanzler, in seiner Rolle als seriöser Finanz- und Wirtschaftsexperte etwa Folgendes zu seinem Gesprächspartner sagen hörte: "Sie meinen natürlich amerikanische Billionen, also unsere Milliarden", seitdem - und das ist gut und gerne 788400000000 Millisekunden her - ist mir bewusst, dass hier ein arges Potential für Missverständnisse lauert. Was wir** Milliarden nennen, heißt für Amerikaner Billion, unsere Billion wiederum nennen sie bereits Trillion, die haben wir aber auch - bei uns hat sie allerdings 18 Nullen und in Amerika nur zwölf. Natürlich konnte ich mit diesem Wissen in den Folgejahren bei internationalen Verhandlungen die Amerikaner stets locker über den

Heute nun war es an der Zeit, einmal nachzuschlagen, ob es da eine Systematik gibt, und wer will, kann sich diese kurze und informative Darstellung zum Thema bei Wikipedia einmal durchlesen:
Lange Leiter ist die deutsche Bezeichnung für den französischen Begriff échelle longue, der ein System der Zahlennamen bezeichnet, welches das Wort Billion für eine Million Millionen [...] verwendet. Das System wird auch als logarithmisches Zillionensystem bezeichnet. [...]
Kurze Leiter ist die deutsche Bezeichnung für den französischen Begriff échelle courte, der ein System der Zahlennamen bezeichnet, welches das Wort Billion für eine Milliarde [...] verwendet.
Dass das systematisch immmer weiter auseinanderläuft, ist natürlich klar:
Die Vorsilben der Zahlen entsprechen bei der langen Leiter immer genau dem Logarithmus der Zahl zur Basis eine Million. Bei der kurzen Leiter gibt es eine ähnliche Systematik – allerdings sind hier die Vorsilben nicht der Logarithmus zur Basis eine Million, sondern der um eins erniedrigte Logarithmus zur Basis 1000.
Das muss man sich mal klarmachen: Wenn die Amis schon hysterisch von Septillionen sprechen, sind wir gerade mal bei Quadrillionen! Vielleicht sollte man sich das alles doch noch mal in aller Ruhe ansehen. Leider ist der menschliche Geist viel eher in der Lage, die Abwrackprämie für seinen gepflegten Garagenwagen mit dem Anschaffungspreis des neuen Corsa zu verrechnen. Die Abwrackprämie beträgt übrigens ein Sechzehnmillionstel des geschätzten Schadens, den Herr Madoff mit seinem Schneeballsystem angerichtet hat. Anders ausgedrückt: Susanne Klatten hat ihrem Liebhaber 7,5 Millionen Euro zugesteckt, das sind zwar immerhin 3000 Abwrackprämien, andererseits aber auch wieder nur ein knappes Tausendstel ihres Vermögens, und wenn man's so betrachtet, kann sich eigentlich jede Frau so einen weltgewandten Tröster leisten. Wobei das jetzt keine Bew

--
* Ich geb's zu. Es war die Kinderausgabe. Aber das richtige wünsche ich mir zu Weihnachten.
** Um hier mal ganz übel eurozentrisch zu formulieren

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Mittwoch, 18. Februar 2009
Ich will auch
nnier | 18. Februar 2009 | Topic In echt
Manche



Leute



haben's



schön.

Vielen Dank für diese tollen Fotos, lieber Freund.

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Dienstag, 17. Februar 2009
Im Westen nichts Neues
nnier | 17. Februar 2009 | Topic Brainphuq
Mme yetused stellt Überlegungen zum "digitalen Vergessen" an. Mich bringt das unter anderem zum Thema der Produktzyklen. Es ist ja nicht nur so, dass man einen Höllenritt mitmachen muss, wenn man ernsthaft seine flüchtigen Daten dauerhaft machen will - sie alle paar Jahre auf den jeweils aktuellen Datenträger übertragen, dabei ggf. ins jeweils aktuelle Format konvertieren und dennoch mit einem ständigen Verlustrisiko leben. Sondern auch die physischen Produkte sind von vornherein auf kurze Lebensdauer ausgelegt. Schon die Magnetbänder waren, so komfortabel sie zunächst schienen, in diesem Sinne ein Rückschritt gegenüber den Schallplatten, die man bei halbwegs anständiger Pflege sicherlich hundert Jahre verwenden kann. Zerbrechen können sie, haben aber kein eingebautes Verfallsdatum wie Audio- oder Videocassetten. Und so weiter. Die schon damals alte Spiegelreflexkamera, die ich von meinem Opa geschenkt bekam, funktioniert immer noch. Die Digitalkamera wird in ein paar Jahren hinüber sein.

Nehmen wir Spielsachen: Bauklotz, Legostein, Playmobilfigur werden viel benutzt und dann weitervererbt. Dagegen gibt es immer mehr Dinge, die von Anfang an nur dafür gedacht sind, eine Zeitlang zu funktionieren - angefangen bei den piepsenden Plastiktieren in der Juniortüte bei McD, Knopfzelle inklusive, die nach kurzer Zeit im Müll landen, hin zu sog. Lerncomputern, "digitalen Bilderrahmen" oder Tagebüchern mit einem elektronischen Mechanismus, der angeblich die Stimme erkennt und das alberne Plastikschloss dann öffnet. Nichts davon ist dazu geeignet oder überhaupt dafür gedacht, in ein paar Jahren noch zu funktionieren, weitergegeben oder aufgehoben zu werden. (Was das den Kindern übrigens vermittelt, ist noch mal ein eigenes Thema.)

Das ist doch Mist. Und jetzt fange ich an. Moralinsauer und man weiß das ja eh alles. Aber ich stelle mir in letzter Zeit immer wieder vor, wie es wohl auf Menschen vor, sagen wir, fünfzig oder hundert Jahren gewirkt hätte, hätte man ihnen erzählt: Also, man geht einkaufen, da gibt es dann so praktische Tüten aus Plastik, die werden extra hergestellt, man bekommt sie geschenkt, sie sind ganz leicht und stabil, echt toll, gut geeignet zum Transport, man muss keine schweren oder unhandlichen Körbe schleppen, zu Hause wirft man die Tüten dann übrigens weg und bekommt am nächsten Tag neue. Wenn man verschiedene Obstsorten oder Brot oder solche Sachen kauft, kommen die dann immer noch in so Extratüten. Die anderen Lebensmittel sind alle einzeln verpackt, die Verpackungen werden immer extra hergestellt, z.B. für einen Liter Milch, das ist so eine praktische Verpackung, extra mit Schraubverschluss, ja, die wirft man dann weg. Oder Joghurt, der ist in so einem kleinen Becher, den löffelt man leer und wirft ihn weg. Es gibt billige und teure Kleidung, die kauft man ständig nach und man wirft die dann nach einer Weile weg. Und Uhren und Kugelschreiber und Feuerzeuge. Wasserflaschen übrigens, die sind so leicht, ganz toll, man trägt fast nur das Wasser. Wie bitte? Ja, klar, das ist ein ganz schöner Aufwand, so was herzustellen. Wie? Nein, die werden dann immer weggeworfen! Man trinkt die leer und kauft immer neue.

Mann oh Mann. Damals die Idioten, die haben Obstbäume gepflanzt für ihre Enkel.

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