Mumien, Analphabeten, Diebe.
Du hast's gut, du hast dein Leben noch vor dir.
Mittwoch, 8. April 2015
Tick Trick Track
nnier | 08. April 2015 | Topic Todesbiest

2014


2015

Und es gibt doch noch Veränderungen. Ich weiß nicht, ob der Unterschied auffällt, aber ich trug den Großteil meines Lebens nichts am Arm. Etwa vor einem Jahr wachte ich nachts plötzlich auf und gab den Namen eines japanischen Uhrenherstellers in die Suchmaschine ein. Bis heute weiß ich nicht, woher der Impuls kam.

Ich stieß auf die Abbildung einer etwa 40 Jahre alten, wunderschönen Automatikuhr und spürte: Die musst du haben.

Es sind dann einige Uhren gekommen und auch wieder gegangen, erst nur des betreffenden Herstellers, dann andere Japaner, später auch Schweizer und Russen sowie Ost- und Westdeutsche. Hatte ich zu Anfang noch keine klare Präferenz und deshalb durchaus Quarzuhren dazwischen, so sind davon nur vereinzelte Exemplare übrig für den seltenen Fall, dass es mal auf die genaue Uhrzeit ankommt.



Denn der Rest ist Spaß an der Freude. Zwar habe ich noch keinerlei Ahnung von Uhrwerken, Stiftankern, Zeigerreibung und gebläuten Schrauben. Ich bin auch nicht sicher, wie tief ich da einsteigen will. Aber wenn es ein Muster gibt: Es soll ticken, es darf gerne 30 oder 40 Jahre alt sein, und ich will es tragen, nicht in einer Vitrine rumstehen haben.

Ich kaufe deshalb nichts Teures, sondern nehme gerne eine typische Alltagsuhr wie die da oben, einen unspektakulären Handaufzügler, den's vermutlich mal im Kaufhaus gab. Keine Uhr, auf die ich besonderen Wert lege, einfach die letzte, die zu mir gefunden und die übliche Routine durchlaufen hat: Altes Band abnehmen, Uhr reinigen und hübsch machen, einfaches Durchzugband montieren und ab zu den anderen.



Nennt mich albern, aber das macht mir Spaß. Rauchen ist teurer, jeden Morgen suche ich mir eine aus, und vielleicht zeige ich hier ab und zu mal was.

Bloß diese eine, die 40 Jahre alte, wunderschöne Automatik, die habe ich noch nicht.

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Donnerstag, 19. März 2015
Und sonst
nnier | 19. März 2015 | Topic Brainphuq
- Wir haben uns ja eine Weile nicht gesehen, es ist in diesem Jahr der erste Termin, wenn ich das richtig erinnere

- Ist ja auch ein Scheißjahr bis jetzt, und "Erinnern" wird nicht transitiv benutzt

- Mögen Sie das ein wenig erläutern

- Na das ist so eine typische und blödsinnige Übernahme aus dem Englischen, "To remember something", aber im Deutschen ist es nun mal reflexiv und heißt "Sich an etwas erinnern", und ich verstehe einfach nicht, wieso man ohne Sinn und Zweck plötzlich diese Managersprache sprechen soll. So wie "In 2015", wenn ich das schon höre

- Das habe ich jetzt aber nicht gesagt, oder

- Sie? Nee, nee, und ich will da auch nicht drauf rumreiten, darum geht's ja gar nicht, geht mir nur auf die Nerven. Sind aber auch alles längst geführte Debatten, ich komm mir schon vor wie so ein Rumpelstilzchen

- Worum geht es dann, Sie sagten "Scheißjahr"

- Ach, das kotzt mich einfach an, ich schleppe mich seit Weihnachten irgendwie durch, habe immer so ein latentes Krankheitsgefühl, bin auch schon wieder krankgeschrieben seit letzter Woche, hab's kaum zum Arzt geschafft. Würde am liebsten noch wochenlang auf dem Bett liegen. Kann mir gar nicht vorstellen, wieder zur Arbeit zu gehen, da krieg ich Schweißausbrüche. Gestern bin ich mal einkaufen gegangen die paar Meter, danach war ich total im Arsch

- Ist das die Grippe, die geht ja momentan rum, ich krieg es überall mit

- Das wär total schön, wenn das die Grippe wäre! Dann würde ich endlich mal Fieber haben und zwei Wochen rumschwitzen und dann wär's wieder vorbei! Nicht immer dieses Halbgare, dieses leichte Halskratzen, diese nicht wirklich schlimmen Kopfschmerzen, diese Schlappheit: Manchmal reicht schon die Treppe hoch und ich bin durch

- Und körperlich ist alles abgeklärt beim Arzt

- Na die hören einen ab und schauen einem in den Hals und sagen, komisch, dann müssen Sie sich weiter ausruhen und viel trinken

- Und so Blutbild und so

- Kommt erst noch, aber ich kenn das schon, da kommt eh nix bei raus. Mir geht das dermaßen auf den Sack, ich frag mich echt, ob die Welt immer anstrengender wird oder ob ich alt werde und abbaue

- Was strengt sie an in der Welt?

- Ach

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Mittwoch, 11. März 2015
71@71:#34
nnier | 11. März 2015 | Topic Musiq
- "Songs of joy instead of burn, baby, burn", na, wie schmeckt dir der Pädagogenpop? "Help them to learn", nimm das!, und irgendwas mit Kindern, und Frieden ist besser als Krieg!

- Na ja, äh

Du willst noch mehr? Da hast du! "I light a candle to our love / In love our problems disappear." Und jetzt Kinderchöre, na, wie gefällt dir das? Oder muss ich erst den bunten Pullover rausholen?

- Gnade, Herr! Gnade! Ich werde nie wieder sagen, dass die 80er die "geilste Dekade" waren! Das habe ich nur diesem einen Radiosender nachgeplappert, ehrlich!



Damals hatte ja gerade erst unsere Nicole mit "Ein bisschen Frieden" den Grand Prix de la Chanson d'Eurovision gewonnen, und schon beim Finale, als sie den Song noch einmal darbot und ihn ganz spontan in verschiedenen Sprachen sang, müssen Paul vor dem Fernseher die ersten Ideen gekommen sein, ich meine: "Just like a flower when winter begins / Just like a candle blown out in the wind", Linda, gib mal Bleistift!, "A little loving, a little giving, to build a dream for the world we live in": Was hältst du von "All round the world / Little children being born to the world", du, da mach ich was draus!

Ich war damals noch klein und wurde in diesen Jahren von einem inneren Nagen befallen, das bis heute nicht gänzlich nachgelassen hat. Irgendwas in dieser ganzen Friedenssoße schmeckte falsch, da war zu viel "Piep-piep-piep-wir-ham-uns-alle-lieb" drin, das war banalstes Saccharin, leere Kalorien und eindeutig regressiv im Abgang.

Tierschutz, Kinderschutz, wir können uns alle wunderbar drauf einigen, und dieser ekelhafte Sound der Selbstgerechten ("Jeder hat das Recht auf einen bescheuerten Post – zumindest, wenn er versteht, was er falsch gemacht hat. [...] Er sagt, er verstehe inzwischen selbst nicht mehr, was daran witzig sei. Er sagt, ihm sei durch die Diskussion bewusst geworden, dass es einen 'blinden Fleck' bei ihm gebe. Er sagt, er wolle daran arbeiten. Und er hat um Entschuldigung gebeten"): Schauprozesse, Selbstkritik, Stalin sophisticated, vielleicht sollte man einen Song draus machen.

I light a candle to our love, jetzt bin ich vom Thema abgekommen. Mir war das damals ein wenig zu viel des "Guten", erst Ebenholz und Elfenbein, dann die Friedenspfeifen, all das in familientauglicher George-Martin-Produktion: Selten hat die Helter-Skelter-Gitarre dröhnender geschwiegen. Und man versteht die Vorbehalte gegen den 80er-Paul umso besser, je mehr man sich in diese Zeit zurückversetzt.

Blöd nur, dass da echte Könnner am Werk waren: Es ist halt auch ein toll komponiertes, durchaus komplexes Stück Popmusik, und man ignoriere mal die Frisur und die schlechte VHS-Qualität: An diesen Reglern herumzudrehen, muss die reine Freude sein, z.B. hier oder ein paar Sekunden später, wenn die Tablas einsetzen. Und auch wenn ich kein Freund dieser massiven Unisono-Hintergrundchöre mehr werde ("What do you say / Do you saaay / ..."), habe ich mit diesem Stück längst meinen, ähm, Frieden.

Was das Recht auf einen bescheuerten Post angeht, bin ich mir da nicht so sicher.

Platz 34: Pipes of Peace (1983)

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Mittwoch, 25. Februar 2015
71@71:#35
nnier | 25. Februar 2015 | Topic Musiq
Well the Ukraine girls really knock me out.



Könnten nicht einfach Singwettbewerbe stattfinden, fragt das innere Friedenskind in mir und weiß gar nicht, ob so etwas in der Ukraine momentan möglich wäre. So ein nettes Geburtstagsständchen zum 71.! Gerade mal anderthalb Jahre ist das her, und seither sitze ich ja auch an dieser kleinen Serie hier.

Dieses Lied klingt natürlich so alt, wie es ist, nämlich von 1973. Ich muss dabei immer an Filme mit dem jungen Dustin Hoffman denken, auch wenn das Mrs. Robinson und Simon&Garfunkel waren. Aber die Erinnerung wird unscharf, die Farben verwaschen, what's the use of worrying, und dieses Lied begeistert nicht nur die Russen auf dem Roten Platz, sondern auch jede Menge freundlicher Ukrainer, die sich da was wirklich Tolles ausgedacht haben:



Hinreißend, oder? Ho! Hey-ho!

Platz 35: Mrs. Vandebilt (1973)

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Dienstag, 10. Februar 2015
71@71:#36
nnier | 10. Februar 2015 | Topic Musiq


Zu Hause im Plattenschrank stand eine Scheibe von Tom Jones, und einmal, an Silvester, sangen die Erwachsenen laut Delilah und jemand zerschmiss ein Glas Rotwein, darüber erschrak ich. Es war für mich schon als Kind eine merkwürdig zeit- und ortlose Musik, ähnlich manchen Stücken von Neil Diamond: Man spürte nicht, woher das kam, es hätte beinahe neu, aber auch schon Jahrzehnte alt sein können. Das war kein Rock, das war aber auch nicht James Last. Hätte ich damals schon einen Begriff von Las Vegas gehabt, wäre mir viel Grübelei erspart geblieben.

I saw the flickering shadows of love on her blind, dieser dramatische Beginn, spannungsgeladenes Bassdammdammdamm, dann plötzliches Schmachten und Kieksen im Refrain - und vor allem die banale Trompete, why, why, why, Delilah, trölölölölölölölölö - was für eine seltsame Mischung aus Opernpathos und Trinklied.

[Zwischentext Tiger, Witzfigur, Schlüpferschmeißen, Sex Bomb, Art of Noise - kennt eh jeder auswendig]

Ach mensch, das ist ja gar nicht Tom Jones da oben! Der wollte vor ein paar Jahren auch mal so eine wertige Altersplatte aufzunehmen, die Zutaten sind ja seit Johnny Cash bekannt: Spartanische Instrumentierung, aufs Wesentliche reduziertes Arrangement, edelreife Altersstimme. Vorgestellt wurde die Scheibe in einer Radiosendung, und ich war nicht übermäßig beeindruckt, zumal ich ständig Angst vor einem lauten und tigerhaften "Yeah!" hatte, dieser Bariton kann einem ja wirklich auf den Zahn gehen.

Bis diese Melodie erklang, denn es ist ein schöner Song, den Paul McCartney da zu einem bereits vergessenenen Familienfilm auftragskomponiert hat: Getragen, gemächlich und so delikat, dass sie sich ganz unmerklich ins Ohr setzt - und dableibt.

"Mir fehlt da noch ein Intro", soll der Filmregisseur gesagt haben, na dann schreiben wir halt eins, ist doch nix dabei. Mit diesen paar feinen Klaviernoten sammelt er mich schon ein, und dann kommt die große Produktion mit Streichorchester: Reichlich aufgetragen, aber er kann's, der Franz. Oder, kurz gesagt: Yet another overlooked late McCartney song.

Platz 36: I Want To Come Home (2009)

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