Mumien, Analphabeten, Diebe.
Du hast's gut, du hast dein Leben noch vor dir.
Freitag, 22. Februar 2013
Nach kurzer schwerer Krankheit
nnier | 22. Februar 2013 | Topic In echt
Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie wir uns kennenlernten, da standen wir beide auf dem Schulhof herum, etwas abseits des Getümmels, die Hände in den Taschen und mit Gesichtern, die gelangweilt wirken wollten. Er hatte immer diese Jeansjacke an; dennoch sah er mindestens so verängstigt aus wie ich. Er sprach mich an, dann unterhielten wir uns, saßen bald nebeneinander, waren fast unzertrennlich, ein paar Jahre.

Es gibt diese Beziehungsabbrüche mit dem großen Knall, der großen Enttäuschung, man spannt sich die Freundin aus oder nervt sich im Urlaub so schlimm an, dass es nie wieder wird wie vorher. Manchmal passiert es auch einfach so.

Wir waren ziemlich unterschiedlich, schon von den Elternhäusern her, und ich kann mich nicht daran erinnern, dass jemals der eine beim anderen übernachtet hätte; doch hatte die Freundschaft zeitweilig etwas fast Exklusives an sich, wir nannten es "Club", wenn wir uns jeden Nachmittag trafen, und dieser Club bestand nur aus uns beiden.

Später begeisterten wir uns für Timm Thaler und gründeten einen Tommi Ohrner Club, Mitglieder: 2, inserierten dann irgendwas in der Bravo und bekamen haufenweise Zeitschriftenausschnitte zugeschickt, immer die gleichen mit dem strahlenden Tommi Ohrner. Begeistert wurden wir gefragt, wie man in unserem Club Mitglied werden könne. Das hatten wir uns gar nicht überlegt, fühlten uns verpflichtet, gerieten langsam in Stress, entwarfen einen Clubausweis und verfielfältigten ihn mit diesem lila Matritzending. Aber das Porto fürs massenhafte Versenden überforderte uns schon bald. Jahrelang gemahnte eine hölzerne Kiste voller Tommi-Ohrner-Artikel mit Vorhängeschloss in meinem Zimmer mich an all die wartenden, enttäuschten Tommi-Ohrner-Fans da draußen. (Damit ich es nie vergessen sollte, wurde bis vor wenigen Jahren automatisierte Werbung für "Herrn Tommi Club Ohrner" an meine Heimatadresse geschickt.)

"Was ist denn in der Kiste da", fragten mich später andere Freunde, "Weiß ich nicht", log ich zur Antwort, und dass ich den Schlüssel verloren hätte. Da war ich schon an der anderen Schule, das war diese besondere Schule, um die es einen Kulturkampf gegeben hatte, der Riss ging quer durch die Stadt und meine Lehrerin hatte mich ausdrücklich davor gewarnt, dorthinzugehen. Ich war begeistert von dem Gebäude; er ging vermutlich nur meinetwegen mit. Denn das passte eigentlich nicht, und all das Lehrergeduze und strukturlose Rumrennen überforderte ihn noch mehr als mich, so habe ich mir das immer erklärt. Ich war heiser und völlig k.o., wenn ich nach Hause kam; ihn ärgerten sie, er regte sich oft furchtbar auf, wurde krank, und wir verabredeten uns kaum noch, fuhren nachmittags ziemlich erledigt zusammen mit dem Bus zurück, dann ging jeder nach Hause.

Es können nur ein paar Wochen gewesen sein, und in meiner Erinnerung wird es unscharf. Die neuen Eindrücke waren massiv, alles war völlig anders als gewohnt, 30 laute Schüler in der Klasse, das große Gebäude, Gruppendynamik, Stuhlkreise, da kamen die ersten Ferien gerade recht. Es waren die Herbstferien und er rief mich an, ob wir uns mal treffen könnten, am besten gleich, und bitte bei ihm. OK, sagte ich, worum geht's denn, ach, das ist nicht so gut am Telefon, meinte er, und ich ging mit einem komischen Gefühl los. Ein paar Wochen vorher noch wäre es völlig normal gewesen, diesmal lief ich ganz angespannt hin und die Treppen hoch.

Die Situation war sehr schwierig für mich. Man hieß mich herzlich willkommen und pries unsere lange Freundschaft, es gab Kuchen, wir saßen am Tisch und ich spürte, dass die was wollten. Sie sagten, die neue Schule sei zu anstrengend für ihn und dass man da gar nichts lerne, er wolle gerne zu einer anderen Schule gehen, und wir seien doch so gut befreundet, und wir hätten dann auch wieder mehr Zeit nachmittags, und ich hörte es mir an und es zerriss mich halb, doch ich blieb dabei, ich sagte immer wieder, dass ich weiter zu dieser Schule gehen wolle, dass ich nicht wechseln wolle, da redeten sie auf mich ein und beschworen mich, dass ich es mir doch überlegen solle. Mit schlechtem Gewissen ging ich nach Hause und wusste, dass ich dabeibleiben würde.

Wir haben uns danach genau einmal wiedergesehen, beide mit den Müttern in der Stadt, trafen wir uns zufällig, sahen zu Boden und scharrten mit den Füßen, während man sich weiter oben erzählte, wie groß die Jungen geworden seien.

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Sonntag, 27. Januar 2013
Pupsibär im Nahverkehr
nnier | 27. Januar 2013 | Topic In echt
Als sie die Bordrestaurants einsparten, warben sie: Toll! Jetzt ist der ganze Zug ein Restaurant! Jemand spaßte damals: Bald sperren sie die WCs zu, dann heißt es: Toll! Jetzt ist der ganze Zug eine Toilette!

Dran denken musste ich heute, als mir die Geschichte von Sven Pupsibär erzählt wurde, die ging so: Sven Pupsibär (ha ha ha!) ist im Stadion. Da spielt der FC Ente 05 (ha ha ha!) gegen eine andere Mannschaft. Es sind 45324 Enten im Stadion (ha ha ha!), 12788 Katzen (ha ha ha!) und 14 Menschen. Im Tor steht Sven Pupsibär (ha ha ha!). Da könnte auch ein Mädchen spielen, die Freundin von Sven Pupsibär heißt nämlich Klara Pinkelnichtgut (ha ha ha!), aber heute spielt Sven Pupsibär. Und die gegnerische Mannschaft schießt voll drauf. Und Sven Pupsibär kriegt den Ball voll ins Gesicht (ha ha ha!). Und dann wird der Ersatzball geholt (ha ha ha!). Und dann schießen die wieder drauf (ha ha ha!). Und Sven Pupsibär hält ihn wieder mit seinem Mund (ha ha ha!). Und es werden insgesamt 89 Bälle von ihm gehalten, bis keine mehr da sind (ha ha ha!).

Das waren die drei aufgedrehten Kinder, die da immer so herzhaft gelacht haben. Haben Sie auch eigene Kinder, fragte der Papa zwischendurch den älteren Herrn gegenüber, Nein, sagte der, Die Kurzen sind n büschen müde, wir waren heute Schlittenfahren, sagte der Papa, und der ältere Herr lächelte und sagte, dass er gleich seine Machete rausholen und kurzen Prozess mit der ganzen Saubande machen werde, da bin ich aber nicht ganz sicher, ob ich richtig gehört habe, die saßen nämlich alle ziemlich weit weg von mir, und der ältere Herr hatte ja eine ganz normale Stimme und nicht so ein dröhnendes Organ wie der Papa, der sich im Lauf der Reise noch ganz tolle Geschichten von Stinkefuß (ha ha ha!) und Popoklatsch (ha ha ha!) ausdachte, und da war es wieder: Toll! Jetzt ist der ganze Großraumwagen ein Eltern-Kinder-Abteil!, und ich ließ mich beim Bimbospielen auch nicht weiter stören, ich glaube, die 30 anderen Fahrgäste zwischen uns und Sven Pupsibär hatten es da teilweise schwerer.

Bimbo, doch, das kennen Sie! Das ist so ein Kartenspiel, ganz lustig, man muss quasi immer überbieten und wer als erster keine Karten mehr hat, der ist der König, und wer als letzter noch welche hat, der ist der Bimbo. Und das Tolle an dem Spiel: Wenn die Karten neu verteilt sind, muss der Bimbo dem König seine zwei besten geben und der König gibt ihm seine zwei schlechtesten dafür. Das macht dieses Spiel so lustig, dass man es unheimlich schwer hat, aus dieser Verliererposition wieder herauszukommen. Aber wenn man es dann doch schafft: Super!

Jetzt ist es nur so, als ich noch zur Schule ging, habe ich nicht mal gewusst, dass "Bimbo" ein negativ konnotierter Ausdruck ist, und speziell wusste ich nicht, welche Gruppe von Menschen durch diesen Ausdruck herabgewürdigt wurde. Ich dachte einfach: Bimbo, hö, das ist halt ein lustiges Wort für den, der verloren hat. Und später, als man uns drüber aufgeklärt hatte, nannten wir das Spiel "Arschloch". Wer als letzter noch Karten hatte: Ha ha ha! Du bist das Arschloch!

Und das war auf der Hinfahrt so lustig, denn Sven Pupsibär war ja auf der Rückfahrt, als ich noch hoffte, rechtzeitig zur Lesung von Wolf Haas wieder in Bremen zu sein. Das hat dann nicht geklappt, schade, dafür aber hörte ich immerhin Sven Pupsibär. Auf der Hinfahrt nämlich war mir urplötzlich dieses Spiel wieder eingefallen, und da erklärte ich begeistert (und aber mit gedämpfter Lautstärke - ein Konzept, das nicht jedem geläufig ist), dass mir da soeben ein Kartenspiel wieder eingefallen sei, das habe mal (geflüstert) Bimbo geheißen und später (geflüstert) Arschloch, und schon erklärte ich die Regeln und wie das mit dem komischen Wort so sei, nämlich das kannte sie auch gar nicht, und ich sagte: Das muss man halt wissen, dass das so ein negativ konnotiertes Wort ist, will ich hier im Zug auch nicht so laut sagen, aber lustiges Spiel, wirklich, und dann spielten wir es und lachten viel.

Nun war das aber Nahverkehr, und da fahren halt solche Leute mit und solche. Der Großraumwagen war fast leer, lauter freie Sitze, nur neben uns, auf der anderen Seite vom Gang, saß eine junge Frau. Als der große, tapsige Mann hereinkam und sich schnaufend genau ihr gegenübersetzte, runzelte ich innerlich die Stirn, merkte aber in kürzester Zeit, dass es sich nicht um so einen handeln konnte. Der wandte nämlich seine ganze Aufmerksamkeit unverblümt unserer Kartenrunde zu und folgte hochkonzentriert dem Spielverlauf. Tja!, rief er begeistert, So kann man sie sich schnappen, was!, und meine Antwort (Ja, ja, he, he) schien ihn nur weiter anzuspornen: Spielen Sie da Skat, fragte er, Nein, sagte ich, die Augen wurden größer und mit offenem Mund beobachtete er weiter das Geschehen.

Spielen Sie da Doppelkopf, fragte der Mann, Nein, sagte ich, nur so ein ganz einfaches Kartenspiel. Du bist dran. Der Zug wurde langsamer, wir näherten uns dem Zielbahnhof, da hielt er es nicht mehr aus. Wie heißt denn das Spiel, das Sie da spielen, fragte er ganz aufgeregt, und ich sagte: Weiß ich nicht, wie das heißt, hab ich echt vergessen, wie das heißt.

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Sonntag, 13. Januar 2013
Wiederkehrendes Motiv
nnier | 13. Januar 2013 | Topic In echt
Ich stand da, in jeder Hand eine Sektflasche, es war der Tag vor Silvester. Ich konnte einfach nichts tun, als der Weihnachtsbaum sich neigte.



Ich stand da, eine Hand im Schritt, es war der Morgen nach Silvester. Ich konnte einfach nichts tun, als der heiße Stein vom Raclette auf dem Boden zerschellte.

Ich stand da, eine flache Kelle in der Hand, es war der letzte Urlaubstag. Ich konnte einfach nichts tun, als die Lasagneform aus dem Ofen rutschte und klirrend zerbrach.

Ich stand da, in der Hand den brodelnden Wasserkocher, es war heute nachmittag. Ich konnte einfach nichts tun, als das Glas auseinandersprang und sich der Inhalt über meine Oberschenkel ergoss.



Das alles könnte einem zu denken geben, ist ja gerade mal Mitte Januar.



Dann aber wieder können einem auch ganz andere Sachen zu denken geben.



Scheiße noch mal. Den Weg kenne ich. Und den Wirt.

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Donnerstag, 6. Dezember 2012
Hier gibt es kein Geld
nnier | 06. Dezember 2012 | Topic In echt
Wahrscheinlich ist strikt verboten, was er tut. Andererseits ist er ein Held.

Wenn man reinkommt, schrappt ein an die Tür geschraubtes, grob zugeschnittenes Stück Plastik an mehreren völlig verstimmten Gitarrensaiten entlang. Das Geräusch ist einmalig und kommt für mich knapp nach dem Eröffnungsakkord von A Hard Day's Night.

Man legt dann ein paar Meter durch den Laden zurück, in dem kaum etwas zu sehen ist, wahrscheinlich gibt es ein paar Regale mit Alkohol und Süßigkeiten, für die Fläche aber viel zu wenig. Normale Kiosks sind eng und übertrieben vollgepackt. Hier ist richtig Platz, und es gibt keinen Bistrotisch und keinen Coffe-To-Go.

Irgendwo steht ein offener, leerer Pappkarton. Daneben ein uralter Plastikmülleimer mit Coca-Cola-Logo. In beiden wird nach einem nicht näher erkennbaren Prinzip Müll gesammelt.

Irgendwo steht ein Karton mit gebrauchten Taschenbüchern. Dunkel meine ich mich zu erinnern, auch ein paar einsame Zippo-Feuerzeuge gesehen zu haben. Das wären aber echte Wertgegenstände, und hier wirkt eigentlich alles ärmlich.

Es gibt einen kleinen Fernseher, keinen flachen, modernen, sondern ein winziges Röhrengerät steht irgendwo hinterm Tresen. Meist schaut er fern, wenn ich reinkomme, und der verstimmte Gitarrenklang kommt ganz verzögert bei ihm an, jedenfalls hebt er erst nach einigen Sekunden den Kopf.

Vor dem Laden steht ein ausrangierter, gläserner Coca-Cola-Kühlschrank. Ich weiß nicht mal, ob man in dem Laden eine Cola bekäme. In dem Kühlschrank stehen und liegen Bücher. "Büchertausch", steht auf einem vergilbten Schild, und dass man nehmen und bringen kann, wie man mag, aber das tut keiner, ich sehe seit Ewigkeiten dieselben Titel drinstehen.

Das ist noch nicht so lange her, ein paar Monate vielleicht, da fuhr ich mit dem Fahrrad zur Arbeit und konnte den normalen Weg nicht nehmen, alles war von der Polizei abgeriegelt, es gab richtige Straßensperren und diese Leute mit schwarzer Montur und Helm überall. Ich habe dann einen anderen Weg genommen. Mittags kam in den Nachrichten, dass ein Überfall stattgefunden habe, ein Laden sei überfallen worden, man habe dann den bewaffneten Täter unter Einsatz von Spezialkräften in dessen eigenem Haus gestellt.

Hier gibt es kein Geld, hat der Mann aus dem Laden zu dem Mann mit der Waffe gesagt, der ist dann nach Hause gegangen und vom SEK abgeholt worden. Der Mann im Laden hat einfach weitergearbeitet.

Ich wusste gar nicht, dass das bei ihm war, außerdem rauche ich kaum noch, aber wenn ich welche kaufe, dann dort, und ich bin mir fast sicher, dass das streng verboten ist, was er tut, sonst denkt am Ende noch jemand, Rauchen sei nicht tödlich.

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Montag, 3. Dezember 2012
Apfelbäumchen
nnier | 03. Dezember 2012 | Topic In echt


Er hatte wieder ein Päckchen bekommen, drin zwei Lagen Äpfel, gut gepolstert und verpackt. Er hat sich gefreut: Sind die von meinem Baum! Einen hat er probiert, der war ihm zu sauer. Sind jetzt aber schon ganz schön viele, hat er gesagt, und das stimmt auch: Früher haben wir uns gefreut, wenn überhaupt mal ein Apfel dranhing, das Bäumchen war auch die ganze Zeit kaum gewachsen, und jetzt kann man immerhin schon ein Päckchen packen mit der Ernte.

Er war jetzt schon länger nicht bei seinem Baum, vielleicht würde er sagen: Der ist ja doch ganz schön gewachsen, der Baum, ich habe lange nicht mehr nachgesehen.

Einmal, als ganz Kleiner, hatte er ein winziges Bäumchen mitgebracht und in unseren Vorgarten gepflanzt. Das wuchs ganz vorsichtig vor sich hin, und wir wussten nicht, was für ein Bäumchen das war, jahrelang, und wir sagten: Was das wohl mal für ein Baum wird! Irgendwann nachts rissen Idioten es ab, da wollte ich ihn trösten, da war er mit etwas anderem beschäftigt und blieb es vielleicht auch.



Das roch so gut, vorhin, da kam er, setzte sich zu mir und wir aßen zusammen Bratäpfel. Weißt du was, sagte ich, das sind die von deinem Baum. Das hat ihn gefreut, und das hat mich gefreut.

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Sonntag, 18. November 2012
Scheibchenweise im Dienste des Spitzkohls
nnier | 18. November 2012 | Topic In echt
Mein Frohsinn, mein Frohsinn
Der Gemütlichkeit
Mein Frohsinn, mein Froh-oh-sinn
Der Gemüt-lich-keit




Am nächsten Tag ging ich doch mal in die Chirurgie. Fast wäre ich auch drangekommen, da kam dieses Teenagermädchen und hatte ein dunkelrotes Geschirrtuch um die Hand gewickelt. "Ich hab mir die Fingerkuppe abgeschnitten, ein ganzes Stück", und sie durfte zuerst rein.

Später, ich hatte es mir auf der Liege bereits gemütlich gemacht, kamen die beiden Frauen in Grün. "Eine Defektwunde, was willst du da nähen - ist ja nix da! Gemüseraspel ist ganz typisch", belehrte die ältere ihre junge Kollegin, "trotzdem hätten Sie gleich kommen müssen! Wir können nur in den ersten sechs Stunden etwas machen. Spitzkohl, eh?"



Dann säuberte und wickelte sie mich. "Keine Wasserspiele die nächste Zeit", wurde ich noch ermahnt, hüpfte dankend von der Liege, wünschte einen schönen Sonntag und summte schon wieder dieses Lied.

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Donnerstag, 15. November 2012
Da hat man einmal magische Kräfte und dann ist es auch wieder nicht richtig.
nnier | 15. November 2012 | Topic In echt
Erster Akt.

Seid mal bitte still. Wir machen zum Aufwärmen ein neues Spiel. Das Spiel heißt Peter Pan.

Das kenne ich! Das kenne ich!, schreit der Junge begeistert. Ich will Peter Pan sein!

Warte mal. Ich muss das doch erst allen erklären. Das Spiel geht so: Es gibt drei Fänger.

Aber ich will Peter Pan sein! Darf ich Peter Pan sein!, schreit der Junge.

Du musst warten. Ich habe noch nicht alles erklärt. Also. Es gibt drei Fänger. Die kriegen Bänder. Die müssen dann versuchen, die anderen Kinder zu berühren.

Und ich bin Peter Pan!, schreit der Junge. Ich will Peter Pan sein!

Warte doch mal! Wenn die Fänger jemanden getroffen haben, muss der sofort stehen bleiben. Der darf nicht weiterlaufen! Man muss vor den Fängern immer weglaufen. Aber wenn man getroffen ist, bleibt man stehen und bewegt sich nicht mehr vom Fleck. OK?

Und ich bin Peter Pan!, ruft der Junge.

Sei doch mal kurz still. Wenn alle stehen und keiner mehr laufen darf, haben die Fänger gewonnen. Also man muss versuchen, sich nicht fangen zu lassen. Aber es gibt noch einen besonderen Mitspieler, das ist Peter Pan.

Das bin ich!, ruft der Junge, das will ich sein!

Lass mich mal zu Ende erklären. Die Fänger müssen vor dem Spiel kurz raus aus der Halle. Dann bestimmen die anderen heimlich einen, der Peter Pan sein soll.

Darf ich? Darf ich Peter Pan sein?, ruft der Junge.

Hör doch mal zu. Die Fänger dürfen gar nicht wissen, wer Peter Pan ist. Nämlich Peter Pan hat magische Kräfte und kann die getroffenen Kinder, die stillstehen müssen, wieder befreien. Wenn Peter Pan die berührt, dann dürfen sie wieder weiterlaufen.

Das mache ich!, schreit der Junge, können wir jetzt anfangen!

Also die Fänger sollen nicht wissen, wer das ist, also der Peter Pan muss ganz unauffällig bleiben und wie alle anderen weglaufen. Aber er muss die befreien, die sich nicht mehr bewegen dürfen, und zwar so, dass die Fänger das nicht merken, wer er ist! Nämlich wenn sie ihn treffen, dann haben sie schon fast gewonnen, dann kann er ja niemanden mehr befreien, weil er selber stehenbleiben muss!

Ja!, Ich weiß!, ruft der Junge, können wir jetzt endlich anfangen, und ich will Peter Pan sein!

Also wer will Fänger sein. Du, du, und du. OK. Ihr nimmt euch jeder ein Band und geht mal kurz raus. Wir rufen euch dann rein. So! Also, was meint ihr, wer ist Peter Pan?

Ich! Ich! Ich will das sein!, ruft der Junge.

Ja, das ist jetzt ein bisschen blöd, du hast das so oft gesagt, da denken sich die Fänger das ja gleich. Du darfst später. Jetzt erst mal jemand anders.


Zweiter Akt.

Ein Spiel findet statt. Fänger fangen Kinder, "Peter Pan" befreit sie unauffällig.


Dritter Akt.

So, jetzt geht ihr drei mal raus, ihr seid diesmal die Fänger. Wir rufen euch dann rein. So. Wer soll denn diesmal Peter Pan sein?

Ich!, ruft der Junge, ich will Peter Pan sein!

Na gut, dann bist du es jetzt. Denk dran: Die sollen das nicht merken. Du musst ganz normal vor denen weglaufen. Und dann befreist du heimlich die, die schon getroffen worden sind.

Ja!, Ja!, ruft der Junge, diesmal bin ich Peter Pan!


Musikalisches Zwischenspiel.

La-la, lalala, la la, lalala, tidüü, tidüü.
La lalala, la la, lalala, tidüü, tidüü.
La la la laaa, la la la laaa.
La la la la-ha-ha, la la la laaa.
Tü tü, tütütü. Tü tü, tütütü. Tidüü, tidüü.
Tü tü, tütütü. Tü tü, tütütü. Tidüü, tidüü.

Hum, hum, hum, hum, huuuum:
La, la, lalala, la la, lalala, tidüü, tidüü.


Vierter Akt.

Die Fänger kommen herein, alle Kinder laufen vor ihnen weg. Die ersten werden getroffen und bleiben stehen.

Ich komme!, rennt der Junge hin, schlägt sie mit großer Geste ab und ruft dabei laut und begeistert: Wuuusch!

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Mittwoch, 17. Oktober 2012
Stick it
nnier | 17. Oktober 2012 | Topic In echt
Manchmal wünsche ich mir die Telefonbank auf dem Flur zurück. Ein schnurgebundenes Telefon, das da steht und zu dem man hingeht.



Man müsste eine Theorie der Verklumpung aufstellen, rein rechnerisch sollten sechs schnurlose Apparate für den Hausanschluss ja genügen. Aber egal, wo ich gerade bin: Wenn das Telefon vielstimmig drauflospiept, renne ich verzweifelt von Zimmer zu Zimmer, quer durch die Etagen, reiße Türen auf und hebe Bettdecken hoch, man kann diese elektronischen Klänge ja sehr schlecht orten, manchmal bin ich schon ganz nahe - und dann springt der Anrufbeantworter an.

Eine Normalverteilung will sich da einfach nicht einstellen, und auch wenn ich regelmäßig alle Handapparate auf die entsprechenden Ladeschalen verteile, muss ich nur mal kurz aus dem Haus gehen, schon ist keines mehr zu finden.

Es ist mir deshalb wichtig, diese Telefone alle am Leben zu erhalten, denn noch weniger dürfen es auf keinen Fall werden. Es handelt sich um zwei Dreierensembles: Eine Billigvariante und ein Modell des bekannten Herstellers, der früher mal schöne orange Wählscheibenapparate für die Deutsche Bundespost produziert hat.

Neulich musste ich drei Akkus nachbestellen. Es war zu wiederholten Gesprächsabbrüchen gekommen. Zwei konnte ich ersetzen, das dritte Gerät aber blieb verschwunden, es musste spannungslos irgendwo liegen und konnte deshalb auch nicht über die akustische Suchfunktion geortet werden.

Wie froh war ich deshalb, als gestern jemand das schwarze Handteil doch noch in einer Schublade fand! Nun musste ich nur noch den Akku austauschen. Dann aber erkannte ich, warum es jemand beiseitegelegt hatte: Einer der beiden Stiftkontakte an der Unterseite war abgebrochen, so dass das Gerät beim Einsetzen in die Ladeschale gar keinen Kontakt bekam.

Es ist ja so: Der normale Billighersteller versieht seine Schnurlostelefone mit zwei Kontaktflächen, die auf entsprechenden Gegenstücken aufliegen, wenn man das Gerät zum Laden in die Station stellt. Nur Tante Siemens muss ankommen und sich etwas Umständliches ausdenken: Machen wir Stiftkontakte, die in geringem Abstand von einem Plastikrand umfasst sind. In die Ladeschale jedoch bauen wir gefederte Kontakflächen, die sich wiederum in einer kleinen Öffnung befinden, so dass der Stift genau in diese Führung gesteckt wird, wo er sich den begehrten Saft ziehen kann. Toll!

Vielleicht telefonieren manche Menschen temperamentvoller als ich, jedenfalls legen sie so auf: Schon oft musste ich die blöden Stiftkontakte wieder senkrecht ausrichten, denn sobald sie auch nur leicht verbogen sind, treffen sie nicht mehr ihren Gegenkontakt, ganz im Gegenteil neigten sie zu noch viel stärkerem Verbiegen, wenn man meint, das Telefon mit Gewalt dennoch so weit in die Schale quetschen zu müssen, bis das kleine Bestätigungsgeräusch ("Bleep") erklingt. Meine Appelle ("Ihr müsst das Gerät exakt senkrecht aufsetzen, herrgottnochmal, das kann doch nicht so schwer sein!") blieben selbstverständlich ohne Wirkung. Und nun war ich mit einem gänzlich abgebrochenen Stiftkontakt konfrontiert!

Sie werden lachen, aber ich habe tatsächlich probiert, den Apparat auseinanderzubauen. Natürlich war er komplett verschweißt, so dass er nicht zerstörungsfrei zu öffnen gewesen wäre. Dann aber sah ich mir die Stelle mit dem fehlenden Stift noch einmal genauer an: Schimmerte es da drinnen nicht metallisch? Ich suchte also einen Nagel mit passendem Durchmesser, kniff mit der Zange den Kopf ab und schob ihn ins Gerät. Schnell noch auf Länge gebracht, schon konnte ich den originalen Nachkriegs-Ersatzstiftkontakt testen und das Telefon erwartungsfroh auf die Ladeschale setzen: Bleep!

Nun dachte ich an den rauhen Alltag dieser armen Geräte. Es war völlig klar: Der Nagel würde von unsensiblen Zeitgenossen beim gedankenlosen Auflegen irgendwann nach innen gedrückt werden, außerdem mangelte es an seitlicher Führung, so dass er bald wieder den winzigen Federkontakt verfehlt hätte.

Zwei eingetrocknete Tuben Sekundenkleber später fand ich doch noch ein Fläschchen Super Glue Gel, das ich äußerst vorsichtig um den Nagel herum applizierte, um ihn an seiner Position zu halten und ihm zugleich mehr seitliche Stabilität zu verleihen. Eine Stunde ließ ich das Zeug trocknen, prüfte noch einmal den Sitz des Nagels, setzte das Gerät vorsichtig in die Ladeschale und freute mich über das "Bleep". Das hatte geklappt! Zufrieden ging ich schlafen.



Heute früh klingelte das Telefon, still freute ich mich an seinem Klingeln. Dann rief jemand: Hey! Was ist das denn!? Ich kann das Telefon gar nicht abnehmen!

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Montag, 15. Oktober 2012
Working Class Pilz
nnier | 15. Oktober 2012 | Topic In echt
Irgendwie erinnert mich das schon wieder an die Beatles.







Jedenfalls gibt es Leute, die bei einem Spaziergang 48 Steinpilze finden. Zu denen gehöre ich nicht. Einmal suche ich und finde gar nichts, und wenn dann am nächsten Tag hier ein Pilz steht und da noch einer, denke ich: Pff, die paar!, jetzt können sie mich mal, das lohnt sich ja doch nicht.





Aber dann steht schon wieder so ein Butterpilz mitten auf dem Weg, da hinten gleich noch einer - und da oben eine ganze Ansammlung!, also habe ich den Rucksack geholt und ein Messer und bin noch mal los.





"Butterpilze lasse ich meist stehen, die haben nicht so einen besonderen Geschmack, die nehme ich nur mit, wenn's unbedingt Masse sein soll", hatte ich gerade noch aus der Steinpilzfraktion gehört, und ich kann mir das schon vorstellen, so ein Steinpilz gehört einfach zum Feinsten, das man essen kann, und getrocknet adelt er jede Soße und jedes Fleischgericht. Eine Ladung Pfifferlinge: Herrlich! Eine Krause Glucke: Ganz was Besonderes, etwas eigen, aber ein Genuss!





Dagegen fällt der gemeine Butterpilz tatsächlich ab, er schmeckt vor allem als Jüngling, dann hat er auch etwas mehr Aroma als etwa der Champignon, doch ich nahm natürlich alles mit, auch die großen mit der breiten Krempe, die nicht mehr so knackig glänzten, schließlich wollte ich meine Pfanne vollkriegen.



Das war dann eine ziemliche Fummelei, draußen wurde es schon dunkel, im Kerzenlicht prüfte, reinigte und schnitt ich meine Beute, die Stiele mussten weg und die schwammigen Röhren, da blieb netto gar nicht so viel übrig, also schmiss ich eine Gemüsezwiebel in die stirnlampenbeleuchtete Pfanne auf dem Holzfeuer und ließ alles zusammen schmurgeln.



Ein paar Steinpilze hätten sicher nicht geschadet, und nicht mal Pfifferlinge waren dabei. So blieb es beim reinen Butterpilz, kein übler Kerl, sehr basic, sehr down-to-earth, nur etwas Gesellschaft kann er durchaus gebrauchen.



Im Gegensatz zu mir.

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Montag, 8. Oktober 2012
Runter kommen sie alle
nnier | 08. Oktober 2012 | Topic In echt


Ich bin am letzten Tag da oben früh und friedlich aufgewacht, musste gar nicht weinen, zündete noch mal ein Feuer an, räumte auf und packte zusammen und spülte ab und fegte durch. Dann schloss ich ab, sah mich um und stieg hinab. Das dauerte ein paar Stunden und ging schön langsam. Es kamen ein paar Autos vorbei, einmal wurde ich per Handzeichen gefragt, ob ich mitfahren wolle, danke, nein!, rief ich, ich laufe!, aber danke!, und manchmal setzte ich den Rucksack ab und trank einen Schluck.



Am Ende wird es flacher, dann zieht es sich länger hin, als man denkt, aber es fühlt sich völlig richtig an, und ich hatte ja Zeit.



Diesmal war der Lärm ein echter Schock, der Verkehr da unten, die vielen Leute, da brauchte ich fast zwei Tage.



Ich erspare Ihnen das ganze Pathos. Aber schön war's schon.

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