Mumien, Analphabeten, Diebe.
Du hast's gut, du hast dein Leben noch vor dir.
Whatever happened
nnier | 30. Oktober 2023 | Topic Musiq
Ihr sagt dann wieder, es ginge ums Geld. Dazu sage ich nur, man kann das gar nicht zurückzahlen.

Im November 1995 lief alles auf die groß angekündigte Anthology zu, und ich glaubte, den sechs Jahre zurückliegenden, lebensverändernden Schock inzwischen halbwegs verarbeitet zu haben.

Außerdem: Jeff Lynne, und ich kannte Johns verrauschte Skizze von irgendwelchen Bootlegs. Das konnte ja nach all dem Hype vorab nur enttäuschen, also besser nichts erwarten!

Abends endlich alleine, legte ich die frisch gekaufte CD ein. Natürlich klangen die eröffnenden Schläge auf der Snaredrum genau so, wie man es bei einer Jeff-Lynne-Produktion erwartet hat. Georges Slide-Gitarre setzt ein, dann der dünne Geistergesang des seit 15 Jahren toten John, bald begleitet vom ebenso dünnen Falsett der mittelalten Herren Harrison und McCartney: Ich weiß noch, wie sich ganz leise die Vorahnung einer kleinen Enttäuschung einstellen wollte.

Es hat mich umso voller erwischt, genau an dieser Stelle. Wenn der älter gewordene Paul einsetzt und die Bridge singt, trifft mich das ins Mark, das hat sich bis heute nicht verändert. Ja, es ist ein mittelmäßiges Lied, und ich bin zutiefst dankbar, dass sie es zu Ende gebracht haben.

Später singt George eine abgekürzte Version derselben Bridge, und bevor man sich fragen kann, ob es davor schon ein Lied gegeben hat, in dem alle drei, John, Paul und George, jeweils einzeln zu hören sind, setzt die Gitarre von George zum weinenden Solo an, und im Hintergrund ist wieder 1967, das hört man ganz deutlich.

Ich habe buchstäblich Tage gebraucht, um mich davon zu erholen.



So war das, ihr Zyniker, bald ist wieder November, und ich sollte mir wohl ab Donnerstag besser freinehmen.

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klagefall, Montag, 30. Oktober 2023, 22:04
Ich warte seit Jahren darauf. Man muss ein paar Dinge auch mal zum Ende bringen. Ich bin sehr froh, dass sie es gemacht haben.

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nnier, Dienstag, 31. Oktober 2023, 09:18
Was mich neben vielem anderen für sie einnimmt: Dass es so wenig Ramsch gibt. Wieviel Mühe sie sich offenbar gerade diesmal wieder gegeben haben, wo sie doch mit viel weniger Aufwand deutlich stärker abkassieren könnten. Wie sie immer Würde bewahren.

Bei all den neuen Editionen, Deluxe und Expanded usw., die ich übrigens längst nicht alle kaufe, ist der Zugewinn an Klangqualität enorm, von den immer interessanten Bonustracks ganz abgesehen. (Man muss das allerdings auch emotional verarbeiten; neulich ließ mich jemand Revolver in "Dolby Atmos" hören, und ich kam nur bis Eleanor Rigby, dann musste ich den Kopfhörer absetzen und einen langen Spaziergang machen.)

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texas-jim, Dienstag, 31. Oktober 2023, 11:07
Auf meinem langen Heimweg saß ich gestern spätabends im Auto und ertrug mit einem Mal den Nachrichtensender nicht mehr, den ich sonst durchgehend höre, um mir selbst den pflichtbewußten informierten Bürger vorzuspielen. Ich schaltere um, genau in die Stille zwischen Moderation und Musik, und dann dieser eine Knall, der mir in einem Augenblick erklären kann, warum ein Schlagzeug so heißt, nach einer unendlichen Pause dann die Gitarre, die sofort mit den wenigen Tönen beginnt, bei denen ich mir sicher bin, daß sie vom Himmel gefallen sein müssen. Dazu der Gesang, wie ihn nur einer bringen kann, dessen Text ich auswendig und im Schlaf kann, und doch nie das ganze Lied mitsingen, weil ich so laut und so wild dabei werde, daß mir die Luft ausgeht. Like a rolling stone, und ich glaube, daß selbst Bob selbst die Interpretation der Rolling Stones lieber mag als seine eigene.
Was ich sagen wollte: Ich glaube, ich verstehe Ihre Begeisterung, wenn auch nicht unbedingt Ihre Musik.

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nnier, Dienstag, 31. Oktober 2023, 12:19
Ja, das mit dem vom Himmel Gefallenen kenne ich gut, und sogar der alte Griesgram R. Crumb sagte mal, alleine beim Hören von Musik (welche bei ihm wiederum eine ganz andere Richtung hat) spüre er manchmal so etwas wie Liebe zu seinen Mitmenschen. Ich mag gar nicht immer so pathetisch reden, aber es gibt Momente im Zusammenhang mit Musik, gleich ob Konserve oder Konzert, die zu den tiefsten, emotionalsten Erfahrungen meines Lebens gehören. Als wenig religiöser Mensch mag ich manchmal niederknien und die Welt dafür umarmen, dass sie mir dieses schenkt.

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