Die älteren unter Ihnen werden sich erinnern, es gab eine Zeit, in der die Schokoladentafeln nicht in eine stabile Folie aus Kunststoff eingeschweißt, sondern in Papier (außen) und eine dünne Alufolie (innen) verpackt waren. Man begegnet solchem meines Wissens heute nur noch im Premiumbereich, und vermutlich haben es die Käufer solch hochwertiger Ware nicht mehr nötig, die Folie glattzustreichen und aufzubewahren.
Höchstens der Concierge, dem eine anständige Bezahlung sicherlich wesentlich lieber gewesen wäre als eine aufgemotzte Berufsbezeichnung, hätte dafür Verwendung gefunden, denn er musste die Automatenmünzen verwalten, die man zum Stückpreis von 15 Cent in Zehnerröllchen bei ihm erwerben konnte, der sitzt da ja rum, der kann das doch machen, und so sah ich ihn immer wieder hinter riesigen Haufen Kaffecoins sitzen, die Silberlinge zu unzähligen Zehnerhäufchen aufschichten und diese dann mühsam in kleine Stückchen Alufolie einrollen.
"Ich hätte gerne 100 Coins", sagte ich dann, und er sah mich erschrocken an: "Hun-dert?", er betonte es jedes Mal so, und jedes Mal fragte er: "Für die ganze Abteilung oder wie?", und dass ich schon mehrfach erklärt hatte, nein, die seien nur für mich, das schien er sich nicht merken zu können. In Listen musste das dann alles eingetragen werden, ausgefüllt und unterschrieben, nicht dass da jemand eineh Schwarzhandel aufzieht und die Dinger für, sagen wir, 10 Cent unter der Hand weitergibt. Und hätte jemand meine oberste Schublade geöffnet, wer weiß, unter welchen Verdacht ich geraten wäre!
Dabei war ich nur ein ehrlicher Konsument, der alle paar Wochen den Concierge aufsuchte, ein wenig plauderte - und sich auf Dauer zu fragen begann, ob man ihm, der tagein, tagaus an seinem Platz sitzen und freundlich gucken musste, nicht wenigstens ab und zu eine Rolle Alufolie zur Verfügung stellen mochte, so abgenutzt sahen die Folienstücke aus, so sparsam verwendete er die mühsam zurechtgezupften und ganz offensichtlich mit den Fingernägeln glattgestrichenen Fetzen.
Wir haben ein stabiles Wachstum, und wir müssen alle wirtschaftlich denken, hier muss sich jeder immer wieder fragen: Was kann ich ganz persönlich zum Erfolg des Unternehmens beitragen, und wenn es für sich betrachtet wie eine Kleinigkeit erscheint - Herr B., z.B., wie wäre es, wenn Sie künftig die Silberfolie aus den Schokoladentafeln von zu Hause mitbringen, Sie sitzen da ja nur, Sie können doch nebenbei diese Folie glattstreichen und mit nur einer einzigen Folie, ich habe das mal ausgemessen, locker sechs bis acht Röllchen Kaffeecoins einwickeln, auch das ist ein Beitrag und zeigt, wie sich jeder mit dem Unternehmen identifiziert, und da Herr B. nicht wagt, die andächtige Stimmung bei der Weihnachtsfeier schon während der Ansprache des Vorstands zu stören, wird das ein trauriger Heiligabend im Hause B., Mama, wieso haben wir denn kein Lametta dieses Jahr, fragt die traurige Kinderstimme, und mit bösem Seitenblick spricht Frau B.: Weil dein Vater die Alufolie jetzt immer mit zur Arbeit nimmt, du armes Kind, Herr B. atmet hörbar aus, sieht zur Zimmerdecke und verspricht, dass bald alles anders werde. Dann steigt er in den Schwarzhandel ein, lose Münzen werden gegen die Parole "Können Sie mir bitte diesen Fünf-Euro-Schein kleinmachen" über den Tresen geschoben, die Wirtschaftsprüfer werden aufmerksam, plötzlich ist Herr B. nicht mehr da, man sagt, er habe sich mit dubiosen Lametta-Termingeschäften versucht und sei zuletzt wieder ins Münzrecycling eingestiegen.
Höchstens der Concierge, dem eine anständige Bezahlung sicherlich wesentlich lieber gewesen wäre als eine aufgemotzte Berufsbezeichnung, hätte dafür Verwendung gefunden, denn er musste die Automatenmünzen verwalten, die man zum Stückpreis von 15 Cent in Zehnerröllchen bei ihm erwerben konnte, der sitzt da ja rum, der kann das doch machen, und so sah ich ihn immer wieder hinter riesigen Haufen Kaffecoins sitzen, die Silberlinge zu unzähligen Zehnerhäufchen aufschichten und diese dann mühsam in kleine Stückchen Alufolie einrollen.
"Ich hätte gerne 100 Coins", sagte ich dann, und er sah mich erschrocken an: "Hun-dert?", er betonte es jedes Mal so, und jedes Mal fragte er: "Für die ganze Abteilung oder wie?", und dass ich schon mehrfach erklärt hatte, nein, die seien nur für mich, das schien er sich nicht merken zu können. In Listen musste das dann alles eingetragen werden, ausgefüllt und unterschrieben, nicht dass da jemand eineh Schwarzhandel aufzieht und die Dinger für, sagen wir, 10 Cent unter der Hand weitergibt. Und hätte jemand meine oberste Schublade geöffnet, wer weiß, unter welchen Verdacht ich geraten wäre!
Dabei war ich nur ein ehrlicher Konsument, der alle paar Wochen den Concierge aufsuchte, ein wenig plauderte - und sich auf Dauer zu fragen begann, ob man ihm, der tagein, tagaus an seinem Platz sitzen und freundlich gucken musste, nicht wenigstens ab und zu eine Rolle Alufolie zur Verfügung stellen mochte, so abgenutzt sahen die Folienstücke aus, so sparsam verwendete er die mühsam zurechtgezupften und ganz offensichtlich mit den Fingernägeln glattgestrichenen Fetzen.
Wir haben ein stabiles Wachstum, und wir müssen alle wirtschaftlich denken, hier muss sich jeder immer wieder fragen: Was kann ich ganz persönlich zum Erfolg des Unternehmens beitragen, und wenn es für sich betrachtet wie eine Kleinigkeit erscheint - Herr B., z.B., wie wäre es, wenn Sie künftig die Silberfolie aus den Schokoladentafeln von zu Hause mitbringen, Sie sitzen da ja nur, Sie können doch nebenbei diese Folie glattstreichen und mit nur einer einzigen Folie, ich habe das mal ausgemessen, locker sechs bis acht Röllchen Kaffeecoins einwickeln, auch das ist ein Beitrag und zeigt, wie sich jeder mit dem Unternehmen identifiziert, und da Herr B. nicht wagt, die andächtige Stimmung bei der Weihnachtsfeier schon während der Ansprache des Vorstands zu stören, wird das ein trauriger Heiligabend im Hause B., Mama, wieso haben wir denn kein Lametta dieses Jahr, fragt die traurige Kinderstimme, und mit bösem Seitenblick spricht Frau B.: Weil dein Vater die Alufolie jetzt immer mit zur Arbeit nimmt, du armes Kind, Herr B. atmet hörbar aus, sieht zur Zimmerdecke und verspricht, dass bald alles anders werde. Dann steigt er in den Schwarzhandel ein, lose Münzen werden gegen die Parole "Können Sie mir bitte diesen Fünf-Euro-Schein kleinmachen" über den Tresen geschoben, die Wirtschaftsprüfer werden aufmerksam, plötzlich ist Herr B. nicht mehr da, man sagt, er habe sich mit dubiosen Lametta-Termingeschäften versucht und sei zuletzt wieder ins Münzrecycling eingestiegen.
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monnemer,
Donnerstag, 31. März 2011, 20:34
Ich find's ja auch ziemlich kleinkariert, so mit Münzgeldsäckchen um die halbe Welt. Nach dem Austausch der Parole hebt sich der Empfänger der Konterbande auch noch einen Bruch.
Das ist doch armselig. Aber es ist doch mal wieder schön zu sehen, wie intensiv sich die Presse mit der Zerschlagung des Korinthenkackerrings beschäftigt.
Während die Scheiss-Banken, die tagtägl Ähm.
Das ist doch armselig. Aber es ist doch mal wieder schön zu sehen, wie intensiv sich die Presse mit der Zerschlagung des Korinthenkackerrings beschäftigt.
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nnier,
Donnerstag, 31. März 2011, 22:16
Man will ja annehmen, dass mit unserem Allerheiligsten mindestens so sorgsam umgegangen wird wie mit Kernbrennstäben - andererseits, wenn ich so über die Formulierung nachdenke, vielleicht wird es das ja. Chef, lassen Sie uns diese teure Altmünzverschrottung doch outsourcen. Gute Idee, Müller. Chef, dann können wir den Metallwert sogar monetarisieren. Ganz toll, Müller. Machen Sie mal. Schlanker Staat, mein Reden.
jean stubenzweig,
Donnerstag, 31. März 2011, 21:16
Sie haben eine Phantasie. Beneidenswert. Und dann auf den Punkt geschrieben. Und der heißt Niedriglohn. Für die Bastler. Mühsam. Aber das sind eben andere Werte.
Aber eine Frage habe ich dennoch – haben die den Münzverwalter tatsächlich Concierge genannt? Als Frau war die mal mächtig: «Denn die Concierge ist ein Urtyp, eine Schlüsselperson des sozialen Lebens, unumgänglich, furchterregend. Und die Concierge ist oft im Treppenhaus.» (von hier)
Aber eine Frage habe ich dennoch – haben die den Münzverwalter tatsächlich Concierge genannt? Als Frau war die mal mächtig: «Denn die Concierge ist ein Urtyp, eine Schlüsselperson des sozialen Lebens, unumgänglich, furchterregend. Und die Concierge ist oft im Treppenhaus.» (von hier)
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nnier,
Donnerstag, 31. März 2011, 22:43
Der Begriff ist inzwischen auch hierzulande geläufig, wenn auch meist mit etwas anderer Betonung. Doch auch der Mann in der marmornen Eingangshalle hatte auf dem Tresen ein Schild mit der Aufschrift "Concierge" stehen.
Für wenig Geld herumsitzen,das kann ich immer noch gut solche Jobs können meiner Ansicht nach in Ordnung sein - wenn man dabei lesen, bloggen, Selbstgepräche führen oder in der Nase bohren kann. Schlimm fand ich immer die Vorstellung, dabei auch noch jederzeit von allen Seiten sichtbar zu sein, ständig kann eine Fahrstuhltür aufgehen, ständig kann jemand von vorne oder der Seite herantreten, der womöglich auch noch heraushängen lässt, was er für ein Leistungsträger ist, während man selber nur, nun ja, herumsitzt - und dabei nicht mal die Gesichtszüge entgleisen lassen darf.
Für wenig Geld herumsitzen,
jean stubenzweig,
Freitag, 1. April 2011, 09:26
Leicht seltsam mutet das durchaus an zu einer Zeit, in der nahezu alles anglisiert wird. Das bekommt ja beinahe schon wieder höfischen Charakter – le concierge de la Bastille? Aber vielleicht soll das auch so sein, denn english sabbelt ja mittlerweile jeder beliebige Konsument. So kann der Leistungsträger, der ansonsten den Begriff Revolution eher verabscheut, präziser auf Standesunterschiede hinweisen.
nnier,
Freitag, 1. April 2011, 10:45
Ja, so etwas schwingt dabei für mich mit. Ich danke übrigens für die Verlinkung auf dieses mir bisher unbekannte Blog - sehr schön geschrieben!
prosa,
Freitag, 1. April 2011, 22:42
ot: wie heissen eigentlich diejenigen, die für wenig geld in baumärkten herumsitzen und nicht bescheid wissen, wenn man sie was fragt? 'information' steht über ihren köpfen ...
prosa,
Samstag, 2. April 2011, 13:02
verzeihung, 'kundenberater' natürlich. gestern war der erste april. er ist ohne* einen scherz vorübergegangen, vielleicht deshalb
*d. h. nicht ganz: bayern3 meldete unter verwendung von bildmaterial aus einem uni-sprachlabor glaubhaft, dass unter den gesprochenen dialekten 'frängisch' ('loddah'!) einen maximalen ausstoss des wohlfühlhormons serotonin bewirken würde.
interessantes forschungsgebiet, fand ich :)) ...
*d. h. nicht ganz: bayern3 meldete unter verwendung von bildmaterial aus einem uni-sprachlabor glaubhaft, dass unter den gesprochenen dialekten 'frängisch' ('loddah'!) einen maximalen ausstoss des wohlfühlhormons serotonin bewirken würde.
interessantes forschungsgebiet, fand ich :)) ...
kid37,
Donnerstag, 31. März 2011, 21:22
Halb-OT: Die einzig vernünftige Verpackung aus Papier und Alufolie gab es bis kürzlich sogar noch beim Discounter und nach wie vor bei Gebrauchsschokoladen wie "S*r*tti". Also beileibe nicht nur im Premium-Bereich.
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nnier,
Donnerstag, 31. März 2011, 23:09
"Gebrauchsschokolade" ist ein schönes Wort, und mit der vom Discounter bin ich sozusagen großgeworden. Sie war überhaupt nicht schlecht (leider komme ich gerade nicht auf den Markennamen), und in meinen heißesten Träumen gehörte ich zu der Familie meines Schulkameraden, in deren Küche ich die großen Umverpackungen gesehen hatte - die kauften tatsächlich 50er-Kartons!
Inzwischen komme ich nur noch selten mit Tafelware in Berührung, musste in den letzten Jahren jedoch feststellen, dass mindestens die quadratischen und die lila Markenprodukte inzwischen kunststoffverschweißt werden wie Schokoriegel und Atomkraftwerke.
(Halb-OT? Ich bitte Sie!)
Inzwischen komme ich nur noch selten mit Tafelware in Berührung, musste in den letzten Jahren jedoch feststellen, dass mindestens die quadratischen und die lila Markenprodukte inzwischen kunststoffverschweißt werden wie Schokoriegel und Atomkraftwerke.
(Halb-OT? Ich bitte Sie!)
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