Mir wird gerade angst und bange, denn ich habe eine Portion Sahnehering in eine kleine Tupperschüsel abgefüllt, um diese vormittags zu verzehren, und nun finde ich sie nicht mehr. Ich bin ja kein großer Fischesser, aber manchmal überkommt es mich, dann schmeckt mir das dermaßen! Ich kaufe häufig hungrig ein, sicher schon mal ein Fehler, dann landen gerne auch gleich zwei große Packungen mit Sahnehering im Einkaufswagen, und noch so ein paar Teufelsröllchen, und Räucherforelle. Manchmal nehme ich die ganz billigen Sahneheringe, die sind ein wenig garstig, aber essbar, und manchmal gönne ich mir die viel teureren Markenprodukte, bei denen man sogar das Drumherum gerne mitisst, die Zwiebel- und Apfelstückchen in dieser Sahnesoße, mmh! Die sind auch ein paar Wochen haltbar, und plötzlich rückt das Ablaufdatum näher, oh, der Sahnehering muss weg, und wenn was wegmuss, wird das mit dem Appetit plötzlich viel schwieriger, aber heute, heute wollte ich die restlichen Sahneheringe mitnehmen und zum zweiten Frühstück verspeisen - und sie sind nicht da! Images of explodierte Heringstupperdosen floating through my mind. Natürlich weiß ich richtig guten, frischen Fisch sehr zu schätzen, und dann sage ich Ihnen was: Ich esse aber auch manchmal gerne diesen grellrot gefärbten Lachsersatz, diese in Öl getränkten Fischfetzen, die man in einem Glas kauft und die im Dunklen leuchten. Das hat für mich etwas Heimeliges, Hausmannskostiges wie sonst nur Kochkäse. Allerdings habe ich neulich fürchterlich danebengegriffen und eine Sorte erwischt, die eine musige Konsistenz aufweist, und das ist nicht nur kein Essvergnügen, da wurde mir einfach ganz anders! Es geht doch darum, kleine, extrem salzig schmeckende Stückchen in triefendem Öl aufs Butterbrot zu streichen und nicht so eine Masse, in die wohl jemand zu lange den Pürierstab gehalten hat. Die Konsistenz spielt definitiv eine Rolle bei so manchem Essen, z.B. auch bei Fischstäbchen, die sollen knusprig sein, und meine Kinder mögen ja kaum Fisch, höchstens Fischstäbchen, aber davon nur das Äußere, und so geht es mir dann auch mit dem Dosenhering in Tomatensoße. Diese flachen Dosen habe ich schon als Kind geliebt, weil man da mit so einem Schlüssel eine Lasche aufgerissen und den Deckel dann mit viel Kraft um den Schlüssel herumgewickelt hat. Heutzutage reißt man die einfach so auf, der Rand ist entsprechend vorgestanzt - Fetisch Fortschritt! Die Kinder heute wissen gar nicht mehr, wie das ist, so einen Schlüssel auf die richtige Art über die Lasche zu schieben und dann immer parallel zur Kante vorsichtig so zu drehen, dass die Lasche nicht abreißt und der Schlüssel nicht langsam Doseneinwärts wandert, weil man sonst den Deckel am Ende höchstens bis zur Mitte aufbekommt und mit einer Gabel verzweifelt die Heringsstücke aus der geschlossenen Hälfte herausfummeln muss, wobei die rote Tomatensoße das Ganze immer zu einer äußerst heiklen Angelegenheit gemacht hat. Erfahrungsgemäß waren hier die billigen Sorten mindestens so gut wie die teuren, und so war ich umso enttäuschter, als ich also neulich zwei Exemplare der REWE-Handelsmarke für bescheidenes Geld erwarb und zu Hause gierig am Deckel riss: Der Fisch hatte keinen Biss, es war eine eher pampige und daher vollkommen unbefriedigende Nummer, die ich dann auch frustriert abgebrochen habe. Im Kühlschrank steht auch noch das leuchtende Lachsersatzglas, ich bringe es ja nicht gut fertig, Lebensmittel wegzuwerfen, die müssen also erst noch eine Weile da herumstehen, bis ich guten Gewissens sagen kann: Das ist nicht mehr gut, das muss ich jetzt leider wegwerfen. Wenn ich bloß wüsste, wo ich diese Tupperdose habe! Wenn die hier irgendwo im Büro steht und stehenbleibt übers Wochenende und ich komme am Montag hier herein, dann kann ich sagen: Das ist nicht mehr gut, das muss ich jetzt leider wegwerfen, während die Kollegen gerade die fischigen Spritzer von den Wänden kratzen. Das erinnert mich nicht nur an den Becher Schokopudding (Dany&Sahne), den ich mal kräftig geschüttelt habe und von dem die Krankenwagenfahrer mit ihren weißen Sachen noch Wochen später geredet haben, sondern auch an den Tag, als ich mit dem guten Kollegen darüber debattierte, ob wir das Pfund Hackfleisch einfach hinter den Schrank werfen oder uns doch die Mühe machen sollten, die Steckdosen abzuschrauben und kleine Portionen dahinter zu verteilen. Bis jemand hinter so einen Schrank guckt, kann es ganz schön dauern, das merkte auch der Mitarbeiter in der Geschäftsstelle eines bekannten Bundesligavereins, der nach einigen Jahren sein Büro umräumte und dabei hinter dem Schrank eine Plastiktüte mit 40000.- DM fand, die der Vorgänger dort wohl vergessen haben musste. Tütenweise Geld hätte ich übrigens unter anderen Umständen in den Fischladen gebracht, der sich in meiner unmittelbaren Nachbarschaft befindet und einer der letzten seiner Art war, bis auch er zum Jahreswechsel schloss. Leider verhielt (und verhält) sich die Inhaberfamilie dermaßen unfreundlich und abweisend, dass ich schlicht keine Lust hatte, unnötigen Kontakt aufzunehmen. Ich habe mich jahrelang gefragt, ob ich denen bei meinem Einzug vor inzwischen ganz vielen Jahren vielleicht unbewusst etwas getan habe, aber mir fällt nichts ein - und wie froh war ich, als ich im letzten Sommer eines abends zum Grillen eingeladen war und das Gespräch auf den guten, aber unfreundlichen Fischladen kam. Jeder der Anwesenden sprach nur für sich, und jeder sagte: Ich dachte, es liegt an mir! Ich dachte, der mag mich nicht! Und das ist wirklich schade, denn ganz selten habe ich mich doch getraut, den Laden zu betreten, dann kaufte ich z.B. eine Lachsforelle oder einmal so ein ganz feines, noch warmes Stück Räucherlachs - traumhaft! Es gab in meiner Gegend, als ich einzog, noch drei Fischgeschäfte, jetzt hat das letzte zugemacht, das ist wirklich schade, auf dem Wochenmarkt geht's weiter, steht auf dem Schild im Schaufenster, und wenn die mir entgegenkommen, überlege ich manchmal, ob ich nicht doch mal wieder grüße. Wenn's hoch kommt, wird mir dann mit verkniffenem Gesicht knapp zugenickt, wahrscheinlich hassen die mich dafür, dass ich diesen billigen Sahnehering esse, und wenn ich nur wüsste, wo der geblieben ist!
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venice_wolf,
Freitag, 11. März 2011, 13:47
Die Kinder werden auch kaum wissen wie man es schafft so eine Dose zu öffnen wenn man den Schlüssel verloren hat und keinen Ersatz zur Hand hat!
Das brachte zu Campingzeiten in der jugend richtig Pfiff in den Urlaub wenn man die Dose mit Steinen, Holzknüttel, oder mit einem Zelthering in Angriff nahm...
Das ging soweit, dass man den Schlüssel, wann wiedergefunden, gleich zur Zeltausrüstung packte, man weis ja nie, das man ihn das nächste Mal braucht.
Diese Schlüssel sind heute (auch im Internet) unauffindbar - wozu braucht man sie auch - und ich habe ein bisschen Sehnsucht nach diesem vergessenen Tool.
http://www.google.it/images?hl=it&pq=dosen%C3%BCffner+schl%C3%BCssel&xhr=t&q=dosen%C3%B6ffner+schl%C3%BCssel&cp=5&rlz=1R2FTSF_itIT416&wrapid=tljp129984435588032&um=1&ie=UTF-8&source=og&sa=N&tab=wi&biw=1276&bih=821
Da sieht's man, ohne komplizierte Sachen und eventuell Elektronik geht heut gar nix mehr, geschweige fehlt der Nervenkitzel als man mit kleinen Ersatzwerkzeuge die scharfen Lider zur Seite schob um den lebensrettenden Inhalt hervorzuholen.
Damals schnitt man sich eigentlich bei unsachgemässer Handhabung nur ordentlich in den Finger, Aids, Tetanus u. dergleichen bekam man eigentlich nie.
An frischem Fisch mangelt es hier bei Venedig nicht, aber einen sehr sehr guten, gleich nach dem Fang gebratenen habe ich 2009 in Lybien, in La Buca, eine Restaurantsiedlung knapp vor dem Hafen/Fischmarkt wo man um 10 Euro den Fisch gesehen, gekauft und gut gebraten in den Teller bekam. Leider gab es zum Trinken nur Orangensaft und Wasser, Prosecco bei Prügelstrafe verboten.
Das brachte zu Campingzeiten in der jugend richtig Pfiff in den Urlaub wenn man die Dose mit Steinen, Holzknüttel, oder mit einem Zelthering in Angriff nahm...
Das ging soweit, dass man den Schlüssel, wann wiedergefunden, gleich zur Zeltausrüstung packte, man weis ja nie, das man ihn das nächste Mal braucht.
Diese Schlüssel sind heute (auch im Internet) unauffindbar - wozu braucht man sie auch - und ich habe ein bisschen Sehnsucht nach diesem vergessenen Tool.
http://www.google.it/images?hl=it&pq=dosen%C3%BCffner+schl%C3%BCssel&xhr=t&q=dosen%C3%B6ffner+schl%C3%BCssel&cp=5&rlz=1R2FTSF_itIT416&wrapid=tljp129984435588032&um=1&ie=UTF-8&source=og&sa=N&tab=wi&biw=1276&bih=821
Da sieht's man, ohne komplizierte Sachen und eventuell Elektronik geht heut gar nix mehr, geschweige fehlt der Nervenkitzel als man mit kleinen Ersatzwerkzeuge die scharfen Lider zur Seite schob um den lebensrettenden Inhalt hervorzuholen.
Damals schnitt man sich eigentlich bei unsachgemässer Handhabung nur ordentlich in den Finger, Aids, Tetanus u. dergleichen bekam man eigentlich nie.
An frischem Fisch mangelt es hier bei Venedig nicht, aber einen sehr sehr guten, gleich nach dem Fang gebratenen habe ich 2009 in Lybien, in La Buca, eine Restaurantsiedlung knapp vor dem Hafen/Fischmarkt wo man um 10 Euro den Fisch gesehen, gekauft und gut gebraten in den Teller bekam. Leider gab es zum Trinken nur Orangensaft und Wasser, Prosecco bei Prügelstrafe verboten.
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nnier,
Freitag, 11. März 2011, 20:43
Eine grausame Situation, ich erinnere mich an so manche nicht zu öffnende Dose - nicht nur Fisch. Auch die großen, runden Konservendosen konnten ganz unverschämt ruhig bleiben, während man immer verzweifelter auf sie einprügelte.
jean stubenzweig,
Freitag, 11. März 2011, 16:53
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prosa,
Freitag, 11. März 2011, 18:21
dies ist ein schwarzer tag für sushi-esser und kugelfisch-köche ... aber deshalb kein schlechter für hering in rahmsosse! (immer, ich auch!)
hier noch ein tipp für freunde des ölsardinendosendeckelabrollers: 'manufaktum' wirbt mit dem spruch: "es gibt sie noch, die guten dinge" und kontert (laut spiegelspezial) "mit gebrauchsgegenständen, die schon unsere großväter kannten: mit goethes barometer, mundgeblasen aus thüringen, mit der osttiroler flockenquetsche oder dem dosenöffner 'wanderfreund'." mal sehen, ob's auch die dose dazu gibt ...
hier noch ein tipp für freunde des ölsardinendosendeckelabrollers: 'manufaktum' wirbt mit dem spruch: "es gibt sie noch, die guten dinge" und kontert (laut spiegelspezial) "mit gebrauchsgegenständen, die schon unsere großväter kannten: mit goethes barometer, mundgeblasen aus thüringen, mit der osttiroler flockenquetsche oder dem dosenöffner 'wanderfreund'." mal sehen, ob's auch die dose dazu gibt ...
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