Vorsicht: Unscharfes Bild!*
Als Jugendlicher las ich mal die Blechtrommel, die fand ich nicht schlecht, und später Das Treffen in Telgte, das mir damals auch ganz gut gefiel - und auch wenn Günter Grass inzwischen zum Watschenmann geworden ist und dazu einiges beigetragen hat, stellte ich mir im Urlaub mal ein Buch ins Regal, bei dessen Titel ich immer und automatisch den inneren Reich-Ranicki sprechen höre: Unkenrrrruffe!
Das Buch hatte in einer Kiste ("Zum Mitnehmen") gelegen, ich hatte zugegriffen und, so dachte ich, wenn man zwei Wochen lang viel freie Zeit vor sich hat, könnte es zumindest nicht schaden, ein paar Alternativen zum lokalen Angebot dabeizuhaben und evtl. den dicken Foster-Wallace weiterzulesen oder eben, warum nicht, mal ganz unvoreingenommen auszuprobieren, ob mir ein später Grass vielleicht trotzdem zusagt - auch wenn der innere Krakeler dann immer gleich mit "missrrratten!" ankommt. Offen gestanden musste ich auch eben erst nachschauen, ob die Bücherzerreißerei auf dem Spiegel nun mit der Unke oder dem Weiten Feld zu tun hatte, mein lieber Günter Grass, tja, man bekommt dann doch immer wieder Lust, in das Idiom dieses Kritikers zu verfallen, Schä-rift-schätellerrr thind alle Schä-weine, aber diethen Unthinn errsparre ich unth.
Das Problem war dann, dass ich die ganze Zeit so viel anderes tun konnte, z.B. die Tür ansehen,
die, wie man erkennen kann, zwischenzeitlich mal ersetzt worden sein muss und somit zwar noch in die alten Angeln gepasst hat, jedoch offensichtlich um einige Zentimeter schmaler als ihre Vorgängerin ist, die vermutlich nicht einmal genormt war, wodurch sich der wirklich findige Hausherr veranlasst sah, den ursprünglichen Rahmen auf das entsprechende Maß zu verkleinern, indem er ganz einfach eine unauffällige Leiste eingesetzt hat, die zugleich auch der Aufnahme der Schlossfalle dient, wenn die Tür geschlossen wird, und dennoch ist das geschmiedete Gegenstück des alten, sicherlich außenliegenden Kastenschlosses erhalten geblieben und sieht ganz natürlich aus. Solche Dinge finde ich ganz großartig!
Ich konnte auch auf dem Bett liegen und die Decke ansehen,
für manchen mag es eine gewöhnliche Holzdecke sein, für mich ein wunderschöner Anblick, dem ich bedauerlicherweise durch die abenteuerliche Kamerahaltung viel zu viel Dynamik verpasst habe, denn eigentlich laufen die Linien rechtwinklig zum Betrachter und parallel zueinander, wobei die dennoch nie Langeweile aufkommt, da der Künstler ganz bewussst keine genormten Standardbauteile verwendet, sondern auf Elemente unterschiedlicher Breite zurückgegriffen hat, die dem Ensemble gerade das rechte Maß an Ungleichförmigkeit verleihen, so dass man immer wieder etwas zum Schauen hat und sich auch nach Tagen nicht langweilt.
Übertroffen wird dies nur noch durch die Bodendielen,
die wunderschön grobschlächtig und breit sind und dabei selbstredend ohne Nut-und-Feder- oder sonstige Verbindung auskommen, so dass man täglich aufs Neue bewundernd hinunterschauen und sie manchmal auch ganz vorsichtig berühren möchte.
War all dies nach einigen Stunden erledigt, ging es nach draußen, das muss ich ein anderes Mal erzählen, aber machen Sie sich auf was gefasst, so schönes Holz haben Sie wahrscheinlich noch nie gesehen, na gut! Aber nur eins!,
das ist vom Balkon und ich durfte barfuß darüberlaufen! Und Sie verstehen nun wohl, warum ich dann doch überhaupt nicht zum Lesen gekommen bin.
--
* Mit zitternden Händen aufgenommen am Tage des Abschieds**
** Das ist ganz allein meine Sache, wann ich mit dem Rumgeheule wieder aufhöre
Als Jugendlicher las ich mal die Blechtrommel, die fand ich nicht schlecht, und später Das Treffen in Telgte, das mir damals auch ganz gut gefiel - und auch wenn Günter Grass inzwischen zum Watschenmann geworden ist und dazu einiges beigetragen hat, stellte ich mir im Urlaub mal ein Buch ins Regal, bei dessen Titel ich immer und automatisch den inneren Reich-Ranicki sprechen höre: Unkenrrrruffe!
Das Buch hatte in einer Kiste ("Zum Mitnehmen") gelegen, ich hatte zugegriffen und, so dachte ich, wenn man zwei Wochen lang viel freie Zeit vor sich hat, könnte es zumindest nicht schaden, ein paar Alternativen zum lokalen Angebot dabeizuhaben und evtl. den dicken Foster-Wallace weiterzulesen oder eben, warum nicht, mal ganz unvoreingenommen auszuprobieren, ob mir ein später Grass vielleicht trotzdem zusagt - auch wenn der innere Krakeler dann immer gleich mit "missrrratten!" ankommt. Offen gestanden musste ich auch eben erst nachschauen, ob die Bücherzerreißerei auf dem Spiegel nun mit der Unke oder dem Weiten Feld zu tun hatte, mein lieber Günter Grass, tja, man bekommt dann doch immer wieder Lust, in das Idiom dieses Kritikers zu verfallen, Schä-rift-schätellerrr thind alle Schä-weine, aber diethen Unthinn errsparre ich unth.
Das Problem war dann, dass ich die ganze Zeit so viel anderes tun konnte, z.B. die Tür ansehen,
die, wie man erkennen kann, zwischenzeitlich mal ersetzt worden sein muss und somit zwar noch in die alten Angeln gepasst hat, jedoch offensichtlich um einige Zentimeter schmaler als ihre Vorgängerin ist, die vermutlich nicht einmal genormt war, wodurch sich der wirklich findige Hausherr veranlasst sah, den ursprünglichen Rahmen auf das entsprechende Maß zu verkleinern, indem er ganz einfach eine unauffällige Leiste eingesetzt hat, die zugleich auch der Aufnahme der Schlossfalle dient, wenn die Tür geschlossen wird, und dennoch ist das geschmiedete Gegenstück des alten, sicherlich außenliegenden Kastenschlosses erhalten geblieben und sieht ganz natürlich aus. Solche Dinge finde ich ganz großartig!
Ich konnte auch auf dem Bett liegen und die Decke ansehen,
für manchen mag es eine gewöhnliche Holzdecke sein, für mich ein wunderschöner Anblick, dem ich bedauerlicherweise durch die abenteuerliche Kamerahaltung viel zu viel Dynamik verpasst habe, denn eigentlich laufen die Linien rechtwinklig zum Betrachter und parallel zueinander, wobei die dennoch nie Langeweile aufkommt, da der Künstler ganz bewussst keine genormten Standardbauteile verwendet, sondern auf Elemente unterschiedlicher Breite zurückgegriffen hat, die dem Ensemble gerade das rechte Maß an Ungleichförmigkeit verleihen, so dass man immer wieder etwas zum Schauen hat und sich auch nach Tagen nicht langweilt.
Übertroffen wird dies nur noch durch die Bodendielen,
die wunderschön grobschlächtig und breit sind und dabei selbstredend ohne Nut-und-Feder- oder sonstige Verbindung auskommen, so dass man täglich aufs Neue bewundernd hinunterschauen und sie manchmal auch ganz vorsichtig berühren möchte.
War all dies nach einigen Stunden erledigt, ging es nach draußen, das muss ich ein anderes Mal erzählen, aber machen Sie sich auf was gefasst, so schönes Holz haben Sie wahrscheinlich noch nie gesehen, na gut! Aber nur eins!,
das ist vom Balkon und ich durfte barfuß darüberlaufen! Und Sie verstehen nun wohl, warum ich dann doch überhaupt nicht zum Lesen gekommen bin.
--
* Mit zitternden Händen aufgenommen am Tage des Abschieds**
** Das ist ganz allein meine Sache, wann ich mit dem Rumgeheule wieder aufhöre
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jean stubenzweig,
Dienstag, 27. Juli 2010, 22:24
Ach, können Sie schön rumheulen.
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venice_wolf,
Mittwoch, 28. Juli 2010, 12:02
Unglaublich was Holz - richtig vom Baum ausgesucht und in der richtigen Mondphase geschlägert *, für Eigenschaften hat....
Bei Neumond soll man das machen, wenn das "Wasser" in den Aesten ist und nicht im Stamm - wann man die Aeste dann abschneidet ist der Stamm für alles unanfällig... ohne streichen, impregnieren, einlassen.
Ein Holzprodukt dieser Art dauert locker hundert Jahre, das bei Schnee, Eis, Sonne, Regen, Wind, Temperaturen -20° bis +30°, kein Wurm, keine Fäulniss.
Und wiederverwendbar noch und nöcher, wann es wirklich soweit ist freut man sich noch wenn es munter knisternd im Ofen brennt.
--
* und nicht wann die Arbeiter Zeit haben, der LKW da ist, die Bestellung flott flott ausgeführt werden muss, die Bank ihren Kredit zurück will.
Bei Neumond soll man das machen, wenn das "Wasser" in den Aesten ist und nicht im Stamm - wann man die Aeste dann abschneidet ist der Stamm für alles unanfällig... ohne streichen, impregnieren, einlassen.
Ein Holzprodukt dieser Art dauert locker hundert Jahre, das bei Schnee, Eis, Sonne, Regen, Wind, Temperaturen -20° bis +30°, kein Wurm, keine Fäulniss.
Und wiederverwendbar noch und nöcher, wann es wirklich soweit ist freut man sich noch wenn es munter knisternd im Ofen brennt.
--
* und nicht wann die Arbeiter Zeit haben, der LKW da ist, die Bestellung flott flott ausgeführt werden muss, die Bank ihren Kredit zurück will.
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nnier,
Mittwoch, 28. Juli 2010, 14:11
Mondphasen? Es kommt mir so vor, als habe mir schon einmal jemand gesagt, dass darin der Grund für die kaum glaubliche Dauerhaftigkeit des dortigen, unbehandelten Holzes liegt. Denn das ist es ja, was mich teilweise mit offenem Mund staunen lässt: Dass auch außenliegende Balken und Bretter "einfach so" verbaut werden, dann ewig halten - und dabei nur grauer und schöner werden.
monnemer,
Mittwoch, 28. Juli 2010, 14:41
@venice_wolf, mein Schreinerschwager hat schon oft von seiner Kundschaft aus der Esoecke berichtet, die sich aus Mondholz ganze Küchen oder Schlafzimmer schreinern lässt. (edit: "lassen will" muss das heissen, er macht das ja nicht)
Die Ohren stellt er schon lange auf Durchzug, wenn ihm erläutert wird, warum ausgerechnet dieses Holz für die Inneneinrichtung unerlässlich ist.
So kommt das, was Sie erläutert haben und was sicherlich sinnvoll ist, wohl letztlich in der "Stadt" an.
Diese alten, grau verwitterten Dielen und Balken liebe ich allerdings auch.
Die Ohren stellt er schon lange auf Durchzug, wenn ihm erläutert wird, warum ausgerechnet dieses Holz für die Inneneinrichtung unerlässlich ist.
So kommt das, was Sie erläutert haben und was sicherlich sinnvoll ist, wohl letztlich in der "Stadt" an.
Diese alten, grau verwitterten Dielen und Balken liebe ich allerdings auch.
venice_wolf,
Mittwoch, 28. Juli 2010, 17:39
Das Grau ist eine ganz besondere Farbe, einmal gefiel mir sie auch nicht so besonders.
Das schöne Lärchenholz- dachte ich - und wird so grau.
Doch dadurch - gegerbt von der Sonne und der Witterung - erhält es erst seine Struktur.
Bald kommt der Balkon dran. Ich werde Tag für Tag, Woche um Woche, Jahr für Jahr die Materialumwandlung verfolgend und ggfalls fotografisch dokumentieren!
Das schöne Lärchenholz- dachte ich - und wird so grau.
Doch dadurch - gegerbt von der Sonne und der Witterung - erhält es erst seine Struktur.
Bald kommt der Balkon dran. Ich werde Tag für Tag, Woche um Woche, Jahr für Jahr die Materialumwandlung verfolgend und ggfalls fotografisch dokumentieren!
einemaria,
Sonntag, 21. August 2011, 11:45
Erzählen Sie das mal in einem Land in Italien, wo man Holz nach Gewicht kauft. "Gianni," sag ich noch. Und er schüttelt nur den Kopf. Bei Vollmond schlagen und in der prallen Sonne benützen, das will ihm nicht eingehen. Ebensowenig wie daß die Quintale eben tropfnaß sind. Da muss es wohl gestern geregnet haben ;)
nnier,
Sonntag, 21. August 2011, 18:05
Da wird der Ster plötzlich ganz schwer? Aufpassen, Dschi-Anni! Umgekehrt machte ich als Jugendlicher die Erfahrung, dass in Italien die Panini nach Gewicht verkauft wurden, und das schon zu Zeiten eines schockierenden Benzinpreises von umgerechnet 1,50 DM (man wollte diesen in Deutschland nicht recht glauben), und zwar aus gutem Grund: Die riesigen Dinger bestanden nämlich zum größten Teil aus Luft. Aber Holz!?
kid37,
Mittwoch, 28. Juli 2010, 19:51
Barfuß auf Balkonbrettern? Sie sind entschuldigt.
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