Damit Ihnen solches nicht widerfährt, habe ich Ihnen ein paar Alpenblumen mitgebracht, die ich in nächster Zeit übrigens auch dann unters Volk streuen werde, wenn selbiges mal wieder nasebohrend und mit zu knapp unter der Schädeldecke sitzenden Augen fragt: "Was hat denn das mit dem Thema des Beitrags zu tun?"
"Gar nix", antworte ich dann souverän lächelnd, evtl. sogar maliziös, ich weiß nur gerade nicht, was das genau heißt, "das ist einfach eine kostenlose Dreingabe, take it or leave it."
Ich fand es immer toll, wenn einem kostenlos etwas dreingegeben wurde. Einmal, beim Kiosk, als ich für meinen Vater wieder mal die Packung Camel holte, gab es z.B. einen Werbeartikel dazu, evtl. eine Schirmmütze; der Rucksack war es jedenfalls nicht, den bekam mein Vater später höchstpersönlich in die Hand gedrückt. Und Freund A., der bei jenem Kiosk zu meinem Entsetzen nahezu täglich 1.- DM (eine ganze Mark!) in eine Dose der klebrigsüßen Dr. Pepper investierte, bekam irgendwann, vermutlich anlässlich der fünfhundertsten Dose, ein Käppi mit der Aufschrift Dr. Pepper geschenkt. Geschenkt!
Meine Schwester wiederum kaufte einmal etwa dreißig flache Lutscher von Hitschler, ein Name übrigens, der mich schon als Kind untergründig irritierte, um diese anlässlich ihres Geburtstags in der Klasse zu verteilen. Und der Mann vom Kiosk gab ihr umsonst einen abgebrochenen dazu!
Mich braucht niemand zu fragen, ob ich Treuepunkte sammle. Kein Payback, keine Deutschlandcard (schon der Name macht Würgen), nein, danke!, ich verhökere meine Daten nicht, ich bin einer der letzten Barzahler, schon um nicht für jeden Liter Milch eine Datenspur zu hinterlassen: "Ah, heut' ist er in Ljubljana, kauft Damenbinden und Fruchtzwerge, ergo mit Frau und minderjährigem Kind", Sie kennen das ja. Sollen die Leute sich wenigstens die Mühe machen und meinen Müll durchsuchen. Auch wenn man durch die Barzahlerei angeblich, so ein welterfahrener Exkollege von mir, in den USA schon schiefe Blicke auf sich zieht, Blicke, die sagen: "Ei, Geselle, du hast also Drogen verkauft und musst nun sehen, wie du die Scheinchen wieder loswirst!"
Eines aber tat ich doch ganz gerne in all den Jahren: Die Sammelpunktkarte meiner Bäckerei stempeln lassen. Sie ist nicht personalisiert, einfach ein Stück Pappe, auf dem steht, dass man für jeweils neun Stempel ein paar Brötchen geschenkt bekommt. Dieses Kärtchen trug durchaus zur Kundenbindung bei, denn wenn ich mich fragte, ob ich die 4,30 für das Kilo Dinkelbrot hier oder dort ausgeben solle, dann flüsterte das Kärtchen in meinem Portemonnaie leise, doch unüberhörbar: "Gehe zum Bäcker T., dort werde ich gestempelt - und wenn du dieses nur oft genug tust, dann verwandele ich mich in ein paar knusprige Brötchen, die du deinen Lieben am nächsten Sonntag lächelnd auf den Frühstückstisch stellen kannst!"
Dessentwegen ist mir ein Rätsel, weshalb es neuerdings in rabiatem Ton heißt: "Wir stempeln nur noch die vorhandenen Karten voll, neue geben wir keine mehr aus."
Nach solcher Auskunft fragt man sich natürlich tagelang, was dahinterstecken möge. Denn, Hand aufs Herz, kaufe ich z.B. neunmal ein Dinkelbrot, dann trage ich knapp 40.- EUR in die Bäckerei. Sind dann fünf Brötchen, deren Herstellungskosten mutmaßlich im Bereich von ein paar Cent liegen, nicht ein angemessenes Dankeschön? Ist das Verhältnis nicht ein ähnliches wie jenes zwischen einem Frisbee und den Unmengen teurer Medikamentenpackungen, deren Rezepte ich als Kind immer treu in der Apotheke nahe der Kinderarztpraxis einlöste und deren, also der Apotheke, Inhaber mir dann eines Tages die orangefarbene Flugscheibe in die Hand drückte, nicht ohne mir verschwörerisch zuzuraunen, dass er "sowas" ja eigentlich nicht machen dürfe?
Nun ist mir durchaus nicht entgangen, dass es Menschen gibt, die auch beim Kauf eines einzigen Krossen, d.h. eines normalen Brötchens / einer Schrippe / eines Rundstücks die Karte zum Stempeln geben, ohne mit der Wimper zu zucken. In diesem Fall wäre das Verhältnis von 10 gekauften Krossen, Preis insgesamt unter 3.- EUR, zu den fünf geschenkten, die eben auch höherwertig sein dürfen, sagen wir: Mohnbrötchen, für die Bäckerei eher ungünstig, das sehe ich schon ein. Oder, ich wage es kaum zu denken, sollte es gar Menschen geben, die den Stempel mit dem "T" kaltblütig fälschen?
Da es sich natürlich um einen großen Filialbetrieb handelt, weiß ich die Antwort ohnehin, die mir gegeben werden wird, wenn ich demnächst mal nach den Gründen frage: "Uns sagen die nichts, das kommt von ganz oben."
Als Unternehmensberater sage ich: Falsch, ganz falsch. Zum einen muss immer positiv geantwortet werden ("Ihre Meinung ist sehr wichtig für uns, ich freue mich sehr darüber, dass ich diese an unsere Marktforscher weitergeben darf, denn wir nehmen den Dialog mit unseren Kunden sehr ernst!"), zum anderen gibt es da ja durchaus Möglichkeiten: Stempel nur ab Kaufsumme X, z.B.!
Aber auf mich hört ja keiner. Da erzähle ich Ihnen lieber noch schnell von einer schönen Filmszene aus Karniggels, lang ist's her, aber die ging so: Der immer etwas gehemmt wirkende Polizist, gespielt vom manchmal ganz tollen Bernd Michael Lade, ist dienstlich zu Gast im großbürgerlichen Hause der von ihm privat verehrten Inga Busch, einer Frau, die mich übrigens regelmäßig in Appetenz-Aversions-Konflikte stürzt, und wie er da so steht und verlegen schweigt und schwitzt, bemerkt er den Brötchenkorb auf dem Tisch und sagt triumphierend zur Mutter: "Mohnbrötchen! Mal ist wenig Mohn drauf, mal viel - und man zahlt dafür!"
- Aber das ist ja gar keine Alpenblume!
- Das war ja auch nur im übertragenen Sinne, mein Gott!
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hora sexta,
Samstag, 1. August 2009, 17:54
Beim Bäcker hier gibt es auch eine Stempelkarte: 16 Stempel passen drauf (es muss ein halbes Sauerteigbrot gekauft werden für einen Stempel, und da gibt es verschiedene Sorten zur Auswahl, also Brotsorten; immerhin kann man hier noch halbe Brote kaufen, das ist ein Tribut an die vielen Singles über 80 hier, ganz im Ernst, ich finde das klasse), und für die volle Stempelkarte, so die Theorie, bekommt man dann ein ganzes Sauerteigbrot geschenkt. Schon in der Theorie ein reeller Deal. Besonders freue ich mich aber immer auf die letzten beiden Stempel (ich kaufe immer ein ganzes Brot, ich bin schließlich nur halb so alt wie die 80jährigen Singles, und ein bisschen Logik gibt dem Leben immer so eine schöne Ordnung). Jedes Mal, wirklich jedes Mal, stempelt diese riesengroße Verkäuferin mit dem tollen Busen die beiden letzten Stempel drauf und sagt, na das ist ja schön für Sie, jetzt ist die Karte voll, heute bekommen Sie Ihr Brot umsonst. Das schlechte Gewissen muss ich dann immer mit einer noch auf dem Heimweg verputzten Quarktasche runterdrücken. Dieser prachtvollen Dienstleisterin sagt jedenfalls "von oben" keiner was, und der Laden lebt gut, habe ich den Eindruck.
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nnier,
Samstag, 1. August 2009, 18:18
Na, das freut mich aber für Sie. Hier wäre die Vorstellung offen gestanden eher alptraumhaft, wenn Sie verstehen. Denn die eine Verkäuferin ist immer so hypernervös, neulich z.B. fühlte ich mich fast genötigt, einem freundlichen Schülerpraktikanten zur Seite zu stehen, der sich schon an seinem ersten Tag nur Dinge wie "Herrgottnochmal", "Nu mach ma schneller" etc. anhören musste, aber ich habe mich dann nicht getraut. Und die andere wirkt, wenn sie das Kärtchen stempeln soll, immer so, als müsse sie am Ende persönlich die fünf Brötchen von ihrem Gehalt zahlen. Attraktivität, klar, sie liegt im Auge des Betrachters, in meinem jedoch und in beiden Fällen diesmal leider nicht. Aber was ich Ihnen eigentlich (nur unter uns) sagen wollte: Ich bin ziemlich über Ihren Eintrag erschrocken. Denn in einem meiner ersten, na, Sie wissen schon, Filme für Erwachsene, da war eine Frau, also, die hätte man ähnlich beschreiben können wie Sie die Bäckereifachverkäuferin beschreiben, nicht wahr, und ich weiß es noch wie heute, der Schnauzbartträger mit seinen braunen Socken sprach zu ihr: "Mann, hast du ein paar Quarktaschen!"
Erschreckend, oder?
Erschreckend, oder?
hora sexta,
Samstag, 1. August 2009, 19:46
Ja, erschreckend. Die Welt ist also auch auf diese Art und Weise klein. Quarktaschenklein und doch so groß wie echte Quarktaschen.
Ich bin aber auch erschrocken, sage ich Ihnen: Der Mann hat in Ihrem na-Sie-wissen-schon-Film seine braunen Socken anbehalten? Braune Socken? Anbehalten? Sowas.
Ich bin aber auch erschrocken, sage ich Ihnen: Der Mann hat in Ihrem na-Sie-wissen-schon-Film seine braunen Socken anbehalten? Braune Socken? Anbehalten? Sowas.
nnier,
Samstag, 1. August 2009, 20:33
hora sexta,
Samstag, 1. August 2009, 21:46
Ah, Konzentration auf's Wesentliche! Auch eine Technik.
Was ich ja ganz vergaß zu sagen: 14jährige Jungs, die Alpenblumen suchen, finde ich ja auch irgendwie perv bemerkenswert. Aber nun genug gewundert.
Was ich ja ganz vergaß zu sagen: 14jährige Jungs, die Alpenblumen suchen, finde ich ja auch irgendwie
venice_wolf,
Sonntag, 2. August 2009, 20:22
Das ist ja lustig! Barzahler bin ich auch aus felsenfester überzeugung. Denn:
- erstens gibt man das Geld aus das man (und nur wenn man es) hat (schon ganz wichtig)
- zweitens kann man oft noch den Preis verhandeln, vor harten Euros werden die Verkäuferaugen feucht
- drittens weis man, dass man es ausgegeben hat (ist das nix?)
- viertens die Leute von den Datenbanken ärgern sich mit mir prächtig
- das Geld wird ja noch für was da sein, schliesslich und endlich.
Mit Punktesammeln usw habe ich eher ärger denn meistens merke ich erst nach Ablauf aller Abholfristen dass ich ein absolut wertloses Stück Papier/Plastik usw in der Hand habe, sowas wie den Schwarzen Peter, wo ich nicht einmal bei Monopoli was anfangen kann. Also lieber nach Punkt 2)
- erstens gibt man das Geld aus das man (und nur wenn man es) hat (schon ganz wichtig)
- zweitens kann man oft noch den Preis verhandeln, vor harten Euros werden die Verkäuferaugen feucht
- drittens weis man, dass man es ausgegeben hat (ist das nix?)
- viertens die Leute von den Datenbanken ärgern sich mit mir prächtig
- das Geld wird ja noch für was da sein, schliesslich und endlich.
Mit Punktesammeln usw habe ich eher ärger denn meistens merke ich erst nach Ablauf aller Abholfristen dass ich ein absolut wertloses Stück Papier/Plastik usw in der Hand habe, sowas wie den Schwarzen Peter, wo ich nicht einmal bei Monopoli was anfangen kann. Also lieber nach Punkt 2)
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nnier,
Sonntag, 2. August 2009, 21:17
Auch wenn mein Portemonnaie immer noch keinen festen Wohnsitz hat und weniger die Tausender als vielmehr die Kassenzettel von Hofer* es so angeberisch prall wirken lassen: Noch schleppe ich es mit mir herum, und bevor ich, wie die Engländer, auch den Schokoriegel am Kiosk mit der Plastikkarte bezahle, muss noch einiges passieren. Bis dahin verschaffe ich mir tägliche Erfolgserlebnisse, indem ich Kassiererinnen mit passgenauer Zahlung beglücke oder zumindest einen solchen Betrag hinlege, auf den sie gut herausgeben können; nicht wie die unverschämten Bräsköppe, die erst in aller Ruhe die Waren vom Band in den Wagen einräumen und dann mit vollkommen überraschtem Gesichtsausdruck beginnen, ihre Brieftasche zu suchen, um dann irgendwann endlich (bspw.) 20,08 EUR schamlos mit einem Fünfziger zu bezahlen. Ich hingegen weiß um die Arbeitsbedingungen jener Heldinnen an den Registriergeräten, die in irgendeinem lustigen Land angeblich "Kassa" heißen, und mache stets in vorauseilendem Gehorsam deutlich, dass dem so ist, lege also zum Fünfzigeuroschein 8 oder 10 oder 20 oder 50 Cent dazu, jedenfalls etwas, womit die gute Frau etwas anfangen kann, und, wer weiß, vielleicht denkt sie des abends in einem stillen Moment zurück an den zuvorkommenden und stets höflichen Kunden, wenn sie seufzt: "Ach, könnten nur alle so sein wie er." - ich meine, könnte ja sein.
Ansonsten: Jawohl, Verteidigung des Bargelds aus Prinzip - und weil ich meinen Spaß mit den blöden Datensammlern treiben möchte.
--
*Das ist eine Insider-Bemerkung
Ansonsten: Jawohl, Verteidigung des Bargelds aus Prinzip - und weil ich meinen Spaß mit den blöden Datensammlern treiben möchte.
--
*Das ist eine Insider-Bemerkung
venice_wolf,
Montag, 3. August 2009, 12:21
Kleingeld - wie der Name sagt - ist klein, und wenn man die Hosentaschen nicht voll damit herumtragen will das es bimmelt wie der Eisverkäufer (oder aber im Portemonnaie, immer plus 2 Handys, plus Brieftasche, plus Schlüsselbund, plus ...) ist der beste Aufbewahrungsplatz entweder daheim, im vertrauten Sparschwein, das einmal im Jahr Lottogewinnähnliche Beträge auswirft, oder im Auto, wo man es so gerne beim Einkaufen vergisst und somit sich und die Geschäftspartner ärgert ...
nnier,
Montag, 3. August 2009, 15:58
Du hast absolut recht: Lottogewinnähnlich! Jedenfalls was meine bisherigen Lottogewinne angeht.
venice_wolf,
Montag, 3. August 2009, 16:23
War kein Witz: seit der Euroeinführung habe ich schon erlebt das mein kleines Sparschwein einmal im Jahr 250 bis 300 Euro lockermacht. Da kann man sich schon freuen!
nnier,
Montag, 3. August 2009, 17:13
Oha! Da hält kein Lotto mit. Aber: Eine Frau, die ich gut kenne, und die du nun auch kennst, ist eine absolute Kleingeldverächterin. Ich bin manchmal fassungslos, wie viel Geld noch aus ihren Jacken-, Hosen-, Hand-, Umhänge- und sonstigen Taschen herauszuholen ist, wenn sie behauptet, "kein Geld" mehr zu haben. Das sind pfundweise Zwei-Euro-Stücke, ich kriege dann immer ganz feuchte Augen! Und denke lieber nicht darüber nach, ob das so ganz ohne Reibungsverluste abläuft. Ich meine, einmal, in meiner Winterjacke, war ein Zwanzigmarkschein, den ich im Vorjahr vergessen hatte, aber das war dann auch ein echtes Ereignis für mich. Was mich noch an etwas anderes erinnert: Als Kind vergrub ich Münzen und liebgewonnenes Spielzeug im Garten mit der festen Absicht, es schnell zu vergessen, damit ich oder meine Kinder dann viele Jahre später ganz überrascht einen Schatz finden können. Ich glaube, ich muss mal mit dem Spaten zu meinen Eltern fahren.
venice_wolf,
Dienstag, 4. August 2009, 18:06
Stempel: einen guten alten Kartoffel (um 70 cent/kg erweben), da kann man schon einen verpatzen und dann mit Butter kochen.
Ein scharfes Messerchen wie es zum Basteln verwendet wird.
Eine Vorlage.
Ein Tintenkissen.
Fertig.
Was übrig bleibt bekommen die Gustav
Ein scharfes Messerchen wie es zum Basteln verwendet wird.
Eine Vorlage.
Ein Tintenkissen.
Fertig.
Was übrig bleibt bekommen die Gustav
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nnier,
Dienstag, 4. August 2009, 19:44
Kartoffeldruck ist ja sowieso ein sehr unterschätztes Thema. Aber die nehmen dann Proben vom Stempelkärtchen. Stellen fest, dass diese Kartoffelsorte nur auf einem ganz bestimmten Wochenmarkt verkauft wird. An der Schale haftet außerdem ein Stück Schlonz. Sie folgen meiner der DNA-Spur des Täters und dann kommt man ins Gefängnis und am Ende steht in der B*LD : "Ab in den Knast, Ihr Deppen!"; das muss ich nicht schon wieder haben.
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