Mumien, Analphabeten, Diebe.
Du hast's gut, du hast dein Leben noch vor dir.
Sonntag, 30. August 2009
Zwiedenken an intelligenter Oberfläche
nnier | 30. August 2009 | Topic Brainphuq
"So ein Gesicht will ja auch erst mal wieder eingelebt werden", sagte meiner Erinnerung zufolge Hildegard Knef mal sinngemäß, nachdem sie sich einer Schönheitsoperation unterzogen hatte. Die Suchmaschine kann dies nicht bestätigen, allerdings erfährt man, dass das 1980 gewesen ist, dass das eines der ersten öffentlich eingestandenen Faceliftings hierzulande war, dass Frau Knef dessentwegen in der Illustriertenlandschaft sehr hämisch begegnet wurde (ganz dunkel erinnere ich mich daran auch), dass Petra Gerster, die vom ZDF, die mit dem Bruder beim Arbeitsamt bei der Arbeitsagentur (Wahnsinn! Arbeitsagentur! Jetzt wird alles gut! Dass da vorher keiner drauf gekommen ist!), dass die sich auch hat liften lassen oder jedenfalls nichts dagegen hätte, es zu tun, na ja, und dass es anscheinend gerade einen Kinofilm über Die Knef gibt, und den Spruch da oben, den hat sie trotzdem mal gebracht, der ist einfach gut, und wenn auch nur gut erfunden, z.B. von meinem Gedächtnis, das mir einen Streich spielt, das ist dann das berühmte Zwiedenken von George Orwell (1984), nämlich wenn der große Bruder g**gle etwas nicht bestätigt, dann zweifle ich inzwischen doch sehr an meiner Erinnerung, geht es Ihnen nicht auch so?



Ich kann mich an das Buch nicht gut erinnern, ich las es, so ein Zufall!, etwa 1983, aber eines war doch sehr einprägsam, das Zimmer 101, jenes Zimmer, das, wie man zum Schluss erfährt, für jeden individuell hergerichtet wurde und in dem man als Gedankenabweichler zu Folterzwecken mit seinen schlimmsten, tiefsten Ängsten konfrontiert wurde, wer also Angst vor Ratten hat, für den ist dieses Zimmer voller Ratten. So etwas muss man natürlich wissen, wenn man den Scherz verstehen will, damals im Studentenwohnheim, in der WG, als jemand mal ein Schild mit der Aufschrift "Zimmer 101" an der Tür vom Männerklo anbrachte.

Es gab diesen einen Abend, als wir alle uno spielten, ein wirklich simples Kartenspiel, auch nicht groß anders als Mau Mau, ich dachte immer: Wenn das die Eltern wüssten! Die sich doch Sorgen machen um ihre adoleszenten Kinder, fern, in der großen Stadt, wo es Clubs gibt und Drogen, Kriminalität und Krankheiten! Wenn die wüssten, was da stattfindet unter den Studenten! Nämlich nachmittags wird Al Bundy geguckt und abends uno gespielt. Und das war ein schöner Abend, der nur dadurch gefährdet war, dass eine dringend benötigte Mitspielerin ständig von ihrer bevorstehenden Klausur sprach, "morgen muss ich früh raus, ich gehe spätestens um elf ins Bett", so Sachen, und man flößte ihr ein wenig Alkohol ein, es war kurz vor 23h, sie ging zur Toilette, man drehte die Uhr zurück, "oh, ist ja doch noch Zeit", freute sie sich, es ging weiter mit dem uno, es ging weiter mit dem Alkohol, mit der Toilette, mit der Uhr, all dies wiederholte sich so absurd oft, dass ich noch heute gerne an diesen Abend zurückdenke, der gegen 3:30 endete, als sie "doch langsam mal" ins Bett gehen wollte, für sie war es ja auch erst 23:00, und ich weiß heute noch nicht, wie die Klausur für sie gelaufen bzw. ob sie überhaupt hingegangen ist.



Ob ich zu jener Zeit (Zimmer 101) mit dem Kloputzdienst drangewesen wäre, vermag ich nicht mehr zu sagen, aber mit dem Kochen, hm, das kann schon sein. Wir hatten damals folgende, ehrgeizige Regelung getroffen: Reihum wird für alle eingekauft und gekocht, gedeckt, hinterher abgeräumt und gespült. Und zwar alles komplett von einer Person. Auf diese Weise, so hatten wir vereinbart, hätte man zwar ab und zu einen wirklich harten Tag, könnte sich dann aber andererseits fast zwei Wochen lang davon erholen.

Es ging nicht lange gut, bald schon bröckelte es, hier fiel ein Essen aus, da gab's nur eine Tütensuppe, dort stapelte sich das Geschirr, nur ein Mitbewohner war tapfer und standhaft, er kochte an- und vollständige Mahlzeiten, und irgendwann war es so weit gekommen, dass praktisch nur noch er kochte, d.h. alle zwei Wochen gab es in der WG etwas Warmes zu Essen, worüber sich auch alle freuten, man war voll des Lobes und löffelte seinen Teller aus, verzehrte den Nachtisch, stand dankend auf und ließ wie selbstverständlich alles stehen und liegen - denn, so war es doch besprochen, wer einkauft und kocht, der ist auch für das Aufräumen und den Abwasch zuständig.



Übrigens habe ich ein kleines Problem mit meiner Oberfläche, die ist nach einer Woche Steineschleppen und Schuttwegbringen noch ziemlich ramponiert, sie wirkt irgendwie, wie soll ich sagen, präverbal, allerhöchstens protointelligent, da muss ich unbedingt was tun.

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