Mumien, Analphabeten, Diebe.
Du hast's gut, du hast dein Leben noch vor dir.
Freitag, 10. Oktober 2014
Doch weil ich mein Herz nicht ändern kann
nnier | 10. Oktober 2014 | Topic In echt


Runter gehe ich am liebsten zu Fuß, dann dauert es länger. Ein Tag im Zug, dann bin ich zurück, oder sagen wir: Meine leibliche Hülle.







Diese Minuten, bevor die Sonne endgültig weg ist, sind mir die wertvollsten. Man ist dann schon in der Hütte, hat den Ofen geschürt, von dem klaren Wasser getrunken, die Kerzen angezündet, die Schuhe ausgezogen. Kocht einen Tee, sitzt einfach da. Wünscht sich eine gute Nacht, wäscht sich mit dem kalten Wasser, schlupft unter die Deck. Liest ein paar Seiten, schläft ein. Wacht irgendwann auf, schaut nach draußen, kann es nicht fassen: Mein Gott! Es ist voller Sterne.

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Als Kind liebte ich diesen Schlager. Spulte das alte Tonbandgerät immer wieder zurück. Jetzt habe ich das Lied wiedergefunden. Und wusste noch jeden Ton.

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Freitag, 3. Oktober 2014
Ray-Ray
nnier | 03. Oktober 2014 | Topic Fernseh
Das hörte sich nach so einem Pulp-Fiction-Setup an: Ein "Fixer", der Prominenten und Reichen weiterhilft, wenn sie mal wieder neben einer totgekoksten Nutte aufwachen. Ich hab' mir das mal angesehen und nach der ersten Folge gedacht, hmm, da wird das Baukästlein ausgebreitet, rund um den schweigsam-zynischen Problemlöser - und wie passend, dass es nicht nur den Sportstar mit der Koksnutte gibt, sondern auch den Actionschauspieler, dessen Schwulsein vor der Öffentlichkeit verborgen bleiben soll: Reichlich unbefriedigend, wie dann die beiden Puzzleteile mit dem Holzhammer zusammengeprügelt werden. Als Pilotfolge war das wenig überzeugend.

Frivole Leichenbeseitigungen und Erpressergeschichten in allen Variationen kann man sich hinlänglich vorstellen, und somit wäre die Serie für mich uninteressant gewesen, wäre nicht rechtzeititig der übergeordnete und tatsächlich spannende Handlungsstrang hervorgetreten, in dem Jon Voight als Vater der titelgebenden Hauptfigur Ray Donovan allen die Schau stiehlt. Man liest ja ab und zu, dass Angelina Jolie einen Vater hat, den sie ablehnt und der ein übler Raktionär sein soll. Mag sein; aber dieser tapsige Veteran, in dem unvermittelt eine ganz alte Gefährlichkeit aufblitzen kann, schlurft dermaßen beiläufig und doch präsent durchs Bild, dass es eine Freude ist. (Leider verkommt er nach dem ersten großen Handlungsbogen mit der zweiten Staffel zum Maskottchen).

All die emotional gestörten Menschen auf einem Haufen können einem gelegentlich auf die Nerven gehen: Missbrauchte Wracks, schweigsame Helden, kaputte Frauen, das ist ein zynisches Geficke und Gesaufe, und natürlich kann Kontrollfreak Ray ganze Gangsterbanden in den Griff bekommen, nicht aber seine eigene Familie: Auch das ein leidlich bekanntes Motiv, wiederum recht holzschnittartig aufgebaut, dann aber durchaus charmant beleuchtet und weitergeführt. Kommunikationsstörungen jedenfalls allüberall, obwohl permanent ins Smartphone gequatscht wird: Da sieht man mal wieder, wohin das führt.

Strukturell ist das alles äußerst brutal, und manchmal wird auch schlimm geprügelt und geschossen: Wirklich froh bin ich trotzdem darüber, dass man auf blöde Mätzchen und billige Scherze verzichtet hat. Da wird niemand um des Effektes willen oder für einen billigen Lacher erschossen, das ist alles reichlich dunkel grundiert, und obwohl es Tote und Verletzte gibt, ist die über allem schwebende Gewalt eindeutig eine psychische.

Lustig, wenn ich jetzt lese, dass die Serie im ZDF laufen soll: Es kann ja sein, dass so was inzwischen normal ist (ich sehe viel zu wenig fern, um das beurteilen zu können), aber da geht es nicht nur verbal ständig darum, wer wen "fickt" und wem einen "bläst", sondern auch die dargestellten Akte sind für meine Begriffe ungewohnt explizit.

Ich bin am Ende der zweiten Staffel angelangt und freue mich, dass es eine dritte geben soll, denn dem großen Schweiger Ray ist es am Ende doch entglitten: Wie kommt er da bloß wieder raus? Ein echtes Arschloch, der Mann, da kann man sich richtig identifizieren.

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Sonntag, 14. September 2014
71@71:#45&44
nnier | 14. September 2014 | Topic Musiq
1993 war das da meine Wintermusik. Die Mitbewohner in der Studentenwohnheim-WG hatte ich in den Monaten zuvor durch das laute Abspielen verhasster Mainstream-Musik in die innere Emigration getrieben oder zum Auszug verleitet, und eines Tages stand auch die Französin aus der Etage über uns mit zusammengezogenen Brauen vor meiner Tür: Das iest niesch märr mögliesch miet deinörr Müsiek, und natürlich hatte sie recht, eine schlimme Live-Version von "Ebony And Ivory" lief da gerade, ich sagte: Was?, und sie zog aus. Bekam ich Besuch von Freunden aus der Heimat, sagten die: Wir haben das gleich gefunden, wir sind einfach der Musik nachgegangen. Also ich hätte mir sowas echt nicht bieten lassen, so laut und dann noch so uncoole Musik: Genesis, Billy Joel, McCartney, wo doch schon Nirvana am Horizont erschienen waren und Body Count. Als Mitbewohner hätte ich mich gehasst.

Wir waren zu acht, und schon nach einem Jahr war ich der dienstälteste Bewohner, da habe ich mich damals echt gewundert. Als das Album Strawberries Oceans Ships Forest erschien, wurde entgegen der Legende kein großes Geheimnis daraus, sondern durchaus Werbung damit gemacht, dass der mir bekannte Musiker Paul McCartney daran irgendwie beteiligt war, und so kaufte ich es. Und auch wenn es ziemlich dreist ist, denselben Achtminutensong in neun Abmischungen auf eine CD zu pressen, auch wenn ich keine Ahnung hatte, worin eigentlich McCartneys Beitrag zu diesen Stücken bestand, mochte ich das Album und überwinterte zu dessen Soundtrack. Das waren keine Remixe bekannter Stücke, das war irgendwelche Klangrohmassse, in ihre Moleküle zerlegt und völlig willkürlich neu zusammengesetzt: Bis auf ein "Ow!" von Linda und den (nicht mal von McCartney) gesprochenen Satz "I think I sense the situation" aus einem Wings-Album erkannte ich fast nichts wieder. Das war bestimmt kein Rock'n'Roll, but I liked it, und die Mitbewohner konnten kurz entspannen, eine lieh sich die CD sogar aus.

Später kam ein weiteres Ambient-Trance-Full-Frontal-Nudity-Album vom Fireman heraus, ähnliche Prämissen, ganz nettes Geklingel, aber was genau McCartney beigesteuert hatte, blieb auch diesmal vage. So kam es 2008 durchaus überraschend, dass das dritte Fireman-Album plötzlich lauter "richtige" Songs enthielt. Das Konzept diesmal: Ein Tag Studio ergibt ein Lied. Was dabei herauskam, ist oft auch nicht von großem Belang, bot aber mehr Platz für Experimente als ein "echtes" McCartney-Album und löste vorübergehend einige Begeisterung aus, die bei mir allerdings nicht lange hielt, ich höre diese Scheibe nie.

Bis auf ein Lied, das vollkommen traditionell und deutlich nach Wings klingt. Ich bin dann auch bald aus diesem Studentenwohnheim ausgezogen, das war einfach nicht auszuhalten mit den Partys über uns, dieses dämliche "We Will Rock You" die halbe Nacht, das ist doch eine Zumutung.

Platz 45: Celtic Stomp (1993)
Platz 44: Sun Is Shining (2008)

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Sonntag, 7. September 2014
Windelmatz
nnier | 07. September 2014 | Topic In echt
Man soll da nur 30 fahren, aber das macht keiner, denn es ist der Zuweg zum großen Möbelhaus und eine dieser Straßen, die schon durch ihre Breite zum Beschleunigen einladen. Außerdem: Werktags von 8-19 Uhr, ist doch schon viel später! Vor uns aber bremste man abrupt, auf der Gegenfahrbahn auch, und da sahen wir die nackten Füßchen über die Straße rennen.

Dann war er drüben, und die Autos fuhren weiter, bloß wir standen da mit unserem Warnblinker und stiegen aus. Auto, Auto, sagte das Kerlchen und hatte einen Schlüssel in der Hand, ach, Auto fahren willlst du! Da hinten kamen zwei Frauen angerannt, was machst du denn, was machst du denn. Mit seinem Autoschlüssel saß er irgendwann auf Mamas Arm.

Wir fuhren dann weiter, und meine Knie wurden weich.

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Donnerstag, 4. September 2014
71@71:#46
nnier | 04. September 2014 | Topic Musiq


Heute fuhr ich ein Auto, in dem eine mir unbekannte Person eine zusammengemixte CD liegenlassen hatte. "MP3 Mix 28.8.2014" stand drauf, und da ich eine ordentliche Strecke zu fahren hatte, warf ich sie in den CD-Spieler und ließ mich überraschen. Das ging los mit Springsteen, den ich wie eh und je überspringen muss, über AC/DC, deren Hell's Bells ich freudegrinsend begrüßte - ich meine: Das Riff ist schon toll!, weiter mit Billy Joel, der ein paar wirklich gute Titel im Katalog hat, und wie ich da so in die Luftgitarrensaiten griff und bei Tempo 60 "Ooooh" und "Aaaah" sang, wurde mir klar, wie überholt das alles klingt: Schwere Riffs, lange Soli, ungetrübte Testosteronmusik, waschechter Schweinerock. Das erzähl mal James Blunt.

Ich brauche dazwischen dringend Frischluft, danke an den unbekannten Mixer, dass er Funky Town eingestreut hat, da kann ich direkt nachfühlen, wie befreiend so ein frühes Elektropopstückchen mit seinen Discostreichern in manchen Ohren geklungen haben muss, Punk mal ganz raus: Das war schon eine echte Überdosis in den 70ern und reichte bis tief in die 80er, Heavy Drums, Heavy Bass und die E-Gitarre als Phallus. Thank God it's over.

Bloß dass mich das alles an eines der wenigen Wings-Stücke erinnert hat, die ich mag: Venus and Mars heißt das Album, man trug Vokuhila und Glitzerjacke und kam noch richtig in der Bravo vor.

Platz 46: Letting Go (1975)

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