Mumien, Analphabeten, Diebe.
Du hast's gut, du hast dein Leben noch vor dir.
Mittwoch, 5. März 2014
Wiedervorlage
nnier | 05. März 2014 | Topic Spam


In the year 5555
Your arms hangin' limp at your sides
Your legs got nothin' to do
Some machine's doin' that for you

(Zager and Evans)



(Und dann am 29.6.46151 um halb neun: Neeeeiiiin, jetzt habe ich's doch verpasst!)

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Dienstag, 4. März 2014
Go viral
nnier | 04. März 2014 | Topic Brainphuq
Sie alle kennen das Phänomen - Gelerntes lässt sich besser reproduzieren, wenn sich die äußeren Umstände ähneln. Grundstudium Psychologie: Wer Gedichte unter einer Taucherglocke auswendig lernt, kann sie am besten unter einer Taucherglocke rezitieren. Ich habe dem Professor bei der Prüfung dann gleich erklärt, dass mir die Antwort zwar gerade nicht einfällt, aber das heißt nichts, nämlich wenn wir jetzt am Meersgrund säßen, sähe das schon ganz anders aus.

Und das stimmt ja auch, ständig fallen mir Sachen von vor 30 Jahren ein, bloß weil ich damals wie heute im Bett herumlag und mir einen nach dem and und nur aufstand, um den roten Kopf über eine dampfende Schüssel zu halten und tief zu inhalieren. Unter dem Handtuch, wenn ätherische Dämpfe in die Nebenhöhlen vordringen, fällt mir z.B. prompt ein, dass es zu Zeiten der versandenden Neuen Deutschen Welle ein Projekt namens "Die Minnesänger" gegeben hat. Und keiner, dem ich davon erzähle, will davon je gehört haben! Dabei habe ich Melodie und Text parat: Der Wilddieb von Herzogenbrunn / Der stößt einmal kräftig ins Horn, und dem kann man ja direkt entnehmen, dass es von Hubert Kah produziert worden sein muss, denn wer anders als so ein Schwabe würde "Brunn" auf "Horn" reimen. Wenn Sie sich jetzt trotzdem nicht gleich erinnern: Kochendes Wasser in eine Schüssel gießen, ordentlich Salz und einen Strang Kamillosan rein, Snoopy-Handtuch über den Kopf: Ich kenn ihn schon / Den Herrn Baron / Mit seinem Wilddiebsopran / Lockt er die Frauen heran / Waidmannsdank! Na, sehen Sie?

Dieses ewige Gerotze, und wenn man die nächste Packung Taschentücher vollgeniest hat, kommt jemand vorbei und bringt einem Kräutertee. Echt nett! Mit den trüben Augen kann man seine Dankbarkeit nur eingeschränkt zum Ausdruck bringen, räuspert aber immerhin ein brüchiges "Uuuh, Wellenreiter über dem Ozean" hervor und wird wieder komisch angeschaut. Dabei waren immerhin 3/5 der Teens an dem Projekt "Rotesand" beteiligt! Immer wenn er von einem Wellenritt wiederkehrt / Kriegt er einen Kuss von einer, die ihn über alle Maßen verehrt, das wird einem natürlich nicht geglaubt, und auch dass man damals Hosen trug, deren Bund auf Bauchnabelhöhe endete. Wenn Sie jetzt ebenfalls Schwierigkeiten mit der Erinnerung haben: Eine Prise Nieswurz, eine Tasse Hustentee - na also, es geht doch!

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Mittwoch, 26. Februar 2014
Stocknudel
nnier | 26. Februar 2014 | Topic Margaretha
Das war eine Wasserleiche. Ich war alleine zu Besuch bei meinen Großeltern, die in der Nähe der Stadt wohnten. Womöglich hatte ich sie überredet, mit mir zu einem Spiel des KSV Hessen Kassel zu gehen, von dem ich auch ein paar Autogrammkarten in meinem Jugendzimmer hängen hatte (Peter Kempa, Hans Wulf, Uwe Pallaks). Wir waren in einem der großen Parks spazieren, da standen Feuerwehr- und Polizeifahrzeuge am Wasser. Die Person musste lange in der Tiefe gelegen haben, und ich sah genauer hin, als ich wollte.

Nach Afrika. Ziemlich überstürzt und irgendwie schon zu dritt. Als ich mit meiner schwarzen Motorradlederjacke aus dem Flugzeug stieg, bekam ich einen Schlag in die Fresse. Es blieb nicht der einzige.

So weit bin ich noch nicht gekommmen. Aber sie war immer groß, schon im Kindergarten.

Da wohnten wir erst zu dritt, und die eine Mitbewohnerin stöhnte nachts wie gescriptet. Französisch können wir ganz gut, nur mit der Sprache hapert's, meinte morgens der wesentlich ältere Besucher, und sie errötete. Ich war der Zugezogene, kenne mich kaum wieder, wenn ich zurückdenke, und hier wurde mein lieber Sohn geboren (von der anderen Mitbewohnerin).

Wird eins mit H-Kennzeichen.

Da war ich kreidebleich an den Lido mitgegangen und hatte mich so lange in der prallen Sonne gedreht, dass mich das Fieber krebsrot beutelte, tagelang. Ging mir aber eh scheiße.

Kameradendiebstahl. Feigheit vor dem Feind. Geheimnisverrat. Eifersucht. Geiz. Gier. Neid. (Wird aber besser.)

Otto Schily. Der besuchte unsere Wixfirma. Draußen war alles abgesperrt, ganz clever mit Müllfahrzeugen, und er kam stracks und ausgerechnet auf mich zu, reichte mir die Hand. Ich war sitzen geblieben (man könnte das cool nennen, der Moment wird von mir aber noch immer als stoffeliger Faux Pas empfunden) und beantwortete seine zwei, drei routinierten Höflichkeitsfragen. Klein war er, und bald schon wieder weiter, und ich hasste mein Dasein und musste mir später vorstellen, dass ich ausgerechnet in dieser Situation so richtig abgeledert hätte: "Interessant? Was soll daran denn interessant sein!? Das ist die allerletzte Scheiße, und man kommt hier jeden Tag her und fragt sich abends, warum man sich nicht aufgehängt hat!", und als ich nach Hause kam, sagten sie: Bei uns gibt's heute Chili!, ich sagte: Und bei uns war heute Otto Schily!, da dachten sie natürlich, das wäre einer meiner freudlosen Flachwitze.

Das Land, vor dem es einen gruseln kann. Meine Großeltern hatten es empfohlen, dafür bin ich heute noch dankbar. Wir waren weit und lange gefahren, im Auto wurde selbstverständlich geraucht, dann ging es noch ewig nach oben und war erst nichts als eine Wiese mit ein paar Hütten drauf. Mein Herz ist da festgewachsen.

Da sollte ich jemandem beim Renovieren helfen, der zeigte mir die Heizungsrohre zwischen den Querbalken am Boden. Umwickeln sollte ich die mit so einem Filz und trat auf den Estrich, dann riss es mir das Bein hoch und ich lag im Keller auf einem Schrank, denn das war kein Estrich, sondern eine abgehängte Decke. Ich habe noch den halben Tag Tapeten abgerissen, weil ich den Schmerz nicht akzeptieren wollte, und fuhr mit zerrissenen Kniesehnen unter Schock nach Hause. Trotzdem ein Glückstag, weil um den hohen Schrank herum lauter spitze und lange Metallstangen zur Decke spießten.

VW-Bus (T2, gut erhalten). Holzofen mit Schornstein. Whirlpool. Hobelbank. Hurtigruten. Töpferscheibe. Pong-Spiel (s/w mit Drehregler). Flipper. Murmelbahn. Pfanne (Gusseisen). Dieses Bild.

--

(Ich habe mich ins Abseits gebloggt, monothematisch und geistig verarmt: 2014 wird ein hartes Jahr, und es sind noch 50 Titel wegzuschaffen. Da schnappe ich mir als zwischenzeitliche Fremdinspiration das Nudelholz von Herrn Schneck, den ich schätze, weil er klug schreibt und sein Ding macht.)

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Montag, 24. Februar 2014
71@71:#51
nnier | 24. Februar 2014 | Topic Musiq


Best thing I ever saw / Was a man who loved his wife.

Parental Advisory: Explicit Lyrics! Oder was soll man dazu sagen? In a place where things were good / I felt peace in the neighbourhood. Ein Spießeridyll, eine lyrisch wenig ambitionierte Variation von When I'm Sixty Four ("Grandchildren on your knees / Vera, Jock, and Dave"), so wie man eine thematische Verwandschaft von Biker Like An Icon mit She's Leaving Home nicht leugnen kann.

McCartney 1967 vs. McCartney 1993 in beiden Fällen, und was bleibt einem anderes als wieder einmal festzustellen: Dazwischen liegen 26 Jahre und qualitative Welten, hier der Monolith, mein Gott!, Es ist voller Sterne!, dort der Midprice-Grabbeltisch. Auf diesem findet man ein entspannt dahinschlurfendes Lied mit schön zurückhaltendem Klaviergeklimper, und beim Konzert waren auf der Bühne so glibberige Aliens mit Riesendildos, die Blut ins Publikum spritzten. (Just kidding.)

I was there, I really was / At the centre of the love vibration: Das wiederum glaube ich ihm aufs Wort. Es muss ja nicht für jeden derselbe Ort sein.

Platz 51: Peace In The Neighbourhood (1993)

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Dienstag, 18. Februar 2014
71@71:#52
nnier | 18. Februar 2014 | Topic Musiq
"Macht der jetzt religiöse Musik", wurde ich in den 90ern gefragt, bloß weil ich ein T-Shirt mit diesem Motiv trug. Man merkt daran, wie weit er aus dem popkulturellen Massenbewusstsein verschwunden war: Gewundert hätten die sich jedenfalls nicht.

Mich wiederum wundert, wie unbeliebt das Lied ist: Eines der schlechtesten überhaupt! The guy who wrote Hey Jude wrote this rubbish! Und ich gebe ja zu, dass der Vers "But the biker / Didn't like her" ziemlich übel knirscht.

Es muss irgendwelche Knebelverträge geben, oder da fließt Schweigegeld: Von der Band, die immerhin zwei ausgedehnte Welttourneen zum großen Live-Comeback bestritten und zwei Alben ganz wesentlich mitgestaltet hat, ist seither so gut wie kein Wort zum Thema McC zu hören. Klar, die aktuelle Band kommt um einiges cooler und zeitgemäßer rüber, optisch wie akustisch: Das hat mehr Drive, die können Druck aufbauen oder auch mal nach Garage klingen. Damals hingegen brave Session- und Mietmusiker aus der dritten Reihe, Facharbeiter für die kantenlose Darbietung.

Biker like an Icon is the singularly worst song written since the 15th century.
[Q, in den Kommentaren]

Routiniert ist der Anfang auf der Akustischen, bald kommt die E-Gitarre von dem einen da ins Spiel, der später auch ein feines Slide-Solo liefert. Der Gesang, monoton und Matter-of-Fact in den Strophen, kippt beim kurzen Refrain ins Plärrige, (She loved the) BIKER LIKE AN ICON, das mag ich bei jeder Wiederholung mehr, zumal gegen Ende, wenn Paul doch noch ins Rock-Register wechselt. Es mag gediegene Erwachsenenmusik sein: Für mich ein feiner Song, den auch die Pitch-Bend-Keyboards nicht kaputtkriegen.

Platz 52: Biker Like An Icon (1993)

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