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nnier | 19. Mai 2012 | Topic Illiterarisches

Los, Mutter, greif zu! Wir brauchen jeden Torfballen, den wir kriegen können.
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Es ist noch gar nicht so lange her, da saß ich bei einem im Büro, der mich intensiv anstarrte. Er erzählte was von "Visionen", die er habe, und dass er unbedingt wissen müsse, ob ich an die "glaube", bzw., da ich diese Visionen ja noch gar nicht kennen könne, sei die Frage eigentlich, ob ich an ihn glaube. Wieder dieser intensive Blick. Ich fühlte mich unwohl, rutschte hin und her, versuchte das Gespräch immer wieder auf eine inhaltliche Ebene zurückzuholen, über diese Idee und jenes Projekt zu sprechen, was mir aber nicht gelang, und sagte gegen Ende nur noch "hm" und "he he".
Es gab eine Kollegin, die hatte ihm verliebte Blicke zugeworfen, als er sich in der großen Runde vorstellte und selbst bespiegelte: Marathon, Extremsex (oder so etwas), ein "typisches Internetgewächs" sei er jedenfalls, und sie sagte mir: Mit ihm wird alles anders! Da hatte sie recht, sie arbeitete sich tot und wurde in emotionale Ausnahmezustände gebracht, von ihm und seinem Speichellecker zusammengeschrien, bis sie heulte, danach erzählte er mir, dass sie "die Beste" in dem ganzen Laden sei, dann entließ er seinen Speichellecker, der wurde abends völlig orientierungslos am Bahnhof gesehen, und als ich auf der Weihnachtsfeier mit ihr sprach, vertraute sie mir an, dass sie gerade gekündigt hatte. Ich bekam das Grinsen gar nicht mehr weg, auf dem Klo kumpelte er mich plötzlich an, ich sagte ja ja und he he.
Er hatte einen Adjutanten mitgebracht, der einen sog. Track Record aufzuweisen hatte, der kam wie ein Kriegsreporter in unser Großraumbüro, er trug Cowboystiefel und - ohne Scheiß! - eine Ray Ban hoch ins Haar geschoben. Irgendwie hängte er sich an mich, quetschte mich aus, fühlte sich schlau, stellte unverfängliche Fragen, zog mich vorgeblich ins Vertrauen, quatschte mich voll, erzählte mir von den Telefonaten mit seinem Meister, der ihn regelmäßig nachts anrief und aufgedreht über die Arbeit redete. Wie er wieder stundenlang zusamengeschissen worden sei, wie er wieder schlimm angeschrien worden sei, erzählte er mit seltsam stolzem Tonfall, und dass sie eigentlich ganz tolle Kumpel seien, ich sagte ja ja und mhm und las nebenbei die geheimen Dossiers, die er über die verschiedenen Teams verfasst und auf dem falschen Laufwerk abgelegt hatte. Zu meinem Team hieß es: Machen das, was übrigbleibt, und ich muss sagen, das war gar nicht so falsch ausgedrückt. Die kannten sich schon lange, die beiden, erzählte mir also der Adjutant, und dass der zwar machmal ganz schön krass sein könne, aber dann auch wieder unheimlich lieb, und wie sie in einer früheren Firma mal vor allen Kollegen um die Wette Liegestützen gemacht hätten, auf drei Fingern. Mehr habe ich nicht erfahren, der Adjutant wurde nämlich auch bald rausgeschmissen.
Ich hatte schon vorher komische Sachen gemacht, z.B. im Anzug mit irgendwelchen Anzugmenschen gesprochen, da schwitzte ich manchmal und musste mir das Lachen verbeißen, aber es verblieb ausreichend Restrealität. Diese verflüchtigte sich nun rapide, einmal wurde ich gewarnt, dass er sich "auf jedes Telefongespräch schalten kann", ein anderes Mal, dass er "alle Mails" mitlese, und manchmal, auf dem Klo, hörte ich Gesprächsfetzen, die irgendwoher kamen, ich ging dann mehrmals außenrum, aber da war nichts, und ich fragte mich, ob irgendwo im Lüftungsschacht ein Geheimagent sitzt und Gespräche abhört. Das gab mir zu denken, bald saß ich bei dem Internetgewächs im Büro, wurde psychopathisch angestarrt und nach meinem Glauben befragt. Dann kündigte ich.
Es waren nur ein paar Monate. Sie fühlten sich ewig an. Ich denke kaum noch dran.
Es gab eine Kollegin, die hatte ihm verliebte Blicke zugeworfen, als er sich in der großen Runde vorstellte und selbst bespiegelte: Marathon, Extremsex (oder so etwas), ein "typisches Internetgewächs" sei er jedenfalls, und sie sagte mir: Mit ihm wird alles anders! Da hatte sie recht, sie arbeitete sich tot und wurde in emotionale Ausnahmezustände gebracht, von ihm und seinem Speichellecker zusammengeschrien, bis sie heulte, danach erzählte er mir, dass sie "die Beste" in dem ganzen Laden sei, dann entließ er seinen Speichellecker, der wurde abends völlig orientierungslos am Bahnhof gesehen, und als ich auf der Weihnachtsfeier mit ihr sprach, vertraute sie mir an, dass sie gerade gekündigt hatte. Ich bekam das Grinsen gar nicht mehr weg, auf dem Klo kumpelte er mich plötzlich an, ich sagte ja ja und he he.
Er hatte einen Adjutanten mitgebracht, der einen sog. Track Record aufzuweisen hatte, der kam wie ein Kriegsreporter in unser Großraumbüro, er trug Cowboystiefel und - ohne Scheiß! - eine Ray Ban hoch ins Haar geschoben. Irgendwie hängte er sich an mich, quetschte mich aus, fühlte sich schlau, stellte unverfängliche Fragen, zog mich vorgeblich ins Vertrauen, quatschte mich voll, erzählte mir von den Telefonaten mit seinem Meister, der ihn regelmäßig nachts anrief und aufgedreht über die Arbeit redete. Wie er wieder stundenlang zusamengeschissen worden sei, wie er wieder schlimm angeschrien worden sei, erzählte er mit seltsam stolzem Tonfall, und dass sie eigentlich ganz tolle Kumpel seien, ich sagte ja ja und mhm und las nebenbei die geheimen Dossiers, die er über die verschiedenen Teams verfasst und auf dem falschen Laufwerk abgelegt hatte. Zu meinem Team hieß es: Machen das, was übrigbleibt, und ich muss sagen, das war gar nicht so falsch ausgedrückt. Die kannten sich schon lange, die beiden, erzählte mir also der Adjutant, und dass der zwar machmal ganz schön krass sein könne, aber dann auch wieder unheimlich lieb, und wie sie in einer früheren Firma mal vor allen Kollegen um die Wette Liegestützen gemacht hätten, auf drei Fingern. Mehr habe ich nicht erfahren, der Adjutant wurde nämlich auch bald rausgeschmissen.
Ich hatte schon vorher komische Sachen gemacht, z.B. im Anzug mit irgendwelchen Anzugmenschen gesprochen, da schwitzte ich manchmal und musste mir das Lachen verbeißen, aber es verblieb ausreichend Restrealität. Diese verflüchtigte sich nun rapide, einmal wurde ich gewarnt, dass er sich "auf jedes Telefongespräch schalten kann", ein anderes Mal, dass er "alle Mails" mitlese, und manchmal, auf dem Klo, hörte ich Gesprächsfetzen, die irgendwoher kamen, ich ging dann mehrmals außenrum, aber da war nichts, und ich fragte mich, ob irgendwo im Lüftungsschacht ein Geheimagent sitzt und Gespräche abhört. Das gab mir zu denken, bald saß ich bei dem Internetgewächs im Büro, wurde psychopathisch angestarrt und nach meinem Glauben befragt. Dann kündigte ich.
Es waren nur ein paar Monate. Sie fühlten sich ewig an. Ich denke kaum noch dran.
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nnier | 17. Mai 2012 | Topic Illiterarisches

Ich habe es gleich gesagt: Als Arbeits-Kleidung im Torf völlig ungeeignet! Mir ist es ja egal. Aber ob sie die schwarzen Flecken da je wieder rausbekommen?
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Ist das mein Leben? Habe ich denn nie Theater gespielt und Filme gedreht? *Ich erschrecke manchmal darüber, wie sehr sich einzelne Szenen aus Fernsehfilmen eingeprägt haben. Ein einziges Mal nur habe ich den Seewolf gesehen, ich ging noch zur Grundschule, und trotzdem erinnere ich mich intensiv an einzelne Sätze: "Hab' ich dich, Wolf Larsen!", "Und dann sah ich, dass er blind war. Stockblind", "Der Bremser lässt Eisen tanzen!", "Nicht einer hat mir ein Messer gegeben!"
Jahrelang habe ich das schon vor. Gestern war es endlich so weit, ich schob die DVD in das Abspielgerät und schaute den ersten der vier Teile in Gegenwart zweier mir bekannter Jugendlicher an.
Schon häufig ist mir aufgefallen, dass viele internationale Schauspieler und Zeichentrickfiguren mit leichtem, aber unüberhörbarem bairischen Zungenschlag sprechen. Das muss etwas mit den Bavaria-Synchronstudios zu tun haben. Nicht, dass Pinocchio plötzlich "Ja, mei!", gesagt hätte. Aber man hört doch recht deutlich, gerade bei den Nebenfiguren, dass hier jemand nur versucht, hochdeutsch zu sprechen. Genauer gesagt: Er denkt, dass er hochdeutsch spricht, aber Kleinigkeiten wie ein immer stimmloses "S" oder ein zu stark geschlossenes "O" in einem Wort wie "Woche" und so weiter verraten die süddeutsche Herkunft. Besonders lustig war dies bei der Zeichentrickserie Nils Holgersson, wenn z.B. ein skandinavischer Blondschopf das Wort "durch" so aussprach wie Ludwig Hirsch. Und auch einige Robbenjäger auf der Ghost und erstaunlich viele Slumkids aus San Francisco klangen gestern wie Münchener, die in Hamburg nicht auffallen wollen.
Synchronisiert wurde übrigens auch Hauptdarsteller Raimund Harmstorf, der Seewolf. Es handelt sich ja (wie bei den "großen Vierteilern" üblich) um eine internationale Koproduktion, so dass die Dialoge der anderssprachigen Darsteller in der deutschen Fassung selbstverständlich von Synchronsprechern übernommen wurden. Harmstorf, der seine Rolle mit gerade mal 31 Jahren wirklich beeindruckend spielt, hatte laut Wikipedia eine "zu junge" Stimme und wurde deshalb ebenfalls komplett synchronisiert. Man erkennt sofort die Stimme von Scotty, K.E. Ludwig, samt seiner kleinen Marotten (z.B. sagt er "aufdn" statt "auf den"). Wie muss sich das anfühlen, eine Hauptrolle zu spielen, ohne dass die eigene Stimme je zu hören ist?
Denn der Seewolf durfte kein Parkinson haben. Der musste mit einer Hand eine rohe Kartoffel zerdrücken können. **Jeder kennt die Kartoffelszene. Wahrscheinlich macht es keinen Spaß, wenn eine Schauspielkarriere oder ein ganzes Leben auf einen solchen Moment eingedampft wird. Ich meine, mich an irgendeine Talkshow zu erinnern, in der Harmstorf zu Gast war, deutlich älter und recht steif und unbeholfen, vermutlich durfte er kurz über irgendeinen der drittklassigen Filme sprechen, in denen er später noch auftrat, und dann kam wieder diese Geschichte. Wie muss das sein, wenn man permanent so ein Image bedienen muss? Wenn man längst krank ist, nicht mehr gut laufen kann und immer noch der bärenstarke Kartoffelquetscher sein muss?
"Er sei ein häuslicher Typ gewesen, der gerne strickte", heißt es (ausgerechnet) im Focus, zehn Jahre nach dem Selbstmord des Schauspielers:
"Seewolf Raimund Harmstorf in der Psychiatrie", titelte die "Bild"-Zeitung am 2. Mai 1998. Der 57-Jährige sei mit aufgeschnittenen Pulsadern auf der Straße von der Polizei aufgegriffen und anschließend in eine geschlossene Anstalt eingeliefert worden. [...] Am Vormittag stand ein Reporter der "Bunten" vor dem Haus im Allgäu und brachte Kopien des Zeitungsartikels mit [...] "Das muss ein schlechter Scherz sein", habe er zuerst gesagt, dann: "Das ist mein Todesurteil." *Was mich überrascht hat: Vieles an dieser ersten Folge könnte aus heutiger Sicht langatmig wirken, vieles ist umständlich und überdeutlich erklärt, so wie in der oben verlinkten Kartoffelszene, wenn es aus dem Off extra noch mal heißt: "Jetzt begriff ich, wie es mir ergangen wäre, wenn er mit aller Kraft zugepackt hätte."
Auf einer anderen Seite [der "Bild"-Zeitung], ebenfalls kopiert, kam dann ein kurzer Abriss seines Lebens, zusammengeschrumpft auf Unfälle und persönliche Niederlagen. [...] "Mit aufgeschnittenem Handgelenk aufgegriffen", stand da und noch ein paar Sachen, die einfach gelogen waren. **Ich war mir wieder mal nicht sicher, ist es verklärte Erinnerung, ist das alles vielleicht nur albern und peinlich - und wie wirkt es auf zwei junge Menschen mit ganz anderen Sehgewohnheiten? Das hat mich am meisten gefreut, dass sie es spannend fanden und unbedingt weitergucken wollen, dass sie sich kaputtlachen über eine minutenlange Szene, in der ein Junge versucht, seine Schularbeiten zu machen, aber mit seinen Gedanken abschweift, etwas anderes beginnt, sich dann wieder zur Ordnung ruft und von neuem beginnt, nicht zwei- oder dreimal, sondern acht- oder zehnmal, so viel Zeit hatte man damals.
Seine Leiche wurde auf dem Dachboden gefunden. Die Polizei teilte nüchtern mit: "Es liegen Erkenntnisse dahingehend vor, dass ein Mitauslöser für den Selbstmord in der Medienberichterstattung des vergangenen Samstags zu sehen ist." *Bislang ist noch keiner der Sätze vorgekommen, die mir so im Gedächtnis geblieben sind. Drei Folgen kann ich mir noch anschauen. Ich freue mich schon darauf.
--
* (Quelle)
** (Quelle)
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nnier | 12. Mai 2012 | Topic Illiterarisches

Nun mal langsam, Herr Wohlers: Wozu sollte ich die Bank aus dem Turnsaal holen? Und warum sollen die Vorhänge geschlossen sein? Ich verstehe nicht ganz, was das mit meiner Lateinvorbereitung zu tun hat!
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Das Live-Aid-Konzert 1985 war eine logistische Herausforderung. Es schien ein Ereignis von weltgeschichtlicher Bedeutung ins Haus zu stehen, ich leistete mir einen Zehnerpack der Leercassettensorte meines Vertrauens und verbrachte Stunden damit, die Antenne des Tuners, wie wir Insider das Radio-Empfangsteil nannten, perfekt auszurichten. Den Fernseher, wir hatten sowieso nur einen kleinen tragbaren, durfte ich mir ins Zimmer holen und lag dann schon mittags mit diesem flauen Gefühl auf meinem Bett, das sich noch so oft einstellen sollte, wenn ich etwas endlich erreichte oder bekam, auf das ich lange hingefiebert hatte: Das sollte es nun sein!?
Bald sang hier Howard Jones und dort Alison Moyet, grölte da Billy Idol und gniedelte dort Status Quo, und, aufmerksame Leser ahnen es, ich wartete auf Phil Collins, der zusammen mit Sting auftreten sollte und dann peinlicherweise mit der Concorde von London nach Philadelphia flog, um ein paar Stunden später noch einmal die gleichen Stücke darzubieten.
Das soll es nun sein, mich quälte plötzlich dieses ganze Aufnehmen, Cassettenumdrehen, Schneiden, Zurückspulen, Beschriften, der Fernseher lief, draußen schien die Sonne, und immer musste man warten, weil später noch der superberühmte Künstler X und die legendäre Band Y auftreten würden.
Irgendwann schaltete ich aus. Den Auftritt von Paul McCartney habe ich deshalb nicht gesehen. Später las ich, dass er am Klavier Let It Be gespielt habe und zuckte die Achseln. Wiederum später fand ich im Zusammenhang mit einem ernüchternden Resümee seiner Solokarriere bis zum damaligen Zeitpunkt, d.h. bis in die zweite Hälfte der 80er, eine Erwähnung dieses Auftritts: Er habe, diese Formulierung beeindruckte mich, die Schönheit des Liedes durch seine pompous air und flippant delivery überschattet.*
Wenn ich das Buch von Tim Riley (mit dem Titel Tell Me Why) jetzt finden würde, könnte ich zitieren, so muss es aus der Erinnerung gehen: Es wurde dann noch ein Auftritt beim Prince's Trust 1986 erwähnt, auch so eine angestrengte Superstar-Parade, bei der McCartney zusammen mit damals unvermeidlichen Figuren wie Tina Turner, Elton John, Eric Clapton, Midge Ure, Mark Knopfler, Bryan Adams, Paul Young und so weiter das Lied Get Back darbot. Die Beschreibung endete mit dem melancholischen Eindruck, er wirke isoliert und wie jemand, der für das geliebt wird, was er einmal war, nicht für das, was er ist.**
Im nachhinein waren das nur ein paar Jahre. Damals aber ließ sich wirklich nicht absehen, dass er aus dieser Sackgasse jemals wieder herausfände. Es schien einzig auf gelegentliche Teilnahmen an Charity-Aktionen hinauszulaufen, immer im Schutze aktueller Stars und Produzenten, immer in der Sicherheit, noch als erster genannt zu werden, aber er gehörte nicht mehr dazu, und das wird einem so richtig deutlich, wenn man sich das Video zur Benefiz-Single (wieder mal) Let It Be von Ferry Aid (1987) anschaut. Ein Soundverbrechen von Stock-Aitken-Waterman, aber auch die schaffen es nicht, die Schönheit des totgespielten Liedes zu zerstören, zumindest solange McCartney singt. Dann folgt die übliche Parade von übermäßig phrasierten, angestrengt "souligen" Einzelauftritten, jeder will da sein Trademark in seine paar Sekunden Rampenlicht quetschen, ich hasse schon Boy George dafür, wie er "She is staaandin' right in front - of - me" zerdehnt, danach wird es nur noch schlimmer, und zwischendrin liefern Mark Knopfler und Gary Moore mit ihren Gitarren genau das ab, was ihnen im ersten Moment eingefallen ist.
Natürlich mündet das alles in ein minutenlanges Gegospel. Dieter Bohlen macht so etwas auch, wenn seine Musik "wertig" klingen soll. Da stehen sie alle und schunkeln und singen ganz selbstvergessen.
Nur einer ist nicht dabei.
--
* Nicht ganz weit hergeholt, wenn man sich das ansieht.
** All-Star-Bombast vom Schlimmsten.
Bald sang hier Howard Jones und dort Alison Moyet, grölte da Billy Idol und gniedelte dort Status Quo, und, aufmerksame Leser ahnen es, ich wartete auf Phil Collins, der zusammen mit Sting auftreten sollte und dann peinlicherweise mit der Concorde von London nach Philadelphia flog, um ein paar Stunden später noch einmal die gleichen Stücke darzubieten.
Das soll es nun sein, mich quälte plötzlich dieses ganze Aufnehmen, Cassettenumdrehen, Schneiden, Zurückspulen, Beschriften, der Fernseher lief, draußen schien die Sonne, und immer musste man warten, weil später noch der superberühmte Künstler X und die legendäre Band Y auftreten würden.
Irgendwann schaltete ich aus. Den Auftritt von Paul McCartney habe ich deshalb nicht gesehen. Später las ich, dass er am Klavier Let It Be gespielt habe und zuckte die Achseln. Wiederum später fand ich im Zusammenhang mit einem ernüchternden Resümee seiner Solokarriere bis zum damaligen Zeitpunkt, d.h. bis in die zweite Hälfte der 80er, eine Erwähnung dieses Auftritts: Er habe, diese Formulierung beeindruckte mich, die Schönheit des Liedes durch seine pompous air und flippant delivery überschattet.*
Wenn ich das Buch von Tim Riley (mit dem Titel Tell Me Why) jetzt finden würde, könnte ich zitieren, so muss es aus der Erinnerung gehen: Es wurde dann noch ein Auftritt beim Prince's Trust 1986 erwähnt, auch so eine angestrengte Superstar-Parade, bei der McCartney zusammen mit damals unvermeidlichen Figuren wie Tina Turner, Elton John, Eric Clapton, Midge Ure, Mark Knopfler, Bryan Adams, Paul Young und so weiter das Lied Get Back darbot. Die Beschreibung endete mit dem melancholischen Eindruck, er wirke isoliert und wie jemand, der für das geliebt wird, was er einmal war, nicht für das, was er ist.**
Im nachhinein waren das nur ein paar Jahre. Damals aber ließ sich wirklich nicht absehen, dass er aus dieser Sackgasse jemals wieder herausfände. Es schien einzig auf gelegentliche Teilnahmen an Charity-Aktionen hinauszulaufen, immer im Schutze aktueller Stars und Produzenten, immer in der Sicherheit, noch als erster genannt zu werden, aber er gehörte nicht mehr dazu, und das wird einem so richtig deutlich, wenn man sich das Video zur Benefiz-Single (wieder mal) Let It Be von Ferry Aid (1987) anschaut. Ein Soundverbrechen von Stock-Aitken-Waterman, aber auch die schaffen es nicht, die Schönheit des totgespielten Liedes zu zerstören, zumindest solange McCartney singt. Dann folgt die übliche Parade von übermäßig phrasierten, angestrengt "souligen" Einzelauftritten, jeder will da sein Trademark in seine paar Sekunden Rampenlicht quetschen, ich hasse schon Boy George dafür, wie er "She is staaandin' right in front - of - me" zerdehnt, danach wird es nur noch schlimmer, und zwischendrin liefern Mark Knopfler und Gary Moore mit ihren Gitarren genau das ab, was ihnen im ersten Moment eingefallen ist.
Natürlich mündet das alles in ein minutenlanges Gegospel. Dieter Bohlen macht so etwas auch, wenn seine Musik "wertig" klingen soll. Da stehen sie alle und schunkeln und singen ganz selbstvergessen.
Nur einer ist nicht dabei.
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* Nicht ganz weit hergeholt, wenn man sich das ansieht.
** All-Star-Bombast vom Schlimmsten.
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