Mumien, Analphabeten, Diebe.
Du hast's gut, du hast dein Leben noch vor dir.
Dienstag, 16. Februar 2010
Kastenwesen
nnier | 16. Februar 2010 | Topic In echt
Wenn man so eine schicke, stählerne Dunstabzugshaube kaufen will, die frei unter der Decke hängt, spricht der Küchenmann: Ja, billig sind die nicht, aber echt schick - und die saugen was weg, Wahnsinn, in der höchsten Stufe saugen die pro Stunde im Prinzip einmal ihr Haus leer, gehen Sie nicht zu nah ran, sonst werden sie hineingezogen. Man kauft die dann und lässt sie montieren, sie hängt recht weit über dem Herd, man fragt vorsichtig nach, der Monteur aber spricht: Erstens soll ja Ihre Frau noch in die Töpfe gucken können, und zweitens, was die wegsaugt, das ist der Wahnsinn!

Hat der Mann sein Werk getan und man kocht freudig ein Premierensüppchen, dessen feinstverwirbelte Moleküle man nicht unbedingt im Sofa wiederfinden will, stellt man jedoch fest, dass erhebliche Teile der neblig aufsteigenden Schwaden vollkommen unbeeindruckt an der Esse vorbeiziehen, Powerstufe hin oder her. Der Mann vom DAH*-Kundendienst sieht sich das an, findet das vollkommen normal, hält zum Beweis ein DIN-A-4-Blatt unter den Lufteinlass und verkündet: Sehen Sie - fällt nicht runter! Aber ich sehe schon, Sie haben höhere Ansprüche. Was Ihr Küchenmann hier montiert hat, entspricht allerdings absolut den Regularien, dem Manne können Sie nix, aber, Tipp, wenn Sie wollen, dann erhöhen Sie doch den Querschnitt des Abzugsrohrs, auf Wiedersehen!

Man montiert das stählerne Ding also ab, kauft dicke Rohre und Übergangsstücke und alles, baut den Ablufttrakt neu zusammen und beschließt, bei dieser Gelegenheit auch die ganze Haube tiefer, am besten so tief wie nur möglich zu hängen, und man kommt seitlich mit dem Kochlöffel trotzdem noch ganz gut an die Töpfe. Nach kaum einem Tag ist die Sache erledigt - und ein gewisser Fortschritt zu spüren. Lediglich das Rohr, das neue, noch dickere, das man sicherheitshalber an allen Verbindungsstellen auch noch mit dickem Reparaturband umklebt hat, will sich da oben unter der Küchendecke auf seinem Weg von der DAH zur Außenwand ästhetisch nicht so recht ins Küchenensemble einfügen. Aber man kann ja einen Kasten drum herum bauen, denkt man.

Und gerade mal vier Jahre später will man den Plan in die Tat umsetzen, nimmt Maß, fährt zum Baumarkt, um ein paar Möbelbauplatten erstehen, man kann sie dort gleich zuschneiden lassen. Auf geht's also, über den Fluss, am total originellen Weser Tower vorbei, von diesem berühmten Architekten, der auf die außergewöhnliche Idee gekommen ist, einen Glasklotz zu bauen. Also wenn man zu einem Kind sagt: Mal mal ein Hochhaus, dann malt es einfach einen rechteckigen Klotz, aber so ein Architekt, der überlegt ja erst mal, wie er gleich die ganze Stadt aufwerten kann und entwirft dann also einen rechteckigen Klotz. Und nichts anderes will ich ja auch, denke ich so im Vorüberfahren, ich will auch einen rechteckigen Klotz bauen, zwei Seitenteile à 107,5 cm * 20 cm und eine Bodenplatte 107,5 cm * 30 cm. Schwierigkeiten gibt's überall, schmunzelt man, wenn am Baumarkt ein Schild hängt: "Wegen Arbeiten an unserer coolen Säge heute keine Zuschnitte", nun ja, wenigstens konnte man mal wieder über die neue und echt voll hohe Autobahn brausen, die ist 2 km lang, man kann auf ihr zwar nicht beschleunigen und ein enormer Umweg ist es auch, aber dafür kann man ganz gut Straßenbahnen darunter abstellen.

Fährt man weiter zum nächsten Baumarkt, ist es ratsam, auch auf der freien Rechtsabbiegerspur nicht allzu sorglos an den vor der Geradeausampel zurückgestauten Fahrzeugen vorbeizuziehen. Manchmal lässt nämlich jemand plötzlich ein Kleinkind aussteigen, das fröhlich auf die freie Spur rennt, und wenn man dann glücklich und rechtzeitig gebremst hat und die gemütlich aussteigende Mutter mit aufgeblasenen Backen ansieht, schlendert diese ungerührt gen Bürgersteig. Wo ein vorbeiradelnder Herr der Mutter ein paar wohlmeinende Ratschläge erteilen möchte. Dass diese ihn böse anpöbelt und eine obszöne Geste macht, sieht man dann nur noch im Rückspiegel, denn das Adrenalin, es treibt einen fort und es ist ja nichts passiert.

Beim Ausladen allerdings, da merkt man seine wackligen Knie, und mit rechten Winkeln ist an so einem Tag nichts mehr zu wollen. Aber immerhin! Das Material ist schon mal da, andere werden auch nicht so schnell fertig, und jetzt erst mal den Fisch braten, denn ein Teil des fettigen Nebels wird wirklich schön nach draußen geleitet.

--
*Diese Abkürzung kennt ja nun jeder.

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