Einmal habe ich selber einen verschenkt. Ich legte ihn einem per Express verschickten Reisepass bei, er hatte einen Wert von 3 (in Worten: drei) Ohrfeigen und wurde nie eingelöst. Generell bin ich Gutscheinen gegenüber allerdings recht skeptisch eingestellt. Das hat zum Beispiel mit dem seltsamen Gefühl zu tun, wenn man in einem Restaurant beim Bezahlen ein Pappkärtchen aus der Tasche zieht, auf dem zwar mit Kugelschreiber, Stempel, Datum und Unterschrift des Betreibers ein gewisser Betrag eindeutig festgehalten worden ist, die bis dahin sehr freundliche Bedienung einen aber plötzlich ansieht wie einen Zechpreller. Dieser Blick vom Kärtchen zum Einlöser, das Zögern, dieses zweifelnde "Da muss ich erst mal den Chef ...", all das macht keinen Spaß, obwohl man alle Argumente auf seiner Seite hat und das Recht sowieso: Gekaufte Gutscheine über feste Geldbeträge dürfen (im Gegensatz etwa zu verlosten oder solchen mit Rabattanspruch) nicht verfallen, und wenn ich Jahre brauche, um das Kollegengeschenk endlich einzulösen.
Außerdem, so dachte ich bei mir an jenem Abend, während die Bedienung tuschelnd beim Chef hinterm Tresen stand, hat dieser beim Kauf des Gutscheins sogar ein zinsloses Darlehen erhalten, von dem er nicht mal wusste, ob er es jemals würde einlösen müssen - mithin eines der besseren Geschäfte, sollte man meinen. Aber natürlich funktioniert der menschliche Geist nicht so rational, Cheffe wird die Einnahme vielmehr längst unter "Sonstiges" verbucht haben und reagiert nun genervt, wenn er eine Ladung seiner hervorragenden Tapas und eine Karaffe Wein rausrücken soll, ohne die Kasse klingeln zu hören.
Wenn ich nur mal an die nicht eingelösten, aber voll bezahlten Gutscheine für Wellnessmassagen, Billardspiele, Kinobesuche und Ballonfahrten denke, die mir spontan aus dem engsten Umfeld einfallen, dann bin ich der Ansicht, dass es unserer Wirtschaft ohne dieses segensreiche Instrument wesentlich schlechter ginge. Cafés, Fußpflegesalons und Buchhandlungen haben dies seit langem erkannt - warum also sollten nicht auch Schornsteinfeger oder Tierkörperbeseitigungsanstalten in das risikolose Geschäft mit den Verlegenheitsgeschenken einsteigen? Bares kassieren, Inflation abwarten und womöglich nie eine Leistung erbringen - das kriegt sonst höchstens noch die Post hin, bei der ich mich auch schon gefragt habe, was eigentlich passieren würde, wenn mal ein Jahr lang keine Postwertzeichen mehr gekauft, sondern all die gesammelten und postfrischen Briefmarken aus den Alben auf Briefe und Päckchen geklebt würden.
Es ist mir deshalb ein noch größeres Rätsel, warum die alte und wenig originelle Geschäftsidee "Rabattgutscheine verkaufen" plötzlich einen Unternehmenswert von Fantastilliarden begründen soll. Seit Monaten sehe ich mir diese Groupon-Angebote an und lasse mir den Newsletter an meine Spam-Adresse schicken*- und alles, was ich sehe, sind dieselben Wellness- und Fitness- und Hotel- und Restaurantgutscheine wie überall sonst auch.
Komisch, dachte ich, wie kurzfristig die Anbieter offenbar denken: Wer glaubt denn noch an den regulären Preis, wenn es anscheinend auch zum halben geht? Hofft denn wirklich jemand, dass eine solche Aktion irgendwelche anderen als bloße Mitnahmeeffekte zeitigt? Wird man tatsächlich zum Stammkunden bei Wellness-Hotel X, wo man das Verwöhnwochenende für 99.- EUR über Groupon gekauft hat? Sucht man nicht vielmehr beim nächsten Mal wieder nach einem Superschnäppchentrip, wieder bei Groupon womöglich, und landet diesmal eben in Hotel Y?
Und so weiter. Was mich an diesem interessanten Artikel jedoch ernsthaft überrascht hat: Die eigentlichen Anbieter bekommen nur etwa die Hälfte des ohnehin heftig rabattierten Preises, den Rest behält Groupon - mithin nimmt also das Hotel für zwei Übernachtungen plus Frühstück und Zweigängemenü vielleicht 43,50 EUR ein, für zwei Personen wohlgemerkt.
Andererseits, so hatte ich überlegt, mag es ja immer noch den Gutscheineffekt geben: Hundert verkauft, nur fünfzig eingelöst - schon ist man wieder beim ursprünglichen Preis, zumal diese rabattierten Gutscheine eben auch ein eingebautes Verfalldatum haben. Aber ach: Wer freut sich dann? Groupon! Denn so funktioniert's: Der Endkunde zahlt den vollen Betrag immer an diesen Internetdienst. Erst wenn er seinen Gutschein beim eigentlichen Anbieter, bspw. dem Hotel, eingelöst hat, kann dieser seinen Anteil bei Groupon einfordern.** Mit anderen Worten: Wird der Gutschein nicht eingelöst, bekommt der eigentliche Anbieter - nüscht.
--
*Auch so ein Thema: Wie viele echte Interessenten / Kunden / Mitglieder haben die Unternehmen und Netzwerke eigentlich? Nehme ich mich selber als Beispiel mit meinen Fake- und Spaß- und Spam-Mitgliedschaften, dann müsste man die Zahlen dramatisch bereinigen. Aber daran hat wohl kaum jemand Interesse.
** Und bekommt ihn - zumindest in den USA - dann 60 Tage später (!) ausgezahlt.
Außerdem, so dachte ich bei mir an jenem Abend, während die Bedienung tuschelnd beim Chef hinterm Tresen stand, hat dieser beim Kauf des Gutscheins sogar ein zinsloses Darlehen erhalten, von dem er nicht mal wusste, ob er es jemals würde einlösen müssen - mithin eines der besseren Geschäfte, sollte man meinen. Aber natürlich funktioniert der menschliche Geist nicht so rational, Cheffe wird die Einnahme vielmehr längst unter "Sonstiges" verbucht haben und reagiert nun genervt, wenn er eine Ladung seiner hervorragenden Tapas und eine Karaffe Wein rausrücken soll, ohne die Kasse klingeln zu hören.
Wenn ich nur mal an die nicht eingelösten, aber voll bezahlten Gutscheine für Wellnessmassagen, Billardspiele, Kinobesuche und Ballonfahrten denke, die mir spontan aus dem engsten Umfeld einfallen, dann bin ich der Ansicht, dass es unserer Wirtschaft ohne dieses segensreiche Instrument wesentlich schlechter ginge. Cafés, Fußpflegesalons und Buchhandlungen haben dies seit langem erkannt - warum also sollten nicht auch Schornsteinfeger oder Tierkörperbeseitigungsanstalten in das risikolose Geschäft mit den Verlegenheitsgeschenken einsteigen? Bares kassieren, Inflation abwarten und womöglich nie eine Leistung erbringen - das kriegt sonst höchstens noch die Post hin, bei der ich mich auch schon gefragt habe, was eigentlich passieren würde, wenn mal ein Jahr lang keine Postwertzeichen mehr gekauft, sondern all die gesammelten und postfrischen Briefmarken aus den Alben auf Briefe und Päckchen geklebt würden.
Es ist mir deshalb ein noch größeres Rätsel, warum die alte und wenig originelle Geschäftsidee "Rabattgutscheine verkaufen" plötzlich einen Unternehmenswert von Fantastilliarden begründen soll. Seit Monaten sehe ich mir diese Groupon-Angebote an und lasse mir den Newsletter an meine Spam-Adresse schicken*- und alles, was ich sehe, sind dieselben Wellness- und Fitness- und Hotel- und Restaurantgutscheine wie überall sonst auch.
Komisch, dachte ich, wie kurzfristig die Anbieter offenbar denken: Wer glaubt denn noch an den regulären Preis, wenn es anscheinend auch zum halben geht? Hofft denn wirklich jemand, dass eine solche Aktion irgendwelche anderen als bloße Mitnahmeeffekte zeitigt? Wird man tatsächlich zum Stammkunden bei Wellness-Hotel X, wo man das Verwöhnwochenende für 99.- EUR über Groupon gekauft hat? Sucht man nicht vielmehr beim nächsten Mal wieder nach einem Superschnäppchentrip, wieder bei Groupon womöglich, und landet diesmal eben in Hotel Y?
Und so weiter. Was mich an diesem interessanten Artikel jedoch ernsthaft überrascht hat: Die eigentlichen Anbieter bekommen nur etwa die Hälfte des ohnehin heftig rabattierten Preises, den Rest behält Groupon - mithin nimmt also das Hotel für zwei Übernachtungen plus Frühstück und Zweigängemenü vielleicht 43,50 EUR ein, für zwei Personen wohlgemerkt.
Andererseits, so hatte ich überlegt, mag es ja immer noch den Gutscheineffekt geben: Hundert verkauft, nur fünfzig eingelöst - schon ist man wieder beim ursprünglichen Preis, zumal diese rabattierten Gutscheine eben auch ein eingebautes Verfalldatum haben. Aber ach: Wer freut sich dann? Groupon! Denn so funktioniert's: Der Endkunde zahlt den vollen Betrag immer an diesen Internetdienst. Erst wenn er seinen Gutschein beim eigentlichen Anbieter, bspw. dem Hotel, eingelöst hat, kann dieser seinen Anteil bei Groupon einfordern.** Mit anderen Worten: Wird der Gutschein nicht eingelöst, bekommt der eigentliche Anbieter - nüscht.
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*Auch so ein Thema: Wie viele echte Interessenten / Kunden / Mitglieder haben die Unternehmen und Netzwerke eigentlich? Nehme ich mich selber als Beispiel mit meinen Fake- und Spaß- und Spam-Mitgliedschaften, dann müsste man die Zahlen dramatisch bereinigen. Aber daran hat wohl kaum jemand Interesse.
** Und bekommt ihn - zumindest in den USA - dann 60 Tage später (!) ausgezahlt.
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mark793,
Samstag, 11. Juni 2011, 22:44
Bin über diesen Artikel auch gestolpert und musste spontan an Sie denken. Tatsächlich war ich auch recht baff, dass die Anbieter dabei so heftig übervorteilt werden. Sonderlich nachhaltig wirkt dieses Geschäftsmodell auf mich nicht, um es mal sehr zurückhaltend zu formulieren.
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nnier,
Sonntag, 12. Juni 2011, 00:24
Für die realen Anbieter bleibt maximal ein Viertel des Normalpreises übrig (da der geforderte Mindestrabatt 50% beträgt und der rabattierte Preis dann 50:50 geteilt wird), so dass entweder Phantasiepreise für für "vorher" aufgerufen werden oder bittere Verluste gemacht werden müssen. Ersteres ist bei Hotels und Restaurants nur begrenzt möglich, schon eher auf dem unüberschaubaren Gebiet der ganzen Heile-Gänschen-Kurse mit Ayurvedischem Yoga, aber selbst dann bleiben die in dem Artikel so gut beschriebenen Effekte der Wertzerstörung nicht aus. Und die andere Variante - Verluste machen - wird sich der kleine Harzhotelier beim nächsten Mal auch gut überlegen, wenn er merkt, dass der typische Schnäppchenkunde eben gerade nicht dazu neigt, im nächsten Jahr zum Normalpreis wiederzukommen oder wenigstens das gesparte Geld in Getränke und Saunagänge zu investieren, sondern viel lieber in den nächsten Spartrip, schon in vier Wochen, diesmal an die Ostsee.
Aber das alles ist ja nicht mein Problem. Mit der Frage, wie man an Kunden kommt und ob Rabatte ein probates Mittel sind - und wenn ja, dann welcher Art diese sein sollten - müssen sich die Kaufleute ja schon immer herumschlagen. Ich stehe da auf Kundenseite absolut nicht drüber, wenn ich z.B. an die 5-EUR-Rabattgutscheine denke, die ich kürzlich gerne an der Zirkuskasse abgegeben habe. Was ich nur wirklich nicht begreife, ist die Unternehmensbewertung dieses Rabattvermittlers - soviel wie Adidas soll der Laden wert sein, stand irgendwo - der ordentlich Geld verbrennt zum jetzigen Zeitpunkt offenbar nicht mal das Geld in der Kasse hat, um den eigentlichen Anbietern ihren Anteil aus bereits getätigten Deals zu zahlen. Wenn dann gegen alle Anzeichen auf ein irrsinniges weiteres Wachstum spekuliert wird, hört man im Hintergrund halt doch die Pustefixmaschine blubbern.
Aber das alles ist ja nicht mein Problem. Mit der Frage, wie man an Kunden kommt und ob Rabatte ein probates Mittel sind - und wenn ja, dann welcher Art diese sein sollten - müssen sich die Kaufleute ja schon immer herumschlagen. Ich stehe da auf Kundenseite absolut nicht drüber, wenn ich z.B. an die 5-EUR-Rabattgutscheine denke, die ich kürzlich gerne an der Zirkuskasse abgegeben habe. Was ich nur wirklich nicht begreife, ist die Unternehmensbewertung dieses Rabattvermittlers - soviel wie Adidas soll der Laden wert sein, stand irgendwo - der ordentlich Geld verbrennt zum jetzigen Zeitpunkt offenbar nicht mal das Geld in der Kasse hat, um den eigentlichen Anbietern ihren Anteil aus bereits getätigten Deals zu zahlen. Wenn dann gegen alle Anzeichen auf ein irrsinniges weiteres Wachstum spekuliert wird, hört man im Hintergrund halt doch die Pustefixmaschine blubbern.
nnier,
Montag, 4. Juli 2011, 10:01
Dann wieder: Unschlagbare Angebote.
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