Mumien, Analphabeten, Diebe.
Du hast's gut, du hast dein Leben noch vor dir.
Ich Rabotnik
nnier | 26. Mai 2013 | Topic Musiq
They wanted to create concept albums about robots and Edgar Allen Poe; they wanted to drain rock music of every last ounce of human vitality and vigor in order to create something of lasting musical value. Unfortunately, they misjudged rock and roll ... the music will forgive any number of sins, but never a lack of passion. [Q]
Ich will gar nicht stören in euren finnischen Clubs, es ist nur, weil ich meinen musikalischen Ruf eh gerade verspiele: Mich hat mal wieder diese Platte im Griff. Ja, es ist Alan Parsons Project, ja, das sind die mit Don't Answer Me und Schmus.



Es war 1979, würde ich sagen, und in der Wohnung unter uns wohnte jemand, der bei Karstadt arbeitete. Er war irgendwann mit seiner Freundin eingezogen, und einmal, sie waren noch beim Renovieren, kamen sie zum Essen, hatten eine Flasche Cointreau dabei, schenkten eine Runde aus und nahmen die Flasche dann wieder mit. Ich habe noch oft daran denken müssen.

Vorher hatte ein anderes Paar in der Wohnung gelebt. Die Frau arbeitete im Großhandel und konnte Schlümpfe um 10% billiger bekommen. Oft saß ich am Fenster und wartete, bis sie nach Hause kam, denn ich gab fleißig Bestellungen auf. Der neue Mieter bekam bei Karstadt Rabatt. Ich sollte aber nicht so oft fragen.

Seine Freundin zog schon bald wieder aus, und kurz darauf tauchte eine andere Frau auf, die auch bei Karstadt arbeitete. Sie war dann immer öfter da. Ungefähr in dieser Zeit zeigte er mir diese Platte. Ich kannte das Project natürlich nicht und sollte erst viel später lernen, dass es sogar eine Verbindung zu den Beatles gab. Die futuristische Plattenhülle drückte bei mir die richtigen Knöpfe, und der Sound haute mich um: Ein Instrumentalstück zu Beginn? Disharmonische Chöre zwischen Discostücken? Er überspielte mir die LP auf eine Cassette.

Zu dieser Zeit las ich ein Jugendbuch, in dem es um Heroin, Obdachlosigkeit und Anschaffen ging. Das war nicht mehr wie bei den Drei ???. Mit diesem Coming-of-Age-Gefühl ist der Klang der Scheibe bei mir für immer verknüpft.

Ich kaufte später, vor bestimmt auch schon wieder 20 Jahren, die CD. Und es passiert etwa einmal im Jahr, woher auch immer der Impuls kommt, dass ich sie ganz plötzlich und umso dringender heraussuchen und anhören muss. So zwei-, dreimal hintereinander, und ich lausche zugleich mit alten und neuen Ohren. Man kann das kalt und überproduziert finden, Hintergrundmusik für Wissenschafts­sendungen am Nachmittag. Mir ist auch ziemlich wurscht, ob die ihrer Zeit studiotechnisch ein paar Jahre voraus waren.

Es gibt so Sachen wie Jean Michel Jarre, die sind zu sehr auf den Sound und auf den Effekt fixiert, die waren mir schon damals zu ingenieurhaft: Seht, wie ich hier am Knöpfchen drehe, dann kommt dieser Ton dabei raus und jetzt dieser andere.

Davon ist auch die hier besprochene Musik nicht frei, und man decke den Mantel des Schweigens über die Schmus- und Schlagerpampe, die erst noch folgen sollte.

Warum I Robot bei mir trotz allem überlebt: Erstens sind ein paar schöne Melodien dabei. Zweitens sorgen die Chöre für Spannung. Drittens: Wohlportionierter Orchesterbombast. Viertens ist das kein Rock'n'Roll. Und ich habe nicht mal Retrofuturismus geschrieben.

Now back to Finland.

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vert, Montag, 27. Mai 2013, 03:20
ach was, musikalischen ruf verspielen, papperlapapp.
i robot ist und bleibt eine der größten platten, die ich in meinem regal habe. und ich habe sie erst gestern wieder gehört. auf vinyl. beim putzen eines kronleuchters.

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nnier, Dienstag, 28. Mai 2013, 10:45
Gefesselt. Kopf nach unten.

Also wie jetzt: Sie kennen ernsthaft dieses prähistorische Werk?

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dosron, Dienstag, 28. Mai 2013, 03:02
Ich jetzt so. Dissidenten (Tanger Sessions) ausblenden. Und I Robot raus suchen!

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nnier, Dienstag, 28. Mai 2013, 10:53
Ehrlich gesagt sind da schon ein paar Stücke drauf, die mit "harmlos" noch gnädig beschrieben sind und einiges von dem vorweg nehmen, das mir später den Respekt vor dieser Produzentenmusik genommen hat. Aber insgesamt hat die Scheibe meinen Klangkosmos erweitert, z.B. erinnert das vorletzte Stück an die seltsamen György-Ligeti-Gesänge aus 2001, den ich wiederum noch nicht kannte. Und in einer analogen Zeit hatte das Künstlich-Roboterhafte wie im Titelstück oder eben The Voice sowieso noch seinen Reiz.

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mark793, Dienstag, 28. Mai 2013, 21:26
Sicher ist nicht die komplette Scheibe der Über-Knaller, aber für mich war sie bedeutsam als Erweiterung meines musikalischen Horizonts (mit dem Tales of Mystery-Album kam ich erst in Kontakt, nachdem mir "I Robot" Lust auf mehr machte).

Jean Michel Jarre hat mich nicht ganz so in seinen Bann gezogen (genau: zu viel Reglerdrehen, zu wenig Songwriting für meinen Geschmack). Bösartiger ausgedrückt könnte man sagen, Jarre war Nerd-Mucke, Alan Parsons nicht.

Wo wir über Synthies und Spaciges reden, kennt das hier noch jemand?

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nnier, Mittwoch, 29. Mai 2013, 00:01
Waah! Sie haben gerade einen Riss in meinem Raum-Zeit-Kontinuum geschlossen! Ich bin seit 1982 auf der Suche nach diesem Lied. Das kannte ich schon eine zeitlang aus dem Radio und habe es schließlich im Sommer España 82 aus der Wohnung unserer Schweizer Ferienvermieter schallen hören. Ganz elektrisiert wäre ich fast nach oben gerannt und hätte gefragt, wie es heißt. Aber ich traute mich nicht. Letzte Chance. Alles vergebens. Denn so Plattenläden, in denen man sich hinstellt und sagt: Kennen Sie dieses Lied, das geht so Hmm hm-hm-hm-hm-hm hmm hmm, gibt es ja nicht mehr.

(Lustigerweise hatte das Lied in meiner Erinnnerung viel weniger von diesem typischen Space-Klang, es war mehr zu einer James-Last-Sehnsuchtsmelodie mutiert.)

Und das Video! Gerade schrieb ich noch über die altbewährten Synapsenverknüpfungen: Das ist ja grandios, da knistern alle Rezeptoren.

Franzosen!? Irgendwie hatten die es drauf.

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pathologe, Dienstag, 28. Mai 2013, 13:20
Von Alan Parsons besitze ich leider nur 4 CDs, als da wären "Tales of Mistery...", "Eve", "The Time Machine" und "On Air". Letztere ist meine bevorzugte CD.

Was Chöre und Orchesterbombast betrifft: da sollten Sie mal versuchen, ob Sie auf der DuTube Kayanis finden. Die CD "Synesthesis" ist, allerdings erst beim dritten oder vierten Hören, mein absoluter Favorit.

Was Jarre betrifft: auch da geht mein Geschmack nicht immer konform mit, obwohl er sozusagen die Eintrittskarte für meinen Musikgeschmack bereitstellte. Die ersten Platten ok, die "Waiting for Cousteau" und "Zoolook" zu abgedreht, die "Theo & Tea" zu langweilig.
Ich fand dann Interesse an Kitaro, der immer gerne mit dem Wechsel zwischen Soloinstrument und Bombast spielt.

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nnier, Dienstag, 28. Mai 2013, 20:25
Ich muss gestehen, dass es mich in diese Ecke nicht weiter gezogen hat. Ich hatte einen guten Freund, der begeistert Jean Michel Jarre usw. gehört hat, deswegen sagen mir die genannten Titel sogar etwas. Diese Art der elektronischen Musik trifft bei mir aber keinen Nerv, auch wenn ich den Synthie als Instrument im Pop nicht missen möchte und auch die tapsigen Experimente der späten 70er aus McCartneys Heimstudio schätze.

Die Bombast-Phase liegt insgesamt hinter mir, auch wenn ich zugeben muss, dass ich mich in bestimmten Momenten davon noch triggern lasse. (Ich habe dazu gelegentlich Andeutungen gemacht, aber die Show Ich bekenne lief damals nicht lange genug auf Sat 1.) Damit sind nicht nur die üblich verdächtigen Progressive-Dinosaurier mit ihren Konzeptalben gemeint, sondern im Extremfall sogar so etwas wie Music von John Miles (und raten Sie mal, wer das produziert hat). Dann stehe ich neben mir und beobachte das freudige Flackern altbewährter Synapsenbahnen, die in Frührente geschickt wurden und nun doch noch mal randürfen. Und die wollen sich nichts nachsagen lassen.

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