Im Spanischunterricht, ungefähr gleichzeitig mit dem Gerundium, lernte ich, dass Andalusien schön und arm ist. Ein rückständiges Agrargebiet - klar: mit turismo -, aber es überwogen Bilder von kargen Olivenhainen und armen Bauern mit Eseln.
Vorweg: Ich habe eine schöne Woche gehabt. Trotzdem bin ich irritiert. Das geht damit los, dass ich für ein Taschengeld anreisen konnte. Das geht damit weiter, dass der Mietwagen knapp seine Kosten decken mag. Und es hört nicht damit auf, dass die Ferienwohnung hinterhergeschmissen war.
Klar: Vorsaison. Klar: Lockangebot. Klar: Mischkalkulation. Vielleicht auch: Glück gehabt. Aber wie kann so etwas auf die Dauer funktionieren?
Spanien ist in der Krise, die Arbeitslosigkeit enorm, da müssen sie vielleicht billig vermieten - aber woher kommen diese geleckten, nagelneuen Siedlungen überall? Es wirkt wie in der ehemaligen DDR, als willkürlich Geld irgendwohingeschüttet wurde, die neugepflasterten Dorfplätze und komischen Marmorbrunnen plötzlich. En Andalucía: Kaum mal eine leere Plastiktüte am Straßenrand, selten mal ein verfallendes Haus, klar eingegrenzt die alten Hotelburgsünden. Statt dessen alle 20 Meter ein öffentlicher Mülleimer, Edelstahlduschen am täglich gesäuberten Strand. Und eine Disney-Siedlung nach der anderen.
Jaah, das ist da unten an der Küste, das ist wegen der Touristen, aber fahr doch mal ins Landesinnere. Gut! Dann nehmen wir mal diese abgelegene Gebirgsstrecke, vor der im Reiseführer gewarnt wird, weil sie so schlecht sein soll.
Jedoch! Jede Straße, jede Autobahn sieht nagelneu aus, da rumpelt nichts, da ist nur satter, dunkler Asphalt, man hört kaum sein Reifengeräusch, da sind überall schnurgerade und makellose Leitplanken: Tonnen von Stahl, der doch so teuer geworden sein soll. Alles sieht aus wie frisch gebaut, und ich frage mich, ob die EU hier kürzlich ein paar Infrastrukturmilliarden abgeworfen hat. Wenn ja: Muss es diese Strecke sein, auf dass die Touristen noch komfortabler vom Strand ins malerische Bergdorf fahren können?
Ach, deshalb ist der Flug so billig. Ach, und wart lieber mal die Schlussrechnung vom Mietwagen ab. Und der Vermieter wird schon wissen, was er tut: Besser als Leerstand, oder?
Wisst ihr was: Mir hat es da gefallen, die Landschaft beeindruckend, die weißen Dörfer schön, der Kaffee in den Bars grandios, aber es bringt mich ins Grübeln, sind das Angst- oder Sumpfblüten, und wenn es irgendwann richtig kracht, wundert mich das nicht.
Vorweg: Ich habe eine schöne Woche gehabt. Trotzdem bin ich irritiert. Das geht damit los, dass ich für ein Taschengeld anreisen konnte. Das geht damit weiter, dass der Mietwagen knapp seine Kosten decken mag. Und es hört nicht damit auf, dass die Ferienwohnung hinterhergeschmissen war.
Klar: Vorsaison. Klar: Lockangebot. Klar: Mischkalkulation. Vielleicht auch: Glück gehabt. Aber wie kann so etwas auf die Dauer funktionieren?
Spanien ist in der Krise, die Arbeitslosigkeit enorm, da müssen sie vielleicht billig vermieten - aber woher kommen diese geleckten, nagelneuen Siedlungen überall? Es wirkt wie in der ehemaligen DDR, als willkürlich Geld irgendwohingeschüttet wurde, die neugepflasterten Dorfplätze und komischen Marmorbrunnen plötzlich. En Andalucía: Kaum mal eine leere Plastiktüte am Straßenrand, selten mal ein verfallendes Haus, klar eingegrenzt die alten Hotelburgsünden. Statt dessen alle 20 Meter ein öffentlicher Mülleimer, Edelstahlduschen am täglich gesäuberten Strand. Und eine Disney-Siedlung nach der anderen.
Jaah, das ist da unten an der Küste, das ist wegen der Touristen, aber fahr doch mal ins Landesinnere. Gut! Dann nehmen wir mal diese abgelegene Gebirgsstrecke, vor der im Reiseführer gewarnt wird, weil sie so schlecht sein soll.
Jedoch! Jede Straße, jede Autobahn sieht nagelneu aus, da rumpelt nichts, da ist nur satter, dunkler Asphalt, man hört kaum sein Reifengeräusch, da sind überall schnurgerade und makellose Leitplanken: Tonnen von Stahl, der doch so teuer geworden sein soll. Alles sieht aus wie frisch gebaut, und ich frage mich, ob die EU hier kürzlich ein paar Infrastrukturmilliarden abgeworfen hat. Wenn ja: Muss es diese Strecke sein, auf dass die Touristen noch komfortabler vom Strand ins malerische Bergdorf fahren können?
Ach, deshalb ist der Flug so billig. Ach, und wart lieber mal die Schlussrechnung vom Mietwagen ab. Und der Vermieter wird schon wissen, was er tut: Besser als Leerstand, oder?
Wisst ihr was: Mir hat es da gefallen, die Landschaft beeindruckend, die weißen Dörfer schön, der Kaffee in den Bars grandios, aber es bringt mich ins Grübeln, sind das Angst- oder Sumpfblüten, und wenn es irgendwann richtig kracht, wundert mich das nicht.
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monnemer,
Montag, 1. April 2013, 15:29
"...,und ich frage mich, ob die EU hier kürzlich ein paar Infrastrukturmilliarden abgeworfen hat."
Ja. Flughäfen ohne Flugzeuge, Bahnlinien ohne Züge, Autobahnen ohne Autos - Man könnte schier endlose Listen erstellen.
Letztes Jahr im Sommer war ich mal wieder in Andalusien auf Verwandtschaftsbesuch. Hahn - Málaga für Neunundzwanzigneunzig. Das Flugzeug voller junger Spanier, die Deutsch büffelten.
Die Gespräche mit den dortigen Bekannten waren so düster-pessimistisch, dass ich mich richtig daheim fühlte.
Ein Bauingenieur, den ich schon lange kenne und der jetzt arbeitslos wurde, hat zusammen mit seinen ebenfalls arbeitslosen Brüdern eine Ölmühle, die seit Generationen im Familienbesitz ist, aber jahrzehntelang brachliegt, wieder zum Leben erweckt.
Auf den letzten Drücker, kann man sagen - ein greiser Großonkel, der noch weiß, wie das geht, ist noch am Leben.
Vielleicht sieht man sie ja wieder, diese Bilder, inmitten der überkandidelten Infrastruktur...
Ja. Flughäfen ohne Flugzeuge, Bahnlinien ohne Züge, Autobahnen ohne Autos - Man könnte schier endlose Listen erstellen.
Letztes Jahr im Sommer war ich mal wieder in Andalusien auf Verwandtschaftsbesuch. Hahn - Málaga für Neunundzwanzigneunzig. Das Flugzeug voller junger Spanier, die Deutsch büffelten.
Die Gespräche mit den dortigen Bekannten waren so düster-pessimistisch, dass ich mich richtig daheim fühlte.
Ein Bauingenieur, den ich schon lange kenne und der jetzt arbeitslos wurde, hat zusammen mit seinen ebenfalls arbeitslosen Brüdern eine Ölmühle, die seit Generationen im Familienbesitz ist, aber jahrzehntelang brachliegt, wieder zum Leben erweckt.
Auf den letzten Drücker, kann man sagen - ein greiser Großonkel, der noch weiß, wie das geht, ist noch am Leben.
Vielleicht sieht man sie ja wieder, diese Bilder, inmitten der überkandidelten Infrastruktur...
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nnier,
Dienstag, 2. April 2013, 19:48
Oha. Das sind beeindruckende Beispiele, die Sie da verlinken. Und Castellón klingt sowieso fast wie Calden: Immerhin kein Ärger mit dem Fluglärm.
Einmal flog ich nach England. Hinter mir in der Schlange ein Ehepaar: "Wir fliegen schon zum zehnten Mal zu unserer Tochter, die ist für ein Jahr in London. Das kostet ja ein Taschengeld." (Stolz nannten sie den knapp zweistelligen Flugpreis).
Mir war nicht klar, dass auch ein vergleichsweise gut genutzter Flughafen wie Hahn (der als ehemaliger Militärflughafen immerhin auch nicht erst noch da hingebaut werden musste) dauerhaft hoch subventioniert wird. Das erklärt einiges.
Einmal flog ich nach England. Hinter mir in der Schlange ein Ehepaar: "Wir fliegen schon zum zehnten Mal zu unserer Tochter, die ist für ein Jahr in London. Das kostet ja ein Taschengeld." (Stolz nannten sie den knapp zweistelligen Flugpreis).
Mir war nicht klar, dass auch ein vergleichsweise gut genutzter Flughafen wie Hahn (der als ehemaliger Militärflughafen immerhin auch nicht erst noch da hingebaut werden musste) dauerhaft hoch subventioniert wird. Das erklärt einiges.
monnemer,
Mittwoch, 3. April 2013, 15:04
Dass das alles einen ganzen Rattenschwanz von negativen Auswirkungen auf alles Mögliche nach sich zieht, die, wenn es vielleicht nicht schon sowieso soweit ist, dich selbst dann durchaus auch mal erwischen können - das ist mir alles klar.
Das Gemecker einzelner Passagiere über die zweistündige Verkaufsveranstaltung an Bord erlebt zu haben, hat mich allerdings über mein schlechtes Gewissen hinweggetröstet. Die dachten wohl, der Betrieb dieser Fluglinie geschehe auf derselben Basis, wie das Sammeln von Bierdeckeln.
Dabei sollte man wissen: Egal wohin, so ganz grob Richtung Babylon fliegt man mit denen immer.
Das Gemecker einzelner Passagiere über die zweistündige Verkaufsveranstaltung an Bord erlebt zu haben, hat mich allerdings über mein schlechtes Gewissen hinweggetröstet. Die dachten wohl, der Betrieb dieser Fluglinie geschehe auf derselben Basis, wie das Sammeln von Bierdeckeln.
Dabei sollte man wissen: Egal wohin, so ganz grob Richtung Babylon fliegt man mit denen immer.
nnier,
Mittwoch, 3. April 2013, 23:18
Ich mache das ja auch manchmal. Dann drehe ich mich in der Schlange um und sage: Ich, ich habe wenigstens ein schlechtes Gewissen dabei!
Es gibt den Spruch: Wer sich den Urlaub an der Ostsee nicht leisten kann, fliegt halt in die Karibik. Und das ist der Teil, der mir inzwischen so wahnwitzig vorkommt. Weil die Relationen verrutschen, weil es so wenig mit dem tatsächlichen Aufwand zu tun hat. Weil der Preis, den man sieht, nichts mehr zu tun hat mit dem Wert der Sache und den tatsächlichen Kosten. Diese ganzen Quersubventionen und Konkursmassen verzerren alles, so wie Billigläden im Hundertmillionentempel, und während ich einen Sinn darin sehen kann, wenn man bestimmte Grundbedarfsgüter subventioniert oder Kultur oder etwas für den Erhalt von Infrastruktur tun will, sehe ich keinen darin, dass man mir mit Steuergeld ermöglicht, absurd billig durch die Gegend zu fliegen. Aber, ach, ich weiß schon: die "Region" ... vollkommen entfremdeter Mist.
Es gibt den Spruch: Wer sich den Urlaub an der Ostsee nicht leisten kann, fliegt halt in die Karibik. Und das ist der Teil, der mir inzwischen so wahnwitzig vorkommt. Weil die Relationen verrutschen, weil es so wenig mit dem tatsächlichen Aufwand zu tun hat. Weil der Preis, den man sieht, nichts mehr zu tun hat mit dem Wert der Sache und den tatsächlichen Kosten. Diese ganzen Quersubventionen und Konkursmassen verzerren alles, so wie Billigläden im Hundertmillionentempel, und während ich einen Sinn darin sehen kann, wenn man bestimmte Grundbedarfsgüter subventioniert oder Kultur oder etwas für den Erhalt von Infrastruktur tun will, sehe ich keinen darin, dass man mir mit Steuergeld ermöglicht, absurd billig durch die Gegend zu fliegen. Aber, ach, ich weiß schon: die "Region" ... vollkommen entfremdeter Mist.
monnemer,
Freitag, 3. Mai 2013, 14:35
nnier,
Samstag, 4. Mai 2013, 20:52
Ach, blöd. Ich wollte im Sommer gerne von BER über Calden und Stuttgart nach Hamburg in die Elbphilharmonie.
vert,
Sonntag, 5. Mai 2013, 12:16
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