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Etwas hat mich immer davon abgehalten, Fotos zu machen, deshalb gibt es hier jetzt keins. Es ist nicht weit von mir, und ich kenne Leute in dieser Straße, die fragte ich auch mal: Wisst ihr, wer da wohnt?
Für die Kinder war es das Abenteuerhaus, ein Reihenhaus, die ganze Straße ist ein langes Reihenhaus, und eines davon unterschied sich fundamental von allen anderen. Wir Individualisten haben Feng-Shui-Fassadenfarbe oder metaironische S/M-Zwerge im Vorgarten, pflastern mit italienischem Marmor oder dämmen mit nachwachsendem Rohstoff: Er ließ sein Haus zuwachsen, so konsequent und radikal, dass es mir von Anfang an Bewunderung abrang.
Sie stellen sich Efeu vor oder Weinranken, die - oha! - nicht sofort rechtwinklig aus dem Fenster nachgeschnitten werden. Ich aber meine zugewachsen im Sinne von zugewachsen, meterdick und bis aufs Dach, so dass man nicht an die Haustür kommt und keine Fenster sieht, der schmale Vorgarten vollgestellt und seinerseits komplett überwuchert, bloß ein schmaler Pfad blieb frei bis zu der Leiter im Gestrüpp.
Die Leiter schätze ich auf sieben Meter Länge, ein robustes und standsicheres Modell aus Aluminium, keine einfache Anlehnleiter, sondern eine mit Gelenken zum Abwinkeln, am Boden diese stabilisierenden und griffigen Kunststoffelemente, und alles stabil vertäut. Dies war offenkundig der einzig mögliche Weg ins Haus hinein und aus dem Haus heraus: Über die Leiter durch ein Fenster.
Da wohnt halt einer, der gerne über die Leiter rein- und rausgeht, dachte ich all die Jahre, gesehen habe ich nie jemanden, und jetzt haben sie entrümpelt und mit großen Buchstaben über DAS MESSIE-HAUS geschrieben. Ich habe bisher kein Foto gemacht und werde jetzt erst recht keines machen, mit Flatterband und gerodetem Vorgarten, aber ich hätte doch gerne eines, klein und eingerahmt. Sie haben ihn dann nach zwei Tagen gefunden, begraben unter seinem Zeug, und alles ans Tageslicht gezerrt.
Für die Kinder war es das Abenteuerhaus, ein Reihenhaus, die ganze Straße ist ein langes Reihenhaus, und eines davon unterschied sich fundamental von allen anderen. Wir Individualisten haben Feng-Shui-Fassadenfarbe oder metaironische S/M-Zwerge im Vorgarten, pflastern mit italienischem Marmor oder dämmen mit nachwachsendem Rohstoff: Er ließ sein Haus zuwachsen, so konsequent und radikal, dass es mir von Anfang an Bewunderung abrang.
Sie stellen sich Efeu vor oder Weinranken, die - oha! - nicht sofort rechtwinklig aus dem Fenster nachgeschnitten werden. Ich aber meine zugewachsen im Sinne von zugewachsen, meterdick und bis aufs Dach, so dass man nicht an die Haustür kommt und keine Fenster sieht, der schmale Vorgarten vollgestellt und seinerseits komplett überwuchert, bloß ein schmaler Pfad blieb frei bis zu der Leiter im Gestrüpp.
Die Leiter schätze ich auf sieben Meter Länge, ein robustes und standsicheres Modell aus Aluminium, keine einfache Anlehnleiter, sondern eine mit Gelenken zum Abwinkeln, am Boden diese stabilisierenden und griffigen Kunststoffelemente, und alles stabil vertäut. Dies war offenkundig der einzig mögliche Weg ins Haus hinein und aus dem Haus heraus: Über die Leiter durch ein Fenster.
Da wohnt halt einer, der gerne über die Leiter rein- und rausgeht, dachte ich all die Jahre, gesehen habe ich nie jemanden, und jetzt haben sie entrümpelt und mit großen Buchstaben über DAS MESSIE-HAUS geschrieben. Ich habe bisher kein Foto gemacht und werde jetzt erst recht keines machen, mit Flatterband und gerodetem Vorgarten, aber ich hätte doch gerne eines, klein und eingerahmt. Sie haben ihn dann nach zwei Tagen gefunden, begraben unter seinem Zeug, und alles ans Tageslicht gezerrt.
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Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie wir uns kennenlernten, da standen wir beide auf dem Schulhof herum, etwas abseits des Getümmels, die Hände in den Taschen und mit Gesichtern, die gelangweilt wirken wollten. Er hatte immer diese Jeansjacke an; dennoch sah er mindestens so verängstigt aus wie ich. Er sprach mich an, dann unterhielten wir uns, saßen bald nebeneinander, waren fast unzertrennlich, ein paar Jahre.
Es gibt diese Beziehungsabbrüche mit dem großen Knall, der großen Enttäuschung, man spannt sich die Freundin aus oder nervt sich im Urlaub so schlimm an, dass es nie wieder wird wie vorher. Manchmal passiert es auch einfach so.
Wir waren ziemlich unterschiedlich, schon von den Elternhäusern her, und ich kann mich nicht daran erinnern, dass jemals der eine beim anderen übernachtet hätte; doch hatte die Freundschaft zeitweilig etwas fast Exklusives an sich, wir nannten es "Club", wenn wir uns jeden Nachmittag trafen, und dieser Club bestand nur aus uns beiden.
Später begeisterten wir uns für Timm Thaler und gründeten einen Tommi Ohrner Club, Mitglieder: 2, inserierten dann irgendwas in der Bravo und bekamen haufenweise Zeitschriftenausschnitte zugeschickt, immer die gleichen mit dem strahlenden Tommi Ohrner. Begeistert wurden wir gefragt, wie man in unserem Club Mitglied werden könne. Das hatten wir uns gar nicht überlegt, fühlten uns verpflichtet, gerieten langsam in Stress, entwarfen einen Clubausweis und verfielfältigten ihn mit diesem lila Matritzending. Aber das Porto fürs massenhafte Versenden überforderte uns schon bald. Jahrelang gemahnte eine hölzerne Kiste voller Tommi-Ohrner-Artikel mit Vorhängeschloss in meinem Zimmer mich an all die wartenden, enttäuschten Tommi-Ohrner-Fans da draußen. (Damit ich es nie vergessen sollte, wurde bis vor wenigen Jahren automatisierte Werbung für "Herrn Tommi Club Ohrner" an meine Heimatadresse geschickt.)
"Was ist denn in der Kiste da", fragten mich später andere Freunde, "Weiß ich nicht", log ich zur Antwort, und dass ich den Schlüssel verloren hätte. Da war ich schon an der anderen Schule, das war diese besondere Schule, um die es einen Kulturkampf gegeben hatte, der Riss ging quer durch die Stadt und meine Lehrerin hatte mich ausdrücklich davor gewarnt, dorthinzugehen. Ich war begeistert von dem Gebäude; er ging vermutlich nur meinetwegen mit. Denn das passte eigentlich nicht, und all das Lehrergeduze und strukturlose Rumrennen überforderte ihn noch mehr als mich, so habe ich mir das immer erklärt. Ich war heiser und völlig k.o., wenn ich nach Hause kam; ihn ärgerten sie, er regte sich oft furchtbar auf, wurde krank, und wir verabredeten uns kaum noch, fuhren nachmittags ziemlich erledigt zusammen mit dem Bus zurück, dann ging jeder nach Hause.
Es können nur ein paar Wochen gewesen sein, und in meiner Erinnerung wird es unscharf. Die neuen Eindrücke waren massiv, alles war völlig anders als gewohnt, 30 laute Schüler in der Klasse, das große Gebäude, Gruppendynamik, Stuhlkreise, da kamen die ersten Ferien gerade recht. Es waren die Herbstferien und er rief mich an, ob wir uns mal treffen könnten, am besten gleich, und bitte bei ihm. OK, sagte ich, worum geht's denn, ach, das ist nicht so gut am Telefon, meinte er, und ich ging mit einem komischen Gefühl los. Ein paar Wochen vorher noch wäre es völlig normal gewesen, diesmal lief ich ganz angespannt hin und die Treppen hoch.
Die Situation war sehr schwierig für mich. Man hieß mich herzlich willkommen und pries unsere lange Freundschaft, es gab Kuchen, wir saßen am Tisch und ich spürte, dass die was wollten. Sie sagten, die neue Schule sei zu anstrengend für ihn und dass man da gar nichts lerne, er wolle gerne zu einer anderen Schule gehen, und wir seien doch so gut befreundet, und wir hätten dann auch wieder mehr Zeit nachmittags, und ich hörte es mir an und es zerriss mich halb, doch ich blieb dabei, ich sagte immer wieder, dass ich weiter zu dieser Schule gehen wolle, dass ich nicht wechseln wolle, da redeten sie auf mich ein und beschworen mich, dass ich es mir doch überlegen solle. Mit schlechtem Gewissen ging ich nach Hause und wusste, dass ich dabeibleiben würde.
Wir haben uns danach genau einmal wiedergesehen, beide mit den Müttern in der Stadt, trafen wir uns zufällig, sahen zu Boden und scharrten mit den Füßen, während man sich weiter oben erzählte, wie groß die Jungen geworden seien.
Es gibt diese Beziehungsabbrüche mit dem großen Knall, der großen Enttäuschung, man spannt sich die Freundin aus oder nervt sich im Urlaub so schlimm an, dass es nie wieder wird wie vorher. Manchmal passiert es auch einfach so.
Wir waren ziemlich unterschiedlich, schon von den Elternhäusern her, und ich kann mich nicht daran erinnern, dass jemals der eine beim anderen übernachtet hätte; doch hatte die Freundschaft zeitweilig etwas fast Exklusives an sich, wir nannten es "Club", wenn wir uns jeden Nachmittag trafen, und dieser Club bestand nur aus uns beiden.
Später begeisterten wir uns für Timm Thaler und gründeten einen Tommi Ohrner Club, Mitglieder: 2, inserierten dann irgendwas in der Bravo und bekamen haufenweise Zeitschriftenausschnitte zugeschickt, immer die gleichen mit dem strahlenden Tommi Ohrner. Begeistert wurden wir gefragt, wie man in unserem Club Mitglied werden könne. Das hatten wir uns gar nicht überlegt, fühlten uns verpflichtet, gerieten langsam in Stress, entwarfen einen Clubausweis und verfielfältigten ihn mit diesem lila Matritzending. Aber das Porto fürs massenhafte Versenden überforderte uns schon bald. Jahrelang gemahnte eine hölzerne Kiste voller Tommi-Ohrner-Artikel mit Vorhängeschloss in meinem Zimmer mich an all die wartenden, enttäuschten Tommi-Ohrner-Fans da draußen. (Damit ich es nie vergessen sollte, wurde bis vor wenigen Jahren automatisierte Werbung für "Herrn Tommi Club Ohrner" an meine Heimatadresse geschickt.)
"Was ist denn in der Kiste da", fragten mich später andere Freunde, "Weiß ich nicht", log ich zur Antwort, und dass ich den Schlüssel verloren hätte. Da war ich schon an der anderen Schule, das war diese besondere Schule, um die es einen Kulturkampf gegeben hatte, der Riss ging quer durch die Stadt und meine Lehrerin hatte mich ausdrücklich davor gewarnt, dorthinzugehen. Ich war begeistert von dem Gebäude; er ging vermutlich nur meinetwegen mit. Denn das passte eigentlich nicht, und all das Lehrergeduze und strukturlose Rumrennen überforderte ihn noch mehr als mich, so habe ich mir das immer erklärt. Ich war heiser und völlig k.o., wenn ich nach Hause kam; ihn ärgerten sie, er regte sich oft furchtbar auf, wurde krank, und wir verabredeten uns kaum noch, fuhren nachmittags ziemlich erledigt zusammen mit dem Bus zurück, dann ging jeder nach Hause.
Es können nur ein paar Wochen gewesen sein, und in meiner Erinnerung wird es unscharf. Die neuen Eindrücke waren massiv, alles war völlig anders als gewohnt, 30 laute Schüler in der Klasse, das große Gebäude, Gruppendynamik, Stuhlkreise, da kamen die ersten Ferien gerade recht. Es waren die Herbstferien und er rief mich an, ob wir uns mal treffen könnten, am besten gleich, und bitte bei ihm. OK, sagte ich, worum geht's denn, ach, das ist nicht so gut am Telefon, meinte er, und ich ging mit einem komischen Gefühl los. Ein paar Wochen vorher noch wäre es völlig normal gewesen, diesmal lief ich ganz angespannt hin und die Treppen hoch.
Die Situation war sehr schwierig für mich. Man hieß mich herzlich willkommen und pries unsere lange Freundschaft, es gab Kuchen, wir saßen am Tisch und ich spürte, dass die was wollten. Sie sagten, die neue Schule sei zu anstrengend für ihn und dass man da gar nichts lerne, er wolle gerne zu einer anderen Schule gehen, und wir seien doch so gut befreundet, und wir hätten dann auch wieder mehr Zeit nachmittags, und ich hörte es mir an und es zerriss mich halb, doch ich blieb dabei, ich sagte immer wieder, dass ich weiter zu dieser Schule gehen wolle, dass ich nicht wechseln wolle, da redeten sie auf mich ein und beschworen mich, dass ich es mir doch überlegen solle. Mit schlechtem Gewissen ging ich nach Hause und wusste, dass ich dabeibleiben würde.
Wir haben uns danach genau einmal wiedergesehen, beide mit den Müttern in der Stadt, trafen wir uns zufällig, sahen zu Boden und scharrten mit den Füßen, während man sich weiter oben erzählte, wie groß die Jungen geworden seien.
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Yureguenne "Jürgen" Économise-l'eau (né 4 Juin 1948 à 'alberstadt ) était un joueur de football dans la RDA ligue supérieure. Économise-l'eau a joué 53 fois pour l'équipe nationale et a marqué lors de la Coupe du Monde en 1974 le but vainqueur de la sélection de la RDA dans le match contre l'équipe ouest-allemande.
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nnier | 13. Februar 2013 | Topic Margaretha
Es gibt ein paar Nachteile: Manchmal z.B. sitze ich zu Hause herum und verplempere sinnlos Zeit. Computerspiele, ich bitte Sie!
Aber der Kopf wird so schön leer. (Wie oft man ganz ernsthaft zu sich sagen kann: Nur noch ein Versuch.)
Etwas jedenfalls hat sich geändert, und das merke ich schon eine ganze Weile: Ich gehe gerne zur Arbeit.
Diesen unspektakulären Satz hätte ich in meinem bisherigen Leben nicht aussprechen können. Ich war zufrieden, wenn es irgendwie erträglich war, und oft war es das nicht. Ich ging mit größtmöglicher innerer Distanz da hin, war zu Tode gelangweilt und trotzdem erschöpft, wollte mir das alles vom Leibe halten, sah keinen Ausweg, konnte mich selbst nicht leiden, schaffte den Absprung nicht, da mussten die Umstände sich noch mal drastisch verschlimmern, bis ich endlich die Reißleine zog, deshalb: Danke, krankes Arschloch, sonst wäre ich heute noch da.
Fürs Bloggen war's ideal. Ab dem Moment, als ich mich innerlich verabschiedet hatte, staunte ich darüber, was man während der Arbeit alles machen kann. Gegenüber im Gebäude saß eine Frau, die spielte jeden Tag von früh bis spät dieses eingebaute Kartenspiel von Windows. Das konnte ich mir nicht erlauben; aber ein kleines Browserfenster unten am Bildrand, ein schnell in den Texteditor kopierter Blogartikel, die wertvolle Tastenkombination Alt+Tab, so ließen sich diese endlosen Vormittage irgendwie herumbringen, denn ich hatte schon auf halbtags reduziert. Einen Blogartikel vorformulieren, ihn sich selber per Mail senden, massenhaft andere Blogs lesen, kommentieren, ständig nachsehen, ob jemand geantwortet hat. Sich richtig Zeit lassen, über ein Thema meditieren, Formulierungen kommen und gehen lassen, Assoziationen abspulen, innere Listen erstellen, manchmal fügte sich der Artikel schon auf dem kurzen Fahrradweg nach Hause, schnell noch ein paar Fotos dazu, wieder einen schönen Beitrag verfasst.
Es gab eine Veränderung, der folgte eine langsame Entwicklung, es war OK, es nervte wenigstens nicht, man musste wenigstens nicht drüber nachdenken, es war wenigstens kein Kloß im Hals, was ist dagegen Geld. Ich habe ein weiches Bett, kann mir Pfannkuchen machen, habe eine Dusche und sauberes Trinkwasser. Dann eben so!
Inzwischen denke ich drüber nach, nehme die Dinge in die Hand, bleibe länger, mir fällt am Wochenende was ein, dieses ist wichtig und jenes muss noch schnell erledigt werden, und das nervt nicht, das macht sogar oft Spaß. Erfahrungen, die hätte ich mal vor 20 Jahren machen müssen.
Bloß dass ich manchmal den Kopf leermachen muss.
Ich gehe gerne zur Arbeit. Und Sie müssen's jetzt ausbaden.
Aber der Kopf wird so schön leer. (Wie oft man ganz ernsthaft zu sich sagen kann: Nur noch ein Versuch.)
Etwas jedenfalls hat sich geändert, und das merke ich schon eine ganze Weile: Ich gehe gerne zur Arbeit.
Diesen unspektakulären Satz hätte ich in meinem bisherigen Leben nicht aussprechen können. Ich war zufrieden, wenn es irgendwie erträglich war, und oft war es das nicht. Ich ging mit größtmöglicher innerer Distanz da hin, war zu Tode gelangweilt und trotzdem erschöpft, wollte mir das alles vom Leibe halten, sah keinen Ausweg, konnte mich selbst nicht leiden, schaffte den Absprung nicht, da mussten die Umstände sich noch mal drastisch verschlimmern, bis ich endlich die Reißleine zog, deshalb: Danke, krankes Arschloch, sonst wäre ich heute noch da.
Fürs Bloggen war's ideal. Ab dem Moment, als ich mich innerlich verabschiedet hatte, staunte ich darüber, was man während der Arbeit alles machen kann. Gegenüber im Gebäude saß eine Frau, die spielte jeden Tag von früh bis spät dieses eingebaute Kartenspiel von Windows. Das konnte ich mir nicht erlauben; aber ein kleines Browserfenster unten am Bildrand, ein schnell in den Texteditor kopierter Blogartikel, die wertvolle Tastenkombination Alt+Tab, so ließen sich diese endlosen Vormittage irgendwie herumbringen, denn ich hatte schon auf halbtags reduziert. Einen Blogartikel vorformulieren, ihn sich selber per Mail senden, massenhaft andere Blogs lesen, kommentieren, ständig nachsehen, ob jemand geantwortet hat. Sich richtig Zeit lassen, über ein Thema meditieren, Formulierungen kommen und gehen lassen, Assoziationen abspulen, innere Listen erstellen, manchmal fügte sich der Artikel schon auf dem kurzen Fahrradweg nach Hause, schnell noch ein paar Fotos dazu, wieder einen schönen Beitrag verfasst.
Es gab eine Veränderung, der folgte eine langsame Entwicklung, es war OK, es nervte wenigstens nicht, man musste wenigstens nicht drüber nachdenken, es war wenigstens kein Kloß im Hals, was ist dagegen Geld. Ich habe ein weiches Bett, kann mir Pfannkuchen machen, habe eine Dusche und sauberes Trinkwasser. Dann eben so!
Inzwischen denke ich drüber nach, nehme die Dinge in die Hand, bleibe länger, mir fällt am Wochenende was ein, dieses ist wichtig und jenes muss noch schnell erledigt werden, und das nervt nicht, das macht sogar oft Spaß. Erfahrungen, die hätte ich mal vor 20 Jahren machen müssen.
Bloß dass ich manchmal den Kopf leermachen muss.
Ich gehe gerne zur Arbeit. Und Sie müssen's jetzt ausbaden.
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nnier | 09. Februar 2013 | Topic Klar jewesn
René Aguigah: Und das verweist auf einen Punkt, den ich ganz gerne festhalten möchte, nämlich den, dass eigentlich niemand feststellen kann, ob nun ein Wort beleidigend ist oder nicht, außer demjenigen, der beleidigt ist. [...]Bleierne Blogmüdigkeit. Mir geht das Krakeelen da draußen auf die Nerven. Kommt einer aus der falschen Partei und stellt eine unglücklich formulierte Frage: Schlimmer Rassist! Tief durchdrungen! #fail, feixen sie mit ihrem dämlichen Lattenkreuz, genau: Immer draufhauen, den Skandal suchen, das verbotene Wort, herrje, da erwähnt jemand das "asiatische" Aussehen eines gebürtigen Asiaten, das MUSS ja ein Rassist sein, und je lauter und unbedingter ich das jemandem unterstelle, umso weniger kann ich selber einer sein!
Ijoma Mangold: Aber ist das nicht eine Position, die man eben nur als Kind einnehmen darf/kann, weil als Erwachsener muss man sich in dieser Welt auch mit Umständen zurechtfinden, wo die eigene Definition dessen, was mich beleidigt, nicht immer maßgeblich ist für die gesamte Wirklichkeit?
[Quelle: Deutschlandradio Kultur]
Ich fand es hässlich, als Stefan Raab seinen Spruch über die Stäbchen gemacht hat, die Philipp Rösler beim Abendessen aus der Hand fallen. Und dann gibt es dieses höchst unangenehme Bambus-Eiche-Zitat. Vielleicht sind es gerade solche Momente, in denen man sich fragen kann, ob "unsere Gesellschaft schon so weit ist, einen asiatisch aussehenden Vizekanzler auch noch länger zu akzeptieren." Und dann kann es auf diese Frage ganz unterschiedliche Antworten geben, z.B.: Glaube schon. Oder: Ja, sicher! Oder auch: Das ist doch längst kein Thema mehr.
Man könnte auch eine Gegenfrage stellen: Wenn "unsere Gesellschaft" noch nicht "so weit" wäre - was würden Sie denn daraus folgern? Dass Sie dann lieber eine andere Person als Vizekanzler hätten? Oder dass Sie ihm erst recht den Rücken stärken?
Das hätte mich durchaus interessiert. Ich habe nämlich keine Ahnung, was der Herr genau sagen wollte und wie er tickt. Vielleicht wollte er auf ein Problem hinweisen. Vielleicht hat er selber ein Problem. Vielleicht habe ich eines. Es ist schwer, darüber etwas herauszufinden, wenn sofort losgebrüllt wird.
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