Mumien, Analphabeten, Diebe.
Du hast's gut, du hast dein Leben noch vor dir.
Freitag, 14. Mai 2010
Ich geh weg von zu Hause
nnier | 14. Mai 2010 | Topic Fernseh


Früher war auch nicht alles besser, das stimmt wohl, denn auch in den 1960ern wurde schon massiv gespart bei der Animation. Zeichentrickfilme wurde inzwischen nicht mehr fürs Kino, sondern fürs Fernsehen produziert, und so wurde z.B. in den Hanna-Barbera-Formaten wie Familie Feuerstein fast ebensoviel geplappert wie in anderen Seifenopern. Die Augen blinzelten, der Mund bewegte sich ein wenig, sonst gab's da nicht viel zu animieren, und solche Sequenzen ließen sich dann ja auch beliebig oft wiederverwenden. Wie auch diejenigen, in denen jemand durchs Bild läuft und dabei plappert. Oder im Auto herumfährt und dabei plappert.

Welch ein Unterschied zu den ganz frühen (1940, der erste) oder nicht mehr ganz frühen (1947) Tom & Jerry - auch die sind nämlich Werke von William Hanna und Joseph Barbera. Aber das nur am Rande.
In der 3-D CGI-Animationsserie wird genau wie in den Büchern der Alltag von Nick mit seinen Erlebnissen in der Schule, mit seinen Freunden und seiner Familie erzählt.
Das wollte ich dann gerne mal sehen, zumal die Geschichte Ich geh weg von zu Hause, die da kürzlich im Kinderfernsehen laufen sollte, in den Büchern eine der allerschönsten und bewegendsten ist: Nick, der von zu Hause weglaufen und erst dann zurückkommen will, wenn er reich ist und ein eigenes Flugzeug hat, packt fest entschlossen sein Bündel und malt sich aus, wie ihn alle vermissen werden - die Eltern, die Mitschüler, die Lehrerin. An der Straßenecke macht er erst mal Rast und verspeist sein mitgenommenes Stück Schokolade. Und die ganze Zeit, während er, von der göttlichen Sempé-Feder gezeichnet, durch die große Stadt läuft und sich nicht entmutigen lässt, weder davon, dass ihm Chlodwig nicht sein Fahrrad leiht, noch davon, dass der Mann im Spielwarengeschäft ihm sein gebrauchtes Spielzeug nicht abkaufen will, weiß man, dass er am Ende ganz schnell nach Hause rennen wird. Dennoch ist es ist ein großes, vor allem aber eben inneres Abenteuer, das so beginnt:
Ich bin von zu Hause weggegangen! Ich spielte gerade im Wohnzimmer und ich war ganz artig und auf einmal ist Mama reingekommen und hat mir mir geschimpft, bloß weil ich eine Flasche Tinte über den neuen Teppich geschüttet habe. Ich habe angefangen zu weinen und ich habe Mama gesagt, ich gehe weg von zu Hause und dann tut's dir Leid [...]
und so endet:
Es war wirklich schon spät und es fing schon an dunkel zu werden und auf der Straße waren keine Leute mehr und da bin ich aber gerannt. Wie ich zu Hause angekommen bin, hat Mama geschimpft, weil ich so spät zum Abendessen komme - immer dasselbe!
Aber ich habe mir vorgenommen: Morgen geh ich weg von zu Hause! Papa und Mama werden sich Sorgen machen und ich komme erst nach vielen vielen Jahren wieder und dann bin ich reich und hab ein Auto und ein Flugzeug!
Ich habe mich natürlich gefragt, wie man den Charme der Geschichten in einen Film übertragen möchte, schließlich hat dieser Charme ja vor allem damit zu tun, dass Nick die Welt aus seiner Perspektive schildert, die eben nicht immer mit der des Lesers übereinstimmt.
Fräulein Vandenberg, die Musiklehrerin, hat mit uns die Nationalhymne geübt. [...] Es stimmt schon, dass wir etwas schneller fertig waren als die Großen. Die Großen waren noch beim "Tag des Ruhms", da haben wir schon zum zweiten Mal die "blutbedeckten Fahnen" gesungen - außer Roland, für den ist es egal, denn der kennt die Worte sowieso nicht und singt immer nur "la la la".
(Der Empfang für den Minister)

"Pass doch auf, was machst du denn mit dem Netz!" hat Papa gerufen. "Jetzt hab ich die zerquetschten Tomaten auf der Hose! Pass doch auf!"
Und in dem Augenblick haben wir den Lastwagen angeschrammt. Das kommt davon, wenn man soviel Zicken macht!
Als wir aus der Werkstatt rausgekommen sind, wo wir den Wagen hingebracht haben - es ist aber nicht so schlimm, er ist übermorgen wieder fertig - da hat Papa ziemlich ärgerlich ausgesehen. Vielleicht wegen der Sachen, die ihm der Lastwagenfahrer gesagt hat. Das war so 'n Dicker, Großer.
(Ich bin mit Papa einkaufen gegangen)
Dass es schwierig werden würde, so etwas filmisch umzusetzen, war also klar. Aber vielleicht würde der Kleine Nick ja ständig aus dem Off sprechen? Und vielleicht würde man sich an den Zeichnungen erfreuen können, denn auch hier sind die Originale ja eine Klasse für sich - und so kunstvoll reduziert, dass sich eine Umsetzung in den Zeichentrick durchaus vorstellen lässt. Wenngleich man aus grundsätzlichen Erwägungen heraus zur Skepsis neigen möchte: Es sind ja gerade nur wenige und dafür punktgenaue Illustrationen, auf denen man die winzigen Kinder durch die große Welt marschieren sieht, und diese haben immer ausgereicht, wozu sollte man alles redundant bebildern ... aber schauen wir einfach mal.
Il s’agissait en effet de respecter scrupuleusement l’héritage du personnage tout en l’ouvrant à toutes les potentialités du média télévisuel. Nous avons ainsi développé un modèle d’animation basé sur de la 3D figurative qui retranscrit le trait de Sempé à l’image dans une vision moderne. La technique disparaît donc derrière des personnages qui prennent immédiatement vie et qui peuvent déployer des subtilités de jeu déterminantes pour une comédie tendre comme le Petit Nicolas.
Ah, ja, man hat also, wenn mich mein Restfranzösisch nicht in die Irre führt, dermaßen vorsichtig und respektvoll die Züge der Sempé-Figuren in dreidimensionale Computermodelle übertragen, dass zwar alles schön TV-modern ausehe, die Technik aber komplett hinter den Figuren verschwinde, die also sofort total lebendig wirken und sich richtig subtil entfalten.

Es mag seine Gründe haben, dass man keine bewegten und fast keine unbewegten Bilder aus dieser TV-Produktion im Internet findet. Stellen Sie sich einfach irgendein Computerspiel in 3-D-Optik vor.

Das Billige sieht heute anders aus als in den 60ern: Statt zweidimensional plappernder Münder in starren Gesichtern vor statischem Hintergrund sieht man dreidimensional computergenerierte Figürchen, die durch eine Computerspielwelt laufen. Im Hintergrund bewegen sich kleine Details - so ein Rechner, der leistet eben das, was in der statischen Hintergrundgrafik früher nicht zu leisten war. Und wo Sempé mit wenigen Strichen kleine Schwarzweißzeichnungen abgeliefert hat, stehen also aufgepumpte Plastikfiguren in einer bonbonbunten Welt.



Nur noch eine Dimension hat dagegen die Geschichte. Da läuft halt ein Zeichentrickjunge weg, fährt mit dem Fahrrad durch die Gegend, trifft unterwegs ein paar Freunde, plappert herum und fährt wieder nach Hause. Und sonst passiert - nichts.

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Mittwoch, 12. Mai 2010
Mein Jarvik-7 ist eingetroffen!
nnier | 12. Mai 2010 | Topic Ja nee
Sie verfügen mit Steffenberg, Stefan Effenberg über einen schenialen Chpieler, ja.
(Berti Vogts)

Wo wurde dieses Paket abgesendet?

Flensburg
Kiel
Hamburg
Fisternöll enspezeere Mösch, Fott Verdötschte!

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Created by nnier on 2010-05-11 17:25.

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Montag, 10. Mai 2010
Bodenentknarrer
nnier | 10. Mai 2010 | Topic Fernseh
Wenn Sie auch davon träumen, mal einen ganzen Minigolfplatz für sich alleine zu haben: Wählen Sie den letzten Spieltag einer Bundesligasaison. Der Mann im Häuschen wird durch Ihr Klopfen hochschrecken, und dieses eine Mal werden Sie die verflixte Bahn mit diesem gelben Kiesding mit einem Schlag bewältigen und dafür keine Zeugen haben.

Wer sich solche Schwächephasen erlaubt wie ich, kann übrigens froh sein, wenn er am Ende hauchdünn, und ich meine: hauchdünn, einen dritten Platz belegt:



Nur dass es noch nicht das Ende ist, denn es gibt ja noch die Relegationsspiele. Ich kann also von einem dritten Platz, dessen Erreichen mit einem Gewinn von immerhin noch 15% der Spieleinsätze verbunden ist und der mir somit den Monat Mai erheblich versüßen würde (Kasten Malzbier/Kino), im letzten Moment noch verdrängt werden und einen auf HSV machen

+++ Eilmeldung: Neuer Trainer der "Rothosen", wie wir Insider sagen, wird Hannelore Kraft. +++

Wenn Sie dann allerdings am Muttertag gleich noch einmal zum Minigolfplatz gehen, werden Sie zunächst auf Ihren Satz Schläger warten müssen, Sie werden dann während des Spiels vorne stets warten müssen und hinten bedrängt werden, und obwohl tatsächlich Menschen mit eigenen Golfschlägern ihr Spiel verrichten, wird ernsthafter Mangel an Spielgeräten herrschen, es werden Ehen zerbrechen und beleidigte Kinder ihr Eis auf den Boden schmeißen, und Sie werden das gelbe Kiesding auch mit dem sechsten Schlag nicht treffen.

Irgendwann hat man über Robert Lembke ja mal lesen müssen, dass der so Schweinkram gemacht hat, und ich meine jetzt nicht das mit den Fünfmarkstücken (Spaß muss sein!), sondern etwas, das seine langjährige Ehefrau zu Worten im Sinne von "Ich will seinen Namen nie wieder hören!" verleitete. Und im Gegensatz zu den anderen Leserinnen des Goldenen Blatts war ich darüber nicht im mindesten überrascht, denn der alte Lustgreis hatte ohne Rücksicht auf meine minderjährigen Ohren schon einmal eine Schweinerei von sich gegeben (Wenn die jungen Damen da so oben ohne, da sag ich: Ein verpacktes Geschenk ist doch schöner, harhar.) Ich war schockiert. Fast so wie gestern, denn da wurde mir bewusst, dass das heitere Beruferaten nicht einmal auf seinem Mist gewachsen ist.

What's my Line? hieß das Original. Und Annette, Marianne, Guido und Hans haben das alles nur nachgemacht! Damit nicht genug: Die Gäste in Amerika bekamen, unabhängig davon, ob Sie gewannen oder verloren, eine Antrittsprämie von $500! Da ließ sich der am Ende der Sendung manchmal mit großer Geste für wohltätige Zwecke gespendete "Gewinn" von maximal $50 natürlich locker wegstecken. Nun drängt sich doch eine Frage auf: Ob man die deutsche Fernsehgeschichte umschreiben müsste, für die ja das im Schweinderl klimpernde Fünfmarkstück immer noch konstituiv ist? Hat also auch der Bodenentknarrer ein Handgeld kassiert? Man mag gar nicht daran denken. Aber der HSV kommt einem schon wieder in den Sinn.

Ein gewisses Stirnrunzeln verursachten bei mir übrigens auch die manchmal allzu gut passenden Fragen an die Prominenz. Urteilen Sie selbst: "Keine Ahnung, wer Sie sein können. Tragen Sie evtl. einen extravaganten Schnurrbart?"



Ich jedenfalls überlege, für 100.- DM pro Sendung die Rechte an einer erfolgreichen Fersehshow zu erwerben und diese dann nachzuspielen. Ich brauche mich eigentlich nur ganz natürlich zu verhalten, am letzten Spieltag der nächsten Bundesligasaison. Und meinen Gewinn aus der Bundesligatipprunde spende ich für wohltätige Zwecke.

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Sonntag, 9. Mai 2010
Sonntagsfrage II
nnier | 09. Mai 2010 | Topic In echt
Die Apotheke so: Ä-äh!
Der Recyclinghof so: Hier nicht!



Also: Wohin mit abgelaufenen Arzneimitteln?

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Freitag, 7. Mai 2010
Deep Throat / Bang
nnier | 07. Mai 2010 | Topic In echt
Die ganzen Urinprobengeschichten lasse ich weg, da kennt jeder einen, der einen kennt, aber ich z.B. habe mal einen tiefen, goldglänzenden Schluck aus der Flasche genommen, im Hochsommer, ich war halb verdurstet mit rotem Kopf nach oben gerannt und hatte mir diese verlockende Flasche geschnappt, und es dauerte eine Weile, bis ich die merkwürdigen Geschmacks- und Konsistenzsignale zu deuten wusste und dann noch eine Weile, bis ich die sich widersprechenden Schluck- und Würgebedürfnisse geordnet und zugunsten letzterer priorisiert hatte, so dass ich sie immerhin nicht ganz leertrank, die Flasche mit dem Pflanzenöl. Auch diese dunkelgrüne Apfelsaftflasche saugte ich nicht komplett aus, wir sollten ja eigentlich nicht aus der Flasche trinken und es waren immerhin ganze Literflaschen dieses ganz hervorragenden Apfelsafts, den man bei der Kelterei entweder kaufen oder gegen Ablieferung einiger Zentner Äpfel bzw. Öpfel eintauschen konnte. Die Flasche hatte auf dem Fensterbrett im Wohnzimmer gestanden, der Durst war wiederum erheblich gewesen, so dass übliche Sicherheitsmaßnahmen ausnahmsweise unterblieben und der Inhalt sozusagen direkt in die Speiseröhre gepumpt wurde - etwa so, wie man es den Katalanen nachsagt, die ja angeblich über irgendeine anatomische Besonderheit im Rachenraum verfügen und den Rotwein ohne Schluckbewegungen direkt in den Magen laufen lassen können; wie bei einem Säugling stelle ich mir das vor, der gleichzeitig trinken und atmen kann. Ich hatte schon einen Gutteil des Flascheninhalts hinuntergestürzt, als mir, und zwar weniger geschmacklich als vielmehr visuell, etwas seltsam vorkam. Es waren durch das dunkelgrüne Glas einige merkwürdige, schwimmende Objekte an der Oberfläche der enthaltenen Flüssigkeit erkennbar, und dabei hatten wir doch den klaren, nicht den naturtrüben Apfelsaft genommen. Das schmeckt zu wässrig, dachte ich und rannte speiend ins Bad, um mich mit Domestos freizugurgeln, denn das hochsommerlich-angewärmte Gebräu aus veralgtem Blumengießwasser, Stubenfliegen und Wespen hatte im Abgang dann doch sehr ins Korkig-Faulige gespielt. An diese vergangenen Zeiten musste ich gerade denken, als ich das verheißungsvolle Gurgeln aus der betrieblichen Kaffeemaschine vernahm und mir endlich, endlich eine frisch gebrühte Tasse zapfen konnte, die mir dann schon wieder verdammt dünn vorkam. Meinem Verdacht ("Da wollte wieder jemand sparen") ging ich diesmal zum Glück umgehend nach und stellte fest: Papierfilter ja, Kaffeepulver nein. So ein Fall ist wenigstens eindeutig, während dem Kaffee oft genug vorgeworfen wird, nicht zu schmecken ("In eurer Firma schmeckt der Kaffee immer scheiße!" - "Ja!"), obwohl er gar nichts dafür kann. Ich habe es ausprobiert: Ignoriert man die Dosierungsvorgabe ("Für eine Kanne den Plastikbecher bis zum Edding-Strich mit Kaffeepulver füllen") und macht ihn ganz voll, dann fallen die Reaktionen ("Das ist Kaffee!", "Aaaargh! Mein Herz!") deutlich positiver aus. Jedenfalls positiver als die meine, damals, als ich am Montagmorgen aus der vollen Thermoskanne einen Becher zapfte, das Büro betrat, im Gehen einen tiefen Schluck nahm und dann sprühend losspie: "Bwuaäh! Was ist DAS DENN!", denn der Kaffee war kalt und von letzter Woche.

Man isst Joghurts mit exotischem Fruchtaroma, das sich am Ende als zu exotisch erweist, trinkt Fruchtsaft aus Tetrapacks, die den Zustand ihres Inhalts leider perfekt verbergen können, das gehört wohl dazu, und ich möchte eindringlich davor warnen, nach dem Malen die Gläser, in denen Pinsel ausgespült wurden, mit ihren durchaus appetitlich gefärbtem Inhalt einfach neben die Spüle zu stellen, so wie auch vor der Nummer mit dem Frostschutzmittel in der Limonadenflasche usw., na, Sie kennen das alles, aber bevor ich es mir hinterher vorwerfe: Rühren Sie nie, niemals Kleister in einer Schüssel an! Die Geschichte, die mir meine Oma damals erzählte, hat mich nämlich nie mehr losgelassen: Die Frau, die ihren Mann überraschen wollte, den Kleister anrührte und dann losfuhr, um Tapete zu kaufen. Der Mann, der ausnahmsweise mittags nach Hause kam und sich aufs Essen freute. Na, er hat dann wohl noch mit Zucker nachgewürzt und sich gierig sattgelöffelt, bevor er an Magenverklebung starb. Und das ist gar nicht so unrealistisch, wie jeder weiß, der sich schon mal tagelang auf Wasserhafer gefreut hat.

Andererseits waren wir zu Hause so arm, dass ich mir meine Scherzartikel selberbasteln musste. Jedenfalls die, bei denen das möglich war; Juckpulver z.B. kaufte ich nie, denn dazu brauchte man nur ein paar Hagebutten zu zerbröseln - diese kleinen Zigarettenknaller hingegen gab's nur kommerziell. Ich hatte mich schon wochenlang darauf gefreut und schließlich ein Päckchen dieser spitzen, kleinen Dreicke gekauft. Eines davon steckte ich in eine Camel, die ich der väterlichen Packung entnommen hatte, und schob sie wieder zurück. Und obwohl ich den ganzen Tag in der Wohnung verbrachte, um nichts zu verpassen, hörte ich einfach kein Knallen.

Was ich auch nicht einsah, war, für ein mit Pfeffer oder Senf gefülltes Bonbon Geld auszugeben. Das, so meinte ich, könnte man billiger haben, und so gab ich mir sehr viel Mühe damit, einem alkoholisch gefüllten Schokoladendingens ("Drei edle Wässerchen") das Kirschwasser zu entnehmen, indem ich mit einem angewärmten Nagel ein Loch hineinschmolz, den Obstler ablaufen ließ, ratlos herumlief, da ich nicht wusste, was ich nun genau hineinfüllen wollte, schließlich auf das Glas Essiggurken im Kühlschrank stieß, diesem mit einer Spritze etwas Flüssigkeit entnahm und sie in die leere Schokohülle injizierte, ein kleines Stück Schokolade erwärmte, mit diesem das Loch verschloss und es am Ende sogar noch mit etwas Kakaopulver bestäubte. Mein Vater nahm das Ding, zerbiss es, schluckte, bekam große Augen und fragte, was das denn gewesen sei. Ich war irritiert, hatte ich doch mit einem erschreckten "Waah" und aus dem Mund züngelnden Flammen gerechnet, wie man es auf den Scherzbonbonpackungen sehen konnte. Er musste sich dann hinlegen und verbrachte den Rest des Tages blass und übellaunig auf dem Sofa.

Übellaunig konnte er auch beim Fahrradreparieren werden, eine Eigenschaft übrigens, die ich geerbt habe, denn auch ich kann es nicht gut vertragen, wenn ich mir mit schwarzverschmierten Händen und langsam schmerzendem Rücken nach einer Stunde Gefummel eingestehen muss, dass die Felgenbremse immer noch nicht richtig eingestellt ist. Und etwa so war die Lage auch damals an diesem Sommertag im Garten, die Fahrräder zerlegt, die Stimmung angespannt, und als die Bremse auch beim x-ten Versuch noch schleifte, fluchte er und zündete sich erst mal eine Zigarette an.

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