Mumien, Analphabeten, Diebe.
Du hast's gut, du hast dein Leben noch vor dir.
Sonntag, 27. April 2008
Stevie Riks does the Beatles
nnier | 27. April 2008 | Topic 'umor & more
Stevie Riks? Bis eben (in den Erdbeerfeldern) nie gehört. Er macht youtube-Filmchen, in denen er Popstars imitiert und manchmal voll trifft, so z.B. hier den ungeduldigen, latent aggressiven Lennon der frühen 70er:

[Video gelöscht]

Die Verkleidung ist schon mal gut, großartig getroffen sind aber vor allem Stimme und Habitus ("Soya sauce, you see that, Sean, soya sauce!").

Das Aufgeregte, Missionierende des Spät- und Post-Beatles-John kommt auch hier sehr schön heraus:

[Video gelöscht]

Lustig, dass "John" sich über die anwesenden Journalisten beschwert, die ihn am Schlafen hindern. (Wer's nicht weiß - hier wird das Bed In nachgespielt, zu dem John und Yoko die Presse natürlich ausdrücklich eingeladen hatten).

Auch George (nicht so lustig, z.B. hier) und Ringo (geht so, z.B. hier) kann er, interessant wird's dann wieder bei McCartney.

Ich muss zugeben, dass Riks den späten Paul, sagen wir mal den der letzten 4-5 Jahre, auch gut parodieren kann. Mimisch, gestisch, stimmlich und auch von Ausdrucksweise und Vokabular her ist das schon ganz gelungen, wie man hier sieht:

[Video gelöscht]

Mir kommt das trotzdem weniger brillant als die John-Filmchen vor. Denn wie bei Ringo (Nase und "Peace"-Zeichen) und George (klar: Religion) liegen die Witzchen viel näher (Paul ist reich; Paul wird älter; Heather) und die Darstellung ist auch diffamierender als bei Lennon. Dieser wird nicht in erster Linie grimassierend nachgeäfft, sondern fast so gespielt, wie man ihn kennt - lediglich die Situationen, in die er gesetzt wird, sind schön absurd. Und so etwas gefällt mir wesentlich besser als purer Blödsinn wie das hohe "Ooooooooh" (vermutlich aus dem Lied "Get Back"), das in jedem "Paul"-Clip mehrfach auftaucht. Albern und nervig, aber z.B. in einem Comedyprogramm kann so was ja, penetrant genug wiederholt, schnell zum Renner werden (Gott bewahre).

Also schließen wir lieber mit einem stilleren Clip, in dem "John" im Duett mit "Paul" einen Song von dessen letztem Album Memory Almost Full singt:

[Video gelöscht]

Gar nicht mal schlecht, was?

(Ach, und dann parodiert Riks auch Bowie, die Bee Gees, Jagger usw.; wen's interessiert: Hier findet man das ganze Zeug.)

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Mittwoch, 23. April 2008
Eleanor Rigby Reloaded
nnier | 23. April 2008 | Topic Musiq
Gelegentlich besorge ich mir eine Ausgabe des MOJO-Magazins, weil da fast immer was über die Beatles drin steht. (Jemand schrieb mal, der größte Mythos über die Beatles sei der, dass es über sie noch irgendwas Neues zu berichten gebe.)

In Heft #152 von 2006 ging es um das Album Revolver, welches 40 Jahre alt wurde. Ein Werk, für dessen angemessene Lobpreisung mir gerade die Adjektive fehlen, und ich will auch auf was Anderes hinaus. Es gab nämlich als Beileger eine CD Revolver Reloaded mit Coverversionen sämtlicher Songs des Originalalbums.

Das ist ein ziemlich heikles Thema für mich, Coverversionen von Beatles-Liedern. Billy Bragg hat mal in den 80ern eine brauchbare Version von She's Leaving Home abgeliefert, das war's dann aber auch schon fast.

Diese beigelegte CD hat mich deshalb positiv überrascht, und ein Lied sticht besonders heraus: Eleanor Rigby von The Handsome Family With The Rivet Gang. [Edit: Ich habe mal mit google gesucht, man findet es leicht als MP3 im Netz]. Das sind zwei unbekannte Bands aus New Mexico, die Lagerfeuermusik mit Mundharmonika und akustischer Gitarre oder Banjo machen. ("Bluegrass" nennt man das wohl). Und sie haben dieses fantastische Lied, das ich für unantastbar erklärt hätte, wunderschön entspannt eingespielt. Ein ganz ruhiger Groove und toller harmonischer Gesang. Tagelang höre ich das manchmal! Man sitzt mit den Cowboys und -girls am Feuer und ganz hinten hört man Pferde in der Gangart "Schritt" vorbeiziehen.

(Und es gehört zu den Dingen, die ich weiß und dennoch nie begreifen werde: Dass Paul McCartney dieses Lied mit 23 Jahren geschrieben hat).

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Dienstag, 22. April 2008
Dieses Buch von Charlotte Roche: Ein bisschen wenig.
nnier | 22. April 2008 | Topic Tanztee
Charlotte Roche hat also ihr Thema gefunden und einen Bestseller geschrieben. Ich habe ihr Buch noch nicht gelesen, war heute abend bei ihrer Lesung in Bremen und konnte der Medienbegleitung in den letzten Wochen natürlich auch nicht entkommen.

Ich fand Charlotte Roche immer sympathisch. Sie hat einen guten Musikgeschmack, legt sich mit der Bildzeitung an, kommt intelligent und schlagfertig rüber und nimmt kein Blatt vor den Mund.

Was ich nicht so ganz verstehe, ist, dass man hierzulande im Jahr 2008 n. Chr. mit so was dermaßen einschlagen kann. (Die Lesung heute war z.B. so gefragt, dass es direkt im Anschluss einen Zusatztermin geben musste).

Es ist ja alles ganz lobenswert: Der parfümierten und glatten, langweiligen Heidi-Klum-Welt mal eine Ladung Schmodder entgegenschmeißen, und Frauen und andere Menschen mit einem bestimmten Bewusstsein können dazu bestimmt noch viele kluge Dinge sagen, bzw. haben das in den ganzen Feuilletons schon getan. Leider langweilt es mich schon beim Schreiben, das noch irgendwie theoretisch zu betrachten, deswegen lasse ich’s.

Letztes Jahr hat sie zusammen mit Heinz Strunk auch die "Penisverletzungen bei Masturbation mit Staubsaugern" zum Besten gegeben; und das war das Schwächste, was ich vom Strunker bisher gesehen habe. Strunk hat das selbst mal als "Tendenz: Spießerhumor" bezeichnet und hinzugefügt: "Ich finds n bisschen wenig", und das ist genau das Problem: Da geht es, hach, um Masturbation und wir gehen da jetzt mal ganz abgeklärt hin und giggeln dann trotzdem rum. So was trägt aber kein ganzes Abendprogramm (auch wenn diese Doktorarbeit* als solche natürlich komplett absurd ist), sondern ist ein Schmunzler für zwischendurch.

Ganz genau so geht es mir mit diesem "Feuchtgebiete"-Buch: Als Statement ist das bestimmt schön und gut, wäre als Kurzgeschichte vermutlich auch nett zu lesen. Aber soll das ein Roman sein? Brauche ich nach den heute abend gehörten und den in den ganzen Zeitungsartikeln verbreiteten Auszügen (die sich übrigens weitgehend gedeckt haben) wirklich noch das ganze Buch? Nö, ich kann mir den Rest schon denken, wenn ich mal Lust dazu habe. Und mir graust es davor, dass das noch durch die ganze Verwertungsmühle gedreht werden muss. Über die Filmrechte wird gerade verhandelt, teilte Frau Roche dem Publikum mit. Warten wir also mal ab, ob sie in einigen Jahren bei Gottschalk auf dem Sofa sitzt. Vielleicht ruft sie dann "Muschischleim!" in den Saal und sorgt bei Moderator und Publikum für amüsiertes Schmunzeln.

Natürlich ist das alles viel besser und sympathischer als dieser Ildikó-von-Kürthy-Dreck, und vielleicht war es mal an der Zeit, dass gerade eine Frau dazwischenhaut. Denn das habe ich ihr schon abgenommen, dass sie sich von all den parfümierten Binden und Intimwaschlotions terrorisiert und angegriffen fühlt.

--
*Link aktualisiert am 1.12.2010

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Mittwoch, 16. April 2008
Orgasmusmann
nnier | 16. April 2008 | Topic 'umor & more
Wo wir gerade bei dem Gassenhauer "Mariacron" sind - ein Ohrwurm ganz anderer Art war für mich im letzten Jahr dieses Stück:

Heinz Strunk: Der Orgasmusmann (MP3)

Der nihilistische Text ist großartig und funktioniert gerade dadurch, dass ihn ein Kind singt:

"Täglich wiederholen sich
die allermeisten Dinge"

"Je älter man dann wird
entschwindet jede Hoffnung
dass sich etwas ändert
und interessanter wird"

(Ich habe mich damals gefragt, ob die markante Frauenstimme im Refrain Frl. Menke sei - sie erinnert mich nach wie vor an diese. Ist sie aber nicht; sondern es singt die "Anja" aus "Fleisch ist mein Gemüse" und das Stück ist auch schon einige Jahre alt; diese Auskunft stammt vom Heinzer selber, den ich dies einst frug).

[Edit: Der Link verweist direkt auf die Datei auf der Website von Heinz Strunk. Ich hoffe, dass man so was machen darf!? Es gibt da auch noch einige weitere Hörproben.]

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Samstag, 12. April 2008
Bastian Sick Live: Gar nicht mal so gut.
nnier | 12. April 2008 | Topic Sprak
Man hätte sich das wohl denken können.

Ich wusste nicht viel über Bastian Sick, der gestern mit seiner "Happy Aua"-Show in Bremen aufgetreten ist. Seine Sprachkolumnen bei Spiegel Online habe ich meist gern gelesen. Er hat in kurzer Zeit ein umfangreiches "Zwiebelfisch"-Imperium aufgebaut und tritt mit einem Programm vor Publikum auf. Diese Auftritte habe ich mir bisher als Lesungen oder Deutschstunden vorgestellt. Ha ha!

Herr Sick will Comedian, Entertainer, Künstler, Star sein. Da kommen tausend oder mehr zahlende Zuschauer, alle wegen ihm! (Bzw. "seinetwegen"). Da muss man natürlich das "wunderbare Publikum" begrüßen, lustig herumhampeln, sich als James Bond verkleiden, am Ende gar singen und zwischendurch auf seine neue DVD hinweisen. Heu einfahren, die Kuh melken, das Eisen schmieden, und bald schon erscheint "Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Jetzt erst recht" und dann der Kinofilm. Ach, was soll's.

Gestern hat er jedenfalls Dias mit lustigen Schreibfehlern gezeigt und zweidrei seiner Kolumnen vorgelesen, das war's.

Ich war überhaupt nicht darauf gefasst, dass Sick sich so betont als lustigen Unterhalter inszenieren würde, und ich kann nicht behaupten, dass mir das gefallen hätte. Zumal das Programm doch recht dünn daherkam und Kleinigkeiten unnötig aufgepumpt wurden.

Beispiel: Ein kleiner Verschreiber wie "James Bonn" neben dem DVD-Stapel bei Karstadt gehört maximal in die "Zwiebelfisch"-Galerie bei Spiegel Online. Daran ist nichts weiter komisch.

Im Bühnenprogramm wurde daraus eine aufgeblasene Nummer mit "Bond"-Verkleidung (und die, na ja, Pointe übertrieben ausgewalzt). Das hätte auch Mario Barth so gemacht: "Ha! Ha! Ha! Bond, kennt ihr den, James Bond? Kennt ihr doch! Mein Name ist Bond! Ha! Ha! Wie geil ist das denn! Bonn! Ha! Ha! Bonn, das ist doch eine Stadt! James Bonn!" Usw.

Was Bastian Sick gut kann - nämlich Zweifelsfälle und Stolperfallen der deutschen Sprache in lustige Geschichtchen verpacken, aus denen man im besten Falle auch etwas lernen kann - das hat er womöglich schon vergessen.

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