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Obwohl ich mich immer für Musik begeistern konnte, habe ich nie ein Instrument gelernt. Aber ich besaß trotzdem mal eine elektrische Bassgitarre. Dazu einen Gitarrenverstärker (Röhre) und eine riesige Lautsprecherbox Marke Eigenbau. Alles zusammen hatte ich einem Bekannten abgekauft, der vermutlich froh war, das Zeug loszuwerden. Nun stand es in meinem Zimmer und ich wartete darauf, dass ich plötzlich Bass spielen könnte. Ab und zu zupfte ich darauf herum, was aber ebensowenig half wie Idee, mal den CD-Spieler an den Verstärkereingang anzuschließen und damit I Saw Her Standing There ("One-two-three-faw!") zu hören. Das war schön bassbetont, man konnte McCartneys Spiel hervorragend folgen, vermutlich auch drei Häuser weiter, denn wir wohnten in einem Reihenhaus. Mich wundert ohnehin im nachhinein immer mehr, dass mich niemand je überfallen oder mir die Fensterscheibe eingeworfen hat. Denn ich kaufte zu meiner Stereoanlage regelmäßig neue, noch stärkere Lautsprecherboxen und irgendwann gar einen riesigen Subwoofer. Und auch wenn ich die Musik also nicht durch das Bassgitarrenequipment jagte, hatten alle Nachbarn etwas davon. Wobei ich hoffe, dass auch diesen Menschen in jenen Tagen aufgefallen ist, was für ein guter Bassspieler McCartney ist. Egal, ob er nur (wie bei Get Back) den Grundton als Fundament spielt und bewusst auf jeden Schnickschnack verzichtet, oder ob er, wie beim direkt aus dem Jenseitigen empfangenen (da bin ich mir sicher; das kann kein Mensch geschrieben haben, nicht mal er) Golden Slumbers die gebrochenen Pianoakkorde mit so delikaten Figuren unterlegt, dass man immer wieder spontan niederknien möchte.
Zehn Jahre später, ich wohnte längst nicht mehr zu Hause, nach mehreren diskreten Hinweisen ("Dein Kram steht unseren Keller voll"), musste ich endgültig einsehen, dass ich immer noch nicht Bass spielen konnte und es wohl auch nicht mehr lernen würde. Ich verkaufte die Ausrüstung also an einen jungen Mann, der in Punkerkleidung mit einem Skateboard angerollt kam und zwei Stunden später die zentnerschwere Box, den ebenfalls gewichtigen Röhrenverstärker und das Instrument selbst draufstapelte und stadteinwärts schob, während ich ihm und meinen unrealisierten Musikträumen nachsah. Den Subwoofer hingegen hatte ich kurz zuvor an einen Mann verkauft, der mich während der Hörproben, Verkaufsverhandlungen und auch beim gemeinsamen Herunterschleppen des Trumms immer wieder so seltsam anlächelte, dass mir ganz blümerant zumute wurde. Meine Wohnung sah damals nach einer Junggesellenbude aus, und dass ich kürzlich Vater geworden war, sah man der Einrichtung noch nicht überall an. Frau und Säugling hatten auf meinen Wunsch hin - "es wird laut, ich will dem doch das Ding vorführen" - einen Spaziergang angetreten. Man konnte sich also durchaus über mich wundern. Aber erst als der Mann mit seinem Auto wegfuhr und ich in die Wohnung zurückkehrte, verstand ich sein ewiges Lächeln: Aus dem Halsausschnitt meines Pullovers, knapp unter meinem eigenen, schaute der Kopf eines weißen Plüschhasen heraus.
Mit den Saiteninstrumenten hatte ich's anscheinend nicht so, einen anderen Versuch startete ich aber kurz vor oder nach dem Bass: Ein Keyboard. Ein kleines, aber brauchbares Yamaha-Keyboard, DX 100 hieß es wohl, und kurz danach erstand ich einen Fostex-Vierspurrekorder. Ich kann ja keine Noten lesen. (Paul McCartney übrigens auch nicht.) Und doch meine ich, ein gutes Gehör zu haben. Ich winde mich, wenn jemand sich um einen Halbton verhaut. Warum nur kann ich trotzdem kein Instrument beherrschen? Nicht mal ansatzweise? Das Keyboard hatte lustige Sounds, mit denen ich herumspielte, und ich frickelte auch so einige Vierspurgeschichten zusammen, die ich gar nicht schlecht fand. Aber mit zwei Händen spielen? Gleichzeitig? Und dann auch noch links und rechts verschiedene Sachen? Nein, so weit kam ich nie. Und so blieb es bei den Spielereien, die ich alleine oder mit Freunden fabrizierte. Immerhin konnte man die Aufnahmen rückwärts anhören oder eine Spur nur mit dem geklatschten Rhythmus aufnehmen oder auf Topfdeckel klopfen und so weiter. Spaß hat's gemacht.
Manche bezeichnen in absichtlicher Verkürzung der Tatsachen die zweite Seite der Abbey Road als "Pauls bestes Soloalbum". Und es ist ja tatsächlich so, dass er auf dieser Seite nicht nur dominiert, sondern mit You Never Give Me Your Money das grandiose Finale einer grandiosen Platte einleitet, die nicht nur kompositorisch, sondern auch von der Instrumentenbeherrschung und nicht zuletzt produktionstechnisch noch mal einen ganz großen Schritt nach vorn markiert. Umso bemerkenswerter finde ich es, dass er kurz darauf sein erstes Soloalbum vollkommen anders gestaltet hat. Mit nicht viel mehr als einer Vierspurmaschine und einem Mikrophon (kein Mischpult; alles wurde direkt übers Mikrophon aufgenommen) nahm er auf wahrlich dilettantische Weise belanglose Stücke auf. Kein Vergleich, wirklich keiner, mit der polierten und perfekt produzierten Abbey Road. Sondern unbedarfter Heimstudioklang. Und wenn man das weiß - wenn man so etwas zu schätzen weiß, dann gefällt einem vielleicht auch so etwas. Oder das. Ich jedenfalls freue mich immer mit, wenn ich mir vorstelle, wie er da Spur für Spur einspielt und ganz bewusst auf Perfektion verzichtet. Oder mal richtig Quatsch macht.
Zehn Jahre später, ich wohnte längst nicht mehr zu Hause, nach mehreren diskreten Hinweisen ("Dein Kram steht unseren Keller voll"), musste ich endgültig einsehen, dass ich immer noch nicht Bass spielen konnte und es wohl auch nicht mehr lernen würde. Ich verkaufte die Ausrüstung also an einen jungen Mann, der in Punkerkleidung mit einem Skateboard angerollt kam und zwei Stunden später die zentnerschwere Box, den ebenfalls gewichtigen Röhrenverstärker und das Instrument selbst draufstapelte und stadteinwärts schob, während ich ihm und meinen unrealisierten Musikträumen nachsah. Den Subwoofer hingegen hatte ich kurz zuvor an einen Mann verkauft, der mich während der Hörproben, Verkaufsverhandlungen und auch beim gemeinsamen Herunterschleppen des Trumms immer wieder so seltsam anlächelte, dass mir ganz blümerant zumute wurde. Meine Wohnung sah damals nach einer Junggesellenbude aus, und dass ich kürzlich Vater geworden war, sah man der Einrichtung noch nicht überall an. Frau und Säugling hatten auf meinen Wunsch hin - "es wird laut, ich will dem doch das Ding vorführen" - einen Spaziergang angetreten. Man konnte sich also durchaus über mich wundern. Aber erst als der Mann mit seinem Auto wegfuhr und ich in die Wohnung zurückkehrte, verstand ich sein ewiges Lächeln: Aus dem Halsausschnitt meines Pullovers, knapp unter meinem eigenen, schaute der Kopf eines weißen Plüschhasen heraus.
Mit den Saiteninstrumenten hatte ich's anscheinend nicht so, einen anderen Versuch startete ich aber kurz vor oder nach dem Bass: Ein Keyboard. Ein kleines, aber brauchbares Yamaha-Keyboard, DX 100 hieß es wohl, und kurz danach erstand ich einen Fostex-Vierspurrekorder. Ich kann ja keine Noten lesen. (Paul McCartney übrigens auch nicht.) Und doch meine ich, ein gutes Gehör zu haben. Ich winde mich, wenn jemand sich um einen Halbton verhaut. Warum nur kann ich trotzdem kein Instrument beherrschen? Nicht mal ansatzweise? Das Keyboard hatte lustige Sounds, mit denen ich herumspielte, und ich frickelte auch so einige Vierspurgeschichten zusammen, die ich gar nicht schlecht fand. Aber mit zwei Händen spielen? Gleichzeitig? Und dann auch noch links und rechts verschiedene Sachen? Nein, so weit kam ich nie. Und so blieb es bei den Spielereien, die ich alleine oder mit Freunden fabrizierte. Immerhin konnte man die Aufnahmen rückwärts anhören oder eine Spur nur mit dem geklatschten Rhythmus aufnehmen oder auf Topfdeckel klopfen und so weiter. Spaß hat's gemacht.
Manche bezeichnen in absichtlicher Verkürzung der Tatsachen die zweite Seite der Abbey Road als "Pauls bestes Soloalbum". Und es ist ja tatsächlich so, dass er auf dieser Seite nicht nur dominiert, sondern mit You Never Give Me Your Money das grandiose Finale einer grandiosen Platte einleitet, die nicht nur kompositorisch, sondern auch von der Instrumentenbeherrschung und nicht zuletzt produktionstechnisch noch mal einen ganz großen Schritt nach vorn markiert. Umso bemerkenswerter finde ich es, dass er kurz darauf sein erstes Soloalbum vollkommen anders gestaltet hat. Mit nicht viel mehr als einer Vierspurmaschine und einem Mikrophon (kein Mischpult; alles wurde direkt übers Mikrophon aufgenommen) nahm er auf wahrlich dilettantische Weise belanglose Stücke auf. Kein Vergleich, wirklich keiner, mit der polierten und perfekt produzierten Abbey Road. Sondern unbedarfter Heimstudioklang. Und wenn man das weiß - wenn man so etwas zu schätzen weiß, dann gefällt einem vielleicht auch so etwas. Oder das. Ich jedenfalls freue mich immer mit, wenn ich mir vorstelle, wie er da Spur für Spur einspielt und ganz bewusst auf Perfektion verzichtet. Oder mal richtig Quatsch macht.
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