Mumien, Analphabeten, Diebe.
Du hast's gut, du hast dein Leben noch vor dir.
Montag, 15. Dezember 2008
Klangliches
nnier | 15. Dezember 2008 | Topic Sprak
In einem englischsprachigen Schundroman las ich mal einen Satz, der ungefähr "The doors whooshed open" lautete. Das hat mich damals sehr beeindruckt. Ich kannte die Vokabel nicht, ich wusste nicht, dass es "to whoosh" gibt, ich hielt das lediglich für einen lautmalerischen Comic-Effekt, denn natürlich hatte ich, obwohl ich Action- und Superheldencomics nur im äußersten Notfall las, schon genügend oft ein großes WHOOSH neben all den VROOOOM, SLAM, BLAM! BLAM!, BANG! und so weiter gesehen. Wobei ich sagen muss, dass dem Englischen nicht unbedingt immer die bessere Versprach- und Verschriftlichung klanglicher Phänomene gelingt, was ihm ja ständig nachgesagt wird und anhand von SMASH, CRASH, HISS, WHACK usw. auch unmittelbar einsichtig klingt. (Popcorn ist auch noch so ein Wort, das man einfach nicht durch "Puffmais" o.ä. ersetzt sehen möchte, das Maiskorn macht nun mal POP). Aber dann wieder: BLAM?

Ich habe nicht gedient, kenne mich aber trotzdem gut mit Knallgeräuschen aus und kann das meine zuckenden Mundwinkel umspielende, spöttische Lächeln nun doch nicht ganz unterdrücken (bring das mal mit einem Smiley rüber!), wenn ich frage: Klingt das wie BLAM? Also bitte! Ich höre da jeden einzelnen Buchstaben in genau der Reihenfolge P-E-N-G - mit dem harten Verschlusslaut am Anfang, der ja zuverlässig jeden als Franzosen verkleideten Deutschen verrät, wenn er nur einmal das Wort "Napoleon" aussprechen soll: Die Kerzenflamme vor seinen Lippen wird sich bewegen und den Verräter entlarven, beim Franzosen hingegen tut sie's nicht, da dieser, und zwar ohne einfach ein weiches "B" zu sprechen (dies würde man als billigen deutschen Betrugsversuch ohne weiteres erkennen), in der Lage ist, "Napoleon" zu sagen, ohne dabei nennenswerte Molekülbewegungen in der Luft zu verursachen, was Knallkörper und Schusswaffen wiederum definitiv tun und weshalb eben PENG dann auch die einzige annähernd lautgetreue Umsetzung eines Knallgeräuschs ist. Und auch die Vokabel "Knall" wirkt auf mich wesentlich urwüchsiger und mehr im Laut verwurzelt als das englische bang.

Dennoch, The doors whooshed open, das muss man erst mal hinbekommen - ein Verb, so nah am Geräusch! Und an eben jene Evidenz, die mir damals aus dem Science-Fiction-Buch entgegenstrahlte, fühlte ich mich, wenn auch nicht auf einer psychoakustischen, sondern auf einer bildlichen Ebene, erinnert, als ich den einleitenden Satz zu einer Besprechung der CD Electric Arguments im englischen Uncut-Magazin las:
Yes, he may have hammered the point home a little gracelessly at times.
Da muss man auch mal anerkennend den Hut ziehen. Man könnte denselben Sachverhalt ja auch so ausdrücken: Paul McCartney übertreibt es manchmal ein wenig damit, an allen Fronten darauf hinzuweisen, dass er und nicht etwa John Lennon der avantgardistische unter den Pilzköpfen gewesen sei. Und, wo wir schon dabei sind, eigentlich auch der politische.

Ich kann's ja verstehen und habe ihn selbst immer nach Kräften gegen den Vorwurf verteidigt, nur der unkreative Mitläufer und Balladenschreiber zu sein, der deshalb nach dem Ende der Beatles auch nur noch Belangloses produziert habe, während Lennon (endgültig dann nach seiner Ermordung) kurz vor der Heiligsprechung zu stehen schien und ja auch vollkommen eindeutig als kreativer Kopf der Band angesehen wurde. Aber ganz unbeteiligt ist er, McCartney, an diesem Image nun auch wieder nicht, wenn man mal seine Veröffentlichungen vor allem in den 70ern und frühen 80ern ansieht - Ausnahmen natürlich ausgenommen, aber die kennt ja wieder keiner. Irgendwann muss Paul McCartney beschlossen haben, dieses Bild geradezurücken, und dabei hat er den Punkt dann eben manchmal ein bisschen schamlos nach Hause gehämmert.

(Dennoch: Lass den John in Frieden ruhen. Der war auch kein schlechter. Mach einfach weiter gute Platten. Über die neue, mal wieder etwas abseitigere z.B., freuen sich ja plötzlich alle. Ich find' sie auch ganz nett. Und wer Lust hat, klickt sich da rüber und hört sich mal die Titel No. 3, 7 oder 8 an, die sind halbwegs eingängig, der Rest erst mal eher sperrig - und dass ich den Einstiegssong ganz toll finde, habe ich ja neulich schon erzählt.)

[Edit: Hier noch zwei Fernsehbeiträge dazu, ARD und ABC].

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Lars Ricken, Kumpel
nnier | 15. Dezember 2008 | Topic Tanztee


Ich fühlte mich mit meiner schweiß- und bierdurchtränkten Kutte - da ist noch ein Autogramm von Erwin Kostedde drauf -, den engen Jeans und meinen Cowboystiefeln durchaus angemessen gekleidet und fiel zwischen den anderen Besuchern auch nicht weiter auf, bis ich am Eingang der Ostkurve freundlich abgewiesen und zum danebenliegenden "VIP"-Eingang geschickt wurde, dort diese Handfesseln angelegt bekam und im Treppenhaus das Lied "Schalalala" anstimmte. Die anderen Besucher wirkten aber etwas schüchtern, so dass ich laut "WEEEERDER!" rief und zwei Frauen aufmunternd ("Die Wölfe machen wir heute platt!") auf die Schulter schlug - doch weder damit noch mit "Ihr seid Wolfsburg / asoziale Wolfsburg / ihr schlaft unter Brücken / oder in der Bahnhofsmission" (zur Melodie von It's a Heartache) konnte ich anhaltende Begeisterung entfachen. Etwas irritiert versuchte ich es mit meiner Gasdruckfanfare, die ein beeindruckendes Echo (was die Wände anbetrifft) erzeugte, doch die Menschen rückten von mir ab, die waren wirklich etwas schüchtern und hatten anscheinend noch nie ein Fußballspiel im Stadion angeschaut. Bis zum Anpfiff vertrieb ich mir deshalb die Zeit mit dem, was die da als Essen bezeichnen - versuchen Sie mal, da eine Currywurst oder gar Pommes zu kriegen! - und bemühte mich nur noch manchmal, durch bekanntes Liedgut wie "Deutscher Meister wird nur der SVW" (zur Melodie von Yellow Submarine) oder beliebte Schlachtrufe wie "Hier! Regiert! Der S! V! W!" die Stimmung ein wenig anzuheizen. Die haben's aber auch echt schwer, es ist total warm da drin und gibt nur Sitzplätze. Draußen, vor der Scheibe, sah ich dann Atze, Matze und Potze, die schon seit drei Stunden im Regen gestanden hatten und Stimmung machen wollten. Man hörte sie sogar manchmal aus der per Lautsprecher nach innen übertragenen Klangkulisse heraus, wie sie mit sich überschlagender Stimme schrien: "Hey! Hey! Werni Hupfa Iska Bema!", doch ich konnte von innen gegen die Scheibe klopfen wie wahnsinnig, sie hörten mich nicht, das war alles schallgedämmt, und sehen konnten sie mich erst recht nicht, das Glas ist ja nach außen verspiegelt.

Die Fans da draußen könnten sich übrigens ruhig etwas mehr Mühe machen, für Stimmung zu sorgen, schließlich bezahlt man einen Haufen Geld für so einen Logenplatz und kann dafür wohl etwas Atmosphäre erwarten.

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